BASF: Expansionspläne in China und spät angekündigter Russlandausstieg bei Wintershall Dea in der Kritik

  • Risiken uigurischer Zwangsarbeit zeigen Probleme bei China-Expansion
  • Auch bei Wintershall Dea scheint BASF nicht aus Fehlern lernen zu wollen  
  • Protest und Interventionen auf der BASF-Hauptversammlung

Anlässlich der morgigen Hauptversammlung der BASF prangern zahlreiche zivilgesellschaftliche Initiativen und Organisationen negative Auswirkungen der BASF-Geschäfte auf Klima, Umwelt und Menschenrechte an.

China: Völlig unzureichende Konsequenzen aus Zwangsarbeitsrisiken

Die katastrophale Menschenrechtslage in den Internierungslagern in der uigurischen Region in China ist hinreichend dokumentiert. In diesen werden Millionen von Uigur:innen und anderen Turkvölkern indoktriniert, gefoltert und vergewaltigt. Immer häufiger werden neben diesen Lagern Fabriken errichtet, in denen Inhaftierte zu billigen Löhnen Zwangsarbeit verrichten müssen. In dieser Region betreibt die BASF zwei Joint Ventures und kann für diese nicht glaubwürdig ausschließen, dass Menschenrechte verletzt werden und Unternehmen in der Lieferkette haben, die von uigurischer Zwangsarbeit profitieren. Dessen ungeachtet will BASF weiter in China expandieren.

Haiyuer Kuerban, Leiter des Berliner Büros des Weltkongress der Uiguren (WUC) fordert: „Die BASF hat nicht nur im Rahmen des Lieferkettengesetzes eine Verpflichtung, Präventionsmaßnahmen zu ergreifen, um gravierende Menschenrechtsverletzungen zu minimieren. BASF muss jetzt darlegen, wie der Konzern sicherstellen will, nicht zum Profiteur des Völkermords der chinesischen Regierung an den Uiguren zu werden.“

Wintershall Dea: Mitfinanzierung von Putins Angriffskrieg

Erst im Januar 2023 – damit fast ein Jahr nach dem völkerrechtswidrigen und brutalen Überfall Russlands auf die Ukraine – kündigte Wintershall Dea den Rückzug aus Russland an. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte Wintershall Dea in Russland bereits Hunderte Millionen an Steuern gezahlt[1] und die russische Öl- und Gasproduktion weiter an Gazprom verkauft[2]. Gazprom hat am Ende des Jahres aufgrund der rückwirkenden Oberpreise für Öl und Gas in Russland fast 2 Milliarden Euro von den russischen Konten Wintershall Deas übernommen[3]. Weiterhin gibt es mehrere Medienberichte in Spiegel und ZDF, dass Wintershall Dea über das an Gazprom verkaufte Gaskondensat in Treibstofflieferungen an das russische Militär verstrickt sein dürfte.[4]

Sonja Meister, Energie-Kampaignerin bei urgewald, kritisiert: „BASF trägt als Hauptanteilseigner einen großen Teil der Verantwortung für das Russland-Debakel bei Wintershall Dea. Bei einem frühzeitigen Rückzug aus Russland hätte die BASF-Tochter über die russische Öl- und Gasproduktion nicht indirekt fast ein Jahr lang den russischen Angriffskrieg finanziert. Auch die wahrscheinliche Verstrickung in Treibstofflieferungen an das russische Militär hätte so verhindert werden können. BASF hat über Jahre auf eine viel zu große Abhängigkeit von Russland und russischem Gas gesetzt, nicht nur bei Wintershall Dea. Der Konzern scheint aber nichts daraus gelernt zu haben und das Muster nun bei China zu wiederholen, trotz aller Hinweise auf mögliche Menschenrechtsverletzungen.“

Anastasiia Onufriv von Fridays for Future Ukraine fordert: „Zyklon B des BASF-Vorgängerkonzerns IG Farben sorgte im Zweiten Weltkrieg für die systematische Ermordung von weit mehr als einer Million Menschen, die meisten von ihnen Juden. Bis vor kurzem profitierte BASF von der Zusammenarbeit mit Faschisten – dieses Mal in Russland. Wir, Fridays For Future Ukraine, fordern, dass ihre Tochtergesellschaft Wintershall Dea sofort alle Vermögenswerte aus dem terroristischen Land abzieht und den gesamten in Russland erzielten Gewinn für den nachhaltigen Wiederaufbau der Ukraine spendet.“

Dividendenpolitik alles andere als nachhaltig

Angesichts von Gewinnrückgängen und Milliardenverluste durch Abschreibungen auf das Russlandgeschäft von Wintershall Dea ist es bemerkenswert, dass die BASF die Dividende gegenüber dem Vorjahr nicht reduziert.

Tilman Massa vom Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre kritisiert: „Die Dividendenpolitik der BASF schaut weder zurück noch nach vorne. Eine ernsthafte soziale und ökologische Transformation weg von fossilen Energieträgern erfordert deutlich mehr eigene Investitionen. Doch statt einem Zukunftsplan für grüne Energien und Kreislaufwirtschaft setzt die BASF einseitig auf einen Sparplan bei den Beschäftigten und schont die Aktionär:innen. Das ist alles andere als sozial verantwortlich.“

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Gegenanträge des Dachverbands der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre mit weiteren Kritikpunkten: https://www.kritischeaktionaere.de/basf/voellig-unzureichende-konsequenzen-aus-zwangsarbeitsrisiken-in-china-und-bei-wintershall-dea-unsere-gegenantraege/

Diskussionsveranstaltung „Der Tatort Welt und die BASF“, Mittwoch 26. April 2023, 19 Uhr
Ort: Ökumenisches Bildungszentrum sanctclara, B5 19, 68159 Mannheim – oder online. Anmeldung an dachverband[at]kritischeaktionaere.de
Alle Infos: https://www.kritischeaktionaere.de/basf/der-tatort-welt-und-die-basf/

Protestaktion und Interviews vor der Hauptversammlung
Am 27. April 2023 ab 8.30 Uhr vor dem Congress Center Rosengarten
etliche Organisationen werden ihre Kritik an verschiedenen Geschäftstätigkeiten der BASF äußern: https://www.kritischeaktionaere.de/basf/tatort-welt-und-die-basf/

Pressekontakte:

Haiyuer Kuerban, Weltkongress der Uiguren, kuerban[at]uyghurcongress.org, Mobil: 0176 80569329

Sonja Meister, urgewald, sonja.meister[at]urgewald.org, Mobil: 0176 64608515

Tilman Massa, Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre, dachverband[at]kritischeaktionaere.de, Telefon: 0221 599 56 47, Mobil: 0173 713 52 37


[1] https://wintershalldea.com/sites/default/files/media/files/Wintershall%20Dea%20Q3%202022%20Group%20Financial%20Statements.pdf, S.48

[2] https://wintershalldea.com/sites/default/files/media/files/Wintershall%20Dea%20Q1%202022%20Group%20Financial%20Statements.pdf, S. 7

[3] Siehe Interview Mario Mehren: https://www.nzz.ch/wirtschaft/wintershall-mario-mehren-ld.1727803

[4] https://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/wintershall-dea-ueberzeugt-dass-an-den-haenden-von-wintershall-ukrainisches-blut-klebt-a-49232609-1f91-440d-b0b7-f112392cfee8

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