„Intransparenz beim Thema Menschenrechte“: Rede von Tilman Massa

Sehr geehrte Damen und Herren,
sehr geehrter Vorstand und Aufsichtsrat,

mein Name ist Tilman Massa und spreche für den Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre. Mit den uns übertragenen Stimmrechten setzen wir uns Schutz der Menschenrechte und der Umwelt ein. Dies sind auch die beiden Themen, die ich hier ansprechen möchte.

Wir können auch dieses Jahr Vorstand und Aufsichtsrat nicht entlasten, da beide unserer Auffassung nach bei der Einhaltung der menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten nicht hinreichend nachgekommen sind. Wir haben entsprechende Gegenanträge eingereicht, die ich hier kurz begründen möchte.

Sie bekennen sich ja ausdrücklich zu den UN-Nachhaltigkeitszielen (SDGs), dem UN Global Compact und dem Nationalen Aktionsplan Wirtschaft und Menschenrechte der Bundesregierung.

Mehr noch: Sie wollen eine Vorreiterrolle in Bezug auf Unternehmensverantwortung und Nachhaltigkeit zu sein. Doch mit Ihren aktuellen Konzepten und Zielen werden Sie nachhaltig orientierte Investoren nicht mehr beeindrucken können. Diese können nun genau erkennen, wo und wie ein Unternehmen „SDG-washing“ im Geschäftsbericht betreibt. Mehr noch: Etliche Ihrer DAX-Kollegen gehen in Sachen Lieferkettenverantwortung und Klimaschutz schon jetzt deutlich weiter als Sie.

1. Thema: Intransparenz bei menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten

Um Ihren menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten in Bezug auf die eigenen Lieferketten nachzukommen, haben Sie letztes Jahr insgesamt 546 Audits bei Zulieferern durch einen externen Dienstleister durchführen lassen. Über die Brancheninitiative „Together for Sustainability“ (TfS) haben Sie 100 Standorte prüfen lassen.

Doch über die Ergebnisse und ob wegen Defiziten ein Folgeaudit veranlasst wurde, erfährt man nichts Substanzielles im Geschäftsbericht. Wie sollen wir denn nun bewerten, ob und inwieweit Sie Ihrer menschenrechtlichen Sorgfaltspflicht nachgekommen sind? Denn selbst bei Folgeaudits stört sich BASF nicht an gravierenden Mängeln, wie das Beispiel Ihres Platin- Zulieferers Lonmin zeigt.

Die weiterhin untragbaren Lebensbedingungen, unter denen das Platin für Ihre Katalysatoren gewonnen wird, haben Bischof Johannes Seoka und Daniel Selwyn hier bereits hinreichend beschrieben. Wie sieht es aber bei Ihren Zulieferern in anderen Ländern aus? Da ihre Berichte keine Aufschlüsse darüber geben, frage ich Sie hier: Bei welchen Zulieferern sind letztes Jahr gravierende Mängel in Bezug auf die Achtung von Umwelt- und Menschenrechten gekommen? Was ist genau vorgefallen? Ist es zu Vorfällen von Kinderarbeit gekommen und wenn ja, wie haben Sie darauf reagiert?

Und es sind nicht längst nicht mehr Kik oder Tchibo, auch Daimler befürwortet nun eine gesetzliche Regelung unternehmerischer Sorgfaltspflichten. Sie scheinen hier immer noch auf freiwillige Lösungen zu setzen. Doch auch dem CSU-geführten Ministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit ist klar, dass freiwillige Lösungen nicht ausreichen.

Wir müssen aber auch die Arbeitsbedingungen hier in Ludwigshafen thematisieren. Nach der Explosion hier in Ludwigshafen-Werksgelände Ludwigshafen am 17. Oktober 2016, bei dem fünf Menschen starben 44 Menschen wurden zum Teil schwer verletzt. Nun steht ein externer Mitarbeiter vor Gericht, der bei Wartungsarbeiten eine falsche Gasleitung angeschnitten haben soll und nun alleine für das Unglück verantwortlich gemacht wird.

BASF selbst hat nach eigenen Angaben Konsequenzen aus dem Fall gezogen und will für eine bessere Kennzeichnung der Rohre sorgen, zudem sollen nur noch funkenarme Werkzeuge verwendet werden. Dies ist lobenswert, aber dennoch stellt sich die Frage: Wieso wurden diese Sicherheitsvorkehrungen nicht schon früher getroffen? Haben externe Mitarbeiter genügend Zeit, sich mit den Sicherheitsvorkehrungen und – vorschriften auseinanderzusetzen?

2. Thema: Unglaubwürdige und unzureichende Klimaziele

Auch wenn die BASF meint, ein Vorreiter beim Klimaschutz zu sein: Die Realität sieht momentan anders aus. Die CO2-Emissionen sind letztes Jahr gegenüber 2017 nicht merklich gesunken, und da sind noch nicht mal die von Bayer übernommenen Geschäftsbereiche eingerechnet.

Damit ist völlig unklar, wie Sie Ihre selbst gesteckten Ziele von 40 Prozent weniger CO2 gegenüber 2002 bis 2020 erreichen können. Rechnen Sie noch damit, dieses Ziel zu erreichen?

Bis 2030 möchten Sie auch nicht strikt C02-neutral in Bezug auf die eigenen Emissionen sein – wie beispielsweise Siemens. Stattdessen sprechen Sie nur von „CO2-neutralem Wachstum“. Das ist keine Pionierrollte, auch die zivile Luftfahrt verfolgt dieses Ziel. Wieso gehen Sie beim Klimaschutz nicht die extra Meile und beeindrucken Investoren mit deutlich ambitionierten Zielen?

Wer wie Sie Lehren aus dem Niedrigwasser im Rhein während des Dürresommers 2018 fordert, muss den Klimaschutz schon jetzt aus pragmatischen Gründen erster nehmen.

Auch wenn Sie das Öl- und Gasgeschäft nun auslagern werden: Gerade als zukünftiger Hauptanteilseigner einer fusionierten Wintershall DEA ist die BASF weiter für dieses klimaschädliche Geschäftsmodell verantwortlich. BASF trägt damit weiter dazu bei, dass die gesamte Energiebranche auf klimaschädliche Technologien setzt, anstatt stärker in erneuerbare Energien zu investieren. Nicht zuletzt betrifft dies auch die umstrittenen Projekte North Stream 2 oder Fracking in Argentinien. Apropos: Wie stehen Sie eigentlich zu North Stream 2, unter ökologischen Aspekten betrachtet?

Hervorzuheben ist hierbei auch das klimaschädliche Agrargeschäft von BASF: die durch Ihre Pestizide und Saatguttechnologien geförderte industrielle Landwirtschaft trägt weltweit maßgeblich zur Emission klimaschädlicher Gase bei. Die Böden brauchen weniger Belastung, um noch eine Kohlenstoffspeicherfunktion haben zu können.

Wenn Sie also nachhaltig orientierte Investoren in Sachen Klimaschutz überzeugen möchten, müssen Sie schon jetzt deutlich tiefgreifende Änderungen in vielen Ihrer Geschäftsmodelle vornehmen.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

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