Ausstieg aus der Finanzierung fossiler Energien, Rüstung, menschenrechtliche Sorgfalt: Unsere Fragen an den Vorstand der Deutschen Bank

Fragen, die wir zusammen mit urgewald stellen:

  1. Nach den von Ihnen im März veröffentlichten Zahlen trägt der Öl- und Gassektor mit 32 Prozent einen Löwenanteil zu den finanzierten Emissionen bei. Zudem ist die Bank an einem aktuellen Kredit für TotalEnergies beteiligt, einem Unternehmen, das noch massive Expansionen im Öl und Gasbereich plant. Wie plant die Bank, ihre Emissionen im Öl- und Gasbereich zu senken, wird sie Unternehmen, die weiter Expansionen planen, von der Finanzierung ausschließen? Wenn nicht, was ist dann in dem Bereich geplant?
  2. In welchem Zeithorizont plant die Deutsche Bank eine Überarbeitung ihres aktuellen Frameworks bezüglich Kohle, welche Elemente sollen dabei verändert werden?
  3. Wie genau begleitet die Deutsche Bank ihre Kunden bei der Transformation?
  4. Plant die Deutsche Bank eine Überarbeitung ihrer Richtlinie zu kontroversen Waffen zu überarbeiten, um existierende Schlupflöcher zu schließen?
  5. Verändert der aktuelle russische Angriffskrieg gegen die Ukraine Ihre Sichtweise auf kommerzielle Rüstungsgeschäfte mit und in Krisen- und Spannungsgebiete? Wenn ja, inwiefern?
  6. Die Rüstungsindustrie und hier v.a. auch der Bundesverband der Deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie e.V. (BDSV) setzen sich aktiv dafür ein, dass die Rüstungsindustrie als „nachhaltiger Wirtschaftszweig“ in die Sozialtaxonomie der EU aufgenommen wird. Viele Finanzdienstleister bewerten dies skeptisch, da Rüstungskonzerne ihre Güter auch in Krisen- und Spannungsgebiete liefern und sie dort vielfach zu Menschenrechtsverletzungen beitragen. Wie ist die Position der Deutschen Bank dazu?
  7. Halten Sie bei nachhaltigen Finanzprodukten am aktuellen Status Quo fest, Rüstungsunternehmen auszuschließen?


Fragen, die wir für ShareAction und Grünfin zur Ölpipeline EACOP stellen:

Diese Frage wird im Namen von ShareAction und Grünfin gestellt und betrifft die Ölpipeline EACOP. Zunächst möchten ShareAction und Grünfin die Fortschritte der Deutschen Bank auf dem Weg zu ihrer Netto-Null-Verpflichtung anerkennen, indem Sie Anfang des Jahres Ihre finanzierten CO2-Emissionen für mehrere Portfolios offengelegt haben.

Es ist ermutigend, dass die Deutsche Bank die kollektive Selbstverpflichtung zum Klimaschutz des deutschen Finanzsektors unterzeichnet hat, in der sie sich verpflichtet, ihre Kreditportfolios an den Zielen des Pariser Abkommens auszurichten, das die Erwärmung auf 1,5°C begrenzen will. 

Um eine 50-prozentige Chance zu haben, die Erwärmung auf 1,5 °C zu begrenzen, sollten Felder, für die bis Ende 2021 keine endgültige Investitionsentscheidung (FID) getroffen wurde, nicht entwickelt werden, so die Empfehlung der Net Zero Emissions by 2050 Scenario (NZE) der Internationalen Energieagentur (IEA). 

EACOP hat die FID erst im Februar 2022 erhalten, und die Aktionär:innen sind zunehmend besorgt über die Risiken gestrandeter Anlagen. Darüber hinaus bestehen erhebliche Risiken in Bezug auf die Menschenrechte, die biologische Vielfalt und den Ruf des Projekts aufgrund der zunehmenden Kontroversen und des Widerstands der lokalen Gemeinschaften. 

  1. Wird sich die Deutsche Bank verpflichten, keine Finanzmittel für EACOP bereitzustellen?
  2. Falls nicht, wie wird die Deutsche Bank das Risiko von gestrandeten Vermögenswerten bei EACOP bewerten und welche Maßnahmen wird sie ergreifen, um die mit der Pipeline verbundenen erheblichen Umwelt-, Sozial- und Reputationsrisiken zu minimieren?
  3. Kann der Vorstand die von Reuters am 15. Mai gemeldete anonyme Aussage bestätigen, wonach die Deutsche Bank bisher nicht direkt an EACOP beteiligt war? Und werden sie eine direkte oder indirekte Projektfinanzierung für die EACOP in Zukunft definitiv ausschließen? Siehe https://www.reuters.com/business/sustainable-business/deutsche-bank-is-not-financing-controversial-african-pipeline-source-2022-05-15/

Fragen zur direkten und indirekten Finanzierung von Kohleprojekten in Australien, die wir für die Organisation Market Forces einreichen:

  1. Adani Enterprises: Der Mischkonzern Adani finanziert das Carmichael-Kohleprojekt in Australien selbst. Die Deutsche Bank hat Adani Enterprises, der Tochtergesellschaft, die die Carmichael-Mine und die Eisenbahnlinie entwickelt, besitzt und betreibt, Geld zur Verfügung gestellt. Die Deutsche Bank finanziert also Adani Enterprises, und Adani Enterprises finanziert das Carmichael-Kohleprojekt. Ist dies nicht ein eindeutiges Beispiel dafür, dass die Deutsche Bank indirekt ein neues Kohlebergwerk finanziert? Und ist dies nicht ausdrücklich durch die Ausschlusspolitik der Deutschen Bank in Bezug auf Kohle ausgeschlossen?
  2. Whitehaven Coal: Die Deutsche Bank behauptet, das Pariser Abkommen und den Net Zero bis 2050 zu unterstützen, arrangiert aber Berichten zufolge Finanzierungen für Whitehaven Coal, ein höchst umstrittenes, reines Kohleunternehmen, das drei neue oder erweiterte Kohlebergwerke betreibt. Wissenschaftler:innen und Ökonom:innen haben bestätigt, dass die Begrenzung der globalen Erwärmung auf 1,5ºC und das Erreichen von Netto-Null-Emissionen bis 2050 bedeuten, dass keine neuen oder erweiterten Minen gebaut werden können. Warum stellt die Deutsche Bank Finanzmittel für ein Unternehmen bereit, dessen Geschäftspläne die von der Bank angeblich unterstützten Klimaschutzverpflichtungen untergraben würden? Wird die Deutsche Bank eine weitere Finanzierung für Whitehaven Coal ausschließen?
  3. Die Ausschlusspolitik der Deutschen Bank für Kohle verpflichtet die Bank, „keine Finanzierungen für neue Kohlebergwerke bereitzustellen“. Die Deutsche Bank würde gegen diese Politik verstoßen, wenn sie weitere Finanzierungen für Whitehaven Coal arrangieren würde, ein höchst umstrittenes reines Kohlebergbauunternehmen, das zwei neue Kohleminen in Australien entwickelt. Warum verstößt die Deutsche Bank mit der Vermittlung eines Anleihegeschäfts über 700 Mio. US-Dollar für Whitehaven gegen ihre Kohlerichtlinie? Wie rechtfertigt der Vorstand die Reputations- und Governance-Risiken, die dieser Verstoß gegen die Richtlinien darstellt?

Menschenrechtliche Sorgfaltspflichten

  1. Inwieweit sehen Sie die Anforderungen und Pflichten des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes (LkSG) auf Ihre Tätigkeiten bei Krediten und Anleihen für Unternehmen sowie in der Kapitalanlage zutreffen?
  2. Die EU-Kommission hat einen Entwurf für ein EU-Lieferkettengesetz vorgestellt, das europaweit verpflichtende Menschenrechts- und Umweltstandards für Unternehmen schaffen soll. Wie ist Ihre Position zu diesem Gesetzentwurf; welche Regeln finden Sie sinnvoll und welche Kritikpunkte haben Sie?

Fragen zu Geschäftsbeziehungen mit russischen Unternehmen, insbesondere mit Nornickel:

Im Mai 2020 sorgte der russische Konzern Nornickel (Norilsk Nickel) für die größte Ölkatastrophe der Arktis, als 21.000 Tonnen Diesel aus einem Kraftwerkstank ausliefen. Dies ist aber nur ein Fall in einer Reihe von Umweltkatastrophen und Missachtung indigener Rechte durch Nornickel. Nach Informationen des Finanzdatenanalysten Profundo gewährte die Deutsche Bank Nornickel zwischen Januar 2019 und Juni 2020 Kredite in Höhe von 79 Millionen Dollar.

  1. Aufgrund des völkerrechtswidrigen Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine: Wie sehen Ihre aktuellen Richtlinien für Geschäftsbeziehungen mit bzw. Kredite für russische Unternehmen aus?
  2. Haben Sie aktuelle Geschäftsbeziehungen mit Nornickel? Bitte nennen Sie, falls vorhanden, auch aktuelle und geplante Kredite sowie Aktienbesitz.
  3. Wenn die Deutsche Bank die Geschäftsbeziehung mit Nornickel fortsetzt, was ist die Begründung dafür und ist sie mit Auflagen an Nornickel verbunden? Falls ja, wie sehen diese Auflagen aus?
  4. Nornickel könnte mit Sanktionen belegt werden. Wie schätzen Sie das Risiko ein, auch in Hinblick auf aktuelle oder zukünftige Geschäftsbeziehungen?

Fragen, die wir zusammen mit Facing Finance stellen:

  1. Überproduktion, negative öffentliche Wahrnehmung, die rasche Einführung neuer Rechtsvorschriften in vielen Ländern, in der EU und jetzt sogar die Aufnahme von Verhandlungen über ein globales UN-Plastikabkommen sowie der daraus resultierende Nachfragerückgang sind nur einige der Argumente, warum Einwegplastik zunehmend als risikobehaftet eingestuft wird. Die Finanzierung neuer Anlagen zur Herstellung von Einwegplastik wird von vielen Analysten als potenzielles „stranded asset“ betrachtet. Das Geschäftsmodell von Konsumgüterkonzernen und dem Lebensmitteleinzelhandel, die auf Einwegverpackungen setzen, wird immer stärker in Frage gestellt. Und doch finanziert die Deutsche Bank alle Stufen der Wertschöpfungskette von Einwegplastik mit Milliarden, wie mehrere Studien von Nichtregierungsorganisationen in den letzten zwei Jahren gezeigt haben. Wann plant die Bank, auch im Interesse ihrer Aktionär*innen, beim Thema Plastik tätig zu werden? Wann wird sie eine entsprechende Finanzierungs- oder Investitionsrichtlinie zum Thema Einwegplastik veröffentlichen?
    (z.B. Facing Finance (2020): Einweg ohne Ausweg; FairFin (2021): The unbearable cost of single-use plastics
  2. Der zur Deutschen Bank zugehörige Vermögensverwalter DWS lässt bisher jegliche Richtlinien, ob zu Menschenrechten, Energiekonzernen oder Bergbau vermissen. Damit weicht die DWS nicht nur von der Vorgehensweise der Deutschen Bank, die Richtlinien für ihr Finanzierungsgeschäft veröffentlicht hat, ab, sondern auch von der Praxis zahlreicher internationaler Banken und Vermögensverwalter. Nimmt die Deutsche Bank Einfluss auf die DWS, transparenter zu werden? Wenn nein, warum nicht? Wenn ja, wann ist mit öffentlich einsehbaren Richtlinien der DWS, nach welchen Kriterien sie das Geld ihrer Kund*innen investiert, zu rechnen?
  3. Europäische Unternehmen wie BASF, Bayer oder Syngenta exportieren Pestizide, die in der EU wegen ihrer gesundheits- oder umweltschädigenden Wirkung verboten sind, in Länder mit weniger strengen Umweltvorschriften. Eine gestern von Facing Finance herausgegeben Studie zeigt, dass die Deutsche Bank diese Unternehmen in Milliardenhöhe finanziert. Hat die Deutsche Bank den Export toxischer und in der EU verbotener Pestizide in Länder mit weniger strengen Standards (z.B. Lateinamerika) durch das Unternehmen als Problem identifiziert sowie die damit verbundenen menschenrechtlichen und arbeitsrechtlichen Risiken? Ist die Deutsche Bank mit diesen Unternehmen im Gespräch?
  4. Die Deutsche Bank unterhält weiterhin finanzielle Beziehungen zu dem Schweizer Bergbauunternehmen Glencore, dass u.a. aufgrund von Korruptionsvorwürfen und mutmaßlich schmutzigen Deals im Zusammenhang mit seiner Bergbautätigkeit in der Demokratischen Republik Kongo Gegenstand mehrerer Untersuchungen in den USA, Großbritannien und der Schweiz ist. Was muss ein Unternehmen tun, damit es von der Deutschen Bank nicht mehr finanziert wird?
  5. Die Deutsche Bank erwartet bei der Finanzierung von Unternehmen, dass diese die freie, informierte und vorherige Zustimmung (FPIC) der indigenen Bevölkerung einholen. Und doch finden sich immer wieder Fälle, z.B. durch Tochterunternehmen von HeidelbergCement in Indonesien, wo dies nicht oder in nicht ausreichendem Maße passiert. Wie erklärt sich die Deutsche Bank, dass sie ungeachtet der eigenen Richtlinien solche Unternehmen weiter großzügig finanziert? Führt ein (wiederholter) Verstoß gegen die Finanzierungsrichtlinien der Deutschen Bank zu Konsequenzen für Unternehmen, die die Richtlinien der Banken missachtet haben? Und wenn ja, zu welchen?
  6. In den Menschenrechtsrichtlinien der Deutsche Bank gibt es zwar die Erwartung an Unternehmen, die sie finanziert, dass diese die freie, vorherige und informierte Zustimmung (FPIC) von indigenen Völkern einholen, nicht aber von allen betroffenen Gemeinden, einschließlich Gemeinden mit traditionellen Besitzrechten. Wie schließt die Deutsche Bank aus, dass von ihr finanzierten Unternehmen die Rechte lokaler, nicht-indigener Gemeinschaften nicht verletzen? Plant die Deutsche Bank ihre Richtlinien zu Menschenrechten zu stärken, um solche Schlupflöcher zu vermeiden?
  7. Unternehmen sind oft Teil langer Lieferketten. Due Diligence ist daher von entscheidender Bedeutung, um die Einhaltung lokaler und nationaler Gesetze sowie internationaler Normen in der Lieferkette sicherzustellen. Nach dem Vorschlag der EU-Kommission sollen insbesondere Finanzinstitute verpflichtet werden, u.a. vor der Vergabe von Krediten eine Due Diligence hinsichtlich möglicher Arbeitsrechts- und Menschenrechtsverletzungen sowie Umweltschäden durchzuführen. Dennoch verfügt die Deutsche Bank bis heute über keine umfassenden öffentlichen Richtlinien, die sich mit den Lieferketten ihrer Firmenkunden befassen. Steht die Entwicklung solcher Richtlinien und entsprechender Strategien auf der Agenda für das kommende Jahr? Wird es als Maßnahme oberster Priorität behandelt? Wenn nicht, warum?
    (Siehe z.B. “Due Diligence in der Lieferkette und die Rolle des Finanzsektors – Der Fall der Nickelmine Fénix in Guatemala“ warum die Rolle der Banken so wichtig ist, https://www.fairfinanceguide.de/ffg-d_aktuelles/aktuell/2022/due-diligence-in-der-lieferkette-und-die-rolle-des-finanzsektors/ )

Frage zu Finanzierung von Bergbaukonzernen und illegalen Rodungen in Brasilien:

  • Die Deutsche Bank investiert trotz der seit Jahren vom Dachverband der Kritischen Aktionär:innen vorgebrachten Kritik noch immer in Aktien, Anleihen und Kreditgeschäften mit Bergbau- und Fleischkonzernen, die nicht zuletzt in Brasilien eine massive Mitschuld am Raubbau der naturnahen Wälder und an der Gefährdung der der Rechte der indigenen und weiteren traditionellen Völker tragen. Welche konkreten und der kritischen Zivilgesellschaft in transparenter Form bekanntzumachende Maßnahmen gedenkt die Deutsche Bank zu entwickeln, um dem Schutz der Biodiversität als auch dem Schutz der Rechte indigener Völker endlich angemessen gerecht zu werden?

Unsere Nachfragen:

  1. Zu fossilen Energien: Sie sagen, Sie werden bei der Transformation mit Kunden über glaubhafte Übergangspläne diskutieren. Berücksichtigen Sie in der Bewertung der Übergangspläne die Wissenschaft und etwa den IEA Net Zero Bericht, der die Erschließung neuer Öl- und Gasfelder und die Einhaltung des 1,5° Limits für nicht kompatibel hält?
  2. Sie sagen, dass Studien zeigen würden, dass nichts gewonnen ist, wenn Banken sich zurückziehen. Wenn ein Energiekonzern seine braunen Assets verkaufe, würden diese anschließend noch mehr CO2 produzieren. Genauso gibt es Studien, die in einigen Fällen das Gegenteil zeigen: https://tinyurl.com/yxbyhx5s
    Werden Sie für ihre neuen Richtlininen, die noch dieses Jahr kommen sollen, einen effektiven Mix aus Divestment und Engagement wählen?  Was sind die roten Linien bei „glaubhaften Übergangsplänen“?
  3. Welche disziplinarischen Maßnahmen werden in Bezug auf das geplatzte Anleihegeschäft mit Whitehaven Coal, über das gestern im Handelsblatt berichtet wurde, gegen Mitarbeiter ergriffen, die gegen die Richtlinien verstoßen haben? Welche Änderungen an den internen Prozessen werden vorgenommen, um sicherzustellen, dass die Deutsche Bank in Zukunft nicht mehr in solche Geschäfte verwickelt wird?
    https://www.handelsblatt.com/finanzen/banken-versicherungen/banken/kohlefinanzierung-umweltaktivisten-kritisieren-interessenkonflikte-bei-der-deutschen-bank/28346538.html

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