Weiterhin Finanzierung für Ausbau fossiler Energien: Unsere Gegenanträge

Zu Tagesordnungspunkt 3: Entlastung der Mitglieder des Vorstands

Der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre beantragt, die Mitglieder des Vorstands nicht zu entlasten.

Begründung:

Der Vorstand der Commerzbank AG wird seinem eigenen Bekenntnis zur Einhaltung der UN-Ziele zu Nachhaltiger Entwicklung und Sustainable Finance nicht gerecht. Er bleibt auch weit hinter seinen Möglichkeiten zurück, einen wirksamen Beitrag zum Erreichen der Ziele des Pariser Klimaschutzabkommens und zu leisten.

Kohle-, Öl- und Gasrichtlinien verschonen Bestandskunden an vielen Stellen

Die Commerzbank hat ihre Kohlerichtlinie angepasst und gerade für Neukunden begrüßenswerte Ausschlusskriterien eingeführt. So sind Neukunden, die neue Projekte im Kohlebereich planen, und Neukunden mit einem Kohleanteil von über 20 Prozent Kohleanteil am Umsatz oder der Stromerzeugung seit Anfang 2022 von der Finanzierung ausgeschlossen. Die Commerzbank verpasste im letzten Jahr aber die Chance, die Regeln mit sofortiger Wirkung auf Bestandskunden auszuweiten und so ihre Kohlerichtlinie tatsächlich auf einen 1,5°C-kompatiblen Pfad entsprechend des Pariser Klimaschutzabkommens zu bringen. Erst 2025 sollen Kohleentwickler aus dem Bestand ausgeschlossen werden. Ebenfalls erst ab 2025 müssen Bestandskunden mit mehr als 20 Prozent Kohleanteil am Umsatz oder der Stromerzeugung einen Kohleausstiegsplan bis 2030 vorlegen.

Auch bei ihrer Öl- und Gasrichtlinie verpasste es die Commerzbank 2022, 1,5°C-kompatibel nachzuschärfen. Im Bereich der Projektfinanzierungen sind die Ausschlüsse von neuen und bestehenden Öl- und Gasförderprojekten und neuen Ölkraftwerken positiv zu bewerten. Jedoch fehlen konsequente Ausschlüsse von Öl- und Gasinfrastruktur wie Flüssiggas-Terminals und Ölpipelines sowie von Gaskraftwerken. Auch im Öl- und Gasbereich sind lediglich Neukunden, die neue Projekte planen, von der Finanzierung ausgeschlossen. Für Bestandskunden gibt es keinerlei Unternehmensausschlüsse, weder für Öl- und Gasunternehmen auf Expansionskurs, noch für Unternehmen ohne 1,5°C-kompatiblen Transformationsplan.

Fossile Finanzierung und Investitionen anhaltend hoch

Dass die Richtlinien zu fossilen Richtlinien unzureichend sind, zeigen auch die Recherchen des NGO-Berichts „Banking on Climate Chaos“. Dort gehört die Commerzbank auch 2022 weiter zu den weltweit 60 größten fossilen Finanzierern. Mit 1,16 Mrd. USD fossilen Finanzdienstleistungen belegt sie 2022 Platz 49 im globalen Vergleich. Mit 360 Mio. USD ging das größte fossile Kreditvolumen demnach an das deutsche Energieversorgungsunternehmen Energie Baden-Württemberg (EnBW). Zuletzt stand EnBW für Menschenrechtsverletzungen in seiner Kohlelieferkette in der Kritik sowie für einen Liefervertrag für gefracktes Gas über das LNG-Exportterminal „Plaquemines“ im US-Bundesstaat Louisiana mit einer verpflichtenden Laufzeit bis 2046. Die Laufzeit geht somit über den Stichtag für Deutschlands Klimaneutralität hinaus.

Zudem war nach dem Bericht „Investment In Climate Chaos“ von urgewald die Commerzbank Stand Januar 2023 mit weiteren 334,5 Mio. USD in fossile Unternehmen investiert. Dabei entfallen allein 267,2 Mio. USD auf Investitionen in das britische Öl- und Gasunternehmen BP. BP verringerte kürzlich das Reduktionsziel für seine Treibhausgasemissionen bis 2030 von 40% auf 25 Prozent und liegt damit 25 Prozent über dem Netto-Null-Szenario der Internationalen Energieagentur. Mit den Investitionen in BP verfehlt somit auch die Commerzbank ihre Klimaschutzverpflichtungen.

Verletzung der Rechte indigener Völker durch finanziertes Unternehmen Glencore

Als Bestandskunde wurde das Kohle- und Bergbauunternehmen Glencore auch 2022 weiterhin von Ausschlüssen für Kohleentwickler in der Kohlerichtlinie für Neukunden verschont. Nach Recherchen im Rahmen des NGO-Bericht „Banking on Climate Chaos“ war die Commerzbank so im letzten Jahr an einem Kredit über 6,54 Mrd. USD an Glencore beteiligt. Dabei steht Glencore nicht nur als Treiber der Klimakrise, sondern auch für zahlreiche Menschenrechtsverletzungen und die Verletzung der Rechte indigener Völker im Rahmen seiner Projekte in der Kritik. Ein Beispiel sind Glencores Kohleminen El Cerrejón, La Jagua und Calenturitas in Kolumbien auf den Gebieten der indigenen Yukpa und Wayuu Gemeinden. Hier fand die Gebietsvergabe ohne freie und informierte Zustimmung statt und verursachte die Zerstörung der Lebensgrundlagen und die Zwangsumsiedlung der dort lebenden Bevölkerung. Dadurch ist die kulturelle und physische Existenz der Yukpas bedroht.

Zu Tagesordnungspunkt 4: Entlastung der Mitglieder des Aufsichtsrats

Der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre beantragt, die Mitglieder des Aufsichtsrats nicht zu entlasten.

Begründung:

Der Aufsichtsrat der Commerzbank AG kommt nicht hinreichend seiner Verantwortung nach, den Vorstand anzuweisen und effektiv zu kontrollieren, die Bankgeschäfte nachhaltiger und umweltschonender auszurichten. So hat der Aufsichtsrat versäumt, schnellere und effektivere Maßnahmen hinsichtlich künftiger regulatorischer Anforderungen beispielsweise in den Bereichen Plastik und Biodiversität einzufordern.

„Stranded Assets“ im Bereich Einwegplastik?

Überproduktion, negative öffentliche Wahrnehmung, die rasche Einführung neuer Rechtsvorschriften in vielen Ländern, in der EU und der bis 2024 erwartete Abschluss eines globalen und verbindlichen UN-Plastikabkommens sowie der daraus resultierende Nachfragerückgang sind nur einige der Argumente, warum Analyst*innen Einwegplastik zunehmend als risikobehaftet einstufen. Insbesondere die Finanzierung neuer Anlagen zur Herstellung von Einwegplastik wird als potenzielles „stranded asset“ betrachtet.

Doch obwohl Geschäftsmodelle, die auf Einwegverpackungen setzen, immer stärker in Frage gestellt werden, pflegt die Commerzbank Finanzbeziehungen zu Unternehmen auf allen Stufen der Wertschöpfungskette von Einwegplastik. Gemäß ihrem aktuellen ESG-Rahmenwerk prüft die Commerzbank Geschäftsbeziehungen mit Unternehmen der Petrochemie und petrochemische Projekte im Einzelfall kritisch. Die Kriterien des Entscheidungsprozesses werden jedoch nicht offengelegt.  

Biodiversität – Commerzbank hinkt hinterher

Im Dezember 2022 verabschiedeten knapp 200 Staaten den „Kunming-Montreal Global Biodiversity Framework“ (GBF). Das Rahmenabkommen, dass die Länder nun in nationale Biodiversitätsstrategien und Aktionspläne umsetzen müssen, soll den rasanten Verlust der biologischen Vielfalt bis 2030 aufhalten und umkehren. Das Abkommen nimmt explizit auch Unternehmen und Finanzinstitutionen in die Pflicht, „ihre Risiken, Abhängigkeiten und Auswirkungen auf die biologische Vielfalt regelmäßig zu überwachen, zu bewerten und transparent offenzulegen“ (Target 15). Das internationale Rahmenabkommen reiht sich in schnell anwachsende regulatorische Anstrengungen ein, dem rasanten Verlust der biologischen Vielfalt Einhalt zu gebieten. In der Europäischen Union etwa ist die Biodiversitätsstrategie 2030 Teil des European Green Deals und entsprechend eng in die Sustainable Finance-Bemühungen eingebunden. Ob in der EU-Taxonomie, der Corporate Sustainability Reporting Directive oder der Sustainable Finance Disclosure Regulation – der Biodiversitätsverlust wird in allen auch den Finanzsektor betreffenden Richtlinien adressiert.

Der Fair Finance Guide Deutschland 2023 attestiert der Commerzbank ein schlechtes Zeugnis, wenn es um die umweltbezogenen Finanzierungs- und Investitionsrichtlinien der Bank geht. So landet die Commerzbank auf dem drittletzten Platz und erfüllt gerade einmal 10 Prozent der umweltrelevanten Anforderungen. Um potentielle regulatorische Risiken und Reputationsrisiken zu vermeiden, sollte die Commerzbank proaktiv robuste Richtlinien entwickeln.

Wie schützt sich die Commerzbank vor Greenwashing bei Unternehmenskunden?

Stellen sich Unternehmen nachhaltiger und umweltfreundlicher dar, als sie und ihre Produkte es in der Realität sind, ist von „Greenwashing“ die Rede. Der EU-Kommission zufolge sind 53 Prozent der grünen Werbeversprechen in der EU „vage, irreführend oder unfundiert“, 40 Prozent gelten als nicht belegt. Die EU hat deswegen im März 2023 einen Richtlinien-Vorschlag zur Eindämmung von Greenwashing unterbreitet.

Banken können nicht nur selbst Greenwashing betreiben, sondern tragen auch ein Risiko, wenn sie Greenwashing bei von ihr finanzierten oder bei investierten Unternehmen nicht erkennen oder tolerieren. Bisher sind keine Strategien erkennbar, wie die Commerzbank mit diesem Risiko umgeht. Es ist unklar, ob bzw. wie die Commerzbank rechtliche Risiken oder Reputationsschäden durch Greenwashing erkennen kann und welche Schritte unternommen werden, um diesbezüglich Transparenz und Rechenschaft zu gewährleisten.

Zu Tagesordnungspunkt 11: Änderung der Satzung hinsichtlich der Ermächtigung zur virtuellen Hauptversammlung

Der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre beantragt, den Beschlussvorschlag von Aufsichtsrat und Vorstand abzulehnen, den Vorstand zu ermächtigen, über die Durchführung einer virtuellen Hauptversammlung entscheiden zu können.

Begründung:

Das Format und die Art und Weise, wie eine Hauptversammlung durchgeführt wird, betreffen elementare Aktionärsrechte. Daher sollte die Hauptversammlung und nicht der Vorstand darüber entscheiden, zu welchen Bedingungen bzw. in welchem Format zukünftige Hauptversammlungen durchgeführt werden sollen. Zudem sollte die Hauptversammlung auch darüber entscheiden, ob als weitere Option ein hybrides Format umgesetzt werden soll, welches die Vorteile einer Präsenz-Hauptversammlung mit jenen einer rein virtuellen Veranstaltung vereint.

Neue gesetzliche Möglichkeiten für virtuelle Hauptversammlungen werden nicht umgesetzt

Schon mit der Entscheidung, die diesjährige Hauptversammlung rein virtuell durchzuführen, hat der Vorstand unter Beweis gestellt, neue Möglichkeiten für eine aktionärsfreundliche Erweiterung der Partizipationsmöglichkeiten nicht nutzen zu wollen. So hat der Vorstand darauf verzichtet, den Aktionär*innen die Möglichkeit zu geben, ihre Fragen schon vorab schriftlich einreichen zu können und die Antworten dazu auch für alle transparent zu machen. So hätte das Frage- und Informationsrecht aller Aktionär*innen besser umgesetzt und zudem die Diskussion in der Hauptversammlung auf wichtige Punkte und Nachfragen fokussiert werden können.

Allgemein ist es kein guter Umgang mit Aktionär*innen, bereits eine Abstimmung exakt unter jenen Bedingungen durchzuführen, um deren Zustimmung Vorstand und Aufsichtsrat ja erst bitten.

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