Rede Christian Russau

Sehr geehrte Damen und Herren,

mein Name ist Christian Russau. Ich bin vom Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre und vom FDCL.

In Ihrer Präsentation vorhin erwähnten Sie, ich zitiere, „Wir wachsen. Näher an den Minen.“ Schauen wir uns das doch einmal genauer an…

Ob beim Abbau von Kupfer, Kohle, Erz, Zinn, Zink, Wolfram, Gold, Platin, Blein o.a. oder ob bei der Förderung von Erdöl, Gas oder Schiefergas – fast ein Drittel der Vorwürfe von Menschenrechtsverletzungen im globalen Wirtschaftsgeschehen betreffen den extraktiven Sektor, so viel wie in keinem anderen Bereich der Wirtschaft – dies belegen Zahlen des UN-Menschenrechtsrat. Die betroffenen Menschen (Arbeiter/innen, Anwohner/innen) leiden sehr oft unter Umweltverschmutzung, Wasserverknappung oder -verseuchung, Landraub und nicht selten stehen Projekte der Rohstoffgewinnung in Zusammenhang mit bewaffneten Konflikten. Die Lebenserwartung und -qualität der betroffenen Menschen wird durch den Rohstoffabbau in den seltensten Fällen qua Beschäftigung und Einkommensgewinnen gesteigert. Im Gegenteil, die von Rohstoffgewinnung unmittelbar betroffenen Regionen zeichnen sich meist durch extrem ungleiche Werte beim GINI-Index aus, dem Indikator für Armut. Hinzu kommt der Tatbestand, der seit den 1960er Jahren als Umweltrassismus bezeichnet wird: Betroffene von Umweltzerstörung und Menschenrechtsverletzungen durch Großprojekte beim Rohstoffabbau sind meist marginalisierte Gruppen wie Traditionelle Bevölkerung, Schwarze, Indigene, Kleinbauern und -bäuerinnen sowie Frauen und Kinder.

Deutschland ist einer der größten Rohstoffimporteure weltweit. Allein bei Kupfer sind die Hauptimportländer: USA, China, Deutschland. In der EU ist Deutschland der größte Kupferimporteur – und hier in Deutschland ist Aurubis der größte Kupferimporteur. 60% der deutschen Kupferimporte kommen aus Lateinamerika, genauer aus Peru, Chile, Brasilien und Argentinien.

Schauen wir uns doch mal Peru etwas genauer an.

Zu „Peru“ schreibt Aurubis im 2016er-Jahresbericht:

„Ein langer Weg von der Mine bis zu unseren Schmelzhütten. Nach tausenden von Seemeilen erreicht uns der Rohstoff Kupferkonzentrat aus Ländern wie Chile, Peru oder Kanada. Nach der Anladung mit Seeschiffen erfolgt der Weitertransport zu unseren Werken in Pirdop und Hamburg mit der Bahn oder auf dem Wasserweg mit kleineren Schuten.“
(Aurubis Geschäftsbericht 2016, S.10)

Des Weiteren äußern Sie:

„Der internationale Markt für Kupferkonzentrate war erneut von einer guten Mengenverfügbarkeit gekennzeichnet. Diese hatte ihre Ursache zuvorderst in der Inbetriebnahme von Neu- und Erweiterungsprojekten bei Minen. Vor allem in Peru und Mexiko nahmen die Kupfererzförderung und damit die Konzentratproduktion zu. Ausschlaggebend war auch ein insgesamt weitgehend störungsfreies Produktionsklima.“
(Aurubis Geschäftsbericht 2016, S.67)

Schön für Sie, dass in Peru ein „weitgehend störungsfreies Produktionsklima“ vorherrscht.

Apropos „störungsfreies Produktionsklima“: Schauen wir doch mal in die Presse, was die so über „störungsfreies Produktionsklima“ in Peru schreibt: „In Peru gibt es derzeit laut offiziellen Quellen 212 soziale Konflikte. Etwa die Hälfte geht auf den Bergbau und seine Folgen zurück.“ Weiter heißt es dort: „Dabei sind immer wieder Verletzte und Tote zu beklagen, so wie im September 2015. Bei Demonstrationen gegen die Kupfermine Las Bambas kamen drei Menschen ums Leben, Dutzende wurden verletzt.“ (taz, 26.1.2017)

Oder schauen wir uns Glencores Kupfermine Tintaya Antapaccay in Peru an. In der Vergangenheit zumindest, so viel ist sicher, hat Aurubis aus dieser Mine Kupfer bezogen. Dazu die Frage: Bezieht Aurubis gegenwärtig aus der Mine Tintaya Antapaccay? Denn was macht diese Kupfermine so mit Mensch und Natur? In den letzten Jahren stellten die lokalen Bauern und Bäuerinnen immer wieder Missbildungen bei Schafen, Lamas und Alpakas fest. Dies hat Zweifel an der Verlässlichkeit von Glencores Umweltmonitorings genährt. Zivilgesellschaftliche Organisationen haben daher unabhängige Wasser- und Bodenanalysen durchführen lassen: Bei 29 von 50 Wasserproben wurden die peruanischen Höchstwerte für Schwermetalle überschritten, sie waren daher für den menschlichen Konsum ungeeignet; 15 der Wasserproben waren auch für Tiere schädlich. Auch die im Rahmen einer staatlichen Untersuchung entnommenen Blut- und Urinproben der Anwohner/innen der Minen enthielten erhöhte Schwermetallkonzentrationen von Blei und Quecksilber.

Im September 2015, so verrät Ihr Nachhaltigkeitsbericht 2015, stattete Aurubis der peruanischen Kupfermine Toromocho einen Besuch ab. Sie erwähnen dort: „Für die Mine [soll] ein ganzer Ort weichen. Rund 900 Familien haben das Angebot angenommen, in die neu errichtete Stadt Nueva Morococha umzuziehen. Allerdings sind etwa 10 % der ursprünglichen Bewohner in der alten Siedlung geblieben.“ Nun, halten wir doch zunächst einmal fest, dass es dabei um eine Zwangsumsiedlung geht, denn das ist es, auch wenn Entschädigungen bzw. Ersatzhäuser zur Verfügung gestellt werden. Äußerst problematisch sind natürlich auch die Unfälle bei den Bewohner/innen mit herabfallendem Gesteinsbrocken beträchtlicher Ausmaße infolge der Bergwerkssprengungen. Dann kam es zu Straßenschlachten zwischen Polizei und Gegner/innen des Bergwerks, Tränengas wurde massiv eingesetzt. Die Internationale Juristenkommission (ICJ) hat festgestellt, dass in Morococha „das Recht auf Wohnraum sowie dessen Unverletzlichkeit“ mißachtet wurde. Wie bewerten Sie diese Vorfälle und inwieweit geht dergleichen mit Ihren eigenen, freiwilligen Standards konform?

Nun erteilen Sie weder in Ihrem Jahresbericht, noch in Ihren anderen Veröffentlichungen, noch gegenüber Anfragen von Menschenrechts- und Umweltorganisationen, noch gegenüber der Presse Auskunft, aus welchen Mine konkret Sie Rohstoffe beziehen.

Aurubis gibt an – ich zitiere eine äußerst interessante Universitätsstudie in der Sie zitiert werden – , dass Aurubis „einen Großteil der Kupferkonzentrate direkt von großen, weltweit tätigen Bergbauunternehmen, den Rest von Handelshäusern aufkaufe. Beim Kauf stellt Aurubis folgende Erwartungen an seine Geschäftspartner: ‚Von unseren Lieferanten fordern wir, dass das eingekaufte Material in jedem Fall unter Einhaltung der geltenden Gesetze, Rechtsvorschriften, Statuten oder Anforderungen des Herkunftslandes produziert und/oder exportiert wird. Wir fordern zudem von unseren Geschäftspartnern, dass durch die UN auferlegte Sanktionen oder Handelsrestriktionen sowie UN-Konventionen in Bezug auf Menschenrechte, Umweltschutz und Sicherheit eingehalten werden‘. Zu den einzelnen Minen will das Unternehmen jedoch keine Angaben machen: ‚Wir veröffentlichen, aus welchem Land wir welche Mengen an Kupferkonzentrat beziehen. Angaben zu einzelnen Lieferanten, deren weiteren Geschäftsbeziehungen und unseren Verträgen nennen wir aus Wettbewerbs- und Vertragsgründen nicht‘. Die Antworten von Aurubis zeigen, dass dem Unternehmen die Minen bekannt sind, selbst wenn der Einkauf über große Handelshäuser erfolgt: ‚Über 90 Prozent der über Handelshäuser gekauften Ware sind primäre Rohstoffe, die direkt der einzelnen Mine zugeordnet werden können‘.“

Aurubis hält es demnach nicht so gerne mit Transparenz.

Da könnten ja dann sonst NGOs oder gar etwa von Menschenrechtsverletzungen direkt Betroffene auf die Idee kommen, den neu eingerichteten Online-Beschwerdemechanismus bei Aurubis in realitas in Gang zu setzen. Da denkt sich Aurubis wohl, na, das ginge ja dann zu weit, wozu haben wir denn den so in der Öffentlichkeit als wahrhaften Fortschritt werbegepriesenen Online-Beschwerdedienst eingerichtet, etwa, dass dort reale Menschen sich beschweren können? Außerdem haben wir den doch nur auf Deutsch und Englisch angeboten, sollen doch die indigenen Kleinbäuerinnen und Kleinbauern selbst sehen, wie Sie uns kontaktieren können… [Sarkasmus aus]

Also, ein Minimum wäre ja, dass Sie diesen Online-Beschwerdemechanismus auch auf beispielsweise Spanisch anbieten sollten. Denn wie soll eine Kleinbäuerin aus der Nähe einer in den Anden gelegenen Mine denn verstehen, um was es sich bei Ihrem nur auf Englisch und Deutsch vorhandenen Online-Beschwerdemechanismus handelt.

So urteilt dann auch vollkommen zurecht das Bischöfliche Hilfswerk Misereor: „Deutsche Unternehmen, die Kupfer aus diesen Minen beziehen, sind jedoch nicht bereit, ihre Lieferketten offen zu legen und somit ihre menschenrechtliche Verantwortung entlang der Lieferkette wirklich wahrzunehmen.“

Denn nur wenn Sie für Transparenz sorgen, erst dann werden Ihre Angaben, ob Ihre Zulieferer sich gemäß den UN-Konventionen tatsächlich konform verhalten, auch wirklich glaubwürdig. Verweigern Sie diese weiter aus fadenscheinigen Motiven wie vermeintliche Wettbewerbs- und Vertragsgründe, so ist Ihnen nicht zu trauen. Sie erwecken dann weiter eher Argwohn, dass Sie da etwas zu verbergen haben!

Aurubis sagt also, die Offenlegung der Lieferkette würde zu Wettbewerbsnachteilen führen. In der Umkehrung hieße das aber doch: Menschenrechtliche Sorgfaltspflichten werden dort geopfert, wo möglicherweise Wettbewerbsnachteile entstehen. Heißt das nun, sehr geehrte Damen und Herren vom Vorstand: Profit also doch vor Menschenrechten?

Nun zum Abschluss eine Reihe von Fragen: Das Sie selbst Ihre Zulieferer ja laut eigenem Bekunden so gut kennen, dürfte es Ihnen ja ein leichtes zu sein, mir folgende Frage zu beantworten: Wie viele Ihrer Zulieferer haben Minen, in denen der Abraum in Tailings, gebaut nach der Upstream-Methode, gelagert wird? Die meisten Dämme (tailings) von Bergwerksdeponien werden gebaut nach dem Upstream-Verfahren, dann gibt es noch das Center-Verfahren und das Downstream- Verfahren. Dazu gab es im Wall Street Journal einen informativen Hintergrundbericht vor einem Jahr. Das letzte, das Downstream-Verfahren, ist das teuerste, aber es ist das sicherste aller Verfahren.

Zur Erinnerung: Die Statistik zu Dammbrüchen sagt, dass Tailings statistisch um den Faktor 10 häufiger brechen als Wasserkraftstaudämme (weswegen interessanterweise die International Commission on Large Dams (ICOLD) in ihrem 58.000 Staudämme umfassenden Register laut dem WSJ keine Dämme von Bergwerksdeponien aufnehmen mag, weil die ja dann die Statistik der Dammbrüche so verheerend aussehen lassen…). Es wäre doch mal ein erster Schritt, wenn Sie bei Aurubis für die Zukunft festlegen würden, dass das Upstream-Verfahren bei Tailings in Zukunft als klares Ausschlusskriterium bewertet werden. Dies wäre ein erster Schritt… erinnern wir uns nur an den Dammbruch von Fundão bei Mariana der Firma Samarco vom November 2015…

Nächste Frage: Hat Aurubis in der Vergangenheit aufgrund des internen Lieferanten- Screenings schon mal entschieden, nicht von bestimmten Minen zu kaufen? Bitte beschreiben Sie die Fälle im Einzelnen. Was unternimmt Aurubis genau, wenn es von möglichen Menschenrechtsverletzungen im Umfeld von Minen hört, aus denen Aurubis Erze bezieht?

Die Deutsche Bundesregierung hat ja Ende 2016 die Vorgaben im Rahmen des Nationalen Aktionsplans (NAP) verabschiedet. Wie beabsichtigt Aurubis, die im NAP neu formulierten Verpflichtungen bezüglich menschenrechtlicher Sorgfaltspflichten entlang der Lieferkette umzusetzen? Was plant Aurubis über die bereits bestehenden Maßnahmen hinaus weiter an Maßnahmen, um diese Verpflichtungen umzusetzen?

Eine Frage zum Business Partner Screening: Wie stellt Aurubis sicher, dass das Business Partner Screening alle relevanten Informationsquellen mit berücksichtigt? Wie sieht es denn diesbezüglich aus mit Informationen, die von zivilgesellschaftlichen Organisationen bereit gestellt werden, die sich auf die kritische Beobachtung des Bergbausektors spezialisiert sind. Betrachtet Aurubis diese Informationen als relevante Informationsquelle?

Mal eine praktische Frage: Wie können Kunden von Aurubis sicherstellen, dass die Kathoden oder Halbzeuge, die sie bei Aurubis einkaufen, frei von Menschenrechtsverletzungen sind? Wird gegenüber diesen Kunden die Lieferkette auf Wunsch offengelegt? Wenn ja, wieviel Kilo Halbzeuge müsste ich denn bei Ihnen erwerben, um diese Auskunft zu erhalten?

Eine konkrete Frage zu Peru habe ich noch: Bergbauunternehmen in Peru bezahlen oftmals die Polizei, damit diese ihre Anlagen schützt. Bitte nennen Sie mir die Anzahl der Betriebe Ihrer Zulieferer, bei denen dies der Fall war in den Jahren 2015 und 2016. Bitte nennen Sie mir auch die Anzahl der Vorfälle, in denen die bezahlten Polizeikräfte gegen Gegner/innen mittels Tränengas oder Knüppel oder gar Schusswaffengebrauchs vorgegangen sind.

Und nun die letzte Frage: Kann Aurubis kategorisch ausschließen, Zulieferungen an potentielle Dienstleister und Baufirmen zu tätigen, die sich an dem Mauerbau von US-Präsident Trump an der Grenze zu Mexiko beteiligen? Und im Besonderen würde mich interessieren: Können Sie kategorisch ausschließen, dass die beim Kupferhüttenprozess als Abfallprodukt anfallende Fayalit-Schlacke in der Zementindustrie Verwendung finden wird bei Präsident Trumps Mauerbau?

Die gleiche Frage stelle ich Ihnen im Übrigen in Bezug auf die mehr und mehr aus dem Boden sprießenden per Zaun und Stacheldraht befestigten EU-Außengrenzen…

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

Sehr geehrte Damen und Herren,

mein Name ist Christian Russau. Ich bin vom Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre und vom FDCL.

In Ihrer Präsentation vorhin erwähnten Sie, ich zitiere, „Wir wachsen. Näher an den Minen.“ Schauen wir uns das doch einmal genauer an…

Ob beim Abbau von Kupfer, Kohle, Erz, Zinn, Zink, Wolfram, Gold, Platin, Blein o.a. oder ob bei der Förderung von Erdöl, Gas oder Schiefergas – fast ein Drittel der Vorwürfe von Menschenrechtsverletzungen im globalen Wirtschaftsgeschehen betreffen den extraktiven Sektor, so viel wie in keinem anderen Bereich der Wirtschaft – dies belegen Zahlen des UN-Menschenrechtsrat. Die betroffenen Menschen (Arbeiter/innen, Anwohner/innen) leiden sehr oft unter Umweltverschmutzung, Wasserverknappung oder -verseuchung, Landraub und nicht selten stehen Projekte der Rohstoffgewinnung in Zusammenhang mit bewaffneten Konflikten. Die Lebenserwartung und -qualität der betroffenen Menschen wird durch den Rohstoffabbau in den seltensten Fällen qua Beschäftigung und Einkommensgewinnen gesteigert. Im Gegenteil, die von Rohstoffgewinnung unmittelbar betroffenen Regionen zeichnen sich meist durch extrem ungleiche Werte beim GINI-Index aus, dem Indikator für Armut. Hinzu kommt der Tatbestand, der seit den 1960er Jahren als Umweltrassismus bezeichnet wird: Betroffene von Umweltzerstörung und Menschenrechtsverletzungen durch Großprojekte beim Rohstoffabbau sind meist marginalisierte Gruppen wie Traditionelle Bevölkerung, Schwarze, Indigene, Kleinbauern und -bäuerinnen sowie Frauen und Kinder.

Deutschland ist einer der größten Rohstoffimporteure weltweit. Allein bei Kupfer sind die Hauptimportländer: USA, China, Deutschland. In der EU ist Deutschland der größte Kupferimporteur – und hier in Deutschland ist Aurubis der größte Kupferimporteur. 60% der deutschen Kupferimporte kommen aus Lateinamerika, genauer aus Peru, Chile, Brasilien und Argentinien.

Schauen wir uns doch mal Peru etwas genauer an.

Zu „Peru“ schreibt Aurubis im 2016er-Jahresbericht:

„Ein langer Weg von der Mine bis zu unseren Schmelzhütten. Nach tausenden von Seemeilen erreicht uns der Rohstoff Kupferkonzentrat aus Ländern wie Chile, Peru oder Kanada. Nach der Anladung mit Seeschiffen erfolgt der Weitertransport zu unseren Werken in Pirdop und Hamburg mit der Bahn oder auf dem Wasserweg mit kleineren Schuten.“
(Aurubis Geschäftsbericht 2016, S.10)

Des Weiteren äußern Sie:

„Der internationale Markt für Kupferkonzentrate war erneut von einer guten Mengenverfügbarkeit gekennzeichnet. Diese hatte ihre Ursache zuvorderst in der Inbetriebnahme von Neu- und Erweiterungsprojekten bei Minen. Vor allem in Peru und Mexiko nahmen die Kupfererzförderung und damit die Konzentratproduktion zu. Ausschlaggebend war auch ein insgesamt weitgehend störungsfreies Produktionsklima.“
(Aurubis Geschäftsbericht 2016, S.67)

Schön für Sie, dass in Peru ein „weitgehend störungsfreies Produktionsklima“ vorherrscht.

Apropos „störungsfreies Produktionsklima“: Schauen wir doch mal in die Presse, was die so über „störungsfreies Produktionsklima“ in Peru schreibt: „In Peru gibt es derzeit laut offiziellen Quellen 212 soziale Konflikte. Etwa die Hälfte geht auf den Bergbau und seine Folgen zurück.“ Weiter heißt es dort: „Dabei sind immer wieder Verletzte und Tote zu beklagen, so wie im September 2015. Bei Demonstrationen gegen die Kupfermine Las Bambas kamen drei Menschen ums Leben, Dutzende wurden verletzt.“ (taz, 26.1.2017)

Oder schauen wir uns Glencores Kupfermine Tintaya Antapaccay in Peru an. In der Vergangenheit zumindest, so viel ist sicher, hat Aurubis aus dieser Mine Kupfer bezogen. Dazu die Frage: Bezieht Aurubis gegenwärtig aus der Mine Tintaya Antapaccay? Denn was macht diese Kupfermine so mit Mensch und Natur? In den letzten Jahren stellten die lokalen Bauern und Bäuerinnen immer wieder Missbildungen bei Schafen, Lamas und Alpakas fest. Dies hat Zweifel an der Verlässlichkeit von Glencores Umweltmonitorings genährt. Zivilgesellschaftliche Organisationen haben daher unabhängige Wasser- und Bodenanalysen durchführen lassen: Bei 29 von 50 Wasserproben wurden die peruanischen Höchstwerte für Schwermetalle überschritten, sie waren daher für den menschlichen Konsum ungeeignet; 15 der Wasserproben waren auch für Tiere schädlich. Auch die im Rahmen einer staatlichen Untersuchung entnommenen Blut- und Urinproben der Anwohner/innen der Minen enthielten erhöhte Schwermetallkonzentrationen von Blei und Quecksilber.

Im September 2015, so verrät Ihr Nachhaltigkeitsbericht 2015, stattete Aurubis der peruanischen Kupfermine Toromocho einen Besuch ab. Sie erwähnen dort: „Für die Mine [soll] ein ganzer Ort weichen. Rund 900 Familien haben das Angebot angenommen, in die neu errichtete Stadt Nueva Morococha umzuziehen. Allerdings sind etwa 10 % der ursprünglichen Bewohner in der alten Siedlung geblieben.“ Nun, halten wir doch zunächst einmal fest, dass es dabei um eine Zwangsumsiedlung geht, denn das ist es, auch wenn Entschädigungen bzw. Ersatzhäuser zur Verfügung gestellt werden. Äußerst problematisch sind natürlich auch die Unfälle bei den Bewohner/innen mit herabfallendem Gesteinsbrocken beträchtlicher Ausmaße infolge der Bergwerkssprengungen. Dann kam es zu Straßenschlachten zwischen Polizei und Gegner/innen des Bergwerks, Tränengas wurde massiv eingesetzt. Die Internationale Juristenkommission (ICJ) hat festgestellt, dass in Morococha „das Recht auf Wohnraum sowie dessen Unverletzlichkeit“ mißachtet wurde. Wie bewerten Sie diese Vorfälle und inwieweit geht dergleichen mit Ihren eigenen, freiwilligen Standards konform?

Nun erteilen Sie weder in Ihrem Jahresbericht, noch in Ihren anderen Veröffentlichungen, noch gegenüber Anfragen von Menschenrechts- und Umweltorganisationen, noch gegenüber der Presse Auskunft, aus welchen Mine konkret Sie Rohstoffe beziehen.

Aurubis gibt an – ich zitiere eine äußerst interessante Universitätsstudie in der Sie zitiert werden – , dass Aurubis „einen Großteil der Kupferkonzentrate direkt von großen, weltweit tätigen Bergbauunternehmen, den Rest von Handelshäusern aufkaufe. Beim Kauf stellt Aurubis folgende Erwartungen an seine Geschäftspartner: ‚Von unseren Lieferanten fordern wir, dass das eingekaufte Material in jedem Fall unter Einhaltung der geltenden Gesetze, Rechtsvorschriften, Statuten oder Anforderungen des Herkunftslandes produziert und/oder exportiert wird. Wir fordern zudem von unseren Geschäftspartnern, dass durch die UN auferlegte Sanktionen oder Handelsrestriktionen sowie UN-Konventionen in Bezug auf Menschenrechte, Umweltschutz und Sicherheit eingehalten werden‘. Zu den einzelnen Minen will das Unternehmen jedoch keine Angaben machen: ‚Wir veröffentlichen, aus welchem Land wir welche Mengen an Kupferkonzentrat beziehen. Angaben zu einzelnen Lieferanten, deren weiteren Geschäftsbeziehungen und unseren Verträgen nennen wir aus Wettbewerbs- und Vertragsgründen nicht‘. Die Antworten von Aurubis zeigen, dass dem Unternehmen die Minen bekannt sind, selbst wenn der Einkauf über große Handelshäuser erfolgt: ‚Über 90 Prozent der über Handelshäuser gekauften Ware sind primäre Rohstoffe, die direkt der einzelnen Mine zugeordnet werden können‘.“

Aurubis hält es demnach nicht so gerne mit Transparenz.

Da könnten ja dann sonst NGOs oder gar etwa von Menschenrechtsverletzungen direkt Betroffene auf die Idee kommen, den neu eingerichteten Online-Beschwerdemechanismus bei Aurubis in realitas in Gang zu setzen. Da denkt sich Aurubis wohl, na, das ginge ja dann zu weit, wozu haben wir denn den so in der Öffentlichkeit als wahrhaften Fortschritt werbegepriesenen Online-Beschwerdedienst eingerichtet, etwa, dass dort reale Menschen sich beschweren können? Außerdem haben wir den doch nur auf Deutsch und Englisch angeboten, sollen doch die indigenen Kleinbäuerinnen und Kleinbauern selbst sehen, wie Sie uns kontaktieren können… [Sarkasmus aus]

Also, ein Minimum wäre ja, dass Sie diesen Online-Beschwerdemechanismus auch auf beispielsweise Spanisch anbieten sollten. Denn wie soll eine Kleinbäuerin aus der Nähe einer in den Anden gelegenen Mine denn verstehen, um was es sich bei Ihrem nur auf Englisch und Deutsch vorhandenen Online-Beschwerdemechanismus handelt.

So urteilt dann auch vollkommen zurecht das Bischöfliche Hilfswerk Misereor: „Deutsche Unternehmen, die Kupfer aus diesen Minen beziehen, sind jedoch nicht bereit, ihre Lieferketten offen zu legen und somit ihre menschenrechtliche Verantwortung entlang der Lieferkette wirklich wahrzunehmen.“

Denn nur wenn Sie für Transparenz sorgen, erst dann werden Ihre Angaben, ob Ihre Zulieferer sich gemäß den UN-Konventionen tatsächlich konform verhalten, auch wirklich glaubwürdig. Verweigern Sie diese weiter aus fadenscheinigen Motiven wie vermeintliche Wettbewerbs- und Vertragsgründe, so ist Ihnen nicht zu trauen. Sie erwecken dann weiter eher Argwohn, dass Sie da etwas zu verbergen haben!

Aurubis sagt also, die Offenlegung der Lieferkette würde zu Wettbewerbsnachteilen führen. In der Umkehrung hieße das aber doch: Menschenrechtliche Sorgfaltspflichten werden dort geopfert, wo möglicherweise Wettbewerbsnachteile entstehen. Heißt das nun, sehr geehrte Damen und Herren vom Vorstand: Profit also doch vor Menschenrechten?

Nun zum Abschluss eine Reihe von Fragen: Das Sie selbst Ihre Zulieferer ja laut eigenem Bekunden so gut kennen, dürfte es Ihnen ja ein leichtes zu sein, mir folgende Frage zu beantworten: Wie viele Ihrer Zulieferer haben Minen, in denen der Abraum in Tailings, gebaut nach der Upstream-Methode, gelagert wird? Die meisten Dämme (tailings) von Bergwerksdeponien werden gebaut nach dem Upstream-Verfahren, dann gibt es noch das Center-Verfahren und das Downstream- Verfahren. Dazu gab es im Wall Street Journal einen informativen Hintergrundbericht vor einem Jahr. Das letzte, das Downstream-Verfahren, ist das teuerste, aber es ist das sicherste aller Verfahren.

Zur Erinnerung: Die Statistik zu Dammbrüchen sagt, dass Tailings statistisch um den Faktor 10 häufiger brechen als Wasserkraftstaudämme (weswegen interessanterweise die International Commission on Large Dams (ICOLD) in ihrem 58.000 Staudämme umfassenden Register laut dem WSJ keine Dämme von Bergwerksdeponien aufnehmen mag, weil die ja dann die Statistik der Dammbrüche so verheerend aussehen lassen…). Es wäre doch mal ein erster Schritt, wenn Sie bei Aurubis für die Zukunft festlegen würden, dass das Upstream-Verfahren bei Tailings in Zukunft als klares Ausschlusskriterium bewertet werden. Dies wäre ein erster Schritt… erinnern wir uns nur an den Dammbruch von Fundão bei Mariana der Firma Samarco vom November 2015…

Nächste Frage: Hat Aurubis in der Vergangenheit aufgrund des internen Lieferanten- Screenings schon mal entschieden, nicht von bestimmten Minen zu kaufen? Bitte beschreiben Sie die Fälle im Einzelnen. Was unternimmt Aurubis genau, wenn es von möglichen Menschenrechtsverletzungen im Umfeld von Minen hört, aus denen Aurubis Erze bezieht?

Die Deutsche Bundesregierung hat ja Ende 2016 die Vorgaben im Rahmen des Nationalen Aktionsplans (NAP) verabschiedet. Wie beabsichtigt Aurubis, die im NAP neu formulierten Verpflichtungen bezüglich menschenrechtlicher Sorgfaltspflichten entlang der Lieferkette umzusetzen? Was plant Aurubis über die bereits bestehenden Maßnahmen hinaus weiter an Maßnahmen, um diese Verpflichtungen umzusetzen?

Eine Frage zum Business Partner Screening: Wie stellt Aurubis sicher, dass das Business Partner Screening alle relevanten Informationsquellen mit berücksichtigt? Wie sieht es denn diesbezüglich aus mit Informationen, die von zivilgesellschaftlichen Organisationen bereit gestellt werden, die sich auf die kritische Beobachtung des Bergbausektors spezialisiert sind. Betrachtet Aurubis diese Informationen als relevante Informationsquelle?

Mal eine praktische Frage: Wie können Kunden von Aurubis sicherstellen, dass die Kathoden oder Halbzeuge, die sie bei Aurubis einkaufen, frei von Menschenrechtsverletzungen sind? Wird gegenüber diesen Kunden die Lieferkette auf Wunsch offengelegt? Wenn ja, wieviel Kilo Halbzeuge müsste ich denn bei Ihnen erwerben, um diese Auskunft zu erhalten?

Eine konkrete Frage zu Peru habe ich noch: Bergbauunternehmen in Peru bezahlen oftmals die Polizei, damit diese ihre Anlagen schützt. Bitte nennen Sie mir die Anzahl der Betriebe Ihrer Zulieferer, bei denen dies der Fall war in den Jahren 2015 und 2016. Bitte nennen Sie mir auch die Anzahl der Vorfälle, in denen die bezahlten Polizeikräfte gegen Gegner/innen mittels Tränengas oder Knüppel oder gar Schusswaffengebrauchs vorgegangen sind.

Und nun die letzte Frage: Kann Aurubis kategorisch ausschließen, Zulieferungen an potentielle Dienstleister und Baufirmen zu tätigen, die sich an dem Mauerbau von US-Präsident Trump an der Grenze zu Mexiko beteiligen? Und im Besonderen würde mich interessieren: Können Sie kategorisch ausschließen, dass die beim Kupferhüttenprozess als Abfallprodukt anfallende Fayalit-Schlacke in der Zementindustrie Verwendung finden wird bei Präsident Trumps Mauerbau?

Die gleiche Frage stelle ich Ihnen im Übrigen in Bezug auf die mehr und mehr aus dem Boden sprießenden per Zaun und Stacheldraht befestigten EU-Außengrenzen…

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

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