Gegenantrag

Gegenantrag zu Tagesordnungspunkt 3: Beschlussfassung über die Entlastung der Mitglieder des Vorstands.

Der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre beantragt, den Mitgliedern des Vorstands die Entlastung zu verweigern.

Begründung:

Lieferungen von Rüstungsgütern in Konflikt- und Kriegsgebiete belasten das öffentliche Image der Rheinmetall AG. Dafür ist der Vorstand des Unternehmens verantwortlich, der es versäumt hat, rechtzeitig klare Kurskorrekturen vorzunehmen. Im aktuellen Geschäftsbericht bekennt sich Rheinmetall erneut zu seiner Internationalisierungsstrategie im Rüstungsbereich. Unter Internationalisierung versteht Rheinmetall offenbar

  • Auslandsumsatz und Anteil der Auslandsgeschäfte an Umsatz und Gewinn von Rheinmetall Defence zu steigern;
  • die weltweite Präsenz Rheinmetalls in außereuropäischen, wachstumsträchtigen Regionen wie z.B. im Mittleren Osten/Nordafrika (MENA) oder in Südostasien stetig auszubauen;
  • produzierende Tochterfirmen bzw. Joint-Venture-Kooperationen in Ländern mit laxeren Rüstungsexportregeln zu kaufen oder aufzubauen.

Rheinmetall verfügt bereits heute über Produktionsstandorte und Beteiligungen an Gemeinschaftsfirmen, die diverse Rüstungsgüter auch dann in umstrittene Drittländer exportieren können, wenn diese Exporte in Deutschland nicht oder nur schwerlich genehmigungsfähig wären. Dazu zählen Standorte in z.B. Australien, Italien, Österreich, Singapur und vor allem Südafrika. Darüber hinaus engagiert sich Rheinmetall Denel Munitions (RM-Anteil 51%) in einem weiteren Gemeinschaftsunternehmen zur Munitionsfertigung in Saudi-Arabien und plant Ähnliches in Indonesien. Verstärkt aktiv werden will Rheinmetall künftig auch in der Türkei, deren Regierung wegen ihres autoritären Regierungsstils zunehmend in der Kritik steht.

Diese Internationalisierungsstrategie mag Gewinne versprechen, hat aber hohe menschenrechtliche Kosten. Die Gemeinsame Konferenz Kirche und Entwicklung (GKKE) stuft die Menschenrechtssituation in den MENA–Ländern Saudi-Arabien, Vereinigte Arabische Emirate oder Algerien als „schlecht“ bzw. „sehr schlecht“ ein. Es besteht – erwiesenermaßen – die Gefahr, dass die gelieferten Rüstungsgüter zur Unterdrückung von Teilen der eigenen Bevölkerung oder in kriegerischen Auseinandersetzungen eingesetzt werden.

Zudem trägt eine solche Geschäftsstrategie zur weiteren unverantwortlichen Aufrüstung von Kriegs- und Konfliktgebieten und zur Zuspitzung regionaler Konflikte wie aktuell im Jemen bei. Seit gut einem Jahr herrscht dort ein Stellvertreterkrieg um die regionale Vormachtstellung. Nach Angaben des Hochkommissars für Menschenrechte, Seid Raad al- Hussein, hat die Militärallianz unter saudischer Führung mit ihren Luftangriffen im Jemen „ein Gemetzel“ angerichtet. Für knapp zwei Drittel der über 6.000 zivilen Opfer und zivilen Zerstörungen sei die Kriegskoalition der Golfstaaten verantwortlich. 2,4 der 24 Millionen Jemeniten sind auf der Flucht, mindestens die Hälfte der Bevölkerung ist von Hunger bedroht. Trotzdem liefert Rheinmetall selbst oder über Tochterfirmen weiter Rüstungsgüter an die Kriegsparteien. Folgende Rüstungsgeschäfte Rheinmetalls sorgten in den letzten Monaten für Negativschlagzeilen:

  1. Nach Informationen der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch beschießt die von Saudi-Arabien angeführte Koalition im Jemen willkürlich auch zivile Gebiete, wobei in den letzten Monaten u.a. Bomben des Typs MK 83 zum Einsatz kamen, die von der italienischen Rheinmetalltochter, RWM Italia, produziert und nach Saudi-Arabien exportiert worden sind. Dokumentiert wurde der Fall unter anderem in der ARD-Sendung „Report Bayern“.
  2. Nach Informationen von Menschenrechtsorganisationen und des Nachrichtenmagazins „Der Spiegel“ ist das saudische Regime im Dezember 2014 mit Rheinmetall-Blend- und Irritationsgranaten gegen schiitische Oppositionelle vorgegangen. Spezialeinheiten des saudischen Innenministeriums hatten ein Wohnviertel in der Stadt Awamija gestürmt, nachdem es wegen willkürlicher Todesurteile gegen Oppositionelle zu Protesten gekommen war. Auf Fotos sind Blend- und Knallgranaten der Rheinmetall-Firma Nico Pyrotechnik und Splittergranaten zu sehen, die von dem österreichischen Tochterunternehmen Rheinmetall Waffe Munition ARGES GmbH produziert wurden.
  3. Nach Medienberichten hat Rheinmetall Denel Munitions zusammen mit der saudischen Firma Military Industrial Corporation kürzlich südlich von Riyadh eine Munitionsfabrik für 240 Millionen Dollar eröffnet, in der Munition für Artillerie, Mörser, Flugzeugbomben sowie Flugkörper-Subsysteme hergestellt werden soll.

Die Internationalisierungsstrategie ermöglicht Rheinmetall, die Genehmigungspolitik der Bundesregierung für Rüstungsexporte zu umgehen und aktiv zu unterlaufen. Derartige Exportgeschäfte offenbaren fehlende menschenrechtliche und moralische Eckpfeiler in der Geschäfts- und Exportstrategie des Unternehmens. Sie belegen, dass Rheinmetall nicht davor zurückschreckt, in Länder zu exportieren und dort zu produzieren, die in schockierende Kriegshandlungen verstrickt sind und in denen Menschenrechte systematisch missachtet werden.

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