Rede von Bischof Johannes Seoka

(Begrüßung und Einleitung: improvisiert)

2015, nach meinen ersten Besuch hier haben Sie einen Audit bei Lonmin durchgeführt und anschließend behauptet, dass Lonmin, bis auf einige in naher Zukunft lösbare kleinere Umweltprobleme, auf einem guten Weg wäre… 2016, bei meinem zweiten Besuch, habe ich darauf hingewiesen, dass die Realität und die Ergebnisse ihres Audits nicht übereinstimmen und habe unsere Einladung an Sie, sich selbst vor Ort ein Bild zu machen, wiederholt.

Letztes Jahr sind Sie dann meiner Einladung gefolgt und haben im Mai 2016 eine Delegation nach Südafrika entsandt, die sich in Marikana umgesehen hat. Seitdem sind Sie mehrmals wiedergekommen und haben Konferenzen, Dialoge und runde Tische initiiert. Darüber haben Sie auch unser Kampagnennetzwerk informiert. Es sieht also so aus, als würden tatsächlich Schritte unternommen, die drängenden Probleme der Menschen im Platinum Belt zu lösen.

Und es gibt sehr viele drängende – und zum Teil sehr einfach zu lösende – Probleme bei denen BASF seinen langjährigen Zulieferer Lonmin und die südafrikanischen Minen-communities konstruktiv unterstützen könnte! Die Bench Marks Foundation, für die ich hier heute stehe, verhandelt übrigens mit dem für Minenbetriebe zuständigen Industrieverband über einen unabhängigen Fonds zur Unterstützung der Bevölkerung im Platinum Belt, damit die drängendsten Infrastrukturprobleme angegangen werden können.

Wir sind also im Dialog mit dem zuständigen Industrieverband. Und wir haben Ihnen, BASF, oft genug unsere Zusammenarbeit angeboten! Sie aber haben die Bench Marks Foundation nach ersten Gesprächen aus Ihren Dialog-Initiativen ausgeschlossen!

Aber lassen Sie mich ungeachtet sämtlicher Dialogrunden und neuer Problemanalysen hier heute festhalten: Es hat sich seit dem Massaker in Marikana nichts Substanzielles verändert! Nach wie vor hat es für die Hinterbliebenen, die Verletzten und zu Unrecht inhaftierten keine Entschuldigung oder eine angemessene Entschädigung gegeben! Mittlerweile ist nicht mehr nur ein Drittel sondern annähernd die Hälfte der Arbeitskräfte von Lonmin outgesourced worden und bei Zeitarbeitsfirmen für die Hälfte des Gehalts unter Vertrag. – Obwohl sie exakt dieselbe Arbeit verrichten. Arbeiter bekommen als Belohnung für 100 Tage unfallfreies Arbeiten ein 9teiliges Aluminium- Billigkochtopfset ausgehändigt!

Nach jedem Regenguss sind die Menschen gezwungen, weite Umwege in Kauf zu nehmen, weil selbst die wichtigsten Verbindungsstraßen nicht geteert sind und sich bei Regen in unpassierbare Schlammlöcher verwandeln!

Ich könnte diese Aufzählung noch eine ganze Weile so fortsetzen.

Und vielleicht verstehen Sie jetzt, weshalb ich heute, im Jahr 5 nach dem Massaker, zum 3. Mal wieder vor Ihnen stehe? Es kann nicht darum gehen, immer neue Dialoge und Plattformen zu initiieren, die diese Probleme in der Zukunft irgendwann einmal lösen könnten. Es kann auch nicht darum gehen, sich weiterhin die Verantwortung hin und her schieben, ob der Minenbetreiber oder die politischen Verantwortlichen den ersten Schritt tun müssten. Die Frage ist, ob BASF seine vermeintliche Vorbildfunktion in Lieferkettenverantwortung tatsächlich ernst nimmt?

Lonmin ist gesetzlich dazu verpflichtet, den Social Labour Plan umzusetzen, einen bindenden Vertrag über soziale und arbeitsrechtliche Rahmenbedingungen für Unternehmen, die in Südafrika tätig sind. Und immer wieder erklärt Lonmin: „Wir haben nicht genug Geld um diese Verpflichtungen umzusetzen!“

Lonmin verdient mit dem Verkauf des Platins nicht genug, um sich an die südafrikanischen Gesetze halten zu können? Sind nicht Sie, BASF, mit dem Vorwurf konfrontiert, über Jahre hinweg in illegalen Preisabsprachen den Weltmarktpreis für Platin niedrig gehalten zu haben? Ist BASF also dafür mitverantwortlich, dass Lonmin beständig damit droht, weitere Arbeiter entlassen zu müssen oder outzusourcen? Dass Lonmin Lohnerhöhungen und obligatorische Infrastrukturmaßnahmen so sehr fürchtet, dass Sie sich der Mitverantwortung an einem Massaker an streikenden Arbeitern, dem ersten Massaker im neuen Südafrika nach der vermeintlichen Überwindung der Apartheid schuldig machen?

Es sind diese Fragen und viele mehr, die uns umtreiben. Und solange wir keine überzeugenden Antworten auf diese Fragen erhalten, werden wir wiederkommen, ungeachtet wie viele neue Dialog- Initiativen sie auch organisieren mögen.

Um eines abschließend klar zu stellen: Wir stehen hier nicht als Bittsteller vor Ihnen! Es geht vielmehr um Ihre Glaubwürdigkeit und Ihre Integrität!

Was wir von Ihnen verlangen ist ein klares Zeichen Ihres Willens, dazu beizutragen, einen nachhaltigen Entwicklungsweg in Marikana einzuleiten!

Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

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