Die genannten Zahlen wurden auf Nachfrage des dib bei der Jahreshauptversammlung vom Vorstand von Bilfinger bereitgestellt. Der deutsche ingenieurinnenbund (dib e.V.) befragte den Vorstand von Bilfinger nach Daten & Fakten zum Frauenanteil generell und zum Anteil von Frauen mit Ingenieurs-Qualifikation mit Führungsverantwortung im Unternehmen Bilfinger. Die Aktion erfolgt im Rahmen des Projektes „Aktionärinnen fordern Gleichberechtigung“.
Leider hat Bilfinger (wie bereits in den Vorjahren) nach eigenen Aussagen nicht die Möglichkeit, berufsgruppen-spezifische Aussagen zu machen. Sämtliche Fragen in Bezug auf Ingenieurinnen wurden daher konsequent nicht beantwortet. Dies ist verwunderlich, da alle anderen befragten Konzerne diese Möglichkeit besitzen und davon Gebrauch machen. “Wo ein Wille ist, ist ein Weg” – will Bilfinger also nicht?
Die Interpretation der gelieferten Zahlen ist schnell gemacht, da praktisch nichts Konkretes geliefert wurde. Nur da, wo es gesetzliche Vorgaben zum Frauenanteil gibt (Aufsichtsräte 30% und ab 2023 im Vorstand 30%) werden diese auch erfüllt. Darüberhinaus wird die Unterrepräsentanz von Frauen zwar eingestanden, aber es werden keine wirksamen Maßnahmen ab- und eingeleitet. Die in den Antworten genannten Mentoringprogramme scheinen nicht die Absicht zu haben, eine Änderung des Status Quo herbeizuführen, da keine messbaren Ziele formuliert werden. Auf Nachfrage nach dem Frauenanteil in “Executive Führungstrainingsprogrammen” nannte Bilfinger einen Frauenanteil von 6%. Viel eindeutiger kann ein Unternehmen sein Desinteresse an dem Thema nicht ausdrücken.
Umorganisationen, Ausgliederungen und Neuausrichtungen haben stattdessen zu einer Verringerung des Frauenanteils insgesamt in den letzten Jahren und in den Führungsebenen geführt. Besonders deutlich ist diese Verringerung in der zweiten Führungsebene ausgefallen: die Ziele wurden von 23% auf 10% herabgesetzt.
Es stellen sich daher viele Fragen:
- Wieso nutzt Bilfinger das Potential an Führungskräften unter der gesamten Belegschaft nicht besser, obwohl wissenschaftliche Untersuchungen mittlerweile belegen, dass eine ausgewogene Mischung von männlichen und weiblichen Führungskräften die Effizienz von Unternehmen signifikant steigert?
- Warum lässt das Unternehmen Bilfinger zu, dass eine vorwiegend männliche Führungsriege den überfälligen Kulturwandel zu einem modernen, diversen, offenen, globalen Unternehmen gegen jede Ratio blockiert?
- Wie begründet Bilfinger die gleichbleibende und von anderen Unternehmen bereits widerlegte Aussage, dass eine Auswertung nach Berufsgruppen nicht möglich ist? Was soll verborgen werden?
- Wie ist es zu erklären, dass Bilfinger offenbar kein Interesse daran hat, Kennzahlen zu Ingenieuren/innen zu erfassen, obwohl gerade in technischen Bereichen ein extremer Fachkräftemangel herrscht?
Steckbrief Bilfinger 2021 | ||
---|---|---|
Mitarbeiter total | 28.893 | |
davon weiblich | 11 % | |
Studierte Ingenieurinnen und Ingenieure absolut ** | Keine Angabe | Keine Angabe nach Berufsgruppen |
davon weiblich absolut | Keine Angabe | “” |
davon weiblich % | Keine Angabe | “” |
Studierte Ingenieurinnen und Ingenieure in Führungspositionen absolut | Keine Angabe | “” |
davon weiblich absolut | Keine Angabe | “” |
davon weiblich % | Keine Angabe | “” |
Anteil studierte Ingenieurinnen in der obersten Stufe im Tarif / im untersten Management/ im oberen Management/ im Topmanagement | Keine Angabe | “” |
Besetzung Aufsichtsrat mit Frauen | 42 % [30 %] 5 weibliche Mitglieder | Die Angaben in eckiger Klammer sind die gesetzlichen Zielvorgaben oder die selbstgesetzten und im Geschäftsbericht veröffentlichten Ziele. |
Besetzung des Vorstandes mit Frauen | 33 % [30 %] 1 Frau, in einem 3-köpfigen Gremium | Stichdatum 21.12.21 |
Besetzung von Führungsebenen mit Frauen | 13 % (Führungsebene 1 bis 3) | Alle Qualifikationen und Berufsgruppen |
Besetzung der Führungsebene 1 mit Frauen | 8 % [Ziel war 10 %] | aus dem Geschäftsbericht zum Stichtag 31.12.2020 |
Besetzung der Führungsebene 2 mit Frauen | 5 % [ Ziel war 23 %] | aus dem Geschäftsbericht zum Stichtag 31.12.2020 |
Der Vollständigkeit halber sollen nachfolgend die selbstgesetzten und veröffentlichten Ziele der Gruppengesellschaften mit mehr als 500 Mitarbeiter*innen wiedergegeben werden. Sie zeigen leider die gleiche Handschrift und vervollständigen das traurige Gesamtbild.
Anteil Frauen in | Arnholdt [%]*1 | BET [%]*2 | BEM [%]*3 | EMS [%]*4 |
Geschäfts- führung | 0 [0 ] {0 } | 0 [0] {k.A.}*5 | 0 [0] {0} | 0 {0} |
Führungsebene 1 | 9 [9] {11} | 15 [15] {k.A.} | 13 [9] {21} | 0 {0} |
Führungsebene 2 | 0 [0] {0} | 13 [20] {0} | 12 [8] {14} | 14 {14} |
Die Angaben in eckiger Klammer sind die gesetzlichen Zielvorgaben oder die selbstgesetzten und im Geschäftsbericht veröffentlichten Ziele für das Jahr 2020. Die Angaben in geschweiften Klammern geben die Ziele für 2023 wieder.
*1 Quelle: http://www.arnholdt.bilfinger.com/karriere/chancengleichheit/
*2 Quelle: http://www.bet.bilfinger.com/karriere/diversity/
*3 Quelle: https://bem.bilfinger.com/karriere/chancengleichheit/
*4 Quelle: https://www.ems.bilfinger.com/karriere/chancengleichheit/
*5 k.A. steht für keine Angabe.
Veröffentlichung des deutschen ingenieurinnenbund e.V. (dib) in Zusammenarbeit mit dem Dachverband Kritische Aktionärinnen und Aktionäre
Projektbeschreibung: Auftritt bei Hauptversammlungen mit Fragenkatalog zu Frauen und Ingenieurinnen in Führungspositionen.
Ziel: Der dib e.V. hat das Ziel den Anteil von Frauen in den technischen Bereichen von Wissenschaft, Privatwirtschaft und Behörden zu erhöhen – nach dem Motto „Ohne Frauen fehlt der Technik was“. Aktionärinnen des dib e.V. besuchen seit mehreren Jahren die Hauptversammlungen von technologieorientierten Unternehmen und stellen dort Fragen zum Frauenanteil in Aufsichtsrat, Vorstand, oberen Führungsebenen und zu Ingenieurinnen auf Arbeitsebene und Führung.
Zielgruppe: Zielgruppe sind DAX Konzerne mit technologischem Schwerpunkt.
Dr.-Ing. Dagmar Ludewig und Dipl.-Math. Cornelia Reitberger