Gegenanträge

TOP 3  Beschlussfassung über die Entlastung der Mitglieder des Vorstands

Den Mitgliedern des Vorstands wird die Entlastung verweigert.

Begründung:

Der Vorstand von Thyssenkrupp (TK) hat es im Geschäftsjahr 2015/16 erneut versäumt, die vom Dachverband seit Jahren angeprangerten Missstände als solche wahrzunehmen und angemessene Gegenmaßnahmen zu ergreifen. TK fährt mit dem Export von Kriegsschiffen und U-Booten in Krisen- und Konfliktgebiete fort, missachtet die Sorgfaltspflichten in der eigenen Zulieferkette und verstößt noch immer gegen Regeln verantwortungsvoller Unternehmensführung, in dem die für die Anwohner des Stahlwerks von Rio de Janeiro negativen Folgen ignoriert werden zugunsten der eigenen Investition.

  1.  TK Marine Systems hält an seinem Geschäftsmodell fest, auch in politisch instabile Länder zu exportieren.

Kritik erregten vor allem die anstehende Auslieferung von Fregatten an Algerien sowie U-Boot-Geschäfte mit Krisenländern wie der Türkei (Materialpakete für U-Boot-Bau), Ägypten und Israel.

Menschenrechtsorganisationen sind besorgt wegen der Unterdrückung der Bevölkerung in Ägypten. Aufgrund schwerwiegender Menschenrechtsverletzungen durch ägyptische Sicherheitskräfte hat z.B. die Europäische Union bereits 2014 einen  Lieferstopp für Waffen und Munition nach Ägypten beschlossen. TK hält trotzdem an den U-Boot-Lieferungen an das ägyptische Regime fest. Aktuell stehen 4 U-Boote für Ägypten in den Auftragsbüchern. Die ersten beiden sollen in Kürze ausgeliefert werden. Dies auch ungeachtet der Tatsache, dass sich Ägypten an der von Saudi-Arabien angeführten Koalition beteiligt, die einen brutalen Luftkrieg sowie eine Seeblockade gegen den Jemen (durch-)führt. Nach Angaben der UNO starben seit Beginn der Auseinandersetzungen im Mai 2015 rund 4.000 Zivilisten. Die UNO verurteilte diese Angriffe als „systematische Verletzungen des humanitären Völkerrechts“. TK kennt keine Skrupel und liefert trotz Seeblockade und erwiesener Völkerrechtsverletzungen der Golf-Allianz weiter U-Boote an Ägypten.

Für Wirbel sorgt auch ein Korruptionsverdacht im Zusammenhang mit dem erneuten Verkauf von U-Booten an Israel. Der israelische Generalstaatsanwalt hat unlängst eine polizeiliche Untersuchung des rund 1,5 Milliarden Euro schweren Geschäftes angeordnet. Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu steht deswegen seit Wochen in der Kritik. Sein persönlicher Rechtsberater David Shimron vertritt als Anwalt auch den israelischen Geschäftsmann Miki Ganor, der seit einigen Jahren als Vertriebsvermittler der TK-Marine-Sparte tätig ist und bereits im Kontext der Bestellung von Korvetten für Israels Marine bei TKMS einen Millionenbetrag erhalten haben soll. Zudem wurde Shimron unlängst in den Vorstand eines Unternehmens gewählt, welches TK berät. Die weitere Aufrüstung Israels ist auch umstritten, weil die U-Boote nach Experteneinschätzung durch Marschflugkörper mit atomaren Sprengköpfen ausgerüstet werden können. Israel gilt als Atommacht, auch wenn die Regierung den Besitz von Nuklearwaffen nie offiziell zugegeben hat.

  1. Nach einem Jahr: Noch immer keine Verantwortung für Lieferketten

Für die von Thyssenkrupp gekaufte Kokskohle von Vale und Rio Tinto in Mosambik wurden Menschen in Gebiete umgesiedelt, die grundlegende Mängel aufweisen, und sie wurden nicht ausreichend entschädigt. Obwohl die Missstände von uns bereits vor über einem Jahr an das Unternehmen herangetragen wurden, hat TK immer noch keine Verantwortung übernommen: Das Unternehmen hat weder eine Verbesserung für die Menschen in Mosambik bewirkt, welche Verantwortung ihm aufgrund der UN-Leitprinzipien entlang der gesamten Lieferkette obliegt, noch hat es seinen Lieferantenkodex dahingehend erweitert, die Rechte der vom Bergbau direkt Betroffenen zu schützen. Somit sind im Lieferantenkodex von TK grundlegenden Menschenrechte noch immer nicht enthalten. Das Unternehmen kommt seiner menschenrechtlichen und ökologischen Sorgfaltspflicht nicht nach und entzieht sich seiner Verantwortung. So macht sich TK als Käufer solcher Rohstoffe mitschuldig an den damit einhergehenden Menschenrechtsverletzungen und Umweltzerstörungen.

  1. Stahlwerk in Rio de Janeiro

Über 6 Jahre nach Inbetriebnahme erteilten die lokalen Behörden in Rio de Janeiro dem Stahlwerk TKCSA im September 2016 die Betriebsgenehmigung, obwohl dies nur wenige Tage zuvor den Umweltbehörden gerichtlich verboten wurde, solange nicht alle Prozessfragen und Entschädigungsklagen sowie die anhaltenden Umweltprobleme geklärt seien. Ein anderer Richter setzte sich darüber hinweg, so dass die Behörden eine Betriebsgenehmigung über 5 Jahre erteilen konnten. Die vom Stahlwerkstaub betroffenen Anwohner sowie die Kleinfischer halten aber an ihren Entschädigungsklagen wegen Gesundheitsgefährdung bzw. Einkommenseinbußen fest. Während die Anwohner weiter unter dem Stahlwerkstaub des Werks leiden, das bei einigen Anwohnern nur 250 Meter vom Wohnhaus entfernt steht und die CO2-Emissionen des gesamten Stadtgebiets von Rio de Janeiro um satte 72% erhöht, beabsichtigt TK, sich des Problemwerks und dessen Verantwortung durch Verkauf entledigen zu wollen.

 

TOP 4  Beschlussfassung über die Entlastung der Mitglieder des Aufsichtsrats

Den Mitgliedern des Aufsichtsrats wird die Entlastung verweigert.

Begründung:

Der Aufsichtsrat der Thyssenkrupp AG hat es versäumt, den Vorstand davon abzuhalten, das Geschäftsmodell, auch in politisch instabile Länder Rüstungsgüter zu exportieren, fortzuführen. Des Weiteren hat der Aufsichtsrat es versäumt, den Vorstand anzuweisen, Einkaufspraktiken einzustellen, die den Prinzipien der sorgfältigen Lieferkettenverantwortung widersprechen. Längst überfällig wäre auch eine grundlegende Übernahme von Verantwortung seitens des Konzerns gegenüber den Anwohnern und Fischern gewesen, die unter dem Thyssenkrupp-Stahlwerk in Rio de Janeiro seit gut einem Jahrzehnt leiden. Somit verstößt der Aufsichtsrat gegen UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte, gegen die Konventionen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO), gegen den UN Global Compact sowie gegen die eigenen Corporate-Governance-Richtlinien, da er es versäumt hat, den Vorstand anzuweisen, Prozesse zu etablieren, mit denen der Konzern Abhilfe für die Menschenrechtsverletzungen geleistet hätte, bzw. die benannten Praktiken einzustellen.

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