Rede von Bischof Johannes Seoka

Sehr verehrte Aktionärinnen und Aktionäre von BASF:

In den letzten Jahren haben wir an Ihren Vorstand und Ihren Aufsichtsrat appelliert, die soziale Verantwortung des Unternehmens im Bezug auf die Platinlieferkette ernst zu nehmen. Einige von Ihnen erinnern sich sicher an den jungen Mann, einen der Überlebenden des Massakers, der Ihnen folgende Frage gestellt hat:

Wie kann es sein, dass die Menschen, die eines der wertvollsten Metalle für ein deutsches Vorzeigeunternehmen fördern, in Slums ohne fließendes Wasser, Strom und sanitäre Anlagen leben müssen?

Nun: Es hat sich in vielen Beispielen gezeigt, dass Nachhaltigkeit, dass die Einhaltung von ethischen, sozialen und umweltgerechten Standards nicht im Widerspruch zu profitablen Geschäften stehen müssen.

Haben Sie keine Angst davor, Ihre Stimme als Anteilseigner und -eignerinnen des Unternehmens in die Waagschale zu werfen, und Ihren Vorstand dazu anzuhalten, in eine wirklich nachhaltige, gerechte und friedliche Zukunft für Alle zu investieren.

Und Ihnen, Hr. Bock, Herr Brudermüller, Herr Hambrecht und dem gesamten Vorstand sowie dem Aufsichtsrat möchte ich folgendes zu Bedenken geben: Wir sind uns sicher, dass die überwiegende Mehrheit Ihrer Aktionärinnen und Aktionäre genau das von Ihnen erwartet – dass sie in eine sozial gerechte Zukunft für Alle investieren.

Es ist nun das vierte Mal, dass ich zur Hauptversammlung von BASF komme. Letztes Jahr haben Sie, Hr. Bock, uns deutlich zu verstehen gegeben, dass Sie unsere Anwesenheit, die Anwesenheit der Delegation aus den südafrikanischen Platinabbaugebieten, hier nicht länger wünschen, – zumal, wie Sie sagten, „es nichts Neues gäbe“.

Hr. Bock: Genau das, die sich nicht ändernde Situation, ist der Grund, warum ich dieses Jahr wieder hier stehe: Wegen Ihrer Untätigkeit, der Untätigkeit von BASF – angesichts der sich nicht ändernden, skandalösen Zustände in Marikana.

Solange BASF in Marikana Platin einkauft und mit dem Verkauf von Katalysatoren Profite macht, während sich in Marikana die Arbeits- und Lebensbedingungen nicht verändern, werden wir wiederkommen.

Solange die durch das Massaker Geschädigten keine Gerechtigkeit erfahren haben, werden wir wiederkommen.

Solange die Umwelt um die Minen herum zerstört wird und die Gemeinden um die Minen herum nicht endlich angemessen von Rohstoffabbau profitieren, werden wir wiederkommen. Lonmin ist verpflichtet, die Bedingungen zu verbessern, die durch jahrzehntelanges, kollektives Wegschauen, entstanden sind, zu ändern. Sobald wir feststellen, dass tatsächlich ernsthafte Schritte zur Verbesserung der Situation eingeleitet werden, werden wir aufhören, Sie hier aufzusuchen.

Wir sind uns bewußt, dass Sie unsere Anwesenheit als Störung empfinden. Das wurde vor allem letztes Jahr sehr deutlich, als Sie uns die Worte im Mund umdrehten. Wir waren von Ihrer Unfreundlichkeit überrascht – doch auch wenn wir unterschiedlicher Meinung sind, den Respekt vor der Einhaltung von Menschenrechte dürfen sie, darf BASF nicht verlieren.

Auch BASF hat ja offensichtlich erkannt, dass mit den Bedingungen in Marikana nicht alles in Ordnung ist. Im November 2017 haben Sie LONMIN gewarnt, die Geschäftsbeziehung sei in Gefahr, wenn keine Fortschritte bezüglich der beschriebenen Mißstände erzielt werden.

Wir haben BASF in der Vergangenheit stets ermutigt, dass Sie ihren Einfluß als Hauptkunde von LONMIN konstruktiv dafür nutzen, um Druck auf Ihren Lieferanten auszuüben.

Wir haben jedoch mehrfach festgestellt: Unser Interesse ist es nicht, dass Sie sich aus Südafrika zurückziehen. Sie sollen vielmehr ihre Macht sozialer nutzen und ihre Profite gerechter verteilen und etwa dazu nutzen, um endlich mit den notwendigen Veränderungen zu beginnen. Neben den Alternativen, von denen sie immer berichten, Busienss as Usual oder Beendigung der Geschäftsbeziehungen gibt es natürlich noch einen dritten Weg, von dem Sie ja wissen.

Vor allem auch, weil sich BASF so vollmundig zur Einhaltung der menschenrechtlichen Sorgfaltspflicht entlang seiner Lieferketten bekennt. Weil sich BASF zu den Gründungsmitgliedern des UN Global Compact zählt, das international anerkannte Standards einhält.

Als Sie uns letztes Jahr vorwarfen, dass wir wiedergekommen seien, obwohl es nichts Neues zu berichten gab, haben Sie aber die Verpflichtungen gebrochen, die diese Mitgliedschaft im UN Global Compact mit sich bringt:

Die beteiligten Unternehmen verpflichten sich, ihren Einfluss dazu zu nutzen, das egal wo auf der Welt sie tätig sind, die gleichen ethischen Prinzipien gelten, und menschenrechtliche und umweltbezogenen Standards gelten sollten.

Also erlauben Sie mir, die Frage, wie der Rückzug aus Südafrika nach einer mehr als 30-jährigen Geschäftsbeziehung mit den Richtlinien der Vereinten Nationen in Einklang zu bringen sein soll? Vielmehr würden Sie damit sehenden Auges eine weitere Verschlimmerung für die Menschen in Marikana in Kauf nehmen. Und das Motto “nach uns die Sintflut”, die Politik verbrannter Erde, ist ja nun das absolute Gegenteil des von BASF behaupteten nachhaltigen Markenprofils – und auch das Gegenteil internationaler Standards für Firmen wie sie.

All ihre bisherigen Maßnahmen, die sog. Multistakeholder-Initiative und die intransparenten Audits – all diese bisherigen Maßnahmen haben vielleicht ihrem Image gut getan, den Menschen vor Ort haben sie keinen Deut geholfen.

Wir sind enttäuscht von Ihrer Untätigkeit und Gleichgültigkeit gegenüber jenen, die für sie Platin aus der Erde schürfen. Diese Untätigkeit widerspricht und mißachtet internationale Standards, denen sie vorgeben verpflichtet zu sein.

Zum Abschluß noch folgende Fragen:

Welche anderen Maßnahmen als intransparente Audits haben Sie ergriffen um Verbesserungen vor Ort zu erwirken? Warum lassen sie Gesprächsinitiativen einfach einschlafen? Sie haben Lonmin ein Ultimatum gestellt: Wie sieht das genau aus? Was werden Sie tun, im Fall dass Sie sich gezwungen sehen sollten, die Geschäftsbeziehung zu beenden? Werden Sie in den geforderten Beitrag zum Reparationsfonds für die vom Massaker Geschädigten leisten? Welche Konzepte haben Sie, um zur Verbesserung der Lebensbedingungen der Menschen vor Ort beizutragen?

Es scheint als sicher, dass LONMIN von Sibanye-Stillwater übernommen wird. Sibanye-Stillwater hat bereits mit Blick auf das Massaker verkündet, dass sie lediglich das Geschäft übernehmen, nicht aber die Verantwortung. Die Firma hat zu Verstehen gegeben nicht an den Verpflichtungen des Social and Labour Plans interessiert zu sein. Sie stehen sicherlich schon in Kontakt mit dem Unternehmen – das gebietet die kaufmännische Sorgfaltspflicht. Auf welcher Grundlage werden Sie sicherstellen, dass zukünftig die geltenden Gesetze und Standards eingehalten werden? Und wie werden Sie das überprüfen?

Solange wir keine überzeugenden Antworten auf diese, unsere Fragen erhalten, werden wir wiederkommen.

Ich hoffe, dass in Hinkunft mit Hr. Brudermüller an der Spitze verstärkt auf konstruktiven Dialog und Zusammenarbeit gesetzt wird. Uum Wohle der Menschen in den Rohstoffabbaugebieten und zum Wohle der Integrität von BASF.

Ich danke für ihre Aufmerksamkeit.

 

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