Rede von María Fernanda Herrera Palomo

Das Motto von RWE lautet: Zukunft .Sicher. Machen. Ich frage mich „Zukunf.Sicher“ für wen?  Die Kosten der Elektrizität, das Lebenselixier der modernen, digitalisierten Gesellschaft kostet vor allem Menschen und Natur aus dem Süden des Erdballs ihr Leben. Die Erde ist die endliche Quelle, aus dem Wohlstand und Fortschritt kommen. Wer  wird morgen die Kosten für den unstillbaren Durst der industriellen Konsumgesellschaft tragen?

Die Elektrizität bzw. das „Lebenselixier“ aus der billigen Steinkohle, der Fortschritt und Wohlstand nach Deutschland und anderswo brachte, kostete das Leben von tausenden von Menschen und Tierarten, auch in Kolumbien.  Gestern wie heute hat RWE im Laufe  der Jahre auch Anteil daran.

Um Wachstum zu ermöglichen, hat die Mine el Cerrejón, aus der RWE Steinkohle kauft, seit Beginn der Kohleförderung 35 Gemeinden gewaltsam geräumt und bis heute nicht angemessen entschädigt. Der wichtigste Fluss von La Guajira, der Ranchería im Norden Kolumbiens wurde stark verschmutzt,17 Bächen sind verschwunden und  zwei umgeleitet, mehrere Grundwasservorkommen sind verschwunden. Dadurch sind viele natürliche Quellen ausgetrocknet, von denen die Wayúu, ein Volk des seit tausenden vor Jahren dort wohnt und seit mehreren hundert Jahren von den Wasservorkommen ebenso abhängig ist wie etliche Tierarten. Die Wasserknappheit in der Halbwüste La Guajiras hat sich in den letzten Jahren verschlimmert.  Das Unternehmen des Kohlebergwerks verbrauchte im Jahr 2015 35 bis 50 Millionen Liter Wasser am Tag, während die Familien, die in der Gegend leben, ihre Grundbedürfnisse mit nur sieben Litern stillen müssen. Das Unternehmen gibt ihnen nun Wasser per Lastwagen und Wasserflaschen… Das soll die Entschädigung sein?

Aus diesem Grund sind in den letzten Jahren nach und nach die Anbauflächen von Mais, Bohnen, Maniok und Hirse sowie die Viehwirtschaft und  Stoffherstellung verschwunden. Das Fehlen von Wasser und die Verschmutzung der Luft führten zu Hunger, dem Tod von 5000 Kindern in 7 Jahren, wahrer Armut und schweren Gesundheitsproblemen. Das Unternehmen hat zwar Arbeitsplätze geschaffen, diese sind aber sehr gefährlich und viele Arbeiter*innen leiden wie große Teile der Bevölkerung an Atembeschwerden. Die territoriale Zerstörung erodiert die Kultur und das Leben in der Gemeinschaft allmählich. Rogelio Ustate, Mitglied einer geräumte Gemeinde, beschreibt das wie folgt: „Heutzutage können wir nicht arbeiten, weil es uns an Fläche fehlt. Aus naheliegenden Gründen sind wir heute nur noch Verbraucher*innen, nicht aber Erzeuger*innen. Wir tragen in unseren Seelen einen unendlichen Schmerz und viele Krankheiten, verursacht durch die Verschmutzung, die das Unternehmen Cerrejón nach La Guajira brachte.” Seit ihrer Vertreibung kämpfen die Gemeinden für die Verteidigung der Menschenrechte und ihrer territorialen Rechte. Dieser Kampf vereint die Gemeinschaften der Wayúu und die Bauerngemeinden.

Beide wollen verhindern, dass das Unternehmen ihnen noch mehr Fläche wegnimmt und noch mehr Flüsse und Bäche verlegt. So ist es aktuell der Fall mit dem Bach „Bruno“, unter dem sich geschätzte 40 Millionen Tonnen Kohle verbergen. Wie immer ohne vorher die betroffenen Gemeinden und Stämme zur Beratung aufzusuchen, hat man mit der Umlenkung dieses Baches begonnen. Die Menschen, die für ihre Rechte kämpfen, sind heute stark bedroht!

Was hat RWE währenddessen all die Jahre gemacht? Wie ich in dem Geschäftsbericht 2017 gelesen habe, hat sich RWE erst in der vierten Sitzung am 22. September 2017 des Themas über die Bedingungen in den Steinkohleminen Kolumbiens so wie auch dem Engagement von RWE im Rahmen der internationalen Initiative Bettercoal zur Verbesserung der Förderbedingungen vor Ort gewidmet! In der Sitzung ging es auch auch um die neuen Empfehlungen des Deutschen Corporate Governance Kodex (DCGK), die am 24. April 2017 im Bundesanzeiger bekannt gemacht worden sind.

In dem RWE-Verhaltenskodex verpflichtet sich das Unternehmen zu folgenden Grundsätzen:

  • Eigenverantwortung
  • Aufrichtigkeit
  • Loyalität
  • Respekt gegenüber Menschen und Umwelt

Abgesehen von den etlichen Menschenrechtsverletzungen durch Cerrejon sind auch indigene Völkerrechte besonders gebrochen. Nach dem ILO – Übereinkommen 169(104) ( ILO heisst: Internationale Arbeitsorganisation, von Deutschland nicht unterzeichnet ) für die Rechte der indigenen Völker steht in Artikel 15:

„Die Rechte der betreffenden Völker an den natürlichen Ressourcen ihres Landes sind besonders zu schützen. Diese Rechte schließen das Recht dieser Völker ein, sich an der Nutzung, Bewirtschaftung und Erhaltung dieser Ressourcen zu beteiligen.“

Im Artikel 17.3 heißt es: „Personen, die diesen Völkern nicht angehören, sind daran zu hindern, deren Bräuche oder deren Gesetzesunkenntnis auszunützen, um Eigentumsbesitz oder Nutzungsrechte an deren Grund und Boden zu erwerben.

Nach den Prinzipien des Deutschen Corporate Kodex  wird  nicht nur Legalität, sondern auch ethisch fundiertes, eigenverantwortliches Verhalten verlangt (Leitbild des Ehrbaren Kaufmanns).

Was bedeutet es für RWE, ein ehrbarer Kaufmann zu sein? Was bedeutet Eigenverantwortung, Aufrichtigkeit und vor allem Respekt vor Mensch und Umwelt angesichts der offensichtlichen  Menschen- und Umweltverbrechen in la Guajira?

Bedeutet es, dass RWE die Rechte der Wayuú und Bauerngemeinden aus la Guajira achten wird? Wenn ja, wie?

Bedeutet es, dass Sie die  Umleitung des Baches Bruno durch el Cerrejon  ablehnen werden, um weitere Menschen- und Umweltrechtsverletzungen zu vermeiden?

Bedeutet es,  dass RWE auch etwas zum Wiederaufbau und  der Renaturierung der Guajira im Sinne der betroffenen Bevölkerung unternehmen wird? Wenn ja, wie?

Bedeutet es, dass RWE sich auch um den Schutz der Umwelt- und Menschenrechtsaktivisten effektiv bemühen wird? Wenn ja, wie? Warum haben Sie bisher keine Konsequenzen gezogen angesichts des Missbrauchs von Mensch und Natur durch die Unternehmen Bhp Billington, Glencore, Angloamerican und sogar des kolumbianischen Staates, und weiter Steinkohle aus Cerrejon und Cesar (Prodeco) gekauft, wo die Lage noch gravierender als in Cerrejon ist, weil mehrere Gewerkschaftler und Aktivisten von Paramilitärs umgebracht werden. Was werden sie machen wenn die Lage sich nicht verbessert? Nur zur Info, allein dieses Jahr sind in Kolumbien 33 Umwelt- und Menschenrechtsaktivisten umgebracht worden. Wie möchten Sie mit so einem instabile Staat, der für den Schutz der eigenen Bevölkerung so wenig tut, als Ehrbarer Kaufmann Geschäfte machen?

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