Hauptversammlung soll über (Nicht-)Entlastung der gekündigten Aurubis-Vorstände abstimmen

Zum Aussch(n)eiden: (v.l.) Produktionsvorstand Dr. Heiko Arnold, Vorstandsvorsitzender Roland Harings und Finanzvorstand Rainer Verhoeven. Chief Operations Officer Inge Hoffkens darf bleiben.

Unsere Gegenanträge zur Hauptversammlung der Aurubis AG am 15. Februar 2024

Gegenantrag zu TOP 2: Beschlussfassung über die Verwendung des Bilanzgewinns

Die vorgeschlagene Verwendung des Bilanzgewinns wird abgelehnt.

Begründung:

Bei der Präsentation der Jahresergebnisse für 2022/23 (30. September) sprach der Vorstand im Dezember von einem Fehlbestand an Metallen im Wert von 169 Millionen Euro. Angesichts dieses Fehlbestands sollte Aurubis in diesem Jahr auf die Ausschüttung der Dividende von 61.122.642 Euro verzichten.

Gegenantrag zu TOP 3: Beschlussfassung über die Vertagung der Entlastung der Mitglieder des Vorstands für das Geschäftsjahr 2022/23

Der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre beantragt, die Entlastung der Mitglieder des Vorstands nicht zu vertagen.
Den Mitgliedern des Vorstands soll die Entlastung verweigert werden.

Begründung:

Nun ist es vorbei, dass der Vorstandsvorsitzende Roland Harings das Unternehmen „mit Ruhe und mit Zuversicht“ steuert. Der Aufsichtsrat hat die Vorstandsverträge mit ihm sowie mit Finanzvorstand Rainer Verhoeven und Produktionsvorstand Dr. Heiko Arnold „vorzeitig beendet“. Nun werden andere Aurubis wieder auf Kurs bringen müssen. Angesichts dieser – im Klartext – Kündigung ist es unerlässlich, dass der Vorstand auf der Hauptversammlung detailliert Rechenschaft ablegt und die Aktionärinnen und Aktionäre dann über seine Entlastung oder Nichtentlastung entscheiden.


Transparenz in der Lieferkette und Nennung der Lieferanten

Bislang weigert sich Aurubis hartnäckig offenzulegen, aus welchen Minen es Kupfererz bezieht. Obwohl Aurubis in einem Risikosektor agiert und nachweislich Kupfererz bezogen hat aus Minen, die aufgefallen sind durch Schwermetall-Verseuchung, stark erhöhte Krebsraten, Korruption, Zwangsumsiedlungen und Folter von Protestierenden auf Firmengelände. Aurubis gibt vor, seine Lieferanten aus Wettbewerbs- und Vertragsgründen nicht nennen zu dürfen. Dagegen hat z.B. der Kupferproduzent Gold Fields Perú in seinen Geschäftsberichten Aurubis als Hauptabnehmer für Kupfererz benannt. Offenbar legt Aurubis Wert auf die Nichtbenennung – und nicht die Lieferanten. Aurubis selbst bestätigt, dass seine Lieferanten keinen Druck machen gegen die Veröffentlichung der Lieferantenbasis.

Auch Nachhaltigkeitsratingagenturen oder interessierte Aktionäre bekommen trotz Zusicherung von Geheimhaltung keinerlei Einsicht in Lieferantenbeziehungen von Aurubis. Dabei wären transparente Lieferketten essenziell, damit NGOs und Aktionäre die Nachhaltigkeitsangaben und regulatorischen Lieferkettenrisiken des Konzerns überprüfen können.

Bergbau in Peru führt zu Kontamination der Menschen und zu Umweltzerstörung

Wie schon in den letzten Jahren gibt das Unternehmen immer noch keine Informationen über seine Kupferlieferanten in Peru weiter, was eine Rechenschaftspflicht und eine echte Risikoanalyse unter Einbeziehung aller Beteiligten unmöglich macht.

Nach offiziellen Angaben importiert das Unternehmen ca. 16 % seines Kupferkonzentrats aus Peru. Der Kupferabbau ist zwar ein wichtiger Wirtschaftszweig in dem Andenland, doch ist er aufgrund seiner großen Dimensionen immer noch direkt mit Menschenrechtsverletzungen und negativen Auswirkungen auf die Umwelt verbunden. Nach Angaben des peruanischen Gesundheitsministeriums sind in Peru mehr als 10 Millionen Menschen (über 30 % der nationalen Bevölkerung) einer Kontamination durch Schwermetalle und andere chemische Substanzen ausgesetzt, die mit Bergbau- und Erdölförderprojekten in Verbindung stehen. In der Provinz Huarmey prangert die Bevölkerung die Antamina-Mine für die Verseuchung ihrer Gebiete an, in denen die Förderbänder des Unternehmens arbeiten und das Unternehmen streitet jede Verantwortung ab. In der Provinz Espinar hat die Umweltbehörde (nach einem mehr als zehnjährigen Verfahren) die Verschmutzung des Wassers und des Bodens durch Feinstaub aus dem Bergbau des Bergbauunternehmens Glencore festgestellt, wodurch die örtlichen Weiden und Wasserquellen für den Verzehr durch Tiere ungeeignet wurden. In der Mine Las Bambas in der Provinz Apurimac lebt die Bevölkerung mit dem täglichen Verkehr von mehr als 200 Lastwagen, die Erz aus den Anden zu den Küstenhäfen transportieren.

Es ist nicht möglich festzustellen, ob Aurubis Kupfer von einem dieser Unternehmen importiert, und es ist daher ebenfalls nicht erkennbar, wie Aurubis seinen gesetzlichen Verpflichtungen zur Analyse und zum Management von Risiken in seiner Lieferkette nachkommt.

Panama: Bergbauprojekt von First Quantum Minerals sorgt für Konflikte

Das Bergbauprojekt „Cobre Panamá“ des kanadischen Unternehmens First Quantum Minerals in der Provinz Colón in Panama hat in den letzten Monaten für Konflikte im mittelamerikanischen Land gesorgt.

Aurubis gibt im Nachhaltigkeitsbericht von 2023 an, dass 2021/2022 sechs Prozent der Kupferkonzentrate-Importe des Unternehmens aus Panama stammten. Da es sich laut Umweltorganisationen bei dem Projekt von First Quantum Minerals um das einzige Kupferbergbauprojekt in Panama handelt, ist davon auszugehen, dass Aurubis die Mineralien von dieser Mine bezogen hat.

In Panama ansässige Menschenrechts- und Umweltorganisationen haben im Zusammenhang mit dem Bergbauprojekt eine Reihe von Missständen angeprangert: First Quantum operiert seit 2019 ohne Vertrag, also illegal, im Naturschutzgebiet „Biologischer Korridor Mesoamerikas“. Durch den offenen Tagebau wurden große Teile des fragilen Ökosystems zerstört. Betroffene Gemeinden berichten immer wieder von Umweltverschmutzung und von einer großen Menge toter Fische im Fluss Pifá. Die Umweltschäden bergen für die 25 Gemeinden im Umfeld der Mine hohe gesundheitliche Risiken.

TOP 4: Beschlussfassung über die Vertagung der Entlastung der Mitglieder des Aufsichtsrats für das Geschäftsjahr 2022/23

Der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre beantragt, die Entlastung der Mitglieder des Aufsichtsrats nicht zu vertagen. Den Mitgliedern des Aufsichtsrats soll die Entlastung verweigert werden.

Begründung:

Der Aufsichtsrat der Aurubis AG hat als Kontrollorgan des Vorstands versagt. Er hat nichts gegen die mangelnde Risikovorsorge durch den Vorstand unternommen und er hat es versäumt, für mehr Transparenz in der Geschäftstätigkeit zu sorgen.

Mitverantwortung für kriminelle Machenschaften

Der Aufsichtsrat und der Vorstand tragen gemeinsam Verantwortung für die kriminellen Machenschaften und die desaströse Personalpolitik des Unternehmens. Diese ermöglichte es, dass Personen aus der organisierten Kriminalität im Unternehmen eingestellt wurden und jahrelang unbemerkt mit kriminellen Lieferanten agieren konnten. Das Lieferantenscreening von Aurubis versagte ebenso wie die finanzielle Risikoabsicherung bei Diebstählen des Unternehmens. Diese war völlig unzureichend und mit nur 20 Millionen Euro war lediglich ein Bruchteil des Schadens von 170 Millionen Euro abgedeckt.

Außerdem tragen Aufsichtsrat und Vorstand der Aurubis die Verantwortung für die unzureichende Risikovorsorge des Unternehmens gegenüber den Angehörigen der im letzten Jahr bei Arbeitsunfällen ums Leben gekommenen Mitarbeiter. Es ist beschämend, dass sich die Angehörigen kurz vor Weihnachten an die Medien wenden mussten, um auf ihre finanzielle Situation aufmerksam zu machen.

Ignorieren des Lieferkettengesetzes und Leugnen des Klimawandels

Als größter Kupferkonzern Europas spielt Aurubis eine entscheidende Rolle bei der Kupferversorgung Europas, die für den Umstieg auf erneuerbare Energien unverzichtbar ist. Doch bislang wird Aurubis seiner großen Verantwortung, das für die Energiewende benötigte Kupfer nachhaltig und sozial verträglich zu importieren, nicht gerecht. Es ist die Aufgabe der Aurubis-Führung endlich für transparente und nachhaltige Lieferketten zu sorgen und das in Deutschland seit Jahresbeginn 2023 geltende Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) zu erfüllen.
Notwendigkeiten ignorieren und Tatsachen leugnen: Darin scheinen sich Aufsichtsrat und Vorstand der Aurubis AG einig zu sein. Auf der Hauptversammlung 2023 machte sich der nun scheidende Vorstandsvorsitzende Harings mit seiner Aussage zum Lieferkettengesetz lächerlich: „Wir brauchen dieses Gesetz nicht.“ Und der langjährige Aufsichtsratsvorsitzende Fritz Vahrenholt tourt durch das Land, um den menschengemachten Klimawandel zu leugnen. Er wird seiner Rolle als Aufsichtsratsvorsitzender eines für die Energiewende essenziellen Konzerns nicht gerecht. Dabei erhielt Vahrenholt im letzten Jahr eine ordentliche Gehaltserhöhung und 290.000 €. Für dieses Gehalt sollten die Aktionäre erwarten können, dass er seine Zeit für die zukunftstaugliche Ausrichtung des Konzerns nutzt und nicht für fossiles Energien Lobbying.


„Human Rights Washing“ mit Copper Mark beenden

In den Copper Mark-Audits wie z.B. dem am Aurubis-Standort Pirdop in Bulgarien wird Fragen zu Menschenrechts- und Sorgfaltspflichten von Lieferanten, Rechten indigener Bevölkerungen oder Landraub nicht nachgegangen, obwohl Kupfererze aus kritischen Kupferminenländern, wie zum Beispiel Peru, bezogen werden. Kupferminenbetreiber werden dadurch nicht auf die Einhaltung von Menschenrechten überprüft, und Aktionäre werden somit unvollständig vom Unternehmen Aurubis informiert.


Pirdop/Bulgarien: Aurubis versagt pensionierten Mitarbeitern Unterstützung

Pensionierte Aurubis-Bulgaria-Mitarbeiter am Aurubis-Standort in Pirdop kümmern sich kostenfrei um die Entfischung im Dushanzi-Stausee. Dadurch wird die Wasserqualität des Staudammwassers für die Industrieprozesse des Pirdoper Werks gewährleistet. Dennoch hat die Werksleitung in Bulgarien sich nicht um die auf der letzten Hauptversammlung der Aurubis versprochene Realisierung eines notwendigen Bootssteges gekümmert.


Weiterhin unzureichender Whistleblower-Schutz

Der Vorstand und der Aufsichtsrat sorgten nicht für einen ausreichenden Whistleblower-Schutz. Gegenwärtig werden Whistleblower nicht oder nur unzureichend durch das Unternehmen geschützt. Whistleblower müssen im Unternehmen damit rechnen, dass Daten über sie an die Adressaten der Vorfälle weitergeleitet werden, und sie und ihre Angehörigen Repressionen erfahren. Auch werden Eingaben von Whistleblowern nur unzureichend oder gar nicht vom Unternehmen bearbeitet. Ein ineffektiver Whistleblower-Schutz führte zu hohen materiellen Verlusten und immateriellen Schäden in der Aurubis AG.

Köln, 31.01.2024

www.kritischeaktionaere.de

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