Was sind Ihre konkreten Ziele für Ihre neue Rüstungsrichtlinie? Unsere Fragen an den Vorstand der Commerzbank

Klimaschutz und Ausschluss fossiler Energien

Die Commerzbank hat im Dezember 2021 eine neue Richtlinie für fossile Brennstoffe verabschiedet, die seit dem 1. Januar in Kraft ist. Grundsätzlich ist die positiv: Als erste große konventionelle Bank in Deutschland bekennt sich die Commerzbank zum Kohleausstieg 2030. Zudem legt sie auch die ersten ernsthafteren Ausschlusskriterien für Öl & Gas vor.

Um rechtzeitig „Coal-Zero“ bis 2030 zu erreichen, reicht die bisherige Richtlinie aber noch nicht. Auch sind fossile Expansionen weiterhin möglich. So vergibt die Commerzbank die Chance, ihr Portfolio jetzt konsequent auf einen 1,5 °C-kompatiblen Kurs entsprechend des Pariser Klimaschutzabkommens zu bringen.

  1. Bestandskunden der Commerzbank dürfen bis Ende 2025 weiterhin ihre Kohlekraftwerke und -minen expandieren. Planen Sie hier, ihre Richtlinie noch nachzubessern oder werden Sie mit den entsprechenden Bestandskunden klären, ob es eventuell Alternativen zu den Expansionsvorhaben gibt und diese stärker einfordern?
  2. Wie viele Unternehmen werden Ihnen bis wann einen Kohleausstiegsplan vorlegen müssen?
  3. Wie begleitet die Commerzbank ihre Kunden beim Kohleausstieg?
  4. Ab wann muss jeder Unternehmenskunde der Commerzbank komplett kohlefrei sein?
  5. Ein grundsätzliches Manko der Richtlinie bleibt, dass sie bei den Tochterunternehmen der Commerzbank keine Anwendung findet. Die polnische Tochter MBank will Kohlefirmen weiterhin finanzieren. Planen Sie, Ihre neuen Richtlinien auch auf Ihre Tochterunternehmen auszuweiten? Wenn nicht, warum?
  6. Die neuen Regelungen im Öl- und Gasbereich gelten nur für neue Geschäftsbeziehungen, sprich Neukunden. Wieso gibt es keine Vorgaben für Bestandskunden bzw. falls es solche geben sollte, wie sehen diese genau aus, jenseits der „regelmäßigen Prüfung auf Umwelt- und Sozialaspekte“?
  7. Wäre auch ein Ausschluss von (neuen) Öl- und Gasprojekten bei bestehenden Geschäftsbeziehungen möglich?
  8. Es können leider weiterhin neue Gaskraftwerke und sogar Dual-Fuel Plants sowie Pipelines und LNG-Infrastruktur im Rahmen von Projektfinanzierungen, nach Einzelfallprüfung, finanziert werden. Planen Sie hier, Ihre Richtlinie noch nachzubessern?
  9. Werden Sie einen Transformationsplan für einen effektiven und vollständigen Ausstieg aus fossilen Energien von Ihren entsprechenden Firmenkunden einfordern?

Diese Frage wird im Namen von ShareAction gestellt:

Es ist sehr ermutigend, dass die Commerzbank zu Beginn dieses Jahres ihre Energie-Richtlinien deutlich aktualisiert hat. Wir möchten der Bank dazu gratulieren, dass sie zu den ersten gehört, die neue Geschäftsbeziehungen mit Kunden mit Expansionsplänen im Öl- und Gassektor ausschließt. 

Nach der Veröffentlichung des jüngsten IPCC-Berichts im April erklärte der UN-Generalsekretär Antonio Guterres, dass „Investitionen in neue Infrastrukturen für fossile Brennstoffe moralischer und wirtschaftlicher Wahnsinn sind. Solche Investitionen werden bald gestrandete Vermögenswerte (stranded assets) sein, ein Schandfleck in der Landschaft und ein Makel in den Anlageportfolios.“

Selbst mit den Aktualisierungen der Commerzbank-Richtlinien bleiben Schlupflöcher bestehen, die dazu führen könnten, dass Sie weiterhin konventionelle und unkonventionelle Öl- und Gasförderaktivitäten finanzieren. 

  1. Wird die Commerzbank in Erwägung ziehen, sich an der führenden Praxis in diesem Sektor zu orientieren und ihre Politik bzw. Richtlinien sowohl auf bestehende als auch auf neue Kunden anzuwenden? Und wird sie neben den Upstream-Aktivitäten auch Midstream-Aktivitäten einbeziehen? Bitte begründen Sie Ihre Antwort.

Menschenrechtliche Sorgfaltspflichten

  1. Halten Sie es wirklich für vertretbar, an Unternehmen festzuhalten, die in völkerrechtswidrige Kriegshandlungen verstrickt sind, wie aktuell etwa im Jemen? Z.B. sind Rheinmetall, Airbus und BAE Systems regelmäßige Kunden der Commerzbank; alle drei Unternehmen sind mit dem Vorwurf von Waffenlieferungen an Konfliktparteien im Jemenkrieg konfrontiert. Bitte nehmen Sie Stellung.
  2. Ab nächstem Jahr müssen Sie gemäß Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) vorbeugend gegen menschenrechtliche Verstöße im Rahmen Ihrer Auslandsgeschäfte bzw. bei Ihren Zulieferern vorgehen. Was haben Sie konkret dazu an Ihren bisherigen Aktivitäten zur Erfüllung Ihrer menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten geändert?
  3. Inwieweit sehen Sie die Anforderungen und Pflichten des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes (LkSG) auf Ihre Tätigkeiten bei Krediten und Anleihen für Unternehmen sowie in der Kapitalanlage zutreffen?
  4. Die EU-Kommission hat einen Entwurf für ein EU-Lieferkettengesetz vorgestellt, das europaweit verpflichtende Menschenrechts- und Umweltstandards für Unternehmen schaffen soll. Wie ist Ihre Position zu diesem Gesetzentwurf; welche Regeln finden Sie sinnvoll und welche Kritikpunkte haben Sie?

Fragen zu umweltbezogenen und menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten und Geschäftsbeziehungen mit Nornickel

Im Mai 2020 sorgte der russische Konzern Nornickel (Norilsk Nickel) für die größte Ölkatastrophe der Arktis, als 21.000 Tonnen Diesel aus einem Kraftwerkstank ausliefen. Dies ist aber nur ein Fall in einer Reihe von Umweltkatastrophen und Missachtung indigener Rechte durch Nornickel. Nach Informationen des Finanzdatenanalysten Profundo gewährte die Commerzbank Nornickel zwischen Januar 2019 und Juni 2020 Kredite in Höhe von 334 Millionen Dollar. Nun könnte auch Nornickel von Sanktionen aufgrund des Angriffskriegs Russlands gegen die Ukraine sein.

15. Welche Risiken waren der Commerzbank vor Beginn der Geschäftsbeziehungen mit Nornickel bekannt?

16. Welche Argumentation gab der Commerzbank das Vertrauen, dass Nornickel ein vertrauenswürdiges Unternehmen ist?

17. Welche konkreten Maßnahmen und Recherchen hat die Commerzbank durchgeführt, da Nornickel in einem ökologisch sensiblen Gebiet und in einer Region tätig ist, in der indigene Völker leben?

18. Welche Maßnahmen hat die Commerzbnak nach den katastrophalen Umwelt- und Menschenrechtsauswirkungen der Aktivitäten von Nornickel in der Arktis ergriffen, um auf Nornickel einzuwirken, die Auswirkungen zu mildern und weitere Umweltschäden und Menschenrechtsverletzungen vor Ort zu verhindern?

19. Wie ist die aktuelle Geschäftsbeziehung der Commerzbank zu Nornickel? Haben Sie auch 2021 Kredite an Nornickel vergeben? Bitte nennen Sie, falls vorhanden, auch aktuelle und geplante Kredite sowie Aktienbesitz.

20. Wenn die Commerzbank die Geschäftsbeziehung mit Nornickel fortsetzt, was ist die Begründung dafür und ist sie mit Auflagen an Nornickel verbunden? Falls ja, wie sehen diese Auflagen aus?

Rüstungsrichtlinie und Rüstungsfinanzierung

  1. Herr Knof, Sie sprechen in Ihrer Rede davon, dass die Commerzbank in diesem Jahr turnusgemäß die aktuelle Rüstungsrichtlinie überarbeiten möchte. Was sind Ihre konkreten Ziele für diese Richtlinie? Welche Leerstellen haben Sie bei der aktuellen Richtlinie ausgemacht?
  2. Die aktuelle Rüstungsrichtlinie sieht vor, keine direkten kommerziellen Transaktionen in Krisen- und Spannungsgebiete zu begleiten. Inwiefern planen Sie, künftig auch Unternehmen auszuschließen, zu deren Geschäftspraxis es auch gehört, Autokraten aufzurüsten, selbst wenn diese in völkerrechtswidrige Angriffskriege verstrickt sind? Als Beispiel könnte man hier den Commerzbank-Kunden Rheinmetall nennen, der nach Annexion der Krim 2014 noch darauf geklagt hat, ein Gefechtsübungszentrum nach Russland ausliefern zu dürfen, mit dem dann jährlich 30.000 Soldaten ausgebildet worden wären.
  3. Verändert der aktuelle Krieg in der Ukraine die Sichtweise der Commerzbank auf kommerzielle Rüstungsgeschäfte in Krisen- und Spannungsgebiete? Wenn ja, inwiefern?
  4. Die Rüstungsindustrie und hier v.a. auch der Bundesverband der Deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie e.V. (BDSV) setzt sich aktiv dafür ein, dass die Rüstungsindustrie als „nachhaltiger Wirtschaftszweig“ in die Sozialtaxonomie der EU aufgenommen wird. Viele Finanzdienstleister bewerten dies skeptisch, da Rüstungskonzerne ihre Güter auch in Krisen- und Spannungsgebiete liefern und sie dort vielfach zu Menschenrechtsverletzungen beitragen. Außerdem halten Waffen oft länger als die meisten Regierungen und geraten dabei vielfach in die „falschen“ Hände. Wie ist die Position der Commerzbank dazu?
  5. Herr Knof, Sie sagen, dass Sie das Volumen nachhaltiger Finanzprodukte in diesem Jahr weiter steigern wollen. Inwiefern halten Sie dabei am aktuellen Status Quo, Rüstungsunternehmen auszuschließen, fest?

Virtuelle Hauptversammlung

  1. Die Bundesregierung hat Ende April den Entwurf für ein Gesetz zur Einführung virtueller Hauptversammlungen vorgelegt (https://www.bmj.de/SharedDocs/Gesetzgebungsverfahren/Dokumente/RegE_virtuelle_Hauptversammlung.pdf;jsessionid=D7BE375DE618CE402EDB3A0041D95E95.2_cid334?__blob=publicationFile&v=2). Wie sind die bisherigen Erfahrungen der Commerzbank mit virtuellen Hauptversammlungen? Wie bewerten Sie den aktuellen Gesetzesentwurf? Werden Sie unter diesen Bedingungen, bei Zustimmung der Aktionär*innen, Ihre Hauptversammlungen künftig weiter digital abhalten oder tendieren Sie eher dazu zum Präsenzmodell zurückzukehren?

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