Gegenantrag zu TOP 2, Beschlussfassung über die Verwendung des Bilanzgewinns
Der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre beantragt, die von Vorstand und Aufsichtsrat des BASF SE vorgeschlagene Verwendung des Bilanzgewinns zu ändern.
Begründung:
Während Vorstand und Aufsichtsrat vorschlagen, aus dem Bilanzgewinn des Geschäftsjahres 2015 der BASF SE in Höhe von 2.663.588.212,60 € eine Dividende von 2,90 € je gewinnbezugsberechtigte Aktie auszuschütten, verlangt der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre, vom Bilanzgewinn 8 Millionen Euro für Rückstellungen abzuziehen und die Dividende entsprechend zu kürzen.
Die Rückstellungen sind notwendig, um Zahlungen in einen Entschädigungsfonds für die Hinterbliebenen des Massakers von Marikana zu leisten. Näheres dazu geht aus den Ausführungen im Gegenantrag zu TOP 4 hervor.
Gegenantrag zu TOP 4, Beschlussfassung über die Entlastung der Mitglieder des Vorstands
Der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre beantragt, den Mitgliedern des Vorstands der BASF SE für das Geschäftsjahr 2015 keine Entlastung zu erteilen.
Begründung:
Der Vorstand kommt im Fall des britischen Bergbauunternehmens Lonmin, bei dem die BASF Hauptabnehmer von Platin ist, weiterhin seiner Verantwortung zur Sorgfaltspflicht in der Lieferkette nicht nach.
Bereits im letzten Jahr lieferten die Beweisaufnahmeverfahren im Nachfeld des Massakers von Marikana/Südafrika im Rahmen der staatlich eingesetzten Untersuchungskommission dichtes Beweismaterial für die Mitschuld von Lonmin am Tod von 44 Menschen im Zuge des Streiks im August 2012. Es zeigte sich auch, dass Entscheidungsträger von Lonmin sich fundamentaler Verfehlungen und Unterlassungen auf der Ebene sozialer und gesetzlich verbindlicher Verpflichtungen schuldig gemacht haben.
In seiner Rede bei der BASF-Hauptversammlung vom 30.04.2015 forderte Bischof Johannes Seoka, Repräsentant der MinenarbeiterInnen von Marikana, die BASF dazu auf, ihrer Verantwortung in der Lieferkette, zu der sich die BASF selbst verpflichtet, nachzukommen und konkret und rasch zu Verbesserungen der Lebensbedingungen der ArbeiterInnen und zur Einrichtung eines Entschädigungsfonds beizutragen.
Trotz der erdrückender Beweislage antwortete der Vorstandsvorsitzende der BASF, Kurt Bock, man könne die Lage „aus der Distanz schwer beurteilen“. Man müsse auf den Endbericht der Untersuchungskommission warten.
Dieser liegt nun seit Juni 2015 vor. Wenig überraschend bestätigt und erhärtet sich die Mitschuld Lonmins am Massaker. Konkret sind vier Ebenen anzusprechen:
- Lonmin ist verantwortlich für die inakzeptablen, teils menschenunwürdigen Lebens-, Arbeits- und Umweltbedingungen denen die ArbeiterInnen und ihre Familien seit Jahrzehnten ausgesetzt sind; die Mehrheit lebt in Slums ohne fließendes Wasser, Kanalisation, Strom und Anbindung an Gemeindeservice-Leistungen. Lonmin hat seine gesetzlichen Verpflichtungen gegenüber der Arbeiterschaft und der lokalen Bevölkerung wiederholt gebrochen. Von den seit 1999 versprochenen 5.500 neuen Häusern wurden nicht mehr als sechs gebaut – und das in Zeiten einer boomenden Platinindustrie. Solche leeren Versprechungen Lonmins führten zum Streik.
- Lonmin weigerte sich dabei konsequent, mit den Streikenden zu kommunizieren und beteiligte sich stattdessen politisch, logistisch und infrastrukturell an einem hochmilitarisierten Polizeieinsatz, der schlussendlich – bewiesenermaßen absehbar für Lonmin – zu den Morden am 16. August geführt hat.
- Lonmin zwang seine Arbeiter unter Androhung von Entlassungen, den Streik zu brechen, wohl wissend, dass das zu Zusammenstößen führen könnte – was dann auch Menschenleben forderte.
- Lonmin-Security-Angestellte sind für erste Gewalteskalationen und Schüsse auf Streikende verantwortlich, die von den Leitern der Beweisaufnahme als ungerechtfertigt eingestuft werden.
Mehr als dreieinhalb Jahre nach diesem größten Massaker an der Zivilbevölkerung Südafrikas seit dem Ende der Apartheid kommt Lonmin seiner Verantwortung gegenüber den Familien der getöteten und verletzten Minenarbeiter wie allgemein der Bevölkerung in Marikana nicht nach.
All diese nun belegten Vergehen von Lonmin brechen mit Grundsätzen der Unternehmensführung, für die die BASF als Gründungsmitglied des UN Global Compact einsteht. Die BASF verspricht, diese Grundsätze – z.B. Menschenrechte, Arbeitsnormen, soziale Nachhaltigkeit, Umweltverträglichkeit – auch von seinen Lieferanten einzufordern.
Um seine Glaubwürdigkeit nicht zu verlieren, sollte die BASF als Hauptabnehmer von Lonmin ihre Verantwortung beim Wort nehmen und Lonmin tatkräftig und finanziell bei Reparationszahlungen an die Familien der 44 im August 2012 getöteten Menschen sowie an die Verletzten unterstützen und sich an nachhaltigen Verbesserungen der Infrastruktur vor Ort beteiligen. Dies ist bisher nicht geschehen.
Die BASF hat ein Audit mit Lonmin durchführen lassen, das Verbesserungspotenzial in Umwelt- und Sicherheitsfragen (Betriebsfeuerwehr) festgestellt hat, andere Defizite habe Lonmin allerdings bereits abgearbeitet. Diese Einschätzung ist angesichts der aktuellen Lage der ArbeiterInnenschaft vor Ort wie auch der Hinterbliebenen falsch.
Die BASF SE sollte der Einladung von Bischof Johannes Seoka nachkommen und sich vor Ort selbst ein Bild von den Lebens-, Arbeits- und Umweltbedingungen rund um die Platinmine Marikana machen. Als erstes sichtbares Zeichen für eine konsequente Umsetzung ihrer Versprechungen und Planungen im Kontext ihrer „Verantwortung in der Lieferkette“ soll die BASF einen Fonds mit je 3 Million Rand für die im August 2012 umgekommenen 44 Personen einrichten und den unmittelbar Betroffenen übergeben (insg. 8 Millionen Euro). Angesichts der Einkaufssumme von BASF bei Lonmin (im Krisenjahr 2014: 450 Millionen Euro) ist dies ein geringer Betrag.
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