Liebe Freundinnen und Freunde,

dürfen Konzerne, die Staatshilfe erhalten haben, eine Dividende an Aktionär*innen ausschütten? Oder bedarf es jetzt während der Corona-Pandemie eines Lockdowns für Dividenden?

Wenn der Staat den Unternehmen Kredite gewährt, um sie zu retten, ist die Antwort ganz klar: Nein, keine Dividende! Das galt z.B. für Anteilseigner*innen des Reisekonzerns TUI (4 Milliarden €) und für die der Lufthansa, an der sich der Bund mit 20 Prozent beteiligt hat. 

Wie sieht es im Fall Daimler aus, dessen Hauptversammlung morgen stattfindet? Das Unternehmen mit dem Stern hat im Corona-Jahr 2020 von der Bundesagentur für Arbeit 700 Millionen Euro Kurzarbeitergeld entgegengenommen. Das ist zwar eine Versicherungsleistung, die der Autokonzern und seine Arbeitnehmerinnen durch eigene Beiträge zur Arbeitslosenversicherung finanzierten. Jedoch hat die Bundesagentur im letzten Jahr alle Reserven aufgebraucht und benötigte aus dem Bundeshaushalt einen Zuschuss von bisher etwa zehn Milliarden Euro. Das ist Geld von uns Steuerzahler*innen.

Nun will der Autohersteller 1,4 Milliarden Euro Dividende an die Aktionäre überweisen – rund die Hälfte mehr als vergangenes Jahr. Das ist zwar legal, aber nicht legitim! Im Fall von Daimler ist es sogar doppelt schlimm: Zum einen haben viele eigene Beschäftigte durch die Kurzarbeit Lohneinbußen erlitten und manche sogar den Job verloren; zum anderen kommen die Daimler-Spendierhosen bei großen Teilen der Gesellschaft gar nicht gut an. Viele Selbständige und kleine Firmen kämpfen um ihr wirtschaftliche Überleben. Bevor Daimler die Aktionär*innen mit einem Dividenden-Regen beglückt, sollte es die steuerfinanzierten Staatshilfen zurückzahlen. Ein Gebot der gesellschaftlichen Solidarität! Das sehen übrigens auch viele Kleinaktionär*innen so.

Mit solidarischen Grüßen

Markus Dufner
Geschäftsführer

In diesem Newsletter

- Daimler: Dividende trotz Staatshilfe
- TUI:
Kritik an Mallorca-Flügen
- Deutsche Telekom: „Die Paten aus Bonn“
- Publikation: Steinkohle-Lieferketten und Widerstand

Daimler
Daimler belohnt Anteilseigner und schröpft Beschäftigte
Mitten in der Corona-Pandemie und trotz empfangener Staatshilfen hat die Daimler AG den Gewinn gesteigert und die Dividende erhöht. Damit zeigt sich der Konzern ignorant für die Stimmung in der Gesellschaft. Statt eines „Lockdowns für Dividenden“ und des Beginns einer Mobilitätswende setzt der Konzern weiter auf Shareholder Value und großvolumige Luxus-Karossen. Dagegen protestiert ein Bündnis von Nichtregierungsorganisationen am Mittwoch vor dem „Mercedes-Benz Global Training Center“ in Stuttgart-Vaihingen und vor der Daimler-Niederlassung am Potsdamer Platz in Berlin.
Weiterlesen ...


55 Fragen zur Daimler-Hauptversammlung
Unsere Fragen zur Dividende in Corona-Zeiten, Klimaschutz und Elektromobilität, Verkehrswende, Nachhaltigkeit in der Lieferkette, Rüstungsproduktion und -exporte, Parteispenden und Lobbyismus sowie zur Neuwahl von Aufsichtsräten bei Daimler.
Weiterlesen ...


Gegenanträge zur Daimler-Hauptversammlung 2021
Im Geschäftsjahr 2020 hat die Daimler AG gezeigt, dass sie sich eher den Aktionär*innen, als den Mitarbeitenden verpflichtet fühlt. Während die Belegschaft in breiten Teilen in Kurzarbeit gehen musste und finanzielle Einbußen erlitt, erhöhte sich die Dividende im vermeintlichen Krisenjahr sogar. Inmitten der Corona-Pandemie zeigt sich Daimler ignorant für die gesamtgesellschaftliche Stimmung.
Weiterlesen ...


Petition

Zusammen mit der Bürgerbewegung Finanzwende fordern wir nicht nur von Daimler, sondern auch von allen anderen Konzernen: Keine Dividenden, wenn gleichzeitig von Kurzarbeit und anderen Staatshilfen profitiert wird. Steuergelder, die Beschäftigung sichern und Pleiten verhindern sollten, dürfen nicht so einfach als Gewinnausschüttungen an Aktionär*innen weitergereicht werden.

Zur Petition
TUI
Dachverband kritisiert Mallorca-Flüge der TUI
Der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre verurteilt die Mallorca-Sonderangebote von TUIfly, weil sie der Eindämmung des Covid-19-Infektionsgeschehens zuwiderlaufen. Zur Hauptversammlung der Muttergesellschaft TUI AG hatte der Dachverband 12 Fragen eingereicht.
Weiterlesen ...


Deutsche Telekom

Die Paten aus Bonn

Die Deutsche Telekom hat jahrelang viele Hundert Beamte in den vorzeitigen Ruhestand verabschiedet – dank einer Sozialinitiative. Die Kosten der Frühpensionen? Trägt der Steuerzahler.

Größter Unternehmenspartner der Initiative war viele Jahre lang die Deutsche Telekom. Heute zeigt sich, dass der Konzern mit dem Engagement nicht nur wohltätige Zwecke verfolgte: Das Bonner Unternehmen nutzte das Projekt auch, um verbliebene Beamte – eingestellt in der Zeit vor der Privatisierung des Unternehmens – vorzeitig und kostengünstig in den Ruhestand zu verabschieden.
Die komplexe Konstruktion, der sich der Konzern bediente, war wohl nicht illegal, wohl aber in mehrfacher Hinsicht fragwürdig, urteilen Experten. Und so funktionierte es: Die konzerneigene Personalagentur Telekom Placement Services, die früher Vivento hieß, vermittelte die Beamten an die Diakonie. Die Staatsdiener arbeiteten für zwei Jahre bei vollem Gehalt als Jobpaten, dann wechselten sie in den vorzeitigen Ruhestand. Ihre Pensionen zahlte größtenteils der Staat.

Der Vorteil für die Telekom: Sie sparte für jeden Frühpensionär mehrere Jahresgehälter. Die Nachrücker verdienten durchschnittlich deutlich weniger als die wegen ihrer langen Dienstzeit meist stattlich entlohnten Beamten.

Abschied mit Bonus

Um die Beamten zum vorzeitigen Abschied zu motivieren, lockten Telekom und Diakonie mit einem Bonus: Die Beamten sollten auch im vorzeitigen Ruhestand für weitere zwei bis drei Jahre als Jobpaten zur Verfügung stehen – und sie erhielten dafür, zusätzlich zur Pension, die für Minijobs vorgesehene Höchstsumme von 450 Euro im Monat. Zwischen 2008 und 2016 transferierte die Telekom über das Angebot jährlich jeweils zwischen 40 und 70 Beamten. Damit die Diakonie das Patenmodell bundesweit etablieren konnte, übertrug sie ihr zeitweise auch Büroräume. […]

Ein Wirtschaftsprüfer weist zudem darauf hin, dass der in Rechnung gestellte Transfer von Beamten nicht als „Unternehmensgegenstand“ in der Satzung der Deutschen Telekom aufgeführt ist. Nach seiner Auffassung hätte der Konzern die Geschäfte von seinen Aktionären genehmigen lassen müssen. Die Telekom dagegen wertet den Transfer der Beamten als „Bereitstellung von Arbeitskräften an Dritte“. […]

(Ausschnitt aus Wirtschaftswoche, Nr. 13, 26.03.2021, Autor: Jürgen Berke, Die Paten aus Bonn)

Fragen zur virtuellen Hauptversammlung der Deutschen Telekom AG (1. April 2021)

Publikation

Das Buch "Still Burning" ist eine Kritik an den transnationalen Lieferketten der nach Europa importierten Kohle. Anhand von Berichten aus erster Hand von Bewohner*innen in den Bergbauregionen, z.B. in Russland und Kolumbien, untersucht es die kolonialen Kontinuitäten der Kohleindustrie und die von ihr verursachten sozialen und ökologischen Katastrophen. Dabei werden auch die logistischen und finanziellen Netzwerke über die Steinkohle-Lieferketten hinaus aufgedeckt.


Das Buch ist nun auch in englischer Sprache verfügbar: stillburning.net

Spenden
Twitter Youtube Instagram
Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre e.V.
Pellenzstr. 39 (Hinterhaus) 50823 Köln
CC BY 2.0
Ändere Dein Abonnement   |   Online ansehen