Sehr geehrter Herr Vorsitzender,
sehr geehrte Damen und Herren,
mein Name ist Ulf Georgiew, und ich spreche hier für den Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre.
Ich beginne meine Ausführung zum heutigen Tagesordnungspunkt 3, Entlastung des Vorstands der Aurubis AG. Dem Vorstand wird die Entlastung verweigert.
Mit Sorgen verfolgen wir, dass die vom Vorstand der Aurubis eingeleiteten Maßnahmen zur Verhinderung von Umwelt- und Menschenrechtsverstößen durch Lieferanten keine Erfolge erbringen. Auch im laufenden Wirtschaftsjahr hat es Umwelt- und Menschenrechtsverstöße von Aurubis-Lieferanten gegeben. In der Glencore-Mine Las Bambas in Peru sind Polizeisondereinheiten aufmarschiert, weil die lokale Bevölkerung gegen die unzumutbaren Umweltbelastungen durch den dortigen Kupferabbau protestierte. Es wurde von der Regierung der Notstand für die Kupferabbauregion ausgesprochen.
Am 25. Januar 2019 ist ein Tailing-Damm eines Aurubis-Lieferanten, Vale in Brasilien, gebrochen. Eine Schlammlawine rollte über Siedlungen nahe der Ortschaft Brumadinho im Bundesstaat Minas Gerais hinweg und begrub Menschen, Häuser und Tiere unter sich. Letzen Meldungen sprechen von 170 Todesopfern. Das Unternehmen Vale wurde vor wenigen Tagen wegen des Dammbruchs aus dem Nachhaltigkeitsindex der Börse von Sao Paulo genommen.
Sehr geehrter Herr Vorstandsvorsitzender, wir fragen Sie, welche Maßnahmen hat der Vorstand unternommen, um die Umwelt- und Menschenrechtsverstöße von Lieferanten zu verhindern? Sind Sie weiterhin der Meinung, dass es in Ländern, in denen es keine Rechtsstaatlichkeit gibt, die im Jahresbericht von Amnesty International genannt werden, die einen niedrigen Korruptionsindex nach Transparency International besitzen, die eine geringe Pressefreiheit nach Reporter ohne Grenzen aufweisen, Menschenrechts- und Umweltverstöße von dortigen Lieferanten durch Aufnahme von Menschenrechts- und Umweltschutzklausen in den Aurubis-Lieferverträgen verhindern?
In dem Zusammenhang würde ich aber auch gleichzeitig den Aufsichtsrat befragen:
Wie oft haben sich die Ausschüsse des Aufsichtsrats zu Umwelt- und Menschenrechtsverstößen von Lieferanten im Wirtschaftsjahr getroffen? Hat der Aufsichtsrat sich persönlich zu bekannten von Umwelt- und Menschenrechtsverstößen betroffenen Kommunen informiert? Wie bewertet der Aufsichtsrat die Maßnahmen des Vorstands zu Umwelt- und Menschenrechtsverstößen durch Lieferanten? Wird der Aufsichtsrat Konsequenzen ziehen?
Wir Kritischen Aktionäre fordern eine radikale Veränderung des Vorstands und des Aufsichtsrats zur Verhinderung von Umwelt- und Menschenrechtsverstößen durch Lieferanten. Eine Mindestforderung ist die Einsetzung eines Umwelt- und Menschenrechtsausschuss mit der Nominierung eines Umwelt- und Menschenrechtsbeauftragten, der regelmäßigen Anhörungen von in den betroffenen Ländern agierenden NGOs und Kommunen, der Erarbeitung von Zielen und Kennzahlen mit Zieldefinitionen zur Verhinderung von Umwelt- und Menschenrechtsverstößen vornimmt.
Sehr geehrter Herr Vorstandsvorsitzender, warum wollen Sie nicht das führende Nachhaltigkeitsunterhemen im Bereich der Kupferverarbeitung sein?
Während Wettbewerber sich bei den Klima- und Nachhaltigkeitszielen eindeutig positionieren und Partnerschaften mit Endverbrauchern für die Verarbeitung von ethischem und ökologischem Kupfer – sog. „Grünes Kupfer“ – eingehen, erhebt Aurubis in seiner neuen Fünfjahres-Nachhaltigkeitsstrategie keinen Anspruch auf die Verarbeitung von Responsible Copper – also verantwortungsbewusst abgebautem Kupfer – im gesamten Bereich der Lieferkette.
Der Deutsche Autobauer BMW und der chilenische Kupfer-Bergbaukonzern Codelco haben eine Kooperation für eine gemeinsame, nachhaltige und transparente Kupferbeschaffung geschlossen. Diese Kooperation gilt als künftiger Standard und Meilenstein für ethisches und ökologisches Kupfer. Dabei sollen der Einsatz von regenerativer Energie, die Schaffung von lokalen Arbeitsplätzen, transparente Produktion, Kooperationen mit NGOs, Gleichberechtigung der Geschlechter, Sanierung von Bergbaualtlasten zum Tragen kommen. Alles Maßnahmen, die wir Kritischen Aktionären seit Jahren vom Vorstand und Aufsichtsrat auf der Hauptversammlung der Aurubis einfordern!
BMW verbaut jährlich 42.000 Tonnen Kupfer in seinen Fahrzeugen. Das Volumen steht Aurubis wegen der BMW/Codelco-Kooperation für „grünes“ Kupfer in den kommenden Jahren nicht mehr zur Verfügung! Es besteht sogar die Gefahr, dass weitere Unternehmen sich auf die Beschaffung von „grünem Kupfer“ festlegen, weil Kunden nach sauberen und fair hergestellten Produkten verlangen. Ein Umsatzrückgang wäre für Aurubis die Folge. Codelco geht davon aus, dass sie für den Verkauf von „grünem Kupfer“ gar einen höheren Preis erzielen!
Sehr geehrter Herr Vorstandvorsitzender, warum ist Aurubis keine Partnerschaft für ethisches und ökologisches Kupfer eingegangen?
In der aktuellen Fünfjahres-Nachhaltigkeitsstragie der Aurubis fehlen die Antworten auf die kommenden Herausforderungen im Bereich Klimawandel und Erderwärmung, der Rohstoffendlichkeit von Kupfer.
Obwohl dem Unternehmen bekannt ist, dass auf Grund der Endlichkeit der natürlichen Kupferrohstoffreserven in naher Zukunft nur noch Kupferkonzentrate mit einem viel höheren Arsengehalt verarbeitet werden, informiert die Geschäftsführung nicht die betroffenen Lieferanten, Anwohner und Kommunen.
Am bulgarischen Werkstandort Pirdop sitzen die Erinnerung der dort ansässigen Bevölkerung an die Verarbeitung von Kupferkonzentraten der benachbarten Tschelopetch Mine noch sehr tief, da sie bis weit in die 90er Jahre des letzten Jahrhunderts hinein dort verarbeitet wurden. Die Spätfolgen der damaligen Verarbeitungen der toxischen Kupferkonzentrate sind bis heute spürbar. Sie spiegeln sich in der Anzahl der Karzinomerkrankung in der Bevölkerung, den Ergebnissen von Gewässer- und Bodenproben in der dortigen Region, zum Teil auch auf dem Aurubis-Werksgelände, wieder. Die Kupferkonzentrate der benachbarten Mine werden jetzt in Tsumeb/Namibia vom Aurubis-Lieferanten Dundee Precious Metals weiterverarbeitet. Die Anwohner der dortigen Kupferhütte klagen über die giftigen Folgen ihrer Arsen-Kontakte. Die von Aurubis verwendete Begrifflichkeit von „komplexen“ Kupferkonzentraten, obwohl Kupferkonzentrate mit einem hohen gesundheitsgefährdenden Arsenanteil gemeint sind, ist irreführend.
Die jetzige Werksleitung in Bulgarien ist nicht verantwortlich für die gesundheitlichen und umweltschädigenden Handlungen der Werksleiter vor 1997. Aber sie trägt Verantwortung für die Kommunikation von aktuellen Messergebnissen zu Schadstoffbelastungen auf dem Werksgelände. Hier möchte ich daran erinnern, dass die vom Aurubis-Vorstand auf der letzten Hauptversammlung zugesicherte Veröffentlichung des bulgarischen Umweltreports auf der Internetseite der Aurubis nicht umgesetzt wurde. Es geht um diesen Aurubis-Umwelt-Report, den ich Ihnen als Beispiel mitgebracht habe, wo die Messergebnisse zu Schwermetallbelastungen in der Luft, Boden, Wasser u.a. auch Arsen zu entnehmen sind.
Insbesondere kann bei den Bodenergebnissen sehr gut festgestellt werden, wie die schwermetallhaltigen Stoffe über Jahre hinweg tiefer ins Erdreich gelangen. Die Folgen auf Grundwasserverschmutzungen, Biodiversität oder Nahrungskette werden von Aurubis nicht bewertet. Jedoch haben Biologen der St. Kliment Ohridski Universität in Sofia in einer Studie in 2014 die Ansammlung von Schwermetallen bei Insekten in der Nähe des Aurubis-Werks in Pirdop festgestellt.
Hierzu meine Frage an den Vorstand, hat die Aurubis ein Biodiversitätsmanagement gemäß den CDP Metall and Mining Goals 2019? Werden Sie über die jeweiligen Maßnahmen und Zielerreichungen bzgl. der CDP Metall und Mining Goals berichten?
Dass sich in der Nähe des Aurubis Werks in Bulgarien drei EU-Natura2000-Schutzgebiete befinden, konnte ich auch im vorausgegangenem Geschäftsjahr in keinem der Aurubis-Reports wiederfinden. Lediglich auf der Internetseite der Aurubis befindet sich erstmalig überhaupt eine Notiz zu Kleinstmaßnahmen im Bereich Biodiversität und Artenvielfalt auf dem Betriebsgelände der Aurubis in Bulgarien: „Aurubis Bulgarien verbessert die Lebensbedingungen von Pflanzen und Tieren und stellt in Eigeninitiative Flächen wieder her, indem Gräser, Sträucher und Bäume gepflanzt werden.“ Wie die Verbesserungen für die Lebensbedingungen für Pflanzen und Tiere ermitteln wurden, ist nicht ersichtlich. Es sind auch nicht die Menge und Arten der gepflanzten Gräser, Sträucher und Bäume ersichtlich, und ob diese den zu schützenden Tierarten und Pflanzen der anliegenden Natura2000-Schutzgebiete entsprechen.
Auch im laufenden Geschäftsjahr veranstalten Aurubis-Lieferanten in den EU-Natura2000 Schutzgebieten in der Region um Pirdop Off-Road-Wettbewerbe. Die gleichen Aurubis-Lieferanten betreiben Tailing-Anlagen in Natura2000-Schutzgebieten und bedrohen die dortige Artenvielfalt. Die Verantwortlichkeit für Artenschutz und Biodiversität, auch von Aurubis-Lieferanten, darf vom Vorstand nicht weiter ignoriert werden.
Aurubis bezieht 18% seiner Kupferkonzentrate aus Brasilien. Mit Sorge verfolgen wir, dass in der für das Weltklima wichtigen Regenwälder im Amazonas-Gebiet neue Kupfer-Minenprojekte erschlossen werden sollen. Dafür sollen auch indigene Völker aus ihren bisherigen Lebensräumen weichen.
Hierzu bitten wir den Vorstand um Auskunft, wie sie hierzu stehen. Werden Sie Kupferkonzentrate aus der Region beziehen? Werden Sie Wettbewerber auffordern, keine Kupferkonzentrate aus den Gebieten zu beziehen?
Wir verfolgen, dass viele Investitionen in Bulgarien bezüglich Kapazitätserweiterungen und Technologieänderungen getätigt werden, wie zum Beispiel der Bau von Tailing für Arsen und Kalzium, dass als Quark-Becken bezeichnet wird, oder der Erweiterung des Fayalitbeckens. Uns sind ähnliche Investitionen am Aurubis-Stammwerk in Hamburg nicht bekannt. Die Investitionen in Bulgarien lassen auf den zu erwarten niedrigeren Kupfermengen mit einem höheren Arsenanteil bei den Kupferkonzentraten schließen.
Hierzu unsere Frage an den Vorstand, wie ist die Aurubis auf die kommenden Veränderungen der Reinheitsgrade der Kupferkonzentrate vorbereitet? Werden an den Standorten ungleiche Reinheitsgrade von Kupferkonzentraten verarbeitet, z.B. in Bulgarien, die mit einem höheren Arsengehalt? Mit welchen Arsengehalten von Kupferkonzentraten wird in den kommenden Jahren an den Standorten in Hamburg und Pirdop zu rechnen sein? Für welchen Arsengehalt in den Kupferkonzentraten sind die Anlagen in Hamburg und Pirdop jeweils ausgelegt?
Durch die Empfehlungen der Kommission Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung der Bundesregierung (Kohlekommission), den Kohleausstieg bis spätestens 2038 zu vollziehen, steht auch der Strombezug der Aurubis aus dem von Vattenfall betriebenen Kohlekraftwerk Moorburg noch vor Laufzeitende 2040 vor dem Aus. Ist eine CO2-freie Stromqualität für den Anschlussbezug von Aurubis geplant?
Meine sehr geehrten Aktionärinnen und Aktionäre, ich komme zum Tagesordnungspunkt 4, Entlastung des Aufsichtsrat.
Wird es nicht Zeit, dass auf Grund der hohen Ertragsbeteiligung am Ergebnis der Aurubis AG, aber auch um ihren eigenen Diversifikationsanspruch nach Internationalität gerecht zu werden, dass Mitarbeiter aus dem bulgarischen Standort Pirdop in den Aufsichtsrat und Vorstand vorgeschlagen werden?
Den Mitgliedern des Aufsichtsrats wird die Entlastung verweigert. Unsere Begründung hierzu: Mitglieder des Aufsichtsrats haben es versäumt, den Vorstand der Aurubis AG anzuweisen, eine Nachhaltigkeitsberichterstattung mit Bezug auf die UN-Nachhaltigkeitsziele (SDG) zu etablieren. Dadurch hätte der Konzern schon Prozesse entwickeln können, mit denen Abhilfe bei den unter Gegenantrag TOP 3 erwähnten Missstände geschaffen worden wäre bzw. die genannten Praktiken hätten eingestellt werden können.
Keine Nachhaltigkeitsberichterstattung entlang der Sustainable Development Goals (SDG):
Viele Unternehmen haben damit begonnen, sich bei ihrer Nachhaltigkeitsberichterstattung an den 2015 von den Vereinten Nationen verabschiedeten 17 Nachhaltigkeitszielen (Sustainable Development Goals) zu orientieren. Bei Aurubis scheint es bisher nur rudimentäre Ansätze dafür zu geben. So haben im Rahmen der Nachhaltigkeitswoche 2018 Auszubildende von Aurubis u.a. über die Sustainable Development Goals diskutiert.
Appell an die gesellschaftliche Verantwortung von Unternehmen: Auch wenn eine SDG-Berichterstattung für Unternehmen nicht gesetzlich vorgeschrieben ist, gibt es gute Gründe, sie einzuführen und damit dem Appell der Vereinten Nationen und der Bundesregierung an die gesellschaftliche Verantwortung der Unternehmen zu folgen.
Die nationale Nachhaltigkeitsstrategie wird nur erfolgreich sein, wenn alle relevanten Gruppen ihren Beitrag leisten. Möglicherweise werden gesetzliche Regelungen in Zukunft auf die Sustainable Development Goals Bezug nehmen, damit Deutschland seine Umwelt-und Klimaziele erreicht. Immer mehr Investoren beziehen Nachhaltigkeitsaspekte in die Beurteilungen von Firmen mit ein, weil schädliche Umweltauswirkungen der Geschäftstätigkeit und intransparente Lieferketten Risiken darstellen.
Durch die Formulierung von Nachhaltigkeitszielen und eine an den SDGs ausgerichtete Nachhaltigkeitsberichterstattung können sich Unternehmen gegenüber Wettbewerbern, die keine nachhaltige Geschäftspolitik verfolgen, positiv abheben. Dies sollte aber nicht zu einem „SDG Washing“ verführen.
Meine sehr geehrten Aktionärinnen und Aktionäre, sehr geehrter Herr Vorstandsvorsitzender, sehr geehrter Herr Dr. Vahrenholt, ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.