Siemens: „Grüne“ Energie zu Lasten von Menschenrechten

Podiumsdiskussion am 29. Januar zu Risikoassessment und Greenwashing

Zur Hauptversammlung der Siemens AG kritisieren Umweltschutz- und Menschenrechtsorganisationen unzureichendes Engagement bei menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten. Die NGOs bemängeln Rechtsverstöße und Unstimmigkeiten bei einer Reihe von Projekten erneuerbarer Energien, an denen Siemens direkt oder indirekt beteiligt ist:

Westsahara: Windparks in besetzten Gebieten liefern Strom für Ressourcenraub

Inmitten des Konflikts um die von Marokko besetzen Gebiete der Westsahara kooperiert Siemens Gamesa mit einer Energiefirma, die sich im Besitz des marokkanischen Königs befindet und am Aufbau und an der Wartung mehrerer Windparks in den besetzten Gebieten beteiligt ist. „Dazu fehlt die Zustimmung der saharauischen Bevölkerung“, kritisiert Khadja Bedati von der Saharauischen Jugend. „Siemens behauptet, dass die Windparks der Energieversorgung der Sahrauis dienen würden. Doch die Windräder liefern Energie für die Minen, welche Marokko – ebenfalls illegal – in den besetzen Gebieten betreibt. Die Bemühungen des UN-Sonderbeauftragten und Altbundespräsidenten Horst Köhler, den Konflikt zu lösen, werden dadurch nur erschwert“, so Bedati weiter.

Kolumbien: Menschenrechtsverletzungen durch Staudammprojekte

Siemens belieferte die in Korruptionsskandale verwickelten Wasserkraftwerke Hidrosogamoso und Hidroituango in Kolumbien. Beide Projekte wurden in Regionen geplant und umgesetzt, die sehr stark vom bewaffneten Konflikt betroffen sind. „Trotz der Proteste von Angehörigen und Menschenrechtsorganisationen wurden in beiden Fällen Massengräber überschwemmt“, beklagt Alejandro Pacheco vom Ökumenischen Büro für Frieden und Gerechtigkeit München. „In Fällen von Morden und gewaltsamen Verschwindenlassen können die sterblichen Überreste, nach denen Familien bis heute suchen, nicht mehr gefunden werden.“ Morde an und Drohungen gegen Staudammkritiker*innen sind seit Jahren bekannt. So wurden allein 2018 drei Mitglieder der Organisation Ríos Vivos, und drei ihrer Familienangehörigen ermordet. Nach schweren Regenfällen und Erdrutschen im Mai 2018 an der Baustelle von Hidroituango mussten etwa 24.000 Menschen evakuiert werden, da ein Dammbruch drohte.

Mexiko: Windparks zerstören landwirtschaftliche Nutzflächen

Beim Bau von Windkraftanlagen in Mexiko, an denen Siemens Gamesa beteiligt ist, werden die notwendigen Konsultationen der indigenen Bevölkerung nur unzureichend umgesetzt. Die betroffenen Indigenen erhalten nur unvollständige Informationen oder werden teilweise mit Gewalt unter Druck gesetzt; bereits genehmigte Projekte werden willkürlich vergrößert. Geplant sind neue Windparks auf Gemeindeflächen, auf denen Palmenfasern für wirtschaftliche und handwerkliche Aktivitäten produziert werden. „Dort gibt es bereits Windparks, die den freien Transit der Bewohner*innen auf dem von der Polizei bewachten Gelände einschränken“, kritisiert Cristina Valdivia vom Öku-Büro. „Die neuen Windparks würden weitere 1589 Hektar des Gebietes zerstören.“

Kanada: Indigene Rechte missachtet

Über das Siemens Joint-Venture mit Voith, Voith Hydro, beteiligt sich Siemens auch am Bau des umstrittenen Staudamms Site C in Kanada. Durch den Bau werden die Landrechte der indigenen Bevölkerung missachtet, weshalb eine indigene Vereinigung mit juristischen Mitteln gegen das Projekt vorgeht. Der UN-Ausschuss für die Beseitigung der Rassendiskriminierung verlangte nun von Kanada, das Projekt zu unterbrechen, um gemeinsam mit den Betroffenen Alternativen für das Projekt zu erarbeiten.

Dienstag, 30. Januar, 19 Uhr
Podiumsdiskussion: Nachhaltig gegen Menschenrechte?
Risikoassessment, Greenwashing, SDG-Washing: Wie kann Konzernhandeln real verändert werden?

EineWeltHaus München, Schwanthalerstr. 80, 80336 München

Referent*innen:

  • Khadja Bedati (Saharauische Jugend)
  • Andrea Behm (Gemeinwohl-Ökonomie Bayern e.V und attac München)
  • Dr. Christian Schliemann (ECCHR – European Center for Constitutional and Human Rights)
  • Daniel Tapia (ehem. Mexiko-Referent des Ökubüros, Arbeitskreis Binding Treaty)

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