Gegenanträge

Gegenantrag zu Tagesordnungspunkt 3: Entlastung der Mitglieder des Vorstands für das Geschäftsjahr 2015:

Der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre beantragt, die Mitglieder des Vorstands nicht zu entlasten.

Begründung:

Die HeidelbergCement AG unterstützt durch ihre Geschäftspolitik weiterhin und fortgesetzt die Nichteinhaltung des Völkerrechts in dem von Israel besetzten Westjordanland.

Artikel 1 der Vierten Genfer Konvention verpflichtet alle Staaten, für die Durchsetzung der Einhaltung des geltenden Völkerrechts Sorge zu tragen. Nach dieser Konvention sind der Lebensraum und die Institutionen der ansässigen Bevölkerung vor willkürlicher Enteignung, Zerstörung und Besiedlung durch die Besatzungsmacht geschützt.

Immer mehr gerät HeidelbergCement mit seinen Geschäftsgebaren im Westjordanland – völkerrechtswidrig zu produzieren und so internationales Recht nicht einzuhalten und sich maßgeblich am Bruch des Völkerrechts zu beteiligen – in die Schlagzeilen in der Öffentlichkeit und bei Investoren. Beispiele:

Im Politmagazin „Kontrovers“ des Bayerischen Fernsehens kam HeidelbergCement am 16. März 2016 zu einer fragwürdigen Berühmtheit. Bezogen auf den Steinbruch wurde dort gesagt: „Unternehmen müssen Umsatz machen, aber die Geschäfte müssen sauber sein,  sonst kann man leicht am Pranger stehen… In diesem Steinbruch im Westjordanland wird Völkerrecht verletzt, Raubbau betrieben und schmutziger Profit gemacht – und mittendrin ein deutsches Unternehmen…“ Es wurde der Verdacht geäußert, dass HeidelbergCement  den illegalen israelischen Siedlungsbau unterstützt: „In unmittelbarer Nähe von Siedlungen lässt die Firma frischen Beton anrühren.“ Und zum Schluss erklärte die Redakteurin: „ Es ist also höchste Zeit, dass HeidelbergCement seiner moralischen Verantwortung gerecht wird.“

Teilnehmende der Münchener Sicherheitskonferenz in diesem Jahr äußerten sich laut Bayerischem Fernsehen zu HeidelbergCement.

Eine negative Resonanz zu HeidelbergCement findet sich auch in den jüngsten Berichten von Facing Finance „Dirty Profits“ (S. 24 – 25) und von Human Rights Watch „OCCUPATION, INC. How Settlement Businesses Contribute to Israel´s Violations of Palestinian Rights” (S. 45 – 49, sowie S. 121 – 123 und S. 129 – 136).

Das gute Geschäftsergebnis von HeidelbergCement in 2015 trügt, denn es wird für die Zukunft – sowohl für das Unternehmen als auch für die Aktionärinnen und Aktionäre – durch eine solche negative Berichterstattung  gefährdet, erst recht wenn man berücksichtigt, dass vier namhafte und renommierte Pensionsfonds sich in den vergangenen Monaten von HeidelbergCement distanziert haben: Beim norwegischen Investor FYI Storebrand kam HeidelbergCement 2015 auf eine Art „Schwarze Liste“ wegen Verletzung von Recht und Menschenrechten. Der große dänische Pensionsfonds PFA schloss HeidelbergCement aus seinen Fonds aus, weil er sonst zu den illegalen Aktivitäten bezüglich des besetzten Westjordanlandes beitrage und weil nach seiner Meinung HeidelbergCement beim Abbau von Ressourcen in einer Weise beteiligt sei, die nicht mit der PFA-Politik für verantwortungsvolle Investitionen übereinstimme. Die größte norwegische Lebensver- sicherung KLP schloss HeidelbergCement (und den mexikanischen Baustoffkonzern Cemex SAB de SV) mit Wirkung vom 1. Juni 2015 aus dem Investment-Portfolio aus. KLP sieht grundlegende ethische Normen verletzt und verweist zudem auf die zwingend notwendige Einhaltung des Humanitären Völkerrechts. Und der staatliche schwedische Pensionsfonds AP7 schloss nach Cemex nun auch HeidelbergCement aus. Weitere Fonds überlegen ähnliche Schritte.

Auch in dem Geschäftsbericht 2015 werden die Bereiche in Israel und in der Westbank einfach unter Israel zusammengefasst und es wird gleichzeitig verschleiert, dass HeidelbergCement Teil der Besatzungsökonomie ist, dass so gut wie sicher für den illegalen Bau der Mauer weithin auf besetztem Gebiet und für die illegalen israelischen Siedlungen produziert und geliefert wird – aus Geschäftsbereichen von Hanson Israel, die nicht zu Israel gehören, wie auch aus Geschäftsbereichen, die auf dem israelischen Staatsgebiet liegen.

Zum Hintergrund:

Laut Geschäftsbericht 2012 kam es 2007 zum Kauf von Hanson. Ein Teil von Hanson ist die Tochterfirma „Hanson Israel“. Dadurch unterhält HeidelbergCement auf dem besetzten Gebiet zwei Betonwerke (in den illegalen israelischen Siedlungen Modiin Illit und Atarot I.Z.) sowie ein Asphaltwerk und den sehr großen Steinbruch Nahal Raba (südlich von Elkana) und ist damit Teil der Besatzungsökonomie. Für den Steinbruch wurden von israelischer Seite über 50 Hektar Land von Bauern in der palästinensischen Gemeinde Az-Zawiya, auf deren Gemarkung er liegt, beschlagnahmt. Anders hätte dieser Steinbruch gar nicht eingerichtet werden können.

Die Regeln für eine Besatzungsmacht (hier der Staat Israel) sind im Völkerrecht klar festgelegt. Danach ist der Staat Israel als Besatzungsmacht verpflichtet, sich an das Humanitäre Völkerrecht zu halten. Nach der Haager Landkriegsordnung von 1907 ist es einer Besatzungsmacht eindeutig verboten, feindliches Eigentum wegzunehmen oder zu zerstören und sich Rohstoffe aus besetzten Gebieten anzueignen. HeidelbergCement beteiligt sich über Hanson Israel eindeutig an einem Bruch des Völkerrechts. Im Geschäftsbericht 2015 wird – trotz unserer Beanstandung im Vorjahr – weiterhin unter „Übersicht Organisationsstruktur der Konzerngebiete und Geschäftsbereiche“ unter Afrika-Mittelmeer Israel aufgeführt, d.h. auch die unstrittig völkerrechtswidrig besetzten palästinensischen Gebiete in der Westbank (wo zwei Betonwerk, das Asphaltwerk und der Steinbruch liegen) werden als zum Staat Israel gehörig bezeichnet.

Die OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen in der Neufassung von 2011, die auch für die HeidelbergCement AG gelten, wie auch das Völkerrecht werden von HeidelbergCement leider nicht befolgt. HeidelbergCement profitiert von völkerrechtswidrigen Maßnahmen und trägt gleichzeitig dazu bei, dass der illegale Status der israelischen Siedlungen aufrecht erhalten bleibt, was völkerrechtswidrig ist.

Wir erwarten vom Vorstand die sofortige Trennung von dem Geschäftsbereich von Hanson Israel, der in der Westbank liegt, sowie von Hanson Israel, sofern von dort aus die illegalen Siedlungen und/bzw. der illegale Mauerbau und die Nichteinhaltung des Völkerrechts in dem von Israel besetzten Westjordanland unterstützt werden.

 

Gegenantrag zu Tagesordnungspunkt 4: Entlastung der Mitglieder des Aufsichtsrats für das Geschäftsjahr 2015:

Der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre beantragt, die Mitglieder des Aufsichtsrats nicht zu entlasten.

Begründung:

Der Aufsichtsrat der HeidelbergCement AG ist verpflichtet, den Vorstand bei der Ausübung seiner Geschäftstätigkeit zu kontrollieren.

Dieser Pflicht ist der Aufsichtsrat nicht nachgekommen, da er es zulässt, dass der Vorstand durch seine Geschäftspolitik die Nichteinhaltung des Völkerrechts in dem von Israel besetzten Westjordanland unterstützt und das Unternehmen Teil der Besatzungsökonomie ist.

Offensichtlich nimmt der Aufsichtsrat – wie der Vorstand – die diversen Berichte und die Desinvestitionsentscheidungen von bekannten Fonds nicht ernst. Spätestens seit dem Beschluss des norwegischen Pensionsfonds KLP kurz nach der letzten Hauptversammlung hätten beim Aufsichtsrat die Alarmglocken klingeln müssen. Die verloren gehende Reputation des Unternehmens und die Aussage des Vorstandsvorsitzenden in der Pressemitteilung vom 17. März 2016 „Nachdem wir die Ziele der letzten Jahre hinsichtlich Kostenführerschaft, Schuldenabbau und organischem Wachstum in vollem Umfang erreicht haben, legen wir den Schwerpunkt zukünftig auf Wertschaffung für Aktionäre und kontinuierliches Wachstum“ passen nicht zusammen.

Der Imageschaden bei internationalen Investoren ist inzwischen beträchtlich. Es ist die Pflicht des Aufsichtsrates – auch im Interesse der Aktionärinnen und Aktionäre – auf die Reputation des Unternehmens zu achten. Dies scheint nicht gewährleistet zu sein.

Die britische, die dänische und die niederländische Regierung haben den einheimischen Unternehmen den Rückzug aus den Siedlungen und aus Kooperationen mit entsprechenden israelischen Unternehmen empfohlen.

Nach der Deutschen Bahn, die sich aus dem Bau einer auch durch die Westbank führenden Eisenbahnlinie zurückzog, verkaufte z.B. der französische Konzern Veolia seine Buslinien, die zu den Siedlungen führen sollten, zu einem sehr niedrigen Preis.

Auf der Homepage des Auswärtigen Amtes heißt es u.a.: „Das Westjordanland, der Gazastreifen, Ost-Jerusalem und der Golan sind seit 1967 von Israel besetzt. Die Bundesregierung unterscheidet strikt zwischen dem Gebiet des Staates Israel und den Palästinensischen Gebieten… In Bezug auf Eigentumserwerb oder Investitionen in den Siedlungen wird darauf hingewiesen, dass die Siedlungen nach Auffassung der Bundesregierung gegen das Völkerrecht verstoßen.“

In ihren Leitlinien „über die Förderfähigkeit israelischer Einrichtungen und ihrer Tätigkeiten in den von Israel seit Juni 1967 besetzten Gebieten im Hinblick auf von der EU finanzierte Zuschüsse, Preisgelder und Finanzinstrumente ab 2014“ vom 19. Juli 2013 hat die Europäische Union klar dargelegt, dass die seit Juni 1967 besetzten Gebiete (Westjordanland, Golanhöhen, Ostjerusalem und Gaza-Streifen)  nicht zum legalen Staatsgebiet Israels gehören.

Wir erwarten vom Aufsichtsrat, dass er den Vorstand bei der notwendigen sofortigen Trennung von dem Geschäftsbereich von Hanson Israel, der in der Westbank liegt, sowie von Hanson Israel, sofern von dort aus die illegalen Siedlungen und/bzw. der illegale Mauerbau unterstützt werden, voll unterstützt, begleitet und damit einer Achtung und Umsetzung internationalen Rechts wie auch der OECD-Leitsätze Rechnung trägt – auch um weiteren Schaden vom Unternehmen fernzuhalten.

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