Gegenantrag

Zu Tagesordnungspunkt 3: Beschlussfassung über die Entlastung der Mitglieder des Vorstands

Der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre beantragt, den Mitgliedern des Vorstands die Entlastung zu verweigern.

Begründung:

Der Vorstand der Siemens AG ist nicht hinreichend seinen menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten nachgekommen. Zudem werden bisherige und angekündigte Klimaschutzmaßnahmen nicht dem Pariser Klimaschutzabkommen gerecht.

„Wir haben dazugelernt“ – Zweifel angebracht

Dr. Roland Busch und Joe Kaeser versichern bereits im Vorwort des aktuellen Nachhaltigkeitsberichts, aus Fehlern der Vergangenheit „wie beispielsweise die kontrovers diskutierte Lieferung von Sicherheitssystemen für das Adani-Carmichael-Projekt“ gelernt zu haben (Siemens Nachhaltigkeitsinformationen 2020, S. 4). Ein neues „ESG Due Diligence Tool“ soll nun Umwelt-, Menschenrechts- und Reputationsrisiken frühzeitig aufdecken. Ein solches ESG-Risikomanagement hat es jedoch auch schon zuvor bei Siemens gegeben. Es stellt sich daher die Frage, ob der Vorstand nun wirklich seinen menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten hinreichend nachkommen wird.

Die Identifikation von ESG-Risiken reicht bei weitem nicht aus, den Bekenntnissen zu den Zielen des Pariser Klimaschutzabkommens und der UN-Nachhaltigkeitsagenda 2030 gerecht zu werden. Hier ist eine umfangreichere Kursänderung nötig, um sich nicht den immer größeren Risiken fossiler Energieprojekte auszusetzen.

Zwar ist der Vorstand in Zukunft nicht mehr direkt für das Kraftwerksgeschäft der neuen Siemens Energy verantwortlich. Aber als eine der weiterhin mit Abstand größte Aktionärin von Siemens Energy steht die Siemens AG weiterhin in der Verantwortung, die Klimaschutzmaßnahmen von Siemens Energy mit den Pariser Klimazielen zu vereinen.

Kohleausstieg weder verantwortungsvoll noch konsequent

Fünf Jahre nach dem Pariser Klimaschutzabkommen war es ein längst hinfälliger Schritt, Siemens Energy einen Plan zum Ausstieg aus dem Kohlekraftwerksgeschäft ausarbeiten zu lassen. Doch den Ankündigungen nach einem „verantwortungsvollen und konsequenten“ Ausstieg folgte nur die Vorgabe, sich nicht mehr an der Ausschreibung reiner Kohlekraftwerke neu zu beteiligen. Konsequent wäre es gewesen, zumindest auch Bieterverfahren zu beenden, wo Siemens schon ein Angebot abgegeben hat. So bleibt Siemens Energy bei dem umstrittenen Kohlekraftwerksprojekt Jawa 9 und 10 in Indonesien beteiligt. Zudem will Siemens Energy an Heizkraftwerken festhalten.

Auf Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnisse sind für das Erreichen des Ziels des Pariser Klimaschutzabkommens, die Erderwärmung auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen, zwei Maßnahmen besonders wichtig: OECD-Staaten müssen bis spätestens 2030 vollständig aus der Kohleverstromung aussteigen, bis spätestens 2040 sollten alle Kohlekraftwerke abgeschaltet werden (vgl. https://climateanalytics.org/briefings/coal-phase-out/).

Da der wirtschaftliche wie politische Druck auf die Kohleindustrie massiv zugenommen hat, ist der halbherzige Kohleausstieg von Siemens Energy auch nicht verantwortungsvoll gegenüber den eigenen Beschäftigten. Sie verdienen eine klare Zukunftsperspektive jenseits fossiler Energien, denn auch das Gasgeschäft birgt absehbar die gleichen Risiken wie Kohle.

Festhalten an Gas bremst Ausbau erneuerbarer Energien

Analog zum Kohleausstieg braucht es dringend einen Ausstiegspfad aus fossilem Gas, um die Pariser Klimaziele erreichen zu können. Durch das Festhalten an Gasprojekten und den Verweis auf unrealistisch hohes Aufkommen von grünem Wasserstoff zur Rechtfertigung neuer Gasinfrastruktur blockiert Siemens den so dringenden Ausbau erneuerbarer Energien. Große Gasausbaupläne bei gleichzeitiger nötiger und EU weit geplanter Reduktion der Gasnutzung produzieren Investitionsruinen. Ein Beispiel ist Israel: Die Regierung hat beschlossen, die Solarenergie massiv auszubauen und keine neuen Genehmigungen mehr für private Unternehmen zum Bau von neuen Gaskraftwerken ausstellen. Das geplante größte private Gaskraftwerk in Israel, die sogenannte Reindeer Station, für das Siemens Energy die Technologie liefern möchte und bei dem Siemens als Investor fungiert, sollte auf dieser Grundlage nicht realisiert werden. Anhaltende, massive lokale Proteste stellen weiterhin eine Fertigstellung in Frage.

Keine ambitionierten Klimaziele

Die Bedeutung des Ziels von Siemens, bis 2030 klimaneutral zu sein, verblasst dadurch, dass Siemens nicht die Treibhausgasemissionen in den eigenen Lieferketten oder Geschäftsreisen (Scope 3) mit einbezieht. Auch im letzten Geschäftsjahr fielen im Scope 3 über 10 Mio. Tonnen CO2- Äquivalente an, während es bei den eigenen Betrieben (Scope 1 und 2) „nur“ 700.000 Tonnen CO2- Äquivalente waren. Effektive Klimaschutzmaßnahmen müssen daher auf eine massive Reduktion der Scope-3-Emissionen abzielen, doch bisher plant Siemens hier nur eine Reduktion von mageren 20 Prozent bis 2030, eine klimaneutrale Lieferkette wird erst für 2050 in Aussicht gestellt.

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