Rede von Irene Thesing

Liebe Aktionärinnen und Aktionäre, Vorstand & Aufsichtsrat,

ich bin heute hier mit Aktien der kritischen Aktionärinnen und Aktionäre – die bei vielen Konzernen kritisch auf die Geschäftspraktiken schauen, heute auch bei TUI.

TUI macht einen beachtlichen Gewinn mit dem Verkauf von Kreuzfahrten. Gleichzeitig wirbt TUI damit, nachhaltigen Tourismus zu betreiben. Wenn ich jedoch genauer hinsehe, ist von Nachhaltigkeit kaum eine Spur zu sehen. Auf den Kreuzfahrtschiffen sind Löhne ab 2,40 netto die Stunde an der Tagesordnung und die Arbeitsbedingungen sind für die meisten mies bei Wochenarbeitszeiten von bis zu 72 Stunden. Selbst wenn ich das mit 9 Monaten Arbeit und drei Monaten frei rechne, komme ich immer noch auf eine durchschnittliche Wochenarbeitszeit von mehr als 45 Stunden – deutlich über einem Durchschnitt hierzulande.

Eine gewerkschaftliche Organisierung oder Arbeitskämpfe gibt es bei den diktatorischen Verhältnissen auf Schiffen praktisch nicht. Viele Menschen, die auf Kreuzfahrtschiffen arbeiten und zu den Bedingungen überhaupt bereit sind kommen aus Ländern wie Indonesien oder die Philippinen, kurz aus dem globalen Süden. Die Touristinnen und Touristen, die mit den Schiffen fahren kommen größtenteils aus Deutschland oder anderen europäischen Ländern. An der Kreuzfahrtschifffahrt zeigt sich also eine Facette der Ausbeutung. Es wird Profit gemacht auf dem Rücken derer, deren Rohstoffe europäische Nationen schon seit Jahrhunderten ausbeuten. Wie letztes Jahr an dieser Stelle bestätigt wurde, werden 99% aller Arbeitenden über Subunternehmen – sogenannte Crew-Agencys – angestellt.

Der TUI Konzern konnte nicht mal eine genaue Aussage über die gezahlten Löhne machen. Allein das zeigt, wie wenig sich der TUI Konzern tatsächlich für eine Beteiligung der Menschen interessiert, die auf dem Schiff ein Rundum- Sorglos-Paket erst möglich machen. Deshalb habe ich auch diese Jahr einige Fragen zur den Arbeitsverhältnissen auf den TUI-Schiffen mitgebracht:

  • Welche Crew-Agencys werden zur Anstellung von Personal beauftragt? In welchen Staaten haben diese ihren Sitz?
  • Nimmt TUI Einfluss auf die Arbeitsbedingungen und Löhne, welche die Crew-Agencys zahlen? Wenn ja, wie?
  • Wie hoch sind die brutto und netto-Stundenlöhne auf den TUI-Kreuzfahrtschiffen? Ich bitte darum sowohl die niedrigsten als auch die Durchschnittslöhne anzugeben.
  • TUI macht Werbung damit, deutsche Schiffe (im Sinne von deutschsprachig) zu betreiben. Warum zahlt TUI an Bord keinen deutschen Mindestlohn? Wie hoch ist der Anteil der an Bord Arbeitenden, die aus EU-Ländern stammen?
  • Wie viele Personen arbeiten etwa für TUI auf Kreuzfahrtschiffen? Bitte aufteilen nach nautischem Personal und Kräften für den Hotelbetrieb.
  • Wie hoch war der Umsatz mit der Kreuzfahrtschiffahrt? Wie hoch die Lohnkosten der Personen an Bord (aufgteilt nach nautischem und Servicepersonal)? Wie hoch waren die Lohnnebenkosten und wie hoch der Gewinn?
  • Wie viel Lohnsteuern hat TUI für die Angestellten auf Kreuzfahrtschiffen bezahlt? Wie viel sonstige Staaten bezahlte TUI für die Kreuzfahrtschiffe? An welche Staaten?
  • Gab es arbeitsrechtliche Kontrollen durch den Flaggenstaat Malta? Wenn ja wie viele und in welcher Form? Gab es Kontrollen der Arbeitssicherheit?
  • Auf welchen der Schiffe gibt es Betriebsräte? Gibt es Gewerkschaften oder vergleichbare Organisationen an Bord? Vertritt der TUI-Betriebsrat auch die Angestellten an Bord? Wurde schon einmal auf einem TUI-Schiff gestreikt?
  • Es ist bekannt, dass teilweise auf Kreuzfahrtschiffen Trinkgelder nicht vollständig an die gehen für die bestimmt waren. Wie werden an Bord der TUI-Schiffe Trinkgelder bezahlt und wie werden diese an die Servicekräfte weiter gegeben?
  • Wie wie viele Jahre arbeiten Menschen durchschnittlich auf den TUI-Kreuzfahrtschiffen?

Zu all dem sei noch einmal gesagt, dass so wie die Kreuzfahrt auch durch TUI momentan betrieben wird, sie ein einziger Ausbeutungsbetrieb ist. Sie liefert kein gutes Leben für die an Bord Arbeitenden, davon können auch all die hier ausgelegten schönen Hochglanzbroschüren nichts ändern.

Nicht nur die auf den Schiffen Arbeitenden haben nichts von den Gewinnen die TUI Cruises einstreicht, auch die Bevölkerung an den angefahrenen Orten hat nichts von dem Tourismus – im Gegensatz zu dem was auch hier wieder in den Broschüren berichtet wird. Erst vor einem Monat wurde im ARD eine sehr sehenswerte Dokumentation ausgestrahlt „Die Kanaren – Inseln der Arbeitslosen“. Dort geht es darum, wie der Massentourismus dazu führt, dass die Menschen auf den Inseln keine Arbeit mehr finden, erst recht keine mehr unter ansatzweise fairen Bedingungen. Dort geht es auch um die Kreuzfahrtschiffe. Ein Taxifahrer beschwert sich, dass er früher noch Geld mit Fahrten ins Landesinnere verdienen konnte, heute ist der Hafen auf Initiative der Kreuzfahrtreederein Sperrzone, so dass die Tourist*innen fast nur noch auf den Schiffen gebuchte Touren machen. Auch das ein Beispiel, wie die Kreuzfahrtreedereien – auch TUI – mehr Gewinne machen und damit Arbeitsplätze und Lebensgrundlagen vor Ort vernichten.

TUI-Care-Projekte wie zum innovativen Weinbau zur Schaffung neuer Arbeitsperspektiven auf Lanzerote dienen also offensichtlich nur zum Greenwashing – damit nicht thematisiert wird, welche Arbeitsplätze gleichzeitig von TUI dort vernichtet werden. Menschen für die Arbeit in Hotels auszubilden dient vor allem dazu, die eigene Nachfrage zu befrideigen – mit sozialem oder gesellschaftlichen Engagement hat das nichts zu tun. Die Universität Bergen hat in einer Studie herausgefunden, dass bei keiner anderen Art Urlaub zu machen so wenig Geld im Land bleibt wie bei Kreuzfahrtschiffen. Ich frage mich, wie das mit einer angeblichen Nachhaltigkeitsstrategie zu vereinbaren ist.

Dazu habe ich noch ein paar letzte Fragen:

  • Wie hoch ist bei TUI Cruises der Anteil der Personen, die an besuchten Orten an Bord bleiben, wie hoch der Anteil derer, die von TUI organisierte Landausflüge buchen?
  • Wie viel Geld lassen die Tourist*innen von Kreuzfahrtschiffen bei Landgängen durchschnittlich an Land? Gibt es dazu Befragungen?
  • TUI behauptet für einen nachhaltigen Tourismus zu sein. Im 8.Ziel UN-Ziele für nachhaltige Entwicklung (SDG) heißt es: „Nachhaltiges Wirtschaftswachstum und menschenwürdige Arbeit für alle – dauerhaftes, breitenwirksames und nachhaltiges Wirtschaftswachstum, produktive Vollbeschäftigung und menschenwürdige Arbeit für alle fördern“ Wie will TUI verhindern, dass sich die Kreuzfahrtschifffahrt negativ auf die Arbeitsplätze vor Ort auswirkt? Welche konkreten Maßnahmen gibt es da?

Meiner Auffassung nach kann die Kreuzfahrtschifffahrt so weder gut für die Menschen, die dort arbeiten noch für die Menschen aus den angelaufenen Orten sein – es braucht eine andere Art zu leben und eine andere Art Urlaub zu machen. Welche Maßnahmen unternimmt TUI um zu so einem Systemwandel zu kommen?

Aber selbst wenn wir die Kund*innen von TUI betrachten: Die Daten von ihnen sollen in der Cloud gespeichert werde, verfügbar in Reisebüros und online um individuelle Angebote zu erstellen. Mir erscheint das eher gruselig, ermöglicht dies doch auch mehr Überwachung und Manipulation – und haben alle Mitarbeiter*innen in allen Reisebüros eigentlich Zugriff auf die Daten? Wann werden die gelöscht?

Denken Sie also an Ihren nächsten Urlaub und auf wessen Kosten er statt finden soll – danke für Ihre Aufmerksamkeit!

 

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