Gegenanträge

Zu Tagesordnungspunkt 3: Beschlussfassung über die Entlastung der Mitglieder des Vorstandes

Den Mitgliedern des Vorstandes wird die Entlastung verweigert.

Begründung:

Dass sich die Daimler AG weiterhin mitten im Diesel-Abgasskandal befindet und dieser bei weitem noch nicht ausgestanden, geschweige denn komplett intern aufgeklärt wurde, zeigt eine Reihe von Vorgängen im Geschäftsjahr 2018.

Im Juni 2018 hatte der Bundesverkehrsminister einen offiziellen Rückruf von europaweit rund 700.000 Diesel-Fahrzeugen des Konzerns angekündigt, der nun vom zuständigen Kraftfahrbundesamt ausgesprochen wurde.  Betroffen von diesem offiziellen Rückruf sind Fahrzeuge der Baureihen Vito, C, G, E, S, ML & GLC, alle mit einem Dieselmotor der Abgasnorm Euro 6b. Diese Fahrzeuge sind teilweise noch im Geschäftsjahr 2018 von der Daimler AG als Neuwagen verkauft worden. Über diese Rückrufe hinaus heißt es im Geschäftsbericht 2018 auf Seite 155: „Es ist nicht ausgeschlossen, dass das KBA im Zuge weiterer Untersuchungen zusätzliche Anordnungen mit vergleichbaren Feststellungen erlassen wird. Daimler hat für bestimmte Modelle einen vorläufigen Auslieferungs- und Zulassungsstopp angeordnet und prüft laufend, ob dieser ganz oder teilweise wieder aufgehoben werden kann.“

Ein pflichtbewusst handelnder Vorstand hätte die Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Abgasanlagen aller im Verkauf befindlichen Fahrzeugmodelle anordnen müssen. Nur da dies auch nach der letzten Hauptversammlung nicht geschehen ist, konnte der Verkauf nicht rechtskonformer Fahrzeuge weitergehen.

Der im Geschäftsjahr 2018 zuständige Daimler-Chef Zetsche hatte noch letztes Jahr öffentlich beteuert, die Daimler AG habe bei den Abgaswerten ihrer Dieselfahrzeuge nicht betrogen; diese Beteuerungen waren offenkundig falsch und lassen entweder auf mangelnde Übersicht des Konzernvorstands schließen oder waren bewusste Falschaussagen.

Die mit 24 Mrd. € erneut höheren Rückstellungen lassen den Schluss zu, dass der Vorstand mit weiteren Strafen oder Entschädigungen in erheblicher Höhe rechnet. Nicht zuletzt, weil die US-Behörden nach wie vor davon ausgehen, dass in Mercedes-Benz-Dieselfahrzeugen illegale Abschalteinrichtungen verbaut sind. Diesbezüglich wird auf Seite 155 des Geschäftsberichts 2018 auf einen anderen Autohersteller verwiesen, der in den USA eine Reihe von Vergleichen geschlossen hat; für die Daimler AG offenbar ein attraktiver Weg, um den Folgen von Verstößen in den USA zu begegnen. 

Noch immer plant Daimler in Europa nicht, die vom Konzern verkauften Dieselfahrzeuge so nachzurüsten, dass diese ihre gesetzlichen Stickoxidgrenzwerte auch beim Betrieb auf der Straße einhalten. Und auch die vom Konzernvorstand um Rahmen des Dieselgipfels versprochenen, so genannten ‘freiwilligen‘ Softwareupdates hatten wohl vor allem das Ziel, offizielle Rückrufe zu verhindern. Der Vorstand muss sich hier die Frage gefallen lassen, warum Konzerngelder in solche vermeintlich freiwilligen Aktionen bei rund 3 Mio. Fahrzeugen investiert werden sollten, wenn diese doch nach Konzernmeinung seinerzeit völlig legal und mit korrekter Abgasnachbehandlung verkauft wurden. Die Antwort geben die jetzt erfolgten offiziellen Rückrufe.

Der Konzern lässt die Kund*innen in Europa mit aktuellen sowie kommenden Fahrverboten und den daraus resultierenden Wertverlusten ihrer Diesel-Fahrzeuge allein. Wer seinerzeit im guten Glauben einen Diesel der Abgasstufe 5 der Marke Mercedes-Benz oder Smart gekauft hat, sieht sich mit im Realbetrieb nachgewiesenen, teils massiven Überschreitungen der gesetzlichen, fahrzeugspezifischen Grenzwerte für Stickstoffoxid (NOx) konfrontiert.

Aus unserer Sicht gilt ganz grundsätzlich: Der Vorstand der Daimler AG muss gewährleisten, dass alle Fahrzeuge des Konzerns so ausgestattet sind, nachgerüstet oder nachgebessert werden, dass sie alle gesetzlichen Schadstoffgrenzwerte auch beim realen Betrieb auf der Straße einhalten. Gegebenenfalls muss die Nachrüstung mit zusätzlich eingebauten Minderungssystemen auf Konzernkosten durchgeführt werden.

Große Unterschiede bestehen zudem zwischen den Ankündigungen des Vorstands und der Realität im Bereich der CO2-Emissionen bei Pkw. Geschäftsbericht 2018, S.111f: „Im Berichtsjahr sind die durchschnittlichen CO2-Emissionen der Gesamtflotte von Mercedes-Benz Cars in Europa (EU28 + Island) auf 132 (i.V. 125) g/km (NEFZ) gestiegen.“ Dieser Anstieg ist nicht zuletzt auf eine falsche Modellpolitik zurückzuführen, die vermehrt auf vergleichsweise große, schwere und leistungsstarke SUV setzt. Es ist eine mehr als zweifelhafte Strategie, die Herausforderungen in Sachen Klimaschutz und Nachhaltigkeit mit immer größeren Fahrzeugen meistern zu wollen, auch wenn diese zukünftig zumindest teilweise elektrisch fahren sollen. Vor allem Fahrzeuge mit plug-in Hybrid Technologie sind dabei lediglich eine Scheinlösung. Der Konzernvorstand sollte tunlichst vermeiden, diese Fahrzeuge ‘grün‘ zu rechnen. Je nach Nutzung liegt der tatsächliche Verbrauch der plug-in Fahrzeuge bei einem Mehrfachen des offiziellen Normverbrauchs. Darauf müssen auch die Kund*innen klar hingewiesen werden, sonst droht ein massiver Imageverlust.

Gegenantrag zu TOP 4, Beschlussfassung über die Entlastung der Mitglieder im Aufsichtsrat

Der Dachverband der kritischen Aktionärinnen und Aktionäre beantragt, den Mitgliedern des Aufsichtsrats der Daimler AG für das Geschäftsjahr 2018 die Entlastung zu verweigern.

Begründung

Der Aufsichtsrat der Daimler AG hat die ihm nach Gesetz, Satzung und Geschäftsordnung obliegenden Aufgaben der Beratung und Überwachung des Vorstands im Geschäftsjahr 2018 nur unzureichend wahrgenommen. Bei Fragestellungen wie der vollständigen und lückenlosen Aufklärung des Dieselskandals und der Einhaltung von Rüstungsexportbestimmungen hat der Aufsichtsrat komplett versagt.

Gerade beim Dieselskandal hätte der Aufsichtsrat im Auge haben müssen, wie wichtig es für den Konzern ist, verlorenes Vertrauen zurückzugewinnen. Stattdessen tolerierte der Aufsichtsrat die Taktik des Vorstands, immer nur solche Versäumnisse zuzugeben, die bereits gerichtsfest nachgewiesen waren. Damit hat der Aufsichtsrat dazu beigetragen, die Zukunft des Konzerns zu gefährden.

Im Fall der Lieferung von Unimog-Chassis an das französische Rüstungsunternehmen Nexter hätte dem Daimler-Aufsichtsrat auffallen müssen, dass der Vorstand gegen Rüstungsexportbestimmungen verstößt, weil Nexter auf dem Chassis seine Haubitze Caesar intstallierte und nach Saudi-Arabien exportierte.  

Deutlich wurde durch die Auswertung eines Videos des Senders Sky News Arabia vom Mai 2015 durch das Recherchebündnis #GermanArms. Das Video zeigt offensichtlich eine Haubitze des französischen Typs Caesar. Bei der Geolokalisierung des Ortes zeigte sich, dass die Haubitze von einem Ort in der saudischen Region bei Najran nahe der Grenze zum Jemen feuert. Die von Nexter nach Saudi-Arabien exportierten Caesar-Modelle nutzen ein Unimog-Chassis von Daimler

Auf Fragen des Recherchebündnisses versicherte eine Konzernsprecherin, dass die „Belieferung eines deutschen Aufbauherstellers mit handelsüblichen Unimog-Chassis „im Einklang „mit allen anwendbaren Gesetzen“ erfolgt sei. Daimler gehe auch davon aus, „dass die Lieferung des deutschen Aufbauherstellers an seinen französischen Geschäftspartner ebenfalls gesetzeskonform erfolgte“. (Magazin „Stern“, 26.02.2019, www.stern.de/politik/ausland/germanarms–waffentechnik-aus-deutschland-im-kriegseinsatz-im-jemen-8597442.html und Policy Brief vom BICC www.bicc.de/publications/publicationpage/publication/einsatz-deutscher-ruestungstechnik-im-jemen-fuer-ein-umfassendes-waffenembargo-gegen-die-kriegskoa/, S. 2)

Diese Auskünfte müssen einer juristischen Prüfung unterzogen werden.

Auf der Daimler-Hauptversammlung 2018 hatte der Vorstand angegeben, noch im Jahr 2017 militärische Fahrzeuge nach Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate exportiert zu haben (siehe: https://www.ohne-ruestung-leben.de/nachrichten/article/daimler-hauptversammlung-exporte-militaerfahrzeuge-2017-katar-saudi-arabien-tuerkei-232.html).

Eine Bilanz des Krieges im Jemen macht deutlich, warum die Rüstungsexporte zu verurteilen sind. Seit nunmehr vier Jahren kämpft eine von Saudi-Arabien angeführte Kriegskoalition im Jemen gegen die schiitischen Huthi-Rebellen. Den Vereinten Nationen zufolge sind bereits annähernd 18.000 Zivilisten bei den Kämpfen umgekommen. Unabhängige Forscher des Armed Conflict Location and Event Data Projects (ACLED) sprechen sogar von mehr als 56.000 Menschen, die im Zuge der Kampfhandlungen allein zwischen Januar 2016 und Oktober 2018 getötet wurden. Über drei Millionen Jemeniten sind auf der Flucht. 14 Millionen Menschen sind akut von Hunger bedroht; mehr als 24 Millionen Menschen, darunter 11 Millionen Kinder, auf humanitäre Hilfe angewiesen. Die Vereinten Nationen sprechen im Jemen von einer der schlimmsten humanitären Katastrophen der Welt.

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