Anlässlich der diese Woche stattfindenden Hauptversammlungen von Rheinmetall (14. Mai 2024) und Hensoldt (17. Mai 2024) erheben verschiedene Friedensorganisationen, darunter Ohne Rüstung Leben, das RüstungsInformationsBüro, Facing Finance und der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre sowie das Investorennetzwerk Shareholders for Change schwere Vorwürfe gegen die beiden Konzerne. Sie kritisieren insbesondere fragwürdige Expansionspläne in Krisen- und Konfliktregionen sowie fehlende Standards beim Umgang mit autonomen Waffensystemen. Rheinmetall: Expansion in Krisenregionen trotz boomenden Geschäftes im Inland und mit Bündnispartnern Rheinmetall präsentiert sich öffentlich gern als verlässlicher Sicherheitsgarant, aber in der Praxis hält das Unternehmen an der sehr einseitigen Strategie fest, den eigenen Profit zu maximieren. Trotz Rekordumsätzen und eines boomenden Geschäftes im Inland und mit Bündnispartnern baut der Konzern sein Geschäft in und mit Krisenregionen weiter aus. Die Internationalisierungsstrategie, einst mit dem Mangel an Aufträgen in Deutschland und Europa begründet, wird weiterhin konsequent verfolgt, um zusätzliches Wachstum zu generieren und Exportregularien zu umgehen. So investiert der Konzern massiv in ein Land wie Ungarn, wo Demokratie und Rechtsstaatlichkeit untergraben werden. Neue Geschäfte mit Autokratien wie Saudi-Arabien und Ägypten sind unlängst verabredet worden. Ägypten wird als wichtiger strategischer Partner für die gesamte arabische und afrikanische Region bezeichnet. Von den neuen „Heimatmärkten“ Australien und Großbritannien aus sollen mittel- bis langfristig Exportaufträge in aller Welt bedient werden können. „Rheinmetall hat offensichtlich mehr Interesse an finanziellen Gewinnen als an der Sicherung von Menschenrechten. Während bei Rheinmetall die Kassen klingeln, werden anderswo neue tickende Zeitbomben geschaffen und Menschen ins Elend oder gar in den Tod getrieben“, kommentiert Tilman Massa vom Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre. Als hochproblematisch erweisen sich aktuell auch die Rüstungskooperationen mit Israel, v.a. im Bereich hochmoderner Munitionstechnologien. Zivilgesellschaftliche Organisationen haben die Bundesregierung jüngst in einem offenen Brief aufgefordert, militärische Exporte nach Israel zu stoppen, um mögliche Menschenrechtsverletzungen oder Verletzungen des humanitären Völkerrechts in Gaza zu verhindern. Sie verurteilen darin ausdrücklich den Terroranschlag der Hamas auf Israel, zugleich aber auch die Verstöße der israelischen Regierung gegen Menschenrechte und das humanitäre Völkerrecht, insbesondere die gezielte Bombardierung ziviler Ziele in Gaza. „Die aktuellen Entwicklungen in Gaza zeigen, welche enormen Risiken mit Rüstungsexporten in die Krisenherde dieser Welt verbunden sind. Rüstungskonzerne wie Rheinmetall müssen sich im Klaren sein, dass ihre Güter oft eher zu einer Eskalation von kriegerischen Auseinandersetzungen beitragen als Sicherheit zu schaffen“, fasst Ruth Rohde vom RüstungsInformationsBüro die Situation zusammen.
Hensoldt: Profitmaximierung statt unternehmerischer Verantwortung Auch die Hensoldt AG freut sich über prall gefüllte Auftragsbücher und will ihr internationales Geschäft über die bestehenden Kernmärkte in Europa hinaus ausbauen. Dabei sorgen bereits heute zahlreiche Exportgeschäfte des Konzerns für umfangreiche Kritik. So liefert der Konzern Sensormodule (ARGOS-II) für die Bayraktar TB2-Drohne. Das türkische Militär nutzt sie seit 2014 für völkerrechtswidrige Angriffe im In- und Ausland. Ende 2023 ging das Unternehmen zudem eine Kooperation mit dem staatlichen israelischen Rüstungskonzern Rafael ein, um gemeinsam Systeme zur elektronischen Kriegsführung zu entwickeln. Zudem exportiert Hensoldt TRS-4D Radarsysteme für Fregatten nach Saudi-Arabien und das, obwohl die Seeblockaden jemenitischer Häfen durch Saudi-Arabien in jüngster Vergangenheit zu massiver Hungersnot im Jemen beigetragen haben. Ferner ist das Unternehmen auch an der Herstellung und Modernisierung des Eurofighters beteiligt. Aktuell stehen weitere Eurofighter-Geschäfte mit Saudi-Arabien an. Diese wurden im Jemen-Krieg erwiesenermaßen für großflächige Bombardements eingesetzt, bei denen auch zahlreiche Zivilist*innen ums Leben gekommen sind. „Es steht zu befürchten, dass die Lieferung neuer Eurofighter an Saudi-Arabien nur der Auftakt wäre für weitere Waffengeschäfte. Dass die Beschränkungen für Waffenlieferungen an Saudi-Arabien scheinbar gefallen sind, ist auch das Ergebnis eines Rüstungslobbyismus durch Konzerne wie der Hensoldt AG, die jahrelang dagegen Sturm gelaufen sind. Damit ist der Weg für deutsche Rüstungskonzerne frei, um künftig noch mehr Gewinne mit unverantwortlichen Waffengeschäften zu machen. Die Hensoldt AG muss dieses Geschäftsmodell umgehend beenden und alle (Lobby-)Aktivitäten einstellen, die darauf abzielen, Gewinne durch den Verkauf von Waffen an hochproblematische Staaten zu maximieren“, sagt Niels Dubrow, Referent für Rüstungsexporte bei Ohne Rüstung Leben. Einstieg in die Entwicklung autonomer „Killerroboter“ Beide Konzerne werben damit, ESG-Kriterien einzuhalten und keine kontroversen Waffensysteme anbieten zu wollen. Dennoch hat Rheinmetall mit dem Mission Master ein Waffensystem im Angebot, das für den Einstieg in die Entwicklung autonomer „Killerroboter“ steht. Das System kann grundsätzlich ferngesteuert, teilautomatisiert oder vollautonom mit einer programmierten Routine betrieben werden. Mission Master ist zudem entweder mit Kamikaze-Drohnen, Panzerabwehrwaffen oder Maschinenpistolen ausgestattet, die ebenfalls allesamt über autonome Fähigkeiten verfügen. Der Hensoldt-Konzern verfügt mit Argos II über ein Sensormodul, das über grundlegende und erweiterte autonome Funktionen verfügt, was eine vollautomatische Flugsteuerung und Navigation einschließt. Bisher besitzen beide Konzerne keine eigenen Standards, um sicherzustellen, dass ihre Produkte keine völkerrechtlichen Normen und internationalen Menschenrechte verletzen. „Die zunehmende Autonomie von Waffen und eine damit verbundene Nutzung von künstlicher Intelligenz wird bewaffnete Konflikte grundlegend verändern, was bereits jetzt schon in den Kriegen in der Ukraine und in Gaza deutlich wird. Die Menschheit steht an einem Scheideweg und muss jetzt Gewaltanwendung bzw. Waffengewalt ohne sinnvolle menschliche Kontrolle völkerrechtlich verbindlich verbieten bzw. regulieren“, sagt Thomas Küchenmeister, Sprecher der deutschen Sektion der internationalen Kampagne Stop Killer Robots. „Solange es ein solches Verbot nicht gibt, müssen Unternehmen wie Rheinmetall oder Hensoldt sicherstellen, dass ihre Systeme ausschließlich nur mit sinnvoller menschlicher Kontrolle einsetzbar sind und dürfen die Verantwortung für den Umgang mit ihren Waffen nicht allein auf den Endkunden abwälzen“, so Küchenmeister. Eine Protestaktion findet am Tag der Rheinmetall-Hauptversammlung in Düsseldorf statt. Die „Rheinmetall - Den Händler des Todes stoppen!“ - Kundgebung startet am 14. Mai 2024 um 5 vor 12 Uhr vor der Rheinmetall-Konzernzentrale am Rheinmetall-Platz 1 in Düsseldorf. Kontakt: Niels Dubrow, Ohne Rüstung Leben, orl-dubrow@gaia.de , Tel.: 0711 62039372 Thomas Küchenmeister, Geschäftsführender Vorstand Facing Finance e.V., Sprecher der Kampagne STOP KILLER ROBOTS in Deutschland, (+49) 175 4964082 Tilman Massa, Dachverband Kritische Aktionärinnen und Aktionäre, E-Mail: dachverband@kritischeaktionaere.de, Tel.: 0221 599 56 47 |