Rede von Markus Dufner

Sehr geehrte Aktionärinnen und Aktionäre,
sehr geehrte Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats,

Ich heiße Markus Dufner und bin Geschäftsführer des Dachverbands der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre. Mit unseren 28 Mitgliedsorganisationen und zahlreichen Kooperationspartnern setzen wir uns für Frieden, Umweltschutz und Menschenrechte ein – seit nunmehr 32 Jahren. Dass wir mit unseren Forderungen und Fragestellungen richtig liegen, finden immer mehr Kleinaktionäre. Und auch Fondsmanager von Deka und Union Investment fordern jetzt von Ihnen mehr Nachhaltigkeit – wie wir Kritischen AktionärInnen schon seit vielen Jahren.

Meine Damen und Herren, was ist Volkswagen? Das lässt sich auf eine einfache Gleichung reduzieren:

VW = Abgasskandal + Kartellabsprachen +
Kollaboration mit einer Militärdiktatur.

Wir Kritischen Aktionäre haben zusammen mit dem Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland und dem Forschungs- und Dokumentationszentrum Chile-Lateinamerika (FDCL) Gegenanträge gestellt.

Zu Tagesordnungspunkt 2 schlagen wir vor, die Gewinnverwendung der Volkswagen AG zu ändern.

Vom Bilanzgewinn aus dem Geschäftsjahr 2017 in Höhe von 2,18 Milliarden Euro soll jeweils ein Teilbetrag von

a) rund 575,43 Millionen Euro zur Zahlung einer Dividende von 1,95 Euro je dividendenberechtigter Stammaktie und

b) rund 408,29 Millionen Euro zur Zahlung einer Dividende von 1,98 Euro je dividendenberechtigter Vorzugsaktie zu verwenden.

Andere Gewinnrücklagen (c) und Vortrag auf neue Rechnung (d) bleiben unverändert.

Die durch Halbierung der Dividende frei werdende Summe von 982.711.926,20 Euro soll zur Erhöhung von Rückstellungen der Volkswagen Aktiengesellschaft verwendet werden.

Wir begründen die Änderung der Gewinnverwendung wie folgt:
Insbesondere Kundinnen und Kunden außerhalb der USA, die VW-Diesel-Modelle im Vertrauen gekauft haben, dass diese die vorgeschriebenen Grenzwerte im Realbetrieb einhalten, müssen entschädigt werden, so dass der Wertverlust ihrer Fahrzeuge ausgeglichen wird, sofern Volkswagen nicht in der Lage oder nicht willens ist, ihre Fahrzeuge nachzurüsten.

Zu TOP 3 beantragen wir, den Vorstand der Volkswagen AG nicht zu entlasten.
Ob nun Herr Müller oder Herr Diess an der Spitze des Vorstands steht – unser Vertrauen haben sie nicht. Viele Kundinnen und Kunden, die gutgläubig waren und sich auf Ihre Versprechen verlassen haben, fühlen sich verlassen.

Zu TOP 4 beantragen wir, dem VW-Aufsichtsrat die Entlastung zu verweigern.
Herr Dr. Pötsch, Ihnen und Ihren Kolleginnen und Kollegen müssen wir unser Misstrauen aussprechen, weil Sie seit Jahren wesentliche Kontroll- und Sorgfaltspflichten auf´s Gröbste vernachlässigen. Damit gefährden Sie das Ansehen und den langfristigen Erfolg vor allem der Pkw-Sparte des Konzerns. Sie haben nicht genug dafür getan, Entscheidungen des Vorstands, die zu massiven Wertverlusten bei Diesel-Fahrzeugen dieses Konzerns geführt haben, zu unterbinden.

Von einem Aufsichtsrat muss verlangt werden, den langfristigen Erfolg des Konzerns im Blick zu haben. Dafür müssen alle Geschehnisse rund um

den Abgasskandal lückenlos aufgeklärt und gegebenenfalls personelle Konsequenzen im Aufsichtsrat gezogen werden.

Bitte berichten Sie uns über die Arbeit des Sonderausschusses Dieselmotoren, dessen Vorsitz Herr Dr. Wolfgang Porsche inne hat.

Im Bericht des Aufsichtsrates findet sich dazu nur eine kurze und wenig aussagekräftige Passage:

Ich zitiere: „Im Geschäftsjahr 2017 ist der Sonderausschuss Dieselmotoren zu elf Sitzungen zusammengetreten, in denen unter anderem die Details der Vergleiche mit US-amerikanischen Behörden sowie die Beschlussvorschläge des Aufsichtsrats hinsichtlich der Entlastung der im Geschäftsjahr 2016 amtierenden Organmitglieder diskutiert wurden.“ Zitat Ende.

Vom Vergleich mit dem US-Justizministerium wurde in der Presse berichtet.

Bleibt es bei der 2017 vereinbarten Summe von 4,3 Milliarden US-Dollar für kriminelle Vergehen und zivilen Bußgeldern oder ist noch mit weiteren Zahlungen zu rechnen?

Mit welchen weiteren US-Behörden wurden Vergleiche geschlossen?

Um welche Details handelt es sich bei den Vergleichen?

Wurden bei diesen Vergleichen weitere Zahlungen seitens Volkswagen vereinbart? Wenn ja: Wie hoch sind sie?

Nun zu den Kartellabsprachen. Wie der Spiegel enthüllte, hat VW sich mehr als zwei Jahrzehnte mir anderen deutschen Autoherstellern über Details zur Fahrzeugentwicklung, zu Preisen und Zulieferern abgesprochen. Solche Absprachen setzen den Wettbewerb außer Kraft, letztlich zum Schaden der Kundinnen und Kunden.

Herr Pötsch, bitte klären Sie uns darüber auf, warum der Aufsichtsrat nichts gegen die Kartellabsprachen zwischen VW und anderen deutschen Autoherstellern unternommen hat.

Bitte erklären Sie uns, wie der Aufsichtsrat in Zukunft derart unehrliches und schädigendes Verhalten verhindern möchte.

Nun komme ich zum Thema Lieferkettenverantwortung in der Automobilindustrie.

Der Nationale Aktionsplan Wirtschaft und Menschenrechte, den die Bundesregierung im Dezember 2016 verabschiedet hat, schreibt vor:
Deutsche Unternehmen sollen auch entlang ihrer weltweiten Lieferketten auf die Einhaltung der Menschenrechte achten. Am Beispiel des Platinbergbaus in Südafrika kommt Brot für die Welt in einer neuen Studie zu dem Ergebnis, dass freiwillige Regelungen nicht ausreichen, um Menschenrechte in globalen Wertschöpfungsketten zu schützen.

Die Studie „Edles Metall – Unwürdiger Abbau: Platin aus Südafrika und die Verantwortung deutscher Unternehmen“ beschreibt die menschenrechtlichen und ökologischen Probleme des Platinabbaus in Südafrika und die Mitverantwortung deutscher Unternehmen entlang der Lieferkette.  

Deutsche Unternehmen importieren im großen Stil Platin aus Südafrika, der deutsche Chemieriese BASF allein für ca. 800 Millionen Euro pro Jahr. Das Edelmetall wird zur Herstellung von Abgaskatalysatoren verwendet. Kunden sind auch Volkswagen, Daimler und BMW. Doch von den Gewinnen, die in Deutschland mit Platin erzielt werden, kommt in Südafrika nichts an.

Ein Großteil der Beschäftigten im Platinbergbau lebt noch immer in Slums und wird für die oft lebensgefährliche Arbeit nicht angemessen bezahlt. Durch die Ausdehnung der Abbaugebiete sind zudem tausende Menschen ohne angemessene Entschädigung von ihrem Land vertrieben worden. Der enorme Wasserverbrauch im Bergbau ist mitursächlich dafür, dass Südafrika heute unter einer extremen Wasserkrise leidet, die von der Regierung im Februar 2018 zur nationalen Katastrophe erklärt wurde. Immer wieder eskalieren die Konflikte zwischen den Anwohnern und den Minenbetreibern.

Bislang sind BASF und die Automobilkonzerne nicht bereit, den lokalen Minenbetreibern ernsthafte Konsequenzen für die Missachtung menschenrechtlicher Pflichten aufzuzeigen oder ihre eigene Einkaufspraxis zu überdenken. Zu lukrativ ist das Geschäft mit dem Platin. Damit deutsche Unternehmen ihre Lieferkettenverantwortung ernst nehmen, bedarf es gesetzlicher Vorgaben zur menschenrechtlichen Sorgfalt.

Hierzu meine Fragen:

Wie viele Fahrzeuge wurden in der Volkswagen Group mit Katalysatoren von BASF ausgerüstet? Bitte nennen Sie die Zahlen für 2015, 2015 und 2017?

Wurden nach Bekanntwerden des „Dieselgate“ Veränderungen an den Katalysatoren vorgenommen?

Inwieweit hat sich Dieselgate auf die technologische Entwicklung von Dieselkatalysatoren ausgewirkt?

Wurde der Schritt zum 4-Wege-Katalysator jetzt gemacht?

Ist BASF der einzige Katalysatoren-Lieferant der Volkswagen Group?

Wenn nein: Nennen Sie die weiteren Lieferanten?

Der Abgasskandal kam auch dadurch, dass VW pro Fahrzeug einen relativ kleinen Betrag pro Katalysator sparen wollte. Um welche Summe pro Fahrzeug und Katalysator handelt es sich bei Katalysatoren bei Kleinwagen, in der Mittelklasse, in der Oberklasse? (40 Euro?)

Zum Schluss noch einige Anmerkungen und Fragen zu Elektro-Mobilität, zur Verfügbarkeit der Rohstoffe und zur Lieferkettenverantwortung.
E-Autos werden gern mit dem Slogan „null Emissionen“ beworben. Doch das ist eine bewusste Täuschung. Die Emissionen entstehen zwar nicht beim Fahren, aber die Energie muss ja vorher in die Batterien geladen werden. Die Energieerzeugung in Deutschland ist aber alles andere als emissionsfrei. Weit über die Hälfte unseres Stroms wird aus fossilen Quellen gewonnen, an erster Stelle aus Kohle.
Herr Dr. Diess, wie gehen Sie mit diesem offensichtlichen Widerspruch um?

Derzeit wird die Herstellung leistungsfähiger Batterien für Elektroautos von japanischen, südkoreanischen und chinesischen Herstellern dominiert. Relevante deutsche oder europäischer Hersteller: Fehlanzeige.

Energie ist bei weitem nicht das einzige Problem der Elektro-Autos. Hinzu kommt der für die Produktion der Batterien extrem hohe Bedarf an vielen seltenen Rohstoffen – an erster Stelle Lithium – aber auch an Kobalt, Neodym-Oxid und weiterer Verbindungen. Das Vorkommen der meisten dieser Rohstoffe ist global begrenzt. Leider wird bisher kaum darüber aufgeklärt, dass die Produktion der Batterien Grenzen gesetzt sind. Die Größenordnung wird klar, wenn man die benötigte Menge an Lithiumkarbonat bei verschiedenen Komsumgegenständen vergleicht: bei einem Smartphone sind es 3 Gramm, bei einem Laptop 30 Gramm und bei einem Elektroauto wie dem Tesla 50 Kilogramm. Herr Dr. Zetsche, warum thematisieren Sie eigentlich nicht diese immensen Probleme? Wie wollen Sie sie lösen?

Hinzu kommt, dass die oben genannten Rohstoffe oft unter negativen Umweltauswirkungen gefördert werden.

Herr Dr. Diess, wie kann Daimler dabei seine Verantwortung in der Lieferkette wahrnehmen? Kontrollieren Sie vor Ort, unter welchen Bedingungen die Rohstoffe abgebaut werden und ob es dabei zu Menschenrechtsverletzungen kommt?

Meine Damen und Herren, vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

 

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