Gegenanträge

Gegenantrag zu TOP 3, Beschlussfassung über die Entlastung der Mitglieder des Vorstands

Der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre beantragt, den Mitgliedern des Vorstands der Volkswagen AG für das Geschäftsjahr 2015 keine Entlastung zu erteilen.

Begründung:

Die im vergangenen Jahr bekannt gewordene und illegale Abgasmanipulation von Dieselfahrzeugen der Volkswagen AG, bei denen der Motortyp EA 189 verbaut wurde, ist in der Geschichte der Automobilindustrie beispiellos. Weltweit sind allein bei diesem Motortyp 11 Millionen Fahrzeuge betroffen, die mehr Schadstoffe ausstoßen als erlaubt. Diese Fahrzeuge schädigen damit Menschen und Umwelt über Gebühr und verursachen in den jeweiligen Ländern noch nicht bezifferte volkswirtschaftliche Kosten. Gerade im Bereich der Gesundheitsfolgen muss mit Strafzahlungen gerechnet werden.

Dass Vorgänge dieser Größenordnung über mehr als 10 Jahre vom Vorstand unbemerkt vonstatten gegangen sein sollen, verwundert und lässt die Frage offen, ob die Vorstandposten zu jeder Zeit bestmöglich besetzt waren.

Das Eingeständnis der Verwendung illegaler Software zur Manipulation der Abgaswerte erfolgte im September 2015 durch Druck der US-amerikanischen Behörden und nicht durch Einsicht oder Pflichtbewusstsein der Vorstandsmitglieder. Die Erkenntnislage hatte sich zu diesem Zeitpunkt nicht verändert, Untersuchungsergebnisse der US-Behörden waren bereits seit 2014 bekannt.

Offenbar hat die VW AG mit dem Diesel auf Technik gesetzt, die vom Konzern nicht kostendeckend gesetzeskonform auf den Markt gebracht werden konnte. Mit weiteren Investitionen in die Entwicklung neuer Dieselantriebe gefährdet der Vorstand jetzt die Zukunft des Konzerns. Zukünftig sind Dieselfahrzeuge nur mit einer deutlich kostenintensiveren Abgasnachbehandlung zu verkaufen. Damit wird der Dieselantrieb für den eigentlichen Markenkern der Volumenmarken Volkswagen, Seat und Skoda unattraktiv.

Darüber hinaus wird der Dieselantrieb fast ausschließlich für den europäischen Markt entwickelt. Auf den Zukunftsmärkten wie China und Südamerika spielt er keine Rolle und wird dies nach Aufklärung aller Sachverhalte des Abgasskandals auch zukünftig nicht tun.

Der Vorstand ist seiner Pflicht nicht nachgekommen, den Abgasskandal lückenlos aufzuklären und alle betroffenen Fahrzeuge so nachzubessern, dass sie den gesetzlichen Regelungen vollumfänglich entsprechen und so weniger gesundheitliche Gefahren von den Fahrzeugen ausgehen. Nachbesserungen die nur den Zweck haben, illegale Software zu entfernen, die aber nicht dazu führen, dass die nachgebesserten Fahrzeuge ihre gesetzlichen Grenzwerte in Realbetrieb auf der Straße einhalten, mögen zwar vom Kraftfahrtbundesamt genehmigungsfähig sein, schaden aber dem Image und der Glaubwürdigkeit des Konzerns.

Und auch das Ziel, der nachhaltigste Automobilhersteller der Welt zu werden, hat der Vorstand im letzten Jahr nicht ausreichend verfolgt. Dazu gehören Entscheidungen über den Bau immer neuer SUV-Modelle, aber auch die verpassten Chancen, sich im Bereich lokal emissionsfreier Mobilität stärker aufzustellen (siehe BUND-Magazin 2016/1).

Darüber hinaus werden die von der VW AG in ihrem Nachhaltigkeitsbericht genannten Handlungsfelder Gesundheit, gesellschaftliche Verantwortung sowie Klima- und Umweltschutz durch eigene Lobbyarbeit und die des Branchenverbandes VDA in Brüssel und Berlin in Bezug auf CO2-Grenzwerte für Pkw und Lkw und Messverfahren zur Ermittlung offizieller Verbrauchswerte konterkariert.

 

Gegenantrag zu TOP 4, Beschlussfassung über die Entlastung der Mitglieder des Aufsichtsrats

Der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre beantragt, den Mitgliedern des Aufsichtsrats der Volkswagen AG für das Geschäftsjahr 2015 keine Entlastung zu erteilen.

Begründung:

Die Führungskultur von VW entspricht nicht den modernen Regeln guter Unternehmensführung. Einen großen Teil der Verantwortung dafür trägt der Aufsichtsrat.

Der Aufsichtsrat der Volkswagen AG ist weit davon entfernt, den Aktionärinnen und Aktionären und der Öffentlichkeit einen Neuanfang und eine glaubwürdige Aufarbeitung des Abgasskandals vermitteln zu können.

Das System Volkswagen ist dadurch gekennzeichnet, dass sich das Land Niedersachsen, der VW-Betriebsrat, das Management und die Großaktionärsfamilien Porsche und Piëch die Macht untereinander aufgeteilt haben und sich gegenseitig Vorteile zuschieben. Das hat Züge von undurchdringlichem Filz.

Wie der Wechsel von Finanzvorstand Hans Dieter Pötsch in den Aufsichtsrat der VW AG zeigt, gibt es in Wolfsburg keine klare Trennung von Vorstand und Aufsichtsrat. Pötsch, der seit 2003 VW-Finanzvorstand war, hätte laut § 100, Absatz 4, Aktiengesetz und entsprechender Empfehlung des Deutschen Corporate Governance Kodex frühestens nach einer zweijährigen Abkühlungsperiode an die Spitze des Aufsichtsrats wechseln dürfen. So ist Pötsch, der das Vertrauen der Großaktionärsclans Porsche und Piëch genießt, der personifizierte Interessenkonflikt. Als Finanzvorstand für den Abgas-Betrug mitverantwortlich, übernimmt er die Rolle des Chef-Aufklärers.

Es gibt begründeten Anlass zu der Annahme, dass Pötsch zumindest Mitverantwortung daran trägt, dass VW die Öffentlichkeit und damit auch die Aktionäre zu spät über die

Anschuldigungen der US-Umweltbehörde EPA unterrichtete, die Bußgelder in Milliardenhöhe nach sich ziehen können. Der Konzernspitze war offenbar schon seit Anfang September bekannt, dass eine Aufdeckung des Sachverhalts droht. Aber erst gut drei Wochen später wurde das wahre Ausmaß des Skandals erkennbar. Durch das verspätete Eingeständnis kommt auf den VW-Konzern eine Welle von Schadenersatzklagen von Investoren und Kunden zu, die in ihrem Ausmaß noch nicht abzuschätzen ist.

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