„Täglich drei Container mit Rüstungsgütern – auch für den Jemen-Krieg“: Rede von Johanna Zimmermann

Hallo, mein Name ist Johanna Zimmermann und ich bin Vorstand des Allgemeinen Studierendenausschusses (AStA) der Hochschule für Angewandte Wissenschaften.

Unsere Hochschule hat sich 2015 eine Selbstverpflichtung in die Grundordnung geschrieben: In Forschung, Lehre und Studium verpflichtet sie sich allein friedlichen und zivilen Zwecken. Damit bezieht sie Position in einer Zeit, in der die bewaffneten Konflikte weltweit wachsen, Millionen Menschen auf der Flucht sind und Rüstungsfirmen sich eine goldene Nase am Geschäft mit dem Tod verdienen.

Die Entscheidung der Hochschule kann und sollte Vorbild für andere öffentliche Einrichtungen und Unternehmen sein: Was halten Sie davon, für die HHLA eine solche Selbstverpflichtung festzuschreiben?

Denn in Ihrem Geschäftsbericht wird wieder viel mit Zahlen jongliert, Umsatzsteigerungen angepriesen, aber was wird verschwiegen? Über den Hamburger Hafen gehen jährlich über 1000 Container mit Rüstungsgütern. Das bedeutet 3 Container pro Tag! Eine schriftliche Anfrage vom April dieses Jahres brachte hervor, dass Panzerwagen, Kleinwaffen und Kriegswaffen, bis hin zu Kriegsschiffen und Ersatzteilen über den Hafen verladen werden.

Inwieweit ist die HHLA daran beteiligt?

Einem Bericht der Wasserschutzpolizei vom April dieses Jahres, kann entnommen werden, dass zwischen Januar und März 2019 Patronenlieferungen aus Hamburg unter anderem in Zielhäfen von Israel, Kolumbien oder über den Hafen Jebel Ali an die Vereinigten Arabischen Emirate gingen, die am Jemen-Krieg beteiligt sind.

Laut einer Studie von Greenpeace, die im letzten Monat veröffentlicht wurde, lehnen 4 von 5 Deutschen Waffenlieferungen an alle am Jemen-Krieg beteiligten Länder ab! 76 Prozent wünschen sich mehr Transparenz bei Entscheidungen über Rüstungsexporte, das sind 4 von 5 der in der Studie Befragten.

Wie sieht es denn bei den hier im Raum vertretenen Aktionärinnen und Aktionären aus:

Welche Konsequenzen ziehen Sie aus dieser Willensbekundung? Wem geht es nur um die Dividende und Wertsteigerungen ihrer Aktien?

Bisher behauptet die HHLA, dass Sie die Inhalte der Ladungen, die sie ja immerhin sorgfältig transportieren muss, nicht kennen würde. Doch erstens entbindet Unwissenheit nicht von der Pflicht, ihrer ethischen und menschenrechtlichen Verantwortung nachzukommen. Zweitens gehen wir davon aus, dass Sie wissen können, welche Güter Sie befördern. Explizit bei Gefahrgütern müssen Sie z.B. aufgrund der Lagerungs- und Transportanforderungen Kenntnis besitzen.

Wollen Sie weiterhin sagen, sie hätten von dem Export von Rüstung und Ihrer Beteiligung daran nichts gewusst? Diesen Satz kennen wir aus der Geschichte. Es kommt also eine historische Verantwortung noch hinzu.

Zumal der Hamburger Hafen auch auf eine starke historische Widerstandstradition zurückblicken kann. Wir erinnern uns an die Hamburger Hafenarbeiter, die nach der Machtübernahme der Nazis in den Widerstand gingen. Wie heute war Hamburg damals einer der großen Umschlagplätze für Waffen. Seeleute, Werft- und Hafenarbeiter vernetzten sich über die Internationale Transportarbeitergewerkschaft weltweit. Sie belieferten fast alle deutschen Hochsee- und Rheinhäfen mit illegaler Literatur und veröffentlichten Informationen über die Lieferung von Kriegsmaterial und Truppentransporte aus Deutschland. Sie riefen zur Solidarität mit den Kämpfenden in Spanien auf und sabotierten die Kriegslieferungen für Franco, indem sie die Waffen ins Hafenbecken warfen oder sich weigerten, Munitionsladungen zu befördern.

Lernen wir aus der Geschichte: als antifaschistische Konsequenz steht in Artikel 26 des Grundgesetzes: „Handlungen, die geeignet sind und in der Absicht vorgenommen werden, das friedliche Zusammenleben der Völker zu stören, insbesondere die Führung eines Angriffskrieges vorzubereiten, sind verfassungswidrig. Sie sind unter Strafe zu stellen.“

Die Präambel der Freien und Hansestadt Hamburg besagt dazu: „[Die Stadt] will im Geiste des Friedens eine Mittlerin zwischen allen Erdteilen und Völkern der Welt sein.“

In diesem Sinne hat Hamburg im September letzten Jahres die Erklärung zum „sicheren Hafen“ verabschiedet. Flüchtlinge sollen über den Hamburger Hafen sicher ankommen können. Doch wie sieht es mit den Fluchtursachen aus? Fluchtursache Nummer eins sind bewaffnete Konflikte und Krieg, die durch den Export von Rüstungsgütern weiter angeheizt und befeuert werden.

In Spanien und Frankreich haben sich im vergangenen Monat in diversen Häfen Hafenarbeiter mit Unterstützung von Gewerkschaften und Friedensaktiven geweigert, das saudi-arabische Schiff Bahri Tabúk mit Waffen für den Jemenkrieg zu beladen. Sie verluden nur die zivilen Güter und ließen die Rüstungsfracht an Land. Dieser Mut stünde uns allen gut zu Gesicht.

Vor diesem Hintergrund stelle ich Ihnen folgende Fragen:

  • Wie hoch ist der Prozentsatz am Gewinn der HHLA durch die Exporte von Kriegsmaterial jeglicher Art?
  • Was hindert Sie daran, aus dem Geschäft mit dem Tod auszusteigen?
  • Welche Bedeutung messen Sie den unzähligen Studien bei, die bescheinigen, dass die Mehrheit der Bevölkerung in der BRD sich gegen Waffenexporte ausspricht?
  • Weiter: Laut kleiner Anfrage vom 18. Juni 2018 lief für das Containerterminal Burchardkai im Mai 2018 die Genehmigung zum Umgang mit radioaktiven Stoffen aus.
  • Wieso wurde eine neue Genehmigung nach §7 Strahlenschutzverordnung beantragt und von der Stadt bewilligt, obwohl die HHLA doch aus dem Umschlag von Kernbrennstoffen aussteigen will?
  • Wann setzen Sie den Verzicht auf Kernbrennstoffe endgültig um? Wie lange laufen entsprechende Verträge noch? Und verzichten auch Tochterunternehmen wie die UNIKAI auf Kernbrennstofftransporte?
  • Wie sieht es mit den giftigen Stoffen Uranoxid und Uranhexafluorid aus? Welche Mengen radioaktives Material wurden im letzten Geschäftsjahr umgeschlagen? Von welchen Schiffen aus? Und welchen Anteil am Gesamtumschlag machte das aus?
  • Dieselbe kleine Anfrage macht außerdem deutlich, dass bei der Prüfung durch die Polizei im Zeitraum März bis Juni 2018 u.a. am 7. und am 22. Mai sicherheitsrelevante Mängel durch unzureichende Ladungssicherung im Zusammenhang mit dem Transport radioaktiver Güter festgestellt wurden.
  • Ich frage Sie: Welche speziellen Sicherheitsvorschriften existieren für den Umgang mit Container der Gefahrgutklasse 7? Was für Auswirkungen hat die Notwendigkeit der Einhaltung dieser Vorschriften? Gibt es für den Umgang konkret geschulte Mitarbeiter*innen? Und wo liegen die Katastrophenschutzpläne?
  • Welche Abwägungen finden hier zwischen der Gesundheit der Hamburgerinnen und Hamburgern und der Gewinnspanne des Unternehmens statt?
  • Meine letzte Frage: Sind Sie offen dafür, sich gemeinsam mit anderen für einen zivilen Hafen ohne Rüstungs- und Atomtransporte einzusetzen?

Ich bitte um die genaue Beantwortung meiner Fragen und möchte enden mit einem Zitat von Bertolt Brecht: „Die Rohheit kommt nicht von der Rohheit, sondern von den Geschäften, die ohne sie nicht zu machen sind“.

Vielen Dank.

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