Gegenanträge

Gegenantrag zu TOP 2, Beschlussfassung über die Verwendung des Bilanzgewinns

Der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre beantragt, dass nicht wie geplant 0,90 € Dividende je Aktie ausgeschüttet wird. Stattdessen ist der Bilanzgewinn des Geschäftsjahrs 2019 in Höhe von 962.853.702,30 € als Rückstellung zu verwenden für:

a) den Ausgleich von Risiken aus der Corona-Pandemie
b) die Umstellung der aktuellen Produkte weg vom Verbrennungsmotor und hin zu batterieelektrischen Antrieben.
c) notwendige Konversionsmaßnahmen zum Umbau des Konzerns vom Produzenten von Fahrzeugen für den motorisierten Individualverkehr zum Produzenten von Fahrzeugen für öffentliche Verkehre.

Begründung:

In der gegenwärtigen durch Covid-19 geprägten Krisensituation wäre es fahrlässig, angesichts des Absatzrückgangs und der sich abzeichnenden Rezession Gewinne auszuschütten. Die Gewinne aus 2019 müssen dafür genutzt werden, die Arbeitsplätze im Unternehmen durch die Umstellung der Produktion auf alternative Produkte zu sichern.

Angesichts der sich abzeichnenden Klimakatastrophe und des daraus entstandenen gesellschaftlichen Drucks auf den Verkehrsbereich als großen CO2-Emittenten wird sich der Markt für Autos im Zuge der anstehenden Verkehrswende nachhaltig verändern. Die Produktion von Fahrzeugen für den motorisierten Individualverkehr wird an Bedeutung verlieren, bei gleichzeitiger Zunahme der internationalen Konkurrenz. Gleichzeitig wird die Nachfrage nach Schienenfahrzeugen und Elektrobussen für den öffentlichen Nah- und Fernverkehr steigen. Der Vorstand hat es bisher unterlassen, die strategischen Weichen für eine angemessene Reaktion auf diese Entwicklungen zu stellen. Es ist dringend notwendig, Finanzmittel für den anstehenden Umbau des Konzerns im Zusammenhang mit der Verkehrswende bereit zu stellen. Es wäre zudem fahrlässig, in der gegenwärtigen Krisensituation angesichts des enormen Absatzrückgangs und der sich abzeichnenden tiefen Rezession Gewinne auszuschütten. Die Gewinne müssen dafür genutzt werden, die Arbeitsplätze im Unternehmen durch die Umstellung der Produktion auf alternative Produkte zu sichern, wie dies beispielsweise Attac Deutschland im Rahmen seiner Kampagne für eine Verkehrswende fordert.

Der Motorisierte Individualverkehr heizt das Klima auf

Der Verkehr ist mit 17,8 Prozent der zweitgrößte Emittent von Treibhausgasen in Deutschland und der Straßenverkehr trägt mit 38 Prozent wesentlich zum Ausstoß von Stickoxiden bei. Während in anderen Branchen die Emissionswerte in den letzten Jahren gesunken sind, sind die verkehrsbedingten Emissionen seit 2013 jährlich um 2 Prozent gewachsen. Die in den letzten Jahren erzielte Verbesserung in der Motortechnik wird durch die Zunahme an Gewicht bei den Fahrzeugen überkompensiert. Wenn es nicht zu einer drastischen Reduzierung der CO2-Emissionen im Verkehrsbereich kommt, ist die Klimakatastrophe nicht mehr aufzuhalten. Bei der notwendigen Umstellung der Produktion sollte daher zuerst auf die Produktion der besonders schweren und besonders klimaschädlichen SUVs und Luxuslimousinen der Oberklasse verzichtet werden.

Individuelle Elektromobilität ist keine Lösung

Elektroautos sind keine nachhaltige Alternative zu Autos mit Verbrennungsmotor. Ihre Produktion verbraucht ein Vielfaches an knappen Metallen wie Kupfer, Nickel und Lithium sowie seltenen Erden – und verursacht ebenfalls hohe CO²-Emissionen. Nur wenn E-Autos viele Jahre genutzt und komplett mit grünem Strom betrieben werden, ist ihre CO²-Bilanz wirklich besser als die von »Verbrennern«. Doch auch die Verstromung von erneuerbaren Energien belastet Klima und Umwelt – beispielsweise durch den Material- und Flächenverbrauch ihrer Produktionsanlagen. Der knappe Strom aus erneuerbaren Energien wird für andere, dringendere gesellschaftliche Zwecke benötigt. Elektroautos sparen weder genügend Ressourcen ein, noch entlasten sie die mit Autos überfüllten Städte.

Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs

Für eine nachhaltige Verkehrswende ist der massive Ausbau des öffentlichen Nah- und Fernverkehrs unumgänglich. Diese Erkenntnis macht sich nach und nach in Gesellschaft und Politik breit. Dadurch wird mittelfristig die Nachfrage nach Schienenfahrzeugen und Elektrobussen steigen. Auf diese Entwicklung muss sich Daimler einstellen, um die zu erwartenden Einbrüche im Bereich der Fahrzeuge für den Individualverkehr durch den Bau von Fahrzeugen für öffentliche Verkehre zu kompensieren. Dazu muss zügig ein Konversionsprojekt aufgelegt werden, um die Produktionskapazitäten den Anforderungen des Klima- und Ressourcenschutzes sowie den gesellschaftlichen Entwicklungen anzupassen. Dieses Projekt soll über die Rückstellungen finanziert wird.

Gegenantrag zu TOP 3: Beschlussfassung über die Entlastung der Mitglieder des Vorstands

Der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre beantragt den Mitgliedern des Vorstands der Daimler AG die Entlastung für das Geschäftsjahr 2019 zu verweigern.

Begründung:

Auch im Geschäftsjahr 2019 hat sich gezeigt, dass sich die Daimler AG weiter mitten im Diesel-Abgasskandal befindet und dieser überhaupt nicht ausgestanden ist. Noch immer stehen Kundenforderungen und Software-Updates aus, und es sind national und international Klagen anhängig. Dies belastet die Reputation, die Bilanz und auch die Zukunft des Konzerns. 

Abgasskandal geht weiter

Dass Unregelmäßigkeiten bei der Abgasnachbehandlung allein in Europa bei bis zu 3 Mio. Diesel-Fahrzeugen der Daimler AG Nachbesserungen notwendig machen, wird vom Konzern nicht bestritten. Doch noch immer streitet Daimler ab, dass die verbauten Abschalteinrichtungen teilweise illegal sind. Mittlerweile hat das Kraftfahrtbundesamt rund 1 Mio. offizielle Rückrufe wegen unzulässiger Abgasanlagen angeordnet, darunter jetzt auch rund 260.000 Sprinter und 60.000 GLK, für die im Geschäftsjahr 2019 offizielle Rückrufe erlassen wurden. 

Noch immer bleibt der Konzern bei seiner Auffassung, alle Abgasanlangen hätten zu jeder Zeit den rechtlichen Vorgaben entsprochen und lässt sich wie folgt zitieren: „Der Klärungsprozess mit dem KBA im Hinblick auf Funktionalitäten der Motorsteuerung bei Diesel-Fahrzeugen von Mercedes-Benz ist aus Sicht des Unternehmens weit fortgeschritten, aber noch nicht abgeschlossen.“ Es kann daher also nicht ausgeschlossen werden, dass weitere Rückrufe erfolgen. Diese Erwartung und die damit zusammenhängenden Rückstellungen haben dazu geführt, dass der Konzern im 2. Quartal 2019 einen Verlust verbuchen musste. 

Auffallend schnell akzeptierte die Daimler AG zudem ein im September 2019 verhängtes Bußgeld in Höhe von 870 Mio €. Grund war eine fahrlässige Verletzung der Aufsichtspflicht in einer mit der Fahrzeugzertifizierung befassten Abteilung. Diese führte nach Feststellung der Staatsanwaltschaft dazu, dass die Dieselfahrzeuge Genehmigungen erhielten, obwohl der Ausstoß von Stickoxiden bei den Autos teilweise nicht den Vorschriften entsprach.

Weiter beteuern Vertreter*innen der Daimler AG, der Konzern habe bei den Abgaswerten ihrer Dieselfahrzeuge nicht betrogen; diese Beteuerungen waren und sind offenkundig falsch und lassen entweder auf mangelnde Übersicht des Konzernvorstands schließen oder waren und sind bewusste Falschaussagen. International gehen Behörden nach wie vor davon aus, dass in weitere Mercedes-Benz-Dieselfahrzeugen illegale Abschalteinrichtungen verbaut sind.  

Die Aufstockung der Rückstellungen für Haftungs- und Prozessrisiken sowie behördliche Verfahren um mehr als Doppelte auf inzwischen knapp 5 Mrd. € zeigt, dass sich die Daimler AG im Jahr eins nach der Ära Zetsche nach wie vor in sehr unsicheren Zeiten befindet. 

Schwere Fehler in der Modellpolitik

Weitere schwere Fehler wurden in den letzten Jahren im Bereich der Modellpolitik begangen. Diese Fehler führten dazu, dass die CO2-Flottenemissionen der 2019 in Europa zugelassenen Neufahrzeuge laut Geschäftsbericht (S. 100) nicht wie angestrebt gesunken, sondern mit 137 g/km CO2 im Vergleich zu 2018 (132 g) und 2017 (125 g) sogar weiter angestiegen sind. Die Konzentration auf immer größere, schwerere und leistungsstärkere Modelle macht sich hier bemerkbar. Strafzahlungen werden sich für 2020 durch entsprechende Lobbyarbeit und Verweise auf die Corona-Krise wohl noch vermeiden lassen. Für das Jahr 2021 sind diese Strafzahlungen aber wahrscheinlich und die dazugehörigen Rückstellungen belasten das Konzernergebnis zusätzlich. Handlungen wie der nach nur zwei Produktionsjahren vollzogene Ausstieg aus der Produktion der X-Klasse zeigen strategische Fehler an der Konzernspitze deutlich auf. 

Gleichzeitig hat es der Konzern verpasst, rechtzeitig rein elektrische Modelle in ausreichender Zahl und in allen Segmenten auf den Markt zu bringen. Neue, rein elektrische Serien-Modelle kamen – bis auf den EQV – im Geschäftsjahr 2019 nicht zu den Händlern.  

Stattdessen setzt die Daimler AG zur Senkung der CO2-Flottenemissionen vor allem auf Fahrzeuge mit Plug-in-Hybrid-Technologie, obwohl diese lediglich eine Scheinlösung darstellen. Exemplarisch kann hier der Mercedes GLE 350 de angeführt werden, der 2,65 Tonnen Leergewicht auf die Waage bringt und laut WLTP-Norm 1,1 Liter Diesel verbraucht. Der offizielle CO2-Ausstoß beträgt 28 g/km auf 100km. AutoBild kommt in einem eigenen Test unter realistischen Bedingungen auf einen Verbrauch von 8,3 Litern/100km, was einem CO2-Wert von 221 g/km entspricht. Dieses Beispiel macht deutlich, dass es Daimler bei den Plug-in-Hybriden nicht darum geht, tatsächlich sparsamere Fahrzeuge auf die Straße zu bringen. Es geht in erster Linie darum, die offiziellen Verbrauchsstatistiken zu schönen.

Der Konzernvorstand sollte tunlichst vermeiden, diese Fahrzeuge ‘grüner‘ zu rechnen als sie es sind. Je nach Fahrprofil der Nutzenden, liegt der tatsächliche Verbrauch der Plug-in-Fahrzeuge bei einem Mehrfachen des offiziellen Normverbrauchs. Darauf müssen auch die Kund*innen klar hingewiesen werden, sonst droht ein weiterer massiver Imageverlust.

Gegenantrag zu TOP 4, Beschlussfassung über die Entlastung der Mitglieder im Aufsichtsrat

Der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre beantragt, den Mitgliedern des Aufsichtsrats der Daimler AG für das Geschäftsjahr 2019 die Entlastung zu verweigern.

Begründung:

Die Mitglieder des Aufsichtsrats haben es nicht geschafft, vom Vorstand eine vollständige und lückenlose Aufklärung des Abgasskandals einzufordern. Sie haben zudem auch im Jahr 2019 versäumt, der Lieferung von Militärfahrzeugen in Kriegs- und Krisenregionen konsequent einen Riegel vorzuschieben.  Generell hat der Aufsichtsrat in vielen wichtigen Belangen Sorgfalt vermissen lassen. Damit gefährdet er das Ansehen und den langfristigen Erfolg der Daimler AG.

Taktieren des Aufsichtsrats

Der Aufsichtsrat ließ den Vorstand mit seiner Taktik immer nur solche Versäumnisse zuzugeben, die bereits gerichtsfest nachgewiesen waren, weiter gewähren und hat somit die Zukunft des Konzerns gefährdet. Auch dass die sogenannten freiwilligen Software-Updates zumindest teilweise dazu gedacht waren, offiziellen Rückrufen durch die Ordnungsbehörden zuvor zu kommen, musste dem Aufsichtsrat bewusst sein.

Formel 1-Engagement im Widerspruch zur Klimaneutralität

Ein Imageverlust droht auch weiterhin bei der Formel 1. Ein Konzern, der öffentlich das Ziel der Klimaneutralität kolportiert, kann nicht weiterhin in einer solchen Rennserie aktiv sein. Versuche, die Energie- und Umweltbilanz mit dem Einsatz von synthetischen Kraftstoffen schönzurechnen, sind in diesem Zusammenhang ebenso lächerlich, wie die offiziellen Normverbräuche der Plug-in Hybride. Der Aufsichtsrat muss deshalb und wegen der Zusammenarbeit mit dem mehr als zweifelhaften Partner Petronas auf den sofortigen Ausstieg aus der Formel 1 hinwirken. Die sehr kurze Saison 2020 rechtfertigt in keinster Weise die investierten Gelder und bietet eine gute Gelegenheit, mit der Festlegung auf einen Ausstieg die Daimler AG in Sachen Klimaneutralität als glaubwürdigen Partner zu etablieren.

Teslaanteile

Der Aufsichtsrat lässt jegliches strategische Gespür für wichtige zukünftige Entwicklungen vermissen. Er hätte den Konzernvorstand daran hindern müssen, 2014 die Anteile an Tesla für 600 Mio. Euro zu verkaufen. Experten gehen davon aus, dass der Wert dieser Anteile vor der Corona-Krise ungefähr einem Drittel des Gesamtwertes der Daimler AG entsprach.

Produkte am Klimaziel ausrichten

Wenn alle Unternehmen eine Klimabilanz wie BMW hätten, würde sich das Klima bis 2050 um 3,0 Grad Celsius erwärmen. Das zeigt ein Bericht des Beratungsunternehmens Right: https://www.right-basedonscience.de/ von Ende 2019.
Ein grundlegendes Problem für die Daimler AG ist die Produktpalette mit zu großen, schweren und leistungsstarken Fahrzeugen. Zudem werden die wahren Verbrauchs- und damit CO2-Werte der Fahrzeuge den Kund*innen vorenthalten. Der Aufsichtsrat muss auch hier auf den Vorstand einwirken: Es müssen endlich reale Verbrauchswerte angegeben werden, damit die Kund*innen wissen, wie teuer und klimaschädlich der Betrieb des jeweiligen Fahrzeugs ist. Das gilt insbesondere bei Fahrzeugen mit Plug-in-Hybrid-Technologie. Hier muss klar aufgezeigt werden, bei welchem Fahrverhalten die Fahrzeuge wieviel Kraftstoff verbrauchen. Die offiziellen Normangaben haben keinerlei Aussagekraft.

Gefährdung der Konzernzukunft

Wer solche Entscheidungen absegnet, statt sich mit aller Kraft für eine lückenlose Aufklärung aller Aspekte des Diesel-Abgasskandals und eine kundenorientierte und vor allem wirksame Lösung der Probleme einzusetzen, gefährdet die Zukunft des Konzerns.

Darüber hinaus kann von einem Aufsichtsrat verlangt werden, vor allem den langfristigen Erfolg des Konzerns im Blick zu haben. Der Imageverlust durch Strafzahlungen wegen Nichteinhaltung der europäischen CO2-Grenzwerte im Jahr 2021 gefährdet die Zukunft des Konzerns ebenso wie der durch unrealistische Angabe der Verbräuche bei Fahrzeugen mit Plug-in-Technologie.       

Rüstungslieferungen in Kriegs- und Krisenregionen

Allein im Geschäftsjahr 2018 wurden 5467 militärische Fahrzeuge in 26 Länder exportiert. Im Vergleich zu den Jahren 2016 und 2017 stieg damit die Anzahl exportierter militärischer Fahrzeuge im Jahr 2018 abermals an (2016: 4571 Militärfahrzeuge an 23 Staaten, 2017: 5310 Militärfahrzeuge an 22 Staaten). Unter den 26 Empfängerländern sind 11 Staaten, die das Bonn International Center for Conversion (BICC) als „critical“ im Hinblick auf das Kriterium 2 „Achtung der Menschenrechte und des humanitären Völkerrechts durch das Endbestimmungsland“ des Gemeinsamen Standpunkts der EU zur Rüstungsexportkontrolle einstuft (http://www.ruestungsexport.info/map), darunter beispielsweise Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate oder Pakistan.

Der Aufsichtsrat muss darauf hinwirken, dass Exporte von Militärfahrzeugen an kriegführende und menschenrechtsverletzende Staaten umgehend gestoppt werden. Denn solche Exporte wurden zwar durch die Bundesregierung genehmigt, doch Legalität bedeutet nicht automatisch ethische Legitimität. Daimler muss hier endlich auf die Bremse treten und aufhören, die Verantwortung von sich zu weisen. Zumal der Konzern betont, dass Daimler zu seiner „globalen Verantwortung“ (https://www.daimler.com/dokumente/nachhaltigkeit/integritaet/daimler-verhaltensrichtlinie.pdf, S. 5) steht und die Achtung von Menschenrechten für Daimler ein „grundlegender Bestandteil verantwortungsvoller Unternehmensführung [ist]“. (https://www.daimler.com/dokumente/investoren/berichte/geschaeftsberichte/daimler/daimler-ir-geschaeftsbericht-2019-inkl-zusammengefasster-lagebericht-daimler-ag.pdf, S. 219)

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