Gegenantrag von Gisela Burckhardt, FEMNET

Gegenantrag zu TOP 2: Beschlussfassung über die Verwendung des Bilanzgewinns für das Geschäftsjahr 2019

Ich beantrage, dass keine Dividene ausgeschüttet wird, stattdessen soll ein „Fonds für existenzsichernde Löhne“ für die Näher*innen in der Lieferkette von Hugo Boss geschaffen werden.

Begründung:
Global greift Corona um sich, so auch bei Hugo Boss. Aber nicht nur Produktion und Handel in Deutschland sind von Corona betroffen, die Corona-Pandemie trifft auch die Produzenten unserer Kleidung und dort vor allem die Näherinnen. Aus unserem Netzwerk erfahren wir von drohenden Fabrikschließungen, weil Aufträge nicht bezahlt und hohe Preisnachlässe verhandelt werden. Aus Bangladesch berichtet der Unternehmensverband BGMEA, dass Aufträge im Wert von über 3 Mrd. USD storniert wurden. In diesem Kontext tragen besonders Unternehmen – und damit auch wir Aktionär*innen – eine große Verantwortung zum Schutz sowohl der Mitarbeiter*innen aber auch für die Beschäftigten in der Lieferkette von Hugo Boss. Schon vor der Corona-Pandemie erhielten die Beschäftigten in der Lieferkette der Bekleidungsindustrie Hungerlöhne. In Asien und Süd/Osteuropa, inkl. Türkei müssen die Löhne signifikant angehoben werden, damit Arbeiter*innen ein Leben in Würde führen können. Die derzeit gezahlten Löhne in der Bekleidungsindustrie sind Hungerlöhne, die Hunderttausende Arbeiter*innen und ihre Familien zu chronischer Verletzlichkeit, materieller und psychologischer Entbehrung verdammen. Sehr eindringlich hat dies die neue Studie „Ausbeutung made in Europe“ deutlich gemacht, die Hugo Boss vorwirft, dass bei seinem Lieferanten Kratesk in Kroatien und Pirin Tex in Bulgarien Zwangsarbeit herrsche und Löhne unter der Armutsgrenze gezahlt werden.
Schon auf HVs der früheren Jahre habe ich immer wieder angemahnt, dass Hugo Boss- Produzenten Hungerlöhne zahle, meistens nur Mindestlöhne, die nicht zum Leben ausreichen. Leider kann ich nicht feststellen, dass die Löhne angehoben wurden. Deshalb fordere ich nun die Aktionär*innen auf, wenn schon nicht der Konzern sich um diejenigen kümmert, die seine Produkte nähen, dann tun es eben die Aktionär*innen und gehen mit gutem Beispiel in diesen harten Zeiten voran. Mein Gegenantrag: Die Mindestdividende für die Aktionär*innen sowie der Bilanzgewinn von Hugo Boss sollen an den Fonds gezahlt werden.Der „Fonds für existenzsichernde Löhne“ soll dazu dienen, die Löhne der Näher*innen von Produzenten von Hugo Boss sukzessive anzuheben bis die Löhne existenzsichernd sind und damit das Menschenrecht auf einen existenzsichernden Lohn erfüllen. Der „Fonds“ soll dazu dienen, die besonders prekäre Lage der mehrheitlich weiblichen Arbeiterinnen und Migrantinnen zu verbessern, deren Löhne besonders niedrig sind.
Ich fordere Hugo Boss auf, den Aktionär*innen in einem Bericht innerhalb von 180 Tagen nach der HV mitzuteilen,
a) wie die Summe auf die Beschäftigten in den Produktionsländern verteilt wurde und zu welcher Ausschüttung es bei den Näherinnen pro Fabrik gekommen ist,
b) wie das Unternehmen seine Schritte hin zu einer Überbrückung der Lohnlücke vom jetzigen Lohn zu einem existenzsichernden Lohn bei seinen Produzenten für die Zukunft regelt.
c) Es soll halbjährlich transparent über die Umsetzung der Schritte und den Fortschritt berichtet werden. Der Bericht soll detaillierte Informationen enthalten über inflationsangepasste Daten zu dem niedrigsten Standard-Tageslohn ohne Zulagen und Boni pro Zulieferer/Produzent in jedem Produktionsland. Der Bericht muss darlegen, wie hoch noch die Lohnlücke bis zu einem existenzsichernden Lohn, differenziert für Frauen und Männer sowie Migrantinnen und Migranten, zum jeweiligen Zeitpunkt ist. Er soll den erreichten Fortschritt hin zu einem existenzsichernden Lohn nachweisen.
d) Ein geeignetes Monitoring muss entwickelt werden, dass sicherstellt, dass die erhöhten Zahlungen an die Fabriken an die Arbeiter*innen weitergegeben werden. Erfahrungen hierzu liegen von mehreren Unternehmen inzwischen vor.
Die Zahlung eines existenzsichernden Lohns ist ein elementares, im internationalen Recht anerkanntes und verbrieftes Menschenrecht. Die Verantwortung von Unternehmen, existenzsichernde Löhne für alle Arbeiter*innen in ihrer gesamten Lieferkette sicherzustellen, ist in den UN-Leitlinien für Wirtschaft und Menschenrechte niedergelegt. Es wird auch klar definiert, dass ein existenzsichernder Lohn eine Familie ernähren muss. Wenn Hugo Boss nicht die nötigen menschenrechtlichen Pflichten wahrnimmt, bedeutet dies auch ein hohes Risiko für die Zukunft des Unternehmens, sowohl ethisch als auch ökonomisch. Studien weisen nach, dass Verbraucher*innen in Europa zunehmend stärker beobachten, wie sich ein Unternehmen zu Umwelt- und Menschenrechtsfragen positioniert und danach ihre Kaufentscheidungen treffen.Als verantwortliche Investorin ist es meine feste Überzeugung, dass mein Gewinn niemals auf der Ausbeutung der Arbeitskräfte beruhen darf.

Gegenantrag zu Top 3: Beschlussfassung über die Entlastung der Mitglieder des Vorstands für das Geschäftsjahr 2019

Hiermit beantrage ich, dass der Vorstand nicht entlastet wird . Begründung: Schon vor der Corona-Pandemie erhielten die Beschäftigten in der Lieferkette von Hugo Boss derart niedrige Löhne, dass diese z.B. in Kroatien und Bulgarien unterhalb der von der EU-SILC vorgelegten Armutsgrenze liegen. In Asien und Süd/Osteuropa, inkl. Türkei müssen die Löhne signifikant angehoben werden, damit Arbeiter*innen ein Leben in Würde führen können. Die derzeit gezahlten Löhne in der Bekleidungsindustrie sind Hungerlöhne, die Hunderttausende Arbeiter*innen und ihre Familien zu chronischer Verletzlichkeit, materieller und psychologischer Entbehrung verdammen. Der Vorstand hat im letzten Geschäftsjahr nicht zu einer Verbesserung der Löhne der Näherinnen in seiner Lieferkette beigetragen.

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  1. […] Löhne“. Anlässlich der virtuellen Hauptversammlung am 27. Mai 2020 hat sie dazu einen Gegenantrag zur Verwendung des Bilanzgewinns 2019 gestellt. Der Fonds soll dazu dienen, die Löhne der […]

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