Rede von Tilman Massa

Sehr geehrte Damen und Herren,
sehr geehrter Vorstand und Aufsichtsrat,

mein Name ist Tilman Massa, ich bin vom Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre.

Zuerst das Wichtige: Wir vom Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre sind ebenfalls über den Säure-Anschlag auf Bernhard Günther erschrocken und bestürzt. Diese schreckliche Tat verurteilen wir scharf, sie muss aufgeklärt werden. Wir wünschen Bernhard Günther eine baldige Genesung und ihm und seiner Familie die notwendige Ruhe und Kraft, mit dieser schwierigen Situation umzugehen.

Wir haben einen Gegenantrag eingereicht, weil Innogy aus unserer Sicht nur unzureichend zum Erreichen der nationalen und internationalen Klimaschutzziele wie dem Pariser Klimaschutzabkommen und den UN-Nachhaltigkeitsziele 2030, den SGDs, beiträgt.

Dies möchte ich hier kurz begründen und Fragen zum Nachhaltigkeitsbericht 2017 und zur Zukunft des Geschäftsbereichs der erneuerbaren Energien stellen, die sich durch die geplante Zerschlagung von Innogy ergeben.

In ihrem aktuellen Nachhaltigkeitsbericht schreiben Sie, dass Sie „einen maßgeblichen Beitrag zur Erreichung der SDGs leisten“ wollen. Mehr noch: Bereits heute sehen Sie einen Einfluss von Innogy auf die UN-Ziele zu sauberer Energie und Klimaschutz. Durch Ihre Investitionen in erneuerbare Energien steht dies auch außer Frage. Wir verstehen, dass Innogy für eine erfolgreiche Energiewende auch in die Verteilnetze investieren muss. Doch aus unserer Sicht reichen die Investitionen nicht aus, um die Energiewende in dem durch den Klimawandel gebotenen Tempo anzutreiben. So hat Innogy die eigene Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien im letzten Jahr nur um zwei Prozent gegenüber 2016 steigern können.

Nun hatten Sie ja Besserung angekündigt: 3,5 Milliarden Euro Investitionen in erneuerbare Energien, immerhin etwas mehr als ein Drittel der geplanten Investitionen bis 2020. Doch für uns ist mit der geplanten Zerschlagung von Innogy zwischen RWE und E.ON mehr als fraglich, ob diese Investitionen so getätigt werden. Denn es ist gerade die Sparte der erneuerbaren Energien, die an den RWE-Konzern abgegeben werden soll. Zur Erinnerung: RWE setzt nahezu dreist weiter auf die klimaschädliche Kohle, will dazu weiter den Hambacher Wald abholzen, bezieht Blutkohle aus Kolumbien und scheint sich nicht über den Umfang der verursachten Gesundheits- und Umweltkosten im Klaren zu sein. Es ist daher nur schwer zu glauben, dass unter RWE der Ausbau erneuerbarer Energien so vorangetrieben wird, wie von Innogy geplant.

Was wird also mit den von Ihnen geplanten Investitionen in erneuerbare Energien nach der Zerschlagung? Können Sie uns hierzu genauere Informationen geben?

Die gleichen Sorgen betreffen Ihr Engagement zu den SDGs. In ihrem Nachhaltigkeitsbericht kündigen Sie an: „2018 werden wir Maßnahmen ergreifen, um das Bewusstsein für die SDGs zu schärfen und zukünftig unseren Beitrag zu den Zielmarken konkret und transparent darzulegen.“

Vielen Dank für die Ehrlichkeit, dass Sie also die UN-Nachhaltigkeitsagenda, immerhin seit über zwei Jahren in Kraft, noch nicht richtig zur Kenntnis genommen haben. Die UN fordern gerade von den Unternehmen mehr Engagement ein und bieten dazu sehr konkrete Erfolgsindikatoren an.

Was sollen wir nun von der Ankündigung, das Bewusstsein für die SDGs zu schärfen, halten, wenn Innogy doch zerschlagen werden soll? Wird es auch unter RWE für 2018 und danach noch einen Nachhaltigkeitsbericht geben, in dem die Beiträge zu den SDGs „konkret und transparent“ dargelegt werden?

Bleiben wir noch einen Moment bei Ihrem Nachhaltigkeitsbericht, konkret bei Ihrer Verantwortung, bei Ihren Lieferketten auf die Einhaltung der Menschenrechte zu achten. Sie schreiben dazu, dass Sie bei Komponenten für Photovoltaikanlagen „umfangreiche Werkaudits an asiatischen Produktionsstätten“ durchführen oder durchführen lassen (S. 80).

Gab es hier konkrete Hinweise oder Verdachtsmomente, dass es zu Menschenrechtsverletzungen bei Ihren Zulieferern gekommen ist? Oder wurden die Audits als Routinemaßnahme durchgeführt?

Sie schreiben weiterhin, dass mit den Audits „negative Auswirkungen auf die Einhaltung der Menschenrechte reduziert werden“ könnten. Da die Meinungen über die Wirksamkeit solcher Audits auseinandergehen:

Können Sie die Ergebnisse der Audits nennen? Dazu findet sich nämlich nichts in Ihren Nachhaltigkeitsbericht, bitte seien sie hier in Zukunft transparenter. Werden Sie die Audits bzw. die Ergebnisse ohne Einschränkungen veröffentlichen?

Zum Thema der bedrohten Arbeitsplätze bei Innogy: E.ON soll das Netz- und Endkundengeschäft von Innogy übernehmen und sieht danach den Abbau von bis zu 5.000 Arbeitsplätzen vor. Können Sie hier konkrete Informationen liefern, in welchem Umfang Arbeitsplätze, die heute noch bei Innogy angesiedelt sind, von dem Abbau betroffen sind?

In Ihrer Stellungnahme zu unserem Gegenantrag schreiben Sie, dass sich Innogy weiter dafür einsetzen wird, „dass möglichst alle Arbeitsplätze erhalten bleiben.“ Sehr gut! Wir erwarten vom Vorstand und Aufsichtsrat mehr Engagement, für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Innogy eine Arbeitsplatzgarantie zu erwirken. Können Sie uns erläutern, inwieweit Sie mit E.ON in Verhandlungen stehen und ob sie möglicherweise bereits konkrete Zusagen von E.ON erhalten haben?

Eine letzte Frage zu Ihrem Sponsoring des Projektes „Essen als Grüne Hauptstadt Europas“ aus dem letzten Jahr. Hier besteht der Vorwurf, dass viele Projekte nicht nachhaltig finanziert seien und nur der Image-Politur für Innogy bzw. RWE gedient hätten. Um den Sinn Ihres Sponsorings besser verstehen zu können, folgende Fragen:

Können Sie uns den Umfang und Empfänger der gezahlten Zuwendungen nennen? Waren diese an konkrete Projekte gebunden? Wenn ja, an welche? Werden die Projekte wie die das Methanol-Schiff „MS Innogy“ auch in Zukunft von Innogy bzw. den zukünftigen Eigentümern finanziell unterstützt?

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

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