Rede von Thilo F. Papacek

Sehr geehrte Damen und Herren,

mein Name ist Thilo Papacek, ich arbeite bei der Initiative GegenStrömung, die sich für die Interessen von den Betroffenen von Staudammprojekten einsetzt.

Mir wurde das Stimm- und Rederecht vom Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre anvertraut, damit ich die Unternehmensführung anhalte und von ihr fordere, in ihrem Geschäftsgebaren die Menschenrechte und die Umwelt zu achten.

Nach unserem Dafürhalten bezieht sich die Verantwortung für Menschenrechte und Umwelt nicht nur auf den Geschäftsbetrieb ihres eigenen Unternehmens, sondern auch auf die von ihnen rückversicherten Projekte, worauf ja auch der Gegenantrag der Kritischen Aktionäre eingeht.

In diesem Gegenantrag wird vor allem die Rückversicherung von Kohlekraftwerken durch die Hannover Rück und damit ihre Verantwortung für das Weltklima thematisiert.

Ich möchte hier hinzufügen und darauf hinweisen, dass auch Wasserkraftwerke, die von der Hannover Rück rückversichert werden, Schädlich für das Weltklima sind. Durch die Verbauung von Flüssen reduziert sich ihre Fließgeschwindigkeit, was Verrottungspro-zesse von organischem Material begünstigt. Auf diese Weise entstehen erhebliche Mengen von Methan. Dieses Treibhausgas ist zwischen 20 – 100mal wirksamer als CO2, je nach-dem, über welchen Zeitraum man die Gase vergleicht. Jüngeren Schätzungen zufolge stoßen deshalb Wasserkraftwerke das Äquivalent zum CO2-Austoß des globalen Flug-verkehrs an Treibhausgaesn aus. Wasserkraftwerke sind deshalb wesentlich weniger „grün“ als es oft dargestellt wird.

Zudem stellen Wasserkraftwerke einen weitreichenden Eingriff in verschiedene Ökosysteme dar. Viele Ökosysteme werden dadurch unwiederbringlich zerstört.

Doch vor allem stehen Wasserkraftwerke oft im Zusammenhang mit schweren Menschenrechtsverbrechen. Meist sind die Ärmsten der Armen betroffen. Anwohnerinnen und Anwohner werden gegen ihren Willen umgesiedelt, zehntausende Menschen verlieren durch Umsiedlung und Zerstörung von Ökosystemen ihren Lebensunterhalt. Proteste der Bevölkerung gegen Wasserkraftwerke werden oft mit gewalt unterdrückt.

So auch im Fall des Staudamms Hidrosogamoso in Kolumbien, den die Hannover Rück rückversichert hat. Nach Vollendung des Kraftwerks kam es immer wieder zu Überschwemmungen, weil der Pegelstand des Staudamms reguliert werden muss, tausende Kleinbauern fussabwärts verloren ihre Ernten. Die Wasserqualität am Sogamoso Fluss hat sich massiv verschlechtert, was die Vermehrung von Krankheitserregern begünstigt. Es kam zu massenhaften Sterben von Fischen, was negative Folgen für die lokalen Fischer hatte.

Gegen diese Probleme protestiert die zivilgesellschaftliche Organisation Ríos Vivos. In letzter Zeit wurde diese friedliche Protestorganisation von Politikerinnen und Politikern und den Medien beschuldigt, teil der Guerrilla zu sein. Dadurch gerieten friedliche Aktivistinnen und Aktivisten auf die Abschusslisten der in der Region aktiven Paramilitärs. Erst vor wenigen Tagen, am 2. Mai, wurde der Aktivist Hugo George erschossen.

Dies ist kein Einzelfall: Nach einem Bericht der britischen Tageszeitung The Guardian wurden im vergangenen Jahr in Kolumbien über 120 Menschenrechts- und Umweltaktivistinnen und -aktivisten ermordet.

Nun ist Hidrosogamos gebaut. Doch Hannover Re unterhält weiterhin eine Niederlassung in Bogotá. Für welche weiteren umstrittenen Wasserkraftprojekte hat die Hannover Re Rückversicherungen gezeichnet?

Ist die Hannver Rück insbesondere an den Wasserkraftprojekten Hidroituango, Samaná oder Quimbo in Kolumbien beteiligt?

Welche weiteren Wasserkraftprojekte weltweit sind über die Hannover Rück rückversichert?

In ihrem Geschäftsbericht steht nichts darüber und auch sonst kann man nicht erfahren, an welchen Projekten Hannover Rück beteiligt ist. Ich halte es für die Pficht ihres Unternehmens, hier transparent zu agieren und die Öffentlichkeit darüber zu informieren, welche Projekte sie rückversichern. In ihrer Nachhaltigkeitsstrategie bekennen sie sich ja zum Dialog mit zivilgesellschaftlichen Gruppen. Der ist aber nur möglich, wenn die notwendigen Informationen für einen Dialog zugängig sind.

In ihrer Nachhaltigkeitsstrategie bekennt sich die Hannover Rück auch zum Global Compact, dem Abkommen zwischen den Vereinten Nationen und Unternehmen zum Schutz von Menschenrechten. Der Global Compact betont das Vorsorgeprinzip. Das bedeutet, dass Unternehmen zu prüfen haben, ob die von einem Projekt betroffene Zivilgesellschaft ihre Rechte wahrnehmen kann. Dies war bei Hidrosogamoso nicht gegeben.

Herr Wallin, gerade die Hannover Rück hat als drittgrößter Rückversicherer der Welt eine globale Verantwortung. Sie wissen so gut wie ich, dass große Investitionen, wie sie Wasserkraftprojekte darstellen, nicht ohne entsprechende Versicherung und Rückversicherung getätigt werden können. Ihr Geschäftsgebaren hat damit einen Vorbildcharakter, der weit über ihre Branche hinaus geht.

Wenn die Hannover Rück für Nachhaltigkeitsinvestoren investierbar sein soll, wie sie es vorhin selbst sagten, dann kann die Hannover Rück sich in Zukunft nicht an Projekten wie Hidrosogamoso beteiligen und muss ihre Transparenz dringend verbessern.

Gerne können Sie und die anwesenden Aktionäre mit unserer Organisation GegenStrömung in Kontakt treten, um über diese Fragen einen konstruktiven Dialog zu führen.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit!

 

 

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