„Atomenergie kostet Menschenleben“: Rede von Anika Limbach

Sehr geehrte Damen und Herren,

warum betreiben Sie immer noch die Atomkraftwerke in Gundremmingen und Lingen?

Nach dem Atomgesetz müssen die Meiler spätestens ’21 und ’22 vom Netz. In mehrfacher Hinsicht wäre es jedoch unsinnig und verantwortungslos, sie erst dann abzuschalten, denn:

1. Sie sind jetzt 34 und 31 Jahre alt.

2. Sie haben keine risikogerechte Haftpflichtversicherung, was für deutsche Unternehmen in der Regel Pflicht ist.
Versicherungsexperten haben errechnet, dass Sie als Betreiber pro Atommeiler jährlich 72 Milliarden Euro für die Haftpflicht zahlen müssten, wenn diese risikogerecht wäre.

  • Wie viel zahlen Sie tatsächlich? Ich bitte Sie, das auch in Prozenten auszudrücken, also:
  • Wie viel Prozent der genannten 72 Milliarden Euro zahlen Sie für die Haftpflicht?
  • Halten Sie es für fair oder verantwortbar, dass bei einem Unfall mit Austritt vonRadioaktivität die Allgemeinheit für den allergrößten Teil der Schäden aufkommen muss?

Ich möchte betonen, dass in so einem Fall vor allem Menschenleben bedroht sind.

3. Selbst wenn bis zur geplanten Abschaltung keine gravierenden Unfälle passieren sollten, kostet der ganz normale Betrieb Menschenleben. Das beginnt mit dem Uranabbau. In der Umgebung der Minen treten vermehrt tödliche Krankheiten auf. Dabei sind vor allem die Minenarbeiter und ihre Familien betroffen. Auch hier in Deutschland ist das Krebsrisiko in der Umgebung von Atomkraftwerken erhöht. Das ist durch die Kinderkrebsstudie von 2007 eindeutig bewiesen und vom Bundesamt für Strahlenschutz bestätigt worden. Dementsprechend müsste auch die Krebsrate in den Betriebsmannschaften in Lingen und Gundremmingen erhöht sein. Da es dazu keine offiziellen Zahlen gibt, frage ich Sie nun:

  • Wie viele der Menschen, die in ihrem Atomkraftwerken beschäftigt sind oder waren, erkrankten an Krebs? Wie hoch ist die Krebsrate?
  • Warum sind entsprechende Zahlen nicht öffentlich zugänglich?

4. Im Jahr 2012 gab es in Gundremmingen C ein besonders bedenkliches meldepflichtiges Ereignis, ein sogenanntes Precursor-Ereignis mit dem Potential zu einem Super-GAU.

• Welche Konsequenzen haben Sie daraus gezogen?

5. Insgesamt ist die Anzahl meldepflichtiger Ereignissen in ihren Atomkraftwerken in der letzten 5 Jahre angestiegen. Es gab darunter auch solche, die auf grobe Bedienungsfehler zurückzuführen sind. Experten sprechen davon, dass die Sicherheitskultur stark abgenommen hat. (Obwohl sie bei dem Alter der AKW zunehmen müßte!)

• Was haben Sie dagegen unternommen?

6. Stark in die Kritik geraten ist auch das Notkühlsystem in Gundremmingen. Herr Prof. Mertins von der GRS hatte festgestellt, dass einer der Notkühlstränge weder erdbebensicher ist noch unabhängig von den anderen Strängen funktioniert. Damit entspricht das System nicht den gesetzlichen Vorgaben. Prof. Mertins ist ein renommierter Nuklearexprte, und seine Aussagen wurden von hochrangigen Kollegen bestätigt.

• Wie sehen Ihre Gegenargumente aus? Auf welche unabhängigen Experten berufen Sie sich?

7. Laut Experten gibt es in über 30-jährigen Atomkraftwerken ein erhöhtes und ständig wachsendes Risiko durch die Materialermüdung. Der Reaktordruckbehälter könnte deswegen ohne vorherige Anzeichen bersten. Das Problem ist nicht durch Nachrüstungen zu beheben. In Gundremmingen ist der Druckbehälter durch eine bestimmte Schweißnaht zudem noch anfälliger.

• Finden Sie nicht, dass Sie allein aus diesem Grund Ihre Meiler sofort abschalten müssten?

Weltweit gibt es immer mehr Atomkraftwerke, die inzwischen unrentabel sind und aus wirtschaftlichen Gründen ausscheiden.

• Wie rentabel ist Gundremmingen C?
Wenn der Meiler immer weniger Gewinn abwirft, besteht auch die Gefahr, dass Sie an der Sicherheit sparen…

Sehr geehrte Damen und Herren, da bisher nicht zu erkennen ist, dass die AKW in Lingen und Gundremmingen umgehend abgeschaltet werden, bitte ich Sie, den Vorstand nicht zu entlasten, denn er handelt verantwortungslos.

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