Rede von Angelika Claußen

Die gesundheitlichen und Umwelt-Folgen der Atomkatastrophen in Tschernobyl und Fukushima werden systematisch  verdrängt, gerade auch hier bei der RWE Hauptversammlung. Als Ärztin spreche ich hier um das Menschenrecht auf Gesundheit einzuklagen. Es sind die langfristigen Gesundheitsfolgen, die tückisch und tödlich sind: der massive Anstieg der Krebserkrankungen nach Tschernobyl, der massive Anstieg der  Schilddrüsenkrebse betrifft nicht nur Kinder und Jugendliche, sondern auch Erwachsene, nicht nur im fernen Weißrussland, sondern auch hier in Deutschland, der südliche Teil von Bayern und Tschechien haben eine Erhöhung der Strahlung von etwa 1 mSV im ersten Jahr nach Tschernobyl ausgelöst, der signifikante Anstieg  der Schilddrüsenkrebse bei erwachsenen Frauen begann ca. 10 – 15 Jahre nach der Atomkatastrophe.

Auch hier in Deutschland, in unseren Atomkraftwerken kann jederzeit eine Kernschmelze eintreten. Die AKW’s im Besitz von RWE sind über 30 Jahre alt, ich spreche hier von den  AKW‘s Gundremmingen und vom AKW Lingen, ihre Technik ist veraltet, die Zahl der Störfälle nimmt zu wie bei allen AKW, deren Alter über 30 Jahre liegt. Jedes AKW, das ein Alter von 30 Jahren erreicht, muss daher aus Sicherheitsgründen sofort stillgelegt werden.

  1. Uranlieferungen über den Weg der Brennelementefabrik Lingen an die Pannenreaktoren Tihange, Doel und Fessenheim

RWE besitzt ein Sechstel der Anteile  an der Urananreicherungsanlage der Firma Urenco. Urenco beliefert ca. ein Drittel des Weltmarkts angereichertem Uran.

Mittelbar, über den Weg der Brennelementefabrik in Lingen, beliefert  Urenco – Gronau beliefert die maroden belgischen  Pannenreaktoren  Doel und Tihange sowie das marode französische AKW in Fessenheim, mit Kernbrennstoff.

Tihange  und Doel sind  wegen Tausender Risse im Reaktordruckbehälter seit Jahren in Diskussion. Im April befasste sich sogar eine Internationale Expertenkonferenz in Aachen mit den Gefahren  von Tihange 2. Unabhängige Experten kamen zu dem Schluss, dass der Betrieb von Tihange 2 rechtswidrig sei.

Auch Tihange 1 muss als vergleichsweise gefährliches Atomkraftwerk angesehen werden, weil es zu einer Häufung sogenannter Precursor-Fälle im Reaktor Tihange-1 gegeben hat. Dabei handelt es sich um einen Zwischenfall in einem Atomkraftwerk, der unter bestimmten Voraussetzungen zu schweren Schäden am Reaktorkern bis hin zur Kernschmelze führen kann.

Aus gesundheitlicher und humanitärer Sicht tragen neben den Aufsichtsbehörden der Staaten Belgien, Frankreich und Deutschland, auf denen zwar die Hauptverantwortung lastet, auch die Lieferfirmen eine Verantwortung darin, einen drohenden Supergau zu verhindern.

Meine Fragen an den RWE –Vorstand:

Stimmen Sie der Experteneinschätzung zu, dass der Weiterbetrieb des AKW Tihange 2 rechtswidrig ist?

Sehen Sie sich als Miteigentümer von Urenco in der  Mitverantwortung alle Wege zu gehen, auch den des Transportstopps, um den weiterbetrieb von Tihange zu erschweren?

Sind Sie  bereit  zu signalisieren, dass Sie die Politik des konsequenten Atomausstiegs in Deutschland, wie von der Mehrheit der Bürger gewünscht, ohne jegliche Widerstände, ohne Tricks  und Entschädigungsforderungen anzunehmen?

  1. Uranlieferungen von Urenco /Gronau in die USA:

Die USA sind größter Kunde von URENCO-Gronau. 2016 wurden rund 440 Tonnen angereichertes Uran in die Staaten geliefert – mehr als an alle anderen Abnehmer zusammen, einschließlich Deutschland. Gleichzeitig verfügen die USA als Atomwaffenstaat über keine eigene Urananreicherungsanlage mehr, also keine Anlage im Besitz eines staatlichen Eigentümers. Dies ist aber auf lange Sicht eine Voraussetzung, um die Tritium zu produzieren, das für die Zündung von Atomwaffen unentbehrlich ist. Die USA beklagen eine drohende Tritium –Knappheit. Die Tritium-Erzeugung wird in den USA mittels der Brennelementefabrik Wesdyne/Westinghouse, die spezielle Brennelemente für die Tritium – Erzeugung liefert („Tritium Producing Burnable Absorber Rods“, kurz TPBAR), und dem von  der Tennessee Valley Authority (TVA) betriebenen Atomreaktor Watts Bar 1 gewährleistet. Das im Atomreaktor erzeugte Tritium  wird weiter Savannah River Site (SRS) transportiert. Dort wird das Tritium aus den TPBARs abgetrennt und später in die Sprengköpfe gefügt.

Fragen zur Liste der Betriebe, die in den USA von Urenco beliefert werden:

  • Bitte geben Sie eine Liste der Abnehmer für die Urenco –Uranlieferungen in die USA (Bitte Datum und Menge zwischen 2013 und 2018 angeben.
  • Wann und wie oft in den Jahren 2013 – 2018 wurde die US-Brennelementefabrik „WesDyne/Westinghouse“ in Columbia, South-Carolina beliefert?
  • Welche anderen US-Brennelementefabriken wurden beliefert? Bitte Datum und Menge angeben?

Fragen zu Verkaufsplänen von Urenco, hierüber wurde in der Presse im Januar 2018 berichtet.

Meine Fragen:

  • Welche Kenntnisse hat RWE als Eigentümer bezüglich des Verkaufs der URENCO über die letzten Gespräche dazu, und welche Kenntnisse hat RWE über die letzten Gespräche der Kontrollstaaten dazu?
  • Ist aus Sicht von RWE noch eine Möglichkeit vorhanden, den Verkauf auch über die Börse stattfinden zu lassen und geht RWE davon aus, dass ein Verkauf über die Börse nicht mehr als Verkaufsoption in Frage kommt?
  • Bis wann könnte aus Sicht von RWE ein Verkauf der URENCO-Anteile erfolgen bzw. wovon hängt es aus Sicht des Vorstandes ab, dass ein solcher Verkauf stattfindet?
  • Sind auch die US-amerikanische Unternehmen Centrus Energy und die japanische Bank JBIC Interessenten?

Aus friedenspolitischer Perspektive ist ein derartiger Verkauf, und damit eine Privatisierung, Als Verstoß  gegen den Nichtweiterverbreitungsvertrag und gegen den Vertrag von Almelo zu bewerten. Sowohl aus friedenspolitischen und aus Gründen des notwendigen Atomausstiegs  muss  die UAA Gronau stillgelegt werden. Eine solche Stilllegung ist durch eine Änderung des Atomgesetzes, das in dieser Legislaturperiode erneut beraten wird, möglich.

  1. Gundremmingen

In Gundremmingen betreibt RWE bis 2022 ein gefährliches Atomkraftwerk mit Siedewasserreaktor. In den vergangenen zehn Jahren kam es in diesem Atomkraftwerk immer wieder zu Brenn-elementschäden. Teilweise musste Gundremmingen wegen solcher Brennelementschäden sogar vorzeitig vom Netz genommen werden und in eine vorgezogene Revision gehen. RWE verweigert eine Aufklärung der Öffentlichkeit, ob Störfälle die Ursache dieser Brennelementschäden waren.

Die Gesellschaft für Reaktorsicherheit /GRS /stellte in einer  Studie fest,  das Siedewasserreaktoren {SWR} im Vergleich zu den Druckwasserreaktoren (DWR) einschließlich des AKW Gundremmingen im  Zeitraum von 1993 bis 2009 wesentlich mehr Precursor-Zwischenfälle (Erhöhung der Wahrscheinlichkeit für einen Reaktorschaden) aufwiesen. Vier der deutschen SRW wurden nach Fukushima stillgelegt, womit Gundremmingen nun die Precursor-Statistik anführt. Da die Reaktoren in Gundremmingen außerdem systemgleich zu denen in Fukushima sind, hätten sie nach Einschätzung mancher Beobachter eigentlich zu den Anlagen gehören müssen, die 2011 abgeschaltet wurden.

Frage. Ist RWE als Haupt/Betreiber bereit, Gundremmingen angesichts der erheblichen Anfälligkeit für schwere Sicherheitsmängel den Reaktor vorzeitig vom Netz zu nehmen?

  1. Entschädigung der Atomkonzerne nach Atomausstieg – Gesetz

Das Bundesverfassungsgericht hatte den Energiekonzernen Vattenfall, ENBW, Eon und RWE eine Entschädigung für den vorzeitigen Atomausstieg nach dem GAU in Japan zugebilligt. Dem Urteil zufolge muss der Gesetzgeber bis Ende Juni 2018 festlegen, wie dies geschehen soll.

Frage: Welche genaue Forderung stellt der RWE –Vorstand in dieser Frage an die Bundesregierung?

Meine Fragen an den RWE-Vorstand:

  1. URENCO – Uranexporte nach Tihange und Doel
  • Stimmen Sie der Experteneinschätzung zu, dass der Weiterbetrieb des AKW Tihange 2 rechtswidrig ist?
  • Sehen Sie sich als Miteigentümer von Urenco in der Mitverantwortung alle Wege zu gehen, auch den des Transportstopps, um den weiterbetrieb von Tihange zu erschweren?
  • Sind Sie bereit  zu signalisieren, dass Sie die Politik des konsequenten Atomausstiegs in Deutschland, wie von der Mehrheit der Bürger gewünscht, ohne jegliche Widerstände, ohne Tricks  und Entschädigungsforderungen anzunehmen?
  1. Urenco – Uranexporte in die USA:

Bitte geben Sie eine Liste der Abnehmer für die Urenco –Uranlieferungen in die USA (Bitte Datum und Menge zwischen 2013 und 2018 angeben.

Wann und wie oft in den Jahren 2013 – 2018 wurde die US-Brennelementefabrik „WesDyne/Westinghouse“ in Columbia, South-Carolina beliefert?

Welche anderen US-Brennelementefabriken wurden beliefert? Bitte Datum und Menge angeben?

  1. Urenco – Verkaufspläne:
  • Welche Kenntnisse hat RWE als Eigentümer bezüglich des Verkaufs der URENCO über die letzten Gespräche dazu, und welche Kenntnisse hat RWE über die letzten Gespräche der Kontrollstaaten dazu?
  • Ist aus Sicht von RWE noch eine Möglichkeit vorhanden, den Verkauf auch über die Börse stattfinden zu lassen und geht RWE davon aus, dass ein Verkauf über die Börse nicht mehr als Verkaufsoption in Frage kommt?
  • Bis wann könnte aus Sicht von RWE ein Verkauf der URENCO-Anteile erfolgen?
  • Wovon hängt es aus Sicht des Vorstandes ab, dass ein solcher Verkauf stattfindet?
  • Sind auch die US-amerikanische Unternehmen Centrus Energy und die japanische Bank JBIC Interessenten?
  1. AKW Gundremmingen, Sicherheitsgefährdung durch Precursor -Vorfälle

–   Ist RWE als Haupt/Betreiber bereit, Gundremmingen angesichts der erheblichen Anfälligkeit für schwere Sicherheitsmängel (stark erhöhte Anzahl der Precursor Vorfälle) den Reaktor vorzeitig vom Netz zu nehmen?

  1. Entschädigung der Atomkonzerne nach Atomausstieg – Gesetz

Welche genaue Forderung stellt der RWE –Vorstand in dieser Frage an die Bundesregierung angesichts der kommenden Verhandlungen dazu?

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