Risiken bei fossilen Energien, Bergbau und Dividende: Unsere Fragen an den Vorstand

Zu Tagesordnungspunkt 2: Beschlussfassung über die Verwendung des Bilanzgewinns

Die Europäische Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung EIOPA fordert Versicherungskonzerne angesichts der weiterhin kaum absehbaren Folgen der Corona-Pandemie dazu auf, keine Dividenden zu zahlen. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass die Talanx AG in Zukunft für deutlich mehr Versicherungsschäden als üblich aufkommen muss.

  1. Warum zahlen Sie angesichts der möglichen Belastungen durch die Corona-Pandemie eine erhöhte Dividende, statt Liquidität für das Unternehmen zu sichern?
  2. Haben Vorstand und Aufsichtsrat Gründe erörtert, die eine niedrigere Dividende rechtfertigen würden und wenn ja, welche?
  3. Gibt es Fälle im Talanx-Konzern, beispielsweise bei der HDI, in denen bei abgeschlossenen Betriebsschließungsversicherungen wegen Infektionsgefahr oder Pandemieversicherungen in aktuellen Fällen nicht gezahlt wird, weil das Virus „SARS-CoV-2“ in den Vertragsbedingungen nicht namentlich in den Verträgen genannt ist? Wenn ja, um wie viele Fälle handelt es sich und wieso wird hier nicht kulant mit Kundinnen und Kunden umgegangen?

Zu Tagesordnungspunkt 3: Entlastung der Mitglieder des Vorstands

In unserem Gegenantrag zu TOP 3 kritisieren wir, dass der Vorstand nicht hinreichend seiner Verantwortung nachkommt, wirksamere Maßnahmen für den Klimaschutz umzusetzen und menschenrechtliche Sorgfaltspflichten einzuhalten.

  1. Wird die Talanx AG ihre Klimaziele an die Anforderungen des 1,5-Grad-Ziels des Pariser Klimaschutzabkommens anpassen?
  2. Anfang des Jahres hat der Sustainable Finance-Beirat der Bundesregierung seinen Zwischenbericht veröffentlicht und der Öffentlichkeit zur Kommentierung vorgelegt. Wie beteiligt sich die Talanx AG an den Bestrebungen, Deutschland zu einem Vorreiter der Sustainable Finance zu machen?
  3. Plant die Talanx AG die baldige Umsetzung der Handlungsempfehlungen des Sustainable Finance-Beirats? Falls ja, in welcher Form genau, insbesondere in Hinblick auf die zu erweiternde Berichterstattung auf bisher weniger ausführlich behandelten Themenbereiche (u. a. Lieferketten, Menschenrechte, Klimaschutz, Compliance) sowie die Zielverträglichkeit mit dem Pariser Klimaschutzabkommen?
  4. Unterziehen Sie zu versichernde Projekte einer Neuüberprüfung bezüglich ihrer Klimarisiken oder planen sie dies zu tun? Was würde dies für die zukünftige Versicherung von klimaschädlichen Großprojekten, darunter zählen auch Wasserkraftwerke, bedeuten?

Zur Zeichnungspolitik von Kohlerisiken:

  1. Auf der Hauptversammlung letztes Jahr haben Sie auf Frage von Herrn Kuba Gogolewski bestätigt, dass Polen ab April 2019 eine Länderausnahme von der Talanx-Kohleerklärung hat. Ist das immer noch der Fall?
  2. Falls ja: Sind Sie der Meinung, dass die Zeichnung von Risiken bei neuen Kohleminen und -Kraftwerken in Polen immer noch ein Geschäft ist, das den damit verbundenen Ruf- und Reputationsschaden für die Klimareferenzen der Talanx wert ist?
  3. Der UN-Weltklimarat IPCC, der UN-Generalsekretär und die wissenschaftliche Gemeinschaft sind sich darüber einig, dass weltweit keine neue Kohleminen und -kraftwerke in Betrieb genommen werden dürfen, wenn die internationalen Klimaziele erreicht werden sollen. Polen ist ein OECD-Land. Wie begründen Sie eine Ausnahme für Polen, besonders jetzt, wo Ressourcen viel sorgfältiger als 2019 zugeteilt werden müssen?
  4. Im vergangenen Jahr ist der Vorstand der Frage nach denjenigen Ländern ausgewichen, in denen Talanx keine Versicherungen für neue Kohleprojekte mehr anbieten wird. Könnten Sie die Länder nennen, in denen neue Kohleprojekte geplant sind und in denen Sie definitiv keine Zeichnung von Risiken in Bezug auf neue Kohleprojekte mehr anbieten werden?
  5. Gilt die Kohlepolicy auch für Talanx-Töchter, die auf dem internationalen Versicherungsmarkt Lloyd’s of London tätig sind?
  6. Was versteht Talanx unter „neu geplanten Kohlekraftwerken und -minen“? Zählt eine Erweiterung von schon bestehenden Minen zu einer „neuen“ oder einer „alten“ Kohlemine? Und zählt eine Mine, die zwar schon geplant wurde, aber die noch keine Erlaubnis zur Kohleförderung bekommen hat, zu einer „neuen“ oder einer „alten“ Mine?

Zum Thema menschenrechtliche Sorgfaltspflicht:

  1. Uns ist nicht eindeutig ersichtlich, wie die Talanx die Anforderungen der UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte (UNGPs) an unternehmerisches Verhalten erfüllt. Es scheint nicht ausreichend dokumentiert zu werden, wie und ob Menschenrechtsrisiken identifiziert, bewertet und minimiert werden. Wie wird der Vorstand sicherstellen, die Anforderungen der UN-Leitprinzipien vollumfänglich zu erfüllen?
  2. Es ist unklar, wie Talanx die eigenen ESG-Kriterien in konkreten Fällen industrieller Großprojekte anwendet, insbesondere bei Versicherungen für Staudämme von Wasserkraftwerken sowie für Tailings der Bergbauindustrie. Derzeit wird das neue „Global Tailing Review“ erarbeitet, initiiert u.a. vom Umweltprogramm der Vereinten Nationen (UNEP), um einen internationalen Standard für die sichere Bewirtschaftung von Tailings festzulegen. Bitte legen Sie ausführlich dar, ob und falls ja, inwieweit sich die Talanx explizit für robuste und klare Kriterien für den Schutz von Umwelt und Mensch im Rahmen dieses Prozesses eingesetzt hat?
  3. Wird Talanx die Versicherung der besonders gefährlichen Upstream-Dämme bzw. Upstream-Tailings ablehnen, um so die Praxis dieser enorm bruchgefährdeten Dämme schnellstmöglich zu beenden?
  4. Hält Talanx Aktien oder Anleihen des brasilianischen Bergbaukonzerns Vale und des britischen Bergbaukonzerns Anglo American? In welchen Anlagen sind die Talanx und oder Tochterfirmen und/oder Fonds direkt oder indirekt an Vale und/oder Anglo American beteiligt? Bitte schlüsseln Sie die Daten je Unternehmenseinheit auf.

Zur Zeichnungspolitik bei fossilen Energien:

  1. Die Zeichnungspolitik für Kohlerisiken von Talanx schließt die Risikozeichnung bei neu geplanten Kohlekraftwerken und -minen aus. Für Staaten, in denen der Anteil von Kohle im Energiemix besonders hoch ist und in denen kein ausreichender Zugang zu alternativen Energien besteht, sind jedoch in Einzelfällen Ausnahmen zugelassen. Gab es seit Erlass der Zeichnungspolitik Anfragen für solche Ausnahmen? Wenn ja wie viele? Wurde ihnen stattgegeben, wenn ja vielen und in welchen Ländern? Hat sich im Lauf des Jahres geklärt, für welche Länder diese Ausnahmen gelten können neben Polen?
  2. Hat Talanx die Zeichnungspolitik für Kohlerisiken mit PVI diskutiert, an dem Talanx eine hohe Minderheitsbeteiligung hält? Was ist das Ergebnis der Diskussion? In Vietnam sind neue Solaranlagen billiger als neue Kohlekraftwerke und das Land erlebt einen Solarkraft-Boom. Wie bewertet Talanx in dem Licht das Risiko von Stranded Assets für den Versicherer PVI, der weiter neue Kohlekraftwerke versichert und an dem Talanx eine hohe Minderheitsbeteiligung hält? Führt dies zu der Überlegung, seitens Talanx die Beteiligung aufzugeben?
  3. Welchen Anteil am Gesamtportfolio von International Mining Industry Underwriters machen Kohlerisiken noch aus?
  4. Welchen Anteil an den Anlagen von Talanx machen Öl- und Gasunternehmen und -projekte aus?

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