Klimaschutz, Kohleausstieg und menschenrechtliche Sorgfalt in der Steinkohle-Lieferkette: Unsere Fragen an den Vorstand der EnBW

Fragen zum Thema Klimaschutz:

  1. Wird der Vorstand Klimaziele und Maßnahmen verfolgen, die dem 1,5-Grad-Ziel des Pariser Klimaschutzabkommens gerecht werden?
  2. Nach Berechnungen von Climate Analytics müssen OECD-Staaten und Staaten der ehem. UdSSR bis 2030 aus der Kohle aussteigen, damit die Erreichung des 1,5-Grad-Ziels möglich bleibt. Wird die EnBW bis spätestens 2030 aus der Kohleverstromung aussteigen?
  3. Wie bewertet die EnBW in diesem Zusammenhang den geplanten öffentlich-rechtlichen Vertrag zwischen der Bundesregierung und den Braunkohlekraftwerksbetreibern, der einen nicht Paris-kompatiblen Braunkohleausstieg bis Ende 2038 vorsieht?
  4. Für den EnBW-Kraftwerksblock Lippendorf S sieht dieser Vertrag eine Laufzeit bis Ende 2035 vor, die ebenso wenig im Einklang ist mit dem 1,5-Grad-Ziel des Pariser Klimaschutzabkommens. Wird die EnBW diesen Vertrag dennoch unterzeichnen?
  5. Welche Folgen hätte eine Vertragsunterzeichnung für die EnBW?
  6. Wäre nach einer Unterzeichnung noch eine Schließung des Blocks Lippendorf S bis 2030 möglich oder wäre durch eine Unterzeichnung ein Paris-kompatibler Ausstieg aus der Kohleverstromung bis 2030 unmöglich?  
  7. Wie stellen Sie in Zukunft sicher, dass Ihre Unternehmensentscheidungen mit dem 1,5-Grad-Ziel vereinbar sind?
  8. Welches sind die konkret geplanten Treibhausgas-Reduktionen in den nächsten fünf, zehn, 15 und 20 Jahren?
  9. Werden auch Ziele für den Scope 3 der indirekten Treibhausgasemissionen festgelegt? Wenn ja, welche genau? Falls nicht, wieso nicht?
  10. Würden Sie Ihre Klimaziele von der Science Based Targets Initiative (SBTi) überprüfen lassen? Falls ja, wann? Falls nicht, wieso nicht?
  11. Unterziehen Sie Projekte und Investments einer Neuüberprüfung bezüglich ihrer Klimarisiken oder planen sie dies zu tun? Wenn ja, wann und in welchem Umfang? Falls nein, warum nicht?

Fragen zum Thema menschenrechtliche Sorgfaltspflicht:

  1. Wie wird der Vorstand sicherstellen, die Anforderungen der UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte vollumfänglich zu erfüllen?
  2. Wie viele Audits zur Überprüfung der Lieferanten-Selbstauskünfte in Bezug auf die Einhaltung von Menschenrechten sowie Umwelt- und Sozialstandards wurden im letzten Geschäftsjahr durchgeführt und bei welchen Lieferanten wurden welche Mängel festgestellt?

Fragen zur Steinkohle-Lieferkette:

  1. Im November 2019 reisten Vertreter von EnBW nach Moskau und in den Kuzbass, um mit den Produzenten SUEK und KRU Nachhaltigkeitsfragen zu besprechen. Russische Umweltorganisationen wie Ecodefense kritisieren seit Jahren die extrem schlechten Umweltschutzbedingungen im sibirischen Kuzbass. Wie überprüft EnBW vor Ort die Einhaltung von Umweltschutz- und Menschenrechtsstandards?
  2. Ist dem Vorstand bekannt, dass eine Vertreterin von Ecodefense im letzten Jahr aus Angst vor Verhaftung Russland verlassen und in Deutschland um politisches Asyl bitten musste?
  3. Hat die EnBW diese Form der Unterdrückung zivilgesellschaftlicher Akteure bei den Besuchen in Russland thematisiert? Wenn ja, mit wem und in welcher Form?
  4. Die zunehmende Repression von zivilgesellschaftlichen Gruppen in Russland macht eine kritische Analyse der Auswirkungen des Kohlebergbaus in Russland nahezu unmöglich. Welche Schlüsse ziehen Sie daraus für ihre eigenen Untersuchungen vor Ort?  
  5. Im Januar 2020 berichtete die Zeitung „El Espectador“ von neuen Zeugen und Verfahren mit Bezug auf die Verwicklung ihres Steinkohle-Lieferanten Drummond in die Finanzierung und Unterstützung paramilitärischer Gruppen. Hat die EnBW dies zur Kenntnis genommen? Sehen Sie Anhaltspunkte, die Geschäftsbeziehung zu unterbrechen, zu beenden oder bleibt die EnBW bei ihrer altbekannten Position, dass Drummond ein akzeptabler Geschäftspartner bleibt?
  6. In Kolumbien fordern Senatoren, Indigenenverbände und weitere zivilgesellschaftliche Organisation die Prüfung der Umweltgenehmigung des Steinkohlebergwerks Cerrejón. Sie kritisieren Umweltschäden und Rechtsverletzungen insbesondere in Bezug auf die vom Kohleabbau betroffenen indigenen Gemeinden. Wie steht die EnBW zu diesen Forderungen?
  7. Auf der Hauptversammlung 2019 haben Sie gesagt, dass der Integritäts-Check ihrer Geschäftspartner KRU und Carbo One im August 2018 keine weiteren Hinweise auf Fehlverhalten ergab, der Vertrag mit Carbo One aber eine CSR-Klausel enthalten würde, die ihnen bei gravierenden Compliance- und Nachhaltigkeitsverstößen eine Beendigung der Geschäftsbeziehung ermöglichen würde. Sie haben damals angegeben, dass Ihnen keine konkreten Informationen zu den geschilderten Sachverhalten vorgelegen hätten. Zur Erinnerung: Der Kohlelieferant bzw. Kohlehändler Carbo One steht im akuten Verdacht von Geldwäsche. Von verschiedenen Swedbank-Konten soll Carbo One einen Milliardenbetrag an den Oligarchen und Haupteigentümer der Firma KRU, Iskander Makhmudov, überwiesen haben. Makhmudov ist ein russischer Milliardär, den spanische Behörden offen in Verbindung zum organisierten Verbrechen stellen. Im November 2019 erklärte Ihr Nachhaltigkeitsexperte Lothar Rieth im Handelsblatt, dass der EnBW keine Informationen vorlägen, die die EnBW dazu bringen würden, Geschäftsbeziehungen zu den russischen Lieferanten abzubrechen. Ihre Konkurrenten Uniper und Vattenfall haben nach Prüfung des Sachverhalts eine Fortführung der Geschäftsbeziehung mit Carbo One ausgeschlossen. Hat sich die Einschätzung der EnBW in Bezug auf Carbo One und KRU in der Zwischenzeit geändert?
  8. Verschiedene Energieversorger haben in den letzten Jahren die Geschäftsbeziehungen zu Kohlelieferanten wie Drummond und Carbo One aus Compliance-Gründen abgebrochen bzw. ausgesetzt. Hat EnBW in den letzten zehn Jahren Importverträge für Steinkohle gekündigt, weil die Anforderungen an die Gewährleistung von Umweltschutz und Menschenrechten von den Vertragspartnern nicht erfüllt wurden? Wenn ja, um welche Verträge handelte es sich dabei konkret?
  9. Im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie wurden im kolumbianischen Steinkohlebergbau bereits tausende Arbeitsplätze abgebaut. Mit weiteren Jobverlusten ist zu rechnen. Wird sich die EnBW dafür einsetzen, dass diese Menschen, von deren Arbeit der Konzern jahrelang indirekt profitierte, nicht ins Bergfreie fallen? Wenn ja, in welcher Form?

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