Rede von Maren Grimm und Jakob Krameritsch

Sehr geehrte Damen und Herren,

wir haben Bischof Seoka gehört, wir haben die Witwen der beim Massaker von Marikana erschossenen Minenarbeiter gehört: Weiterhin leben die ArbeiterInnen, die für BASF das weltweit wertvollste Metall aus dem Boden holen, unter unmenschlichen Bedingungen, in Wellblechhüttenslums ohne fließend Wasser, Strom und Kanalisation. Das ist nichts weniger als beschämend.

Die Witwen haben weiterhin, 3,5 Jahre nach dem ihre Ehemänner erschossen worden sind, keine adäquaten Reparationen erhalten. Ntombizolile Mosebetsane muss die Büros der des Lonmin-­Management putzen, also des Managements, dass bewiesenermaßen Mitschuld trägt am Mord an ihrem Mann. Agnes Makopane Thelejane bekommt von ihrem Platinhauptlieferanten nichts – der Betrieb mit dem sie seit 30 Jahren in einer vertrauensvollen Beziehung steht, hat ihr ins Gesicht gesagt, dass es reichen müssen, dass sie ihr das Begräbnis bezahlt haben, weil ihr Mann bloß Vertragsbediensteter war.

Das obwohl im Endbericht der Untersuchungskommission ganz klar festgestellt wird, dass Lonmin auch Verantwortung für seine Vertragsbediensteten zu tragen habe – lesen sie nach, Seite 479. Lonmin hält sich also nicht an die Forderungen der Untersuchungskommission. Agnes Makopano Thelejane lebt an der absoluten Armutsgrenze.

Sie, Herr Bock (CEO, BASF), meinten 2015, dass sie trotz der damals schon erdrückenden Beweislage gegen Lonmin den Endbericht der Untersuchungskommission abwarten wollen. Dieser liegt nun vor. Wenig überraschend bestätigt und erhärtet sich darin die Mitschuld Lonmins am Massaker. Ihr Lieferbetrieb hat sich fundamentaler Verfehlungen und Unterlassungen schuldig gemacht. Er hat soziale und gesetzlich verbindliche Verpflichtungen jahrzehntelang nicht eingehalten, anstatt dessen mit falschen Versprechungen die Lage verschlimmert. Lonmin hat sehr konkret zum Massaker beigetragen und es mitverursacht. Er weigert sich aber, dafür adäquate Verantwortung zu tragen.

Aus dem Endbericht der Untersuchungskommission geht klar hervor:

  1. Lonmin ist verantwortlich für die inakzeptablen, menschenunwürdigen Lebens-­‐, Arbeits-­‐ und Umweltbedingungen denen die ArbeiterInnen und ihre Familien seit Jahrzehnten ausgesetzt sind; ich muss es nicht wiederholen: Von den versprochenen 5.500 neuen Häusern wurden nicht mehr als sechs gebaut – und das in Zeiten einer boomenden Platinindustrie. Solche leeren Versprechungen Lonmins führten zum Streik.
  2. Lonmin weigerte sich dabei konsequent mit den Streikenden zu kommunizieren und beteiligte sich stattdessen politisch, logistisch und infrastrukturell an einem hochmilitarisierten Polizeieinsatz, der schlussendlich – bewiesenermaßen absehbar für Lonmin – zu den Morden am 16. August geführt hat.
  3. Lonmin zwang seine Arbeiter unter Androhung von Entlassungen, den Streik zu brechen, wohl wissend, dass das zu Zusammenstößen führen könnte – was dann auch Menschenleben forderte.
  4. Lonmin-­‐Security-­‐Angestellte sind für erste Gewalteskalationen und Schüsse auf Streikende verantwortlich, die von den Leitern der Beweisaufnahme als ungerechtfertigt eingestuft werden.

Mehr als dreieinhalb Jahre nach diesem größten Massaker an der Zivilbevölkerung Südafrikas seit dem Ende der Apartheid kommt Lonmin seiner Verantwortung gegenüber den Familien der getöteten und verletzten Minenarbeiter wie allgemein der Bevölkerung in Marikana nicht nach. basflonmin.com 2 All diese nun belegten Vergehen von Lonmin brechen mit basalen Grundsätzen der Unternehmensführung für die BASF als Gründungsmitglied des UN Global Compact einsteht. BASF verspricht diese Grundsätze – z.B. Menschenrechte, Arbeitsnormen, soziale Nachhaltigkeit, Umweltverträglichkeit – auch von seinen Lieferanten einzufordern. Und die Reaktion von BASF darauf? Eine Evaluierung, die nicht transparent ist und in der festgestellt wird: Es wurden, „keine kritischen Feststellungen bei der Unternehmensführung, bei Menschenrechten oder Arbeitsbedingungen von Lonmin gemacht, noch irgendwelche anderen Verstöße festgestellt.“ Was? Wie können, wie sollen wir dem Glauben schenken? Diese „Evaluierung“ dient ganz offensichtlich lediglich der Verbesserung ihres Images und nicht der Verbesserung der Lage vor Ort.

Bitte antworten Sie mir auf folgende Fragen:

• Mit welchen Argumenten verteidigen Sie eine Evaluierung, die von der Öffentlichkeit nicht einsehbar ist?

• Welchen Sinn hat eine Evaluierung, die unmittelbar betroffene Personen nicht adressiert und nicht miteinbezieht?

Eine persönliche Anmerkung:

Eines hat uns dann tatsächlich überrascht und wir dachten nicht, dass sich das BASF erlaubt. Es geht dabei um folgendes: es geht um die Tatsache, dass BASF die Gruppe der Frauen aus Südafrika, die hier ist um für sich selbst zu sprechen, dass BASF diese Gruppe nie als Gegenüber und Gesprächspartnerinnen anerkannt hat und tatsächlich nie die Gelegenheit genutzt hat, sich mit ihnen zu unterhalten, sich mit ihren Forderungen auseinander zu setzen.

BASF hat sich stets nur an den Mann in der Delegation gewandt hat: In den letzten Tagen, als wir durch Österreich, die Schweiz und Deutschland tourten, haben wir uns um Austausch auf Augenhöhe bemüht. BASF war nie dazu im Stande direkt die Witwen von Marikana zu adressieren. BASF zeigte sich vielmehr als ein Männerverein, wie er eher ins 19. Passt als ins 21. Jahrhundert passt. Ein global agierender Chemiekonzern zeigt sich im provinziellen Machogehabe. Das ist keine Kleinigkeit, das war und ist beleidigend; das war und ist beschämend.

Weitere Fragen:

• Wie hoch war der Geschäftsumfang mit Lonmin im Geschäftsjahr 2015 in absoluten Zahlen?

• Wieviel Prozent des gesamten Geschäftsumfanges von Lonmin sind das?

• Wieviel Prozent ihres gesamten Geschäftsumfanges sind das?

• Wie hoch ist der Geschäftsumfang mit Anglo American Platinum im Geschäftsjahr 2015 in absoluten Zahlen?

• Wieviel Prozent des gesamten Geschäftsumfanges von Anglo American Platinum sind das?

• Wieviel Prozent ihres gesamten Geschäftsumfanges sind das?

• In welcher Geschäftsbeziehung standen sie in den 1980er Jahren mit den Südafrikanischen Energiekonzern SASOL, wo es 1987/88 zu Morden an insgesamt 77 streikenden ArbeiterInnen kam?

• Wie lange stehen sie schon mit Sasol in einer Geschäftsbeziehung?

• Welcher Art sind die Geschäfte und wie hoch war der Geschäftsumfang in den 1980er Jahren, wie hoch ist er im letzten Geschäftsjahr gewesen?

• Wie steht es um die Klage gegen BASF von Modern Settings bzgl. der Manipulation des Platinpreises?

Permanentlink zu diesem Beitrag: https://www.kritischeaktionaere.de/basf/rede-von-maren-grimm-und-jakob-krameritsch/