Gegenantrag

Zu Tagesordnungspunkt 3: Beschlussfassung über die Entlastung der Mitglieder des Vorstands

Den Mitgliedern des Vorstandes wird die Entlastung verweigert.

Begründung:

Der Vorstand der Thyssenkrupp AG kommt seinen menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten nicht ausreichend nach. Er wird zudem seiner Verantwortung nicht gerecht, einen Beitrag zu der Nachhaltigkeitsagenda der Vereinten Nationen, den Sustainable Development Goals (SDGs), zu leisten. Konkret stehen etliche Geschäfte von Thyssenkrupp Marine Systems (TKMS) dem Ziel Nr. 16, die Förderung friedlicher Gesellschaften für eine nachhaltige Entwicklung, entgegen.

Rüstungsexporte in Konflikt- und Kriegsgebiete

Thyssenkrupp steht vor einem radikalen Umbau. Die angekündigte Aufspaltung in zwei Firmen (Materials und Industrials) soll helfen, den Konzern zukunftsfähig aufzustellen. Die für Korruptionsrisiken und potentielle Reputationsschäden bekannte Marinesparte soll trotz massiver Kritik und Problemen in den letzten Jahren weitergeführt werden und der Überwasserschiffbau wieder ein größeres Gewicht bekommen. Neben Aufträgen für die deutsche Marine bieten nach Angaben des Geschäftsberichtes insbesondere Projekte für den Export eine vermeintlich gute Marktperspektive. Dabei handelt es sich auch um Exporte in Konflikt- und Kriegsgebiete. Hier kennt die Konzernführung weiterhin keine Skrupel, auch autoritäre Regime aufzurüsten und durch Technologietransfers dabei zu unterstützen, eigene Rüstungsindustrien aufzubauen.

Aktuell stehen v.a. U-Boote, Korvetten oder Fregatten für die Türkei, Ägypten und Israel in den Auftragsbüchern des Konzerns.

Thyssenkrupp rüstet aggressive Türkei auf

Die Türkei steht wegen der zunehmend autoritären Politik ihres Präsidenten Erdoğan sowie wegen des völkerrechtswidrigen Einmarsches in Syrien Anfang 2018 massiv in der öffentlichen Kritik. Hinzu kommt, dass die Türkei gegen die Kurden im eigenen Land und in Syrien mit Gewalt vorgeht. Darüber hinaus brechen immer wieder Streitigkeiten zwischen der Türkei und Griechenland in der Ägäis auf.

Aktuelle Zahlen zu Rüstungsexporten in die Türkei zeigen, dass die deutschen Marineexporte in dieses Land 2018 trotz dieser besorgniserregenden Entwicklungen massiv zugenommen haben. Seit Jahrzehnten zählt die Türkei zu den Stammkunden von Thyssenkrupp: Aktuell baut der Konzern gemeinsam mit türkischen Unternehmen sechs U-Boote des Typs 214 in deutscher Lizenz und mit Hilfe aus Deutschland gelieferter Materialpakete. Thyssenkrupp unterstützt damit in unverantwortlicher Weise die Bestrebungen der autoritär regierten Türkei nach rüstungstechnischer Autonomie und größtmöglichem Technologietransfer. Der ehemalige Ministerpräsident Yildirim forderte die am U-Boot-Bau beteiligten Unternehmen wie Thyssenkrupp auf, den Bauprozess angesichts der vermeintlichen Risiken für die Türkei im Mittelmeer und der Ägäis zu beschleunigen. Ungeachtet der Tatsache, dass sich die U-Boote für die Implementierung der aggressiven Außenpolitik Erdoğans eignen, hält Thyssenkrupp weiter an der Kooperation mit der Türkei fest.

Trotz Jemenkrieg: Kriegsschiff-Lieferungen an Ägypten

Politische und menschenrechtliche Sorgfaltspflicht lässt der Konzern ferner bei seinen Bestrebungen vermissen, die Rüstungskooperation mit Ägypten weiter auszubauen. Obwohl bereits die Lieferung von zwei U-Booten in den letzten Jahren massiv in der Kritik stand und derzeit zwei weitere U-Boote für Ägypten im Bau sind, will der Konzern offenbar einen neuen Vertrag für den Bau einer oder mehrerer neuer Fregatten des Typs Meko 200 eingehen. Thyssenkrupp hat sich dafür eine erste Genehmigung der Bundesregierung erteilen lassen. Thyssenkrupp bleibt hier seiner umstrittenen Linie treu, auch Geschäfte mit autoritären Regimen zu tätigen. Seit dem Militärputsch 2013 regiert Präsident Al-Sisi das Land mit eiserner Hand und geht harsch gegen jede Art von Opposition vor. Darüber hat sich Ägypten an der von Saudi-Arabien angeführten Koalition beteiligt, die einen brutalen Krieg im Jemen führt. So beteiligte sich die ägyptische Marine z.B. an der Seeblockade gegen den Jemen, welche die dortige Bevölkerung teilweise von dringend benötigter Nahrungsmittelzufuhr abschneidet.

Anklagen wegen Korruption bei Lieferungen an Israel

Für stetig neue Negativschlagzeilen sorgen auch Rüstungsgeschäfte, die Thyssenkrupp Marine Systems (TKMS) und die israelische Regierung verfolgen. Derzeit werden ein umfangreich modifiziertes Dolphin-U-Boot mit außenluftunabhängigem Antrieb und, zusammen mit dem Unterauftragnehmer German Naval Yards, vier Korvetten gebaut. Entwickelt wird derzeit zudem das Design für eine neue Generation von U-Booten für Israel, von denen im kommenden Jahrzehnt zwei bis drei Boote gebaut werden sollen. Hier geht es erneut um Schmiergeldzahlungen und den Einsatz dubioser Berater vor Ort beim Verkauf von Korvetten und U-Booten. Die israelische Polizei hat empfohlen, Anklage gegen sechs Personen zu erheben. Mit dabei: der ehemalige externe TKMS-Berater Miki Ganor. Der Deal offenbart einmal mehr die Gefahren des Missmanagements und unzulänglichen Korruptionsschutzes mit Blick auf die Marinesparte des Unternehmens.

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