Verfehlte Klimaziele, unglaubwürdige Kontrolle: Unsere Gegenanträge

Zu Tagesordnungspunkt 2: Beschlussfassung über die Verwendung des Bilanzgewinns

Der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre beantragt, die von der Verwaltung vorgeschlagene Verwendung des Bilanzgewinns abzulehnen.

Begründung:

Es passt nicht zusammen: BASF wiederholt die Rekord-Dividende vom Vorjahr, während weltweit weiter Stellen abgebaut werden sollen, selbst am Stammsitz in Ludwigshafen. Deutlich mehr Anteile des Bilanzgewinns sollten für eine zukunftsorientierte und gleichzeitig sozial gerechte Neuausrichtung der BASF ohne Stellenabbau genutzt werden. Während die Beschäftigten und ganze Gesellschaften die Lasten der Corona-Pandemie tragen müssen, privatisiert BASF sogar die dadurch entstandenen Gewinne.

So war die BASF in Großbritannien die größte Empfängerin von staatlichen Notfallfinanzierungen für Unternehmen, um besser durch die Corona-Pandemie zu kommen. BASF hat 2020 auch von der Kurzarbeit an insgesamt vier Standorten in Deutschland profitiert. Das Kurzarbeitergeld ist derzeit de facto steuerfinanziert und ist daher nicht mehr eine reine Versicherungsleistung, sondern eine weitere Unternehmenshilfe in der Corona-Krise.

Bei der Kurzarbeit wurden nicht nur die Leistungen erhöht, sondern zum Beispiel auch die Arbeitgeber-Sozialabgaben erstattet. Aufgrund der hohen Nachfrage musste die Bundesregierung erhebliche Liquiditätshilfen für die Bundesagentur für Arbeit bereitstellen. Bevor BASF also den Gewinn großzügig ausschüttet, sollte zuerst die Summe an den Staat zurückgezahlt werden, die BASF durch Kurzarbeit einsparen konnte. Ansonsten dienen die Steuergelder, die eigentlich Beschäftigung sichern sollten, auch zur Finanzierung der vorgeschlagenen Dividende.

Zu Tagesordnungspunkt 3: Entlastung der Mitglieder des Aufsichtsrats

Der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre beantragt, die Mitglieder des Aufsichtsrats für das Geschäftsjahr 2020 nicht zu entlasten.

Begründung:

Der Aufsichtsrat kann seiner Aufgabe als Kontrollorgan des Vorstands derzeit nicht glaubwürdig gerecht werden, um die Neuausrichtung der BASF sozial und ökologisch gerecht mitzugestalten. Insbesondere gegenüber dem neuen Aufsichtsratsvorsitzendem Dr. Kurt Bock bestehen in weiteren Teilen des Aktionariats deutliche Vorbehalte, die durch den Vorstand begonnene Neuausrichtung des Konzerns kritisch und unabhängig kontrollieren zu können. Während der Aufsichtsrat letztes Jahr von der Hauptversammlung mit mehr als 98 Prozent entlastet wurde, stimmte fast ein Drittel gegen die Wahl von Bock in den Aufsichtsrat. Schon im Vorfeld hatten etliche Fondsgesellschaften ihren Unmut über die Personalie geäußert.

Kontrolle der menschenrechtlichen Sorgfalt bei BASF unglaubwürdig

Im Bereich des nachhaltigen Lieferkettenmanagements lässt sich das Problem veranschaulichen. Kurt Bock war zeit seiner Tätigkeit als BASF-Vorstandsvorsitzender beredter Lobbyist gegen die gesetzliche Regelung menschenrechtlicher Sorgfaltspflichten für Unternehmen und sprach sich gegen Initiativen zur Reduktion von Treibhausgasemissionen aus. Unter Bocks Führung kletterte die BASF in der Rangliste jener Unternehmen, die eine effiziente Klimapolitik am stärksten durch Lobbydruck bekämpfen, immer weiter nach oben.

Deutlich wurde das etwa bei Bocks Kommentaren zum Massaker von Marikana, das sich am 16. August 2012 in der südafrikanischen Platinmine von Lonmin, dem größten Platinlieferanten von BASF, ereignete. 34 Minenarbeiter, die für bessere Arbeits- und Lebensbedingungen streikten, wurden von der Polizei erschossen, viele von ihnen auf der Flucht, in den Rücken. Vor den Witwen der ermordeten Minenarbeiter, die 2016 bei der Aktionärsversammlung von BASF um Gehör baten, bagatellisierte Bock die bewiesene Mitschuld Lonmins am Massaker und drohte mit einer Politik der verbrannten Erde – sich gänzlich und ohne Verantwortung zu übernehmen aus Südafrika zurückzuziehen. Auch die anfängliche Ignoranz von in Verantwortung stehenden Personen wie Kurt Bock hat dafür gesorgt, dass die Umstände des Massakers bis heute nicht vollständig geklärt werden konnten.

Weiterhin leben jene Bergleute, die für BASF eines der wertvollsten Metalle der Welt aus dem Boden schürfen, mit ihren Familien in Wellblechhüttenslums ohne Strom und fließendes Wasser. Der von BASF mitgetragene Platin-Lobbyverein „International Platinum Group Metals Association“ (IPA), ein Greenwashing-Netzwerk ohne zivilgesellschaftliche Beteiligung, versucht, dies zu verschleiern. Bock versäumte es, ein Risikomanagement zu etablieren, das auf Missstände bei seinen Lieferanten effizient reagieren kann. Marikana ist dafür nur ein Beispiel.

Es ist nicht nachvollziehbar, wie nun ausgerechnet Kurt Bock die Bemühungen des aktuellen Vorstands der BASF, den eigenen menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten gerecht zu werden, unabhängig und kritisch bewerten könnte, ohne eigene Versäumnisse einzugestehen.

Durch das bereits vom Bundeskabinett verabschiedete Sorgfaltspflichtengesetz ist es nun für BASF wichtiger denn je, ein funktionierendes System zur systematischen Analyse von Menschenrechtsrisiken in den eigenen Lieferketten vorweisen zu können. Sollte BASF hier nicht hinreichend Menschenrechtsverletzungen identifizieren und auch proaktiv entgegenwirken können, drohen Strafzahlungen oder auch der Ausschluss von der Vergabe öffentlicher Aufträge.

Doch noch immer scheint BASF massive Probleme zu haben, bestehende Missstände selbst bei direkten Zulieferern überhaupt identifizieren zu können, wie das Beispiel Nornickel zeigt.

Nornickel: Umstrittener Geschäftspartner mit katastrophaler Umweltbilanz

Ende 2020 forderten indigene Gruppen aus Russland und zivilgesellschaftliche Organisationen aus der ganzen Welt BASF dazu auf, die Geschäftsbeziehungen mit dem Rohstofflieferanten Nornickel solange zu beenden, bis dessen eklatante Missachtung indigener Rechte und Umweltschutzauflagen ein Ende hat. Doch BASF reagierte zunächst derart zurückhaltend, dass der Eindruck erweckt wurde, man habe sich noch nicht ernsthaft mit den Missständen bei Nornickel auseinandergesetzt, obwohl BASF und Nornickel 2019 eine strategische Kooperation in Bezug auf Batteriematerialien für Elektrofahrzeugen eingegangen waren. Im Mai 2020 sorgte Nornickel für die größte Ölkatastrophe der Arktis, als 21.000 Tonnen Diesel aus einem Kraftwerkstank ausliefen.

Erst nach einer weiteren Aufforderung der indigenen Gruppen und zivilgesellschaftlichen Organisationen an BASF, den eigenen Ansprüchen gerecht zu werden, ließ der Konzern verlauten, auf Nornickel einzuwirken, um die Defizite im Menschenrechts- und Umweltschutz zu beheben. Sollte BASF selbst bei direkten Geschäftspartnern wie Nornickel in Zukunft nicht eigenständig, transparent und nachvollziehbar gegen solche Missstände aktiv werden, werden die Anforderungen des Sorgfaltspflichtengesetzes nicht erfüllt werden können.

Zu Tagesordnungspunkt 4: Entlastung der Mitglieder des Vorstands

Der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre beantragt, die Mitglieder des Vorstands für das Geschäftsjahr 2020 nicht zu entlasten.

Begründung:

Die vom Vorstand angekündigten Klimaschutzmaßnahmen werden dem Pariser Klimaschutzabkommen nicht gerecht. Es braucht dringend einen konkreten Fahrplan zur Reduktion der eigenen Treibhausgasemissionen, der dem 1,5-Grad-Ziel des Pariser Klimaschutzabkommens entspricht. Entscheidend ist dafür auch eine zügige Minderung der CO2-Emissionen, die in der gesamten Wertschöpfungskette der BASF entstehen (Scope 3).

Neue Klimaziele, alte Probleme

Endlich hat BASF Ende März 2021 eine neues Klimaziel bekanntgegeben und möchte ab 2050 klimaneutral sein. Doch die eigentlichen Probleme von BASF beim Klimaschutz sind damit nicht gelöst. Während selbst große Energie- und Industriekonzerne bis 2030 klimaneutral wirtschaften wollen, strebt BASF bis dahin nur eine CO2-Einsparung von mageren 25 Prozent gegenüber den Emissionen von 2018. Dies gilt auch nur für die direkten Treibhausgasemissionen (Scope 1 und 2) und verdeutlicht, dass BASF es nicht schafft, die eigenen Wachstumsziele vor allem in China mit effektivem Klimaschutz zu vereinen.

Die neuen Klimaziele sind selbst dann wenig ambitioniert, wenn die spezifischen Herausforderungen der Chemiebranche beim Klimaschutz fairerweise beachtet werden. Die großen Reduktionsbemühungen werden schlicht undefiniert auf die 2030er und 2040er Jahre verschoben. Zudem wird kein Wort darüber verloren, in welchem Umfang die Emissionen der eigenen Wertschöpfungskette (Scope 3) reduziert werden. Dabei ist gerade hier der größte Klimaschaden durch BASF zu verorten. Die Scope-3-Emissionen betrugen 2020 rund 92 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente – mehr als das Vierfache des Scope 1 und 2.

Die Aussagen von Dr. Martin Brudermüller, „mit Transparenz und Angeboten zur gezielten schrittweisen Reduktion des CO2-Fußabdrucks von BASF-Produkten entlang der gesamten Wertschöpfungskette“ die Kunden der BASF dabei zu unterstützen, ihren jeweiligen CO2-Fußabdruck zu reduzieren, werden somit unglaubwürdig, wenn genau dazu noch nicht einmal konkrete Reduktionsziele verfolgt werden. Die weitere Aussage des Vorstandschefs, dass es beim Klimaschutz „zunächst auf die ersten Meter der Wegstrecke und nicht auf die letzten“ ankomme, wirken daher alles andere als ernst gemeint.

Direkte Treibhausgasemissionen steigen, bisheriges Klimaziel verfehlt

Während andere Industriekonzerne ihre klimaschädlichen Emissionen reduzieren, steigen bei BASF selbst in der Corona-Pandemie die direkten Treibhausgasemissionen. Gegenüber 2019 stiegen sie 2020 um 3,5 Prozent auf 20,8 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente (Scope 1 und 2).

Ursprünglich hatte sich die BASF das Klimaziel gesetzt, die eigenen Treibhausgasemissionen je Tonne Verkaufsprodukt bis 2020 um 40 Prozent im Vergleich zu 2002 zu reduzieren. Mit der letzten Erhöhung, die vor allem auf den jüngsten Erwerb des CO2-intensiven Polyamidgeschäfts von Solvay zurückzuführen ist, konnte dieses Ziel nun definitiv nicht erreicht werden. Doch statt dies im Geschäftsbericht transparent zu machen, wurde nun einfach 1990 als Vergleichsjahr gewählt und die CO2-Reduzierungen seitdem selbstlobend hervorgehoben. So lässt sich kein Vertrauen aufbauen, dass BASF die neuen Klimaziele ernst nimmt.

Während BASF dazu vor allem die neuen Technologien und die Bedeutung der Chemie für die Ermöglichung einer klimaneutralen Wirtschaft heraushebt, so kann dies doch nicht über die weiterhin massive, fatale Abhängigkeit des eigenen Geschäftsmodells von klimaschädlicher Produktion hinwegtäuschen.

Wintershall Dea: Börsengang als Greenwashing

Noch dieses Jahr will BASF die Wintershall Dea an die Börse bringen. Allein diese Öl- und Gasbeteiligung hatte der BASF im zweiten Quartal 2020 einen Verlust beschwert. Doch auch als zukünftiger Mehrheitsaktionär wird sich die BASF nicht von den Skandalen und Risiken der fossilen Geschäftstätigkeit loslösen können. Wintershall Dea wirbt weiter für die umstrittene wie klimaschädliche Ostseepipeline North Stream 2 und beteiligt sich an der Ausbeutung des per Fracking gewonnenen Gas-Großvorkommens Vaca Muerta in Argentinien.

Doppelte Standards beim Pestizidverkauf

BASF vertreibt in Ländern des globalen Südens hoch gefährliche Pestizide, die in der EU nicht genehmigt sind. Dass BASF niedrigere Gesundheitsschutzstandards akzeptiert, trägt auch dazu bei, dass sich fast alle Todesfälle aufgrund von Pestizidvergiftungen in Afrika, Asien und Lateinamerika ereignen. BASF muss endlich weltweit einheitliche Gesundheitsschutzstandards einführen und eigenständig hoch gefährliche Pestizide aus dem globalen Produktportfolio nehmen.

Selbst bei nicht hoch gefährlichen Pestiziden muss BASF dringend mehr Anstrengungen unternehmen, um sicherzustellen, dass diese auch in der Praxis korrekt eingesetzt werden. Plantagenarbeiter*innen sowie Bäuerinnen und Bauern wenden Pestizide häufig ohne die nötigen Trainings, Vorsichtsmaßnahmen und ohne Schutzkleidung an und riskieren dabei unnötigerweise ihre Gesundheit.

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