Fragwürdige Dividende, erhebliche Menschenrechtsrisiken, Klimaschutz unzureichend: Unsere Gegenanträge

Zu TOP 2: Beschlussfassung über die Verwendung des Bilanzgewinns

Der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre beantragt, die von der Verwaltung vorgeschlagene Verwendung des Bilanzgewinns abzulehnen.

Begründung:

Es passt nicht zusammen: Auf der einen Seite profitierte HeidelbergCement letztes Jahr finanziell von Kurzarbeit, auf der anderen Seite soll eine Rekord-Dividende ausgeschüttet werden. Bevor die Dividende derart erhöht wird, muss zuerst sichergestellt sein, dass die Lasten, welche die Beschäftigten, der Staat und die Gesellschaft in der Corona-Krise tragen, nicht zur Finanzierung der vorgeschlagenen Dividende beitragen.

Denn: Das Kurzarbeitergeld ist seit 2020 de facto steuerfinanziert und eine weitere Unternehmenshilfe in der Corona-Krise. Die Leistungen wurden erhöht und Arbeitgeber-Sozialabgaben erstattet, wodurch die Bundesregierung aufgrund der hohen Nachfrage erhebliche Liquiditätshilfen für die Bundesagentur für Arbeit bereitstellen musste. Bevor HeidelbergCement also den Gewinn ausschüttet, sollte zuerst die Summe an den Staat zurückgezahlt werden, die HeidelbergCement durch Kurzarbeit einsparen konnte. Ansonsten sichern die Steuergelder statt Beschäftigung vor allem die erhöhte Dividende.

Zu TOP 3: Beschlussfassung über die Entlastung des Vorstands für das Geschäftsjahr 2020

Der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre beantragt, die Mitglieder des Vorstands nicht zu entlasten.

Begründung:

Der Vorstand kommt seinen menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten nicht ausreichend nach. HeidelbergCement hält weiter an einer Reihe von Projekten mit erheblichen Menschenrechtsrisiken fest, ohne jedoch hinreichend Maßnahmen zu ergreifen, dass dabei Menschenrechte vollumfassend geachtet werden.

Indonesien: Missachtung indigener Rechte und widersprüchliche Ergebnisse zur Umweltverträglichkeit

Das indonesische Tochterunternehmen Indocement verfolgt weiter das Projekt, in Zentraljava eine Zementfabrik zu errichten und für Zement benötigte Ressourcen abzubauen. Bei diesem Projekt hat Indocement gegen die FPIC-Prinzipien (freie, vorherige und informierte Zustimmung) verstoßen, da die indigene Gruppe der Samin nicht ausreichend in den Planungsprozess einbezogen wurde. Auch wurden weitere Stakeholder im Planungsgebiet nicht ausreichend einbezogen bzw. wurde ihre Ablehnung des Projekts nicht berücksichtigt. Indocement plant den Bau der Zementfabrik in dem betreffenden Gebiet, obwohl sich 67 Prozent der lokalen Bevölkerung dagegen ausgesprochen haben.

Die Ergebnisse der von Indocement durchgeführten Umweltverträglichkeitsstudie sind anzuzweifeln. Die von der Bürger*inneninitiative JMPPK durchgeführten Untersuchungen zu wichtigen Parametern für die Umweltverträglichkeit (z.B. Anzahl von Wasserquellen, Anzahl von Höhlen etc.) weichen stark von den in der Umweltverträglichkeitsprüfung von Indocement ermittelten Werten ab. Das ist HeidelbergCement seit spätestens 2017 bekannt. Bisher wurden jedoch keine Anstrengungen zur Überprüfung der Ergebnisse unternommen. Auch die vom indonesischen Präsidenten angeordnete strategische Umweltprüfung (KLHS) kommt zu dem Ergebnis, dass in dem vorhergesehenen Gebiet kein Bergbau betrieben werden sollte, da das Ökosystem des Karstgebirges massiv gestört werden würde.

Togo: Landgrabbing und Verletzung der FPIC-Prinzipien

In Togo ist HeidelbergCement durch die Unternehmen Cimtogo, Granutogo und Scantogo an Landgrabbing beteiligt. Die Unternehmen kaufen Ackerland, das von Kleinbäuer*innen bewirtschaftet wird. Die lokale Bevölkerung ist weder in Prozesse involviert noch wird sie angemessen für Pacht- und Ernteverluste entschädigt. FPIC-Prinzipien werden so missachtet und Raubbau an der Natur betrieben. Der Kalkabbau benötigt so viele Flächen, selbst die lokale Bevölkerung umgesiedelt werden muss – oft auf eigene Kosten, oder ohne zumindest eine angemessene Entschädigung zu erhalten. Zudem gibt es Berichte, dass Arbeits- und Sozialstandards nicht eingehalten werden.

Westsahara: Unterstützung völkerrechtswidriger Siedlungspolitik

Trotz massiver Kritik unterstützt HeidelbergCement weiterhin die völkerrechtswidrige Besatzung der Westsahara durch Marokko. Zwei der größten Zementmahlwerke in der Westsahara werden durch die Tochterfirma Ciments du Maroc betrieben, die das Grundmaterial für die Kolonisierung des Territoriums liefern. Das 2020 akquirierte Werk CIMSUD wurde laut Medienberichten „zur Unterstützung der Entwicklung (…) im Zuge der zahlreichen Infrastruktur-Investitionsprojekte“ errichtet. Diese Projekte dienen der völkerrechtswidrigen Ausbeutung der Phosphatvorkommen bzw. sind Teil der Siedlungspolitik Marokkos, die laut den wissenschaftlichen Diensten des Deutschen Bundestages eine Verletzung der Vierten Genfer Konvention und somit ein Kriegsverbrechen begründen.

Seit Ende des Waffenstillstands im November 2020 Jahres operiert HeidelbergCement zudem in einem aktiven Kriegsgebiet. Die Menschenrechtslage hat sich seither weiter verschlimmert. Freedom House stellt die Westsahara im Jahresbericht 2021 über den Stand der bürgerlichen und politischen Rechte auf eine Stufe Nordkorea mit 4 von möglichen 100 Punkten. Die Aktivitäten von HeidelbergCement tragen dazu bei, dass diese Situation aufrechterhalten wird. Ohne die explizite Zustimmung des sahrauischen Volkes, welche die einzige Legitimation dieser Aktivitäten darstellen könnte, sollte sich HeidelbergCement aus der Westsahara zurückziehen.   

Westjordanland: Weiterhin völkerrechtswidrige Geschäftstätigkeiten

HeidelbergCement unterstützt weiterhin die Nichteinhaltung des Völkerrechts in dem von Israel besetzten Westjordanland und im annektierten Ost-Jerusalem. HeidelbergCement profitiert von völkerrechtswidrigen Maßnahmen und trägt gleichzeitig dazu bei, dass der illegale Status der israelischen Siedlungen aufrechterhalten bleibt.

Das bereits auf der Hauptversammlung 2016 angekündigte Ende der Lizenz im Steinbruch Nahal Raba wurde selbst für 2020 bislang nicht in die Praxis umgesetzt. Der Steinbruch ist weiter aktiv und weder geschlossen noch verkauft. Vielmehr wurde im vergangenen Jahr Material in die völkerrechtswidrigen israelischen Siedlungen verkauft und geliefert. Das vor mehreren Jahren geschlossene Transportbetonwerk in der Siedlung Atarot im annektierten Ost-Jerusalem wurde 2020 wieder in Betrieb genommen und produzierte und lieferte Material nach Israel und mit großer Wahrscheinlichkeit auch in die Siedlung(en).

Zu TOP 4: Beschlussfassung über die Entlastung des Aufsichtsrats für das Geschäftsjahr 2020

Der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre beantragt, die Mitglieder des Aufsichtsrats nicht zu entlasten.

Begründung:

Der Aufsichtsrat kommt nicht hinreichend seiner Verantwortung nach, den Vorstand den Vorstand anzuweisen und effektiv zu kontrollieren, effektive Maßnahmen zum Klimaschutz umzusetzen.

Deutliche Treibhausgasemissionen dringend nötig

HeidelbergCement reagiert nicht angemessen auf die Klimakrise. Der Vorstand hat es unterlassen, vollständig und ehrlich Bilanz zu ziehen. Für 2020 fehlen bisher sogar die Angaben zu den direkten und indirekten Treibhausgasemissionen (Scope 1, 2 und 3) gemäß des Greenhouse Gas Protocol-Standards. Aber auch so ist abzusehen, dass HeidelbergCement trotz leichter Treibhausgasreduktionen in 2020 weiterhin nach RWE das klimaschädlichste Unternehmen im Dax bleibt.

Das aktuelle Ziel, bis spätestens 2050 klimaneutralen Beton liefern zu können, reicht nicht für das Ziel des Pariser Klimaschutzabkommens, die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu limitieren. Die Prüfung der Klimaziele durch die Science Based Targets Initiative (SBTI) hat nur die Kompatibilität mit dem Minimalziel von 2 Grad für Scope 1 und 2 bestätigt. Für die Emissionen des wichtigen Scope 3 (Lieferkette bzw. Produktanwendung) existieren weiterhin keine Zielvorgaben.

Bei der Unternehmensführung wurde sich nicht erkennbar an Budgets von noch verbleibenden Treibhausgas-Emissionen orientiert, wie es das Pariser Klimaschutzabkommen fordert. So wurden geeignete Maßnahmen, das Unternehmen zukunftsfähig und 1,5°-kompatibel zu machen, verhindert. Es ist kurzsichtig und wenig verantwortungsvoll, die nötigen Transformationsprozesse auf die 2030er und 2040er Jahre aufzuschieben.

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