Transportsektor im Jahr 2050 noch nicht vollständig klimaneutral

Chief Financial Officer Melanie Kreis beantwortete die Fragen zum Klimaschutz

Hauptversammlung der Deutschen Post DHL Group am 27.08.2020: Antworten auf unsere Fragen zum Klimaschutz und zur Verringerung des CO2-Ausstoßes, zum Projekt StreetScooter und zu Manager-Gehältern.

Fragen zum Klimaschutz und zur Verringerung des CO2-Ausstoßes

8. Nach eigenen Angaben befasst sich die Deutsche Post „seit mehr als 15 Jahren mit Maßnahmen für den Klima- und Umweltschutz“ und hat „die Weichen für eine nachhaltige Logistik gestellt“ (Nachhaltigkeitsbericht 2019). Dass erst bis im Jahr 2050 „alle logistikbezogenen Emissionen netto auf null reduziert“ werden sollen, ist kein besonders ehrgeiziges Ziel. Betrachtet man die Entwicklung der CO2-Emissionen des Konzerns im Zeitraum von 2013 bis 2019, erkennt man bestenfalls eine Stagnation: 2013 lag der Ausstoß des Treibhausgases bei 28,32 Mio. Tonnen CO2, 2019 bei 28,95 Mio. Tonnen. Wie erklären Sie die Stagnation bei der CO2-Reduktion?

[Keine Antwort der Deutschen Post]

9. Es sollte im eigenen Interesse der Deutschen Post sein, ihren CO2-Ausstoß zu reduzieren und klimafreundlicher zu werden. Müssen die Anreize im Management erhöht werden, damit mehr Anstrengungen in diese Richtung ergriffen werden?

[Keine Antwort der Deutschen Post]

10. Wie hoch soll der CO2-Ausstoß 2020, 2025, 2030 und 2040 sein?

„[Der CO2-Ausstroß] hängt von sehr vielen Faktoren ab, wie z.B. der insgesamt transportierten Menge. Deswegen ist es nicht möglich, da jetzt eine harte Zahl für die Jahre 2025, 2030 zu geben. Wir konzentrieren uns […] mit unseren Maßnahmen darauf, durch Burn Less unsere CO2-Nutzung insgesamt zu reduzieren und durch den Burn Clean-Ansatz zusätzlich ökologisch sinnvolle Technologien einzusetzen.“

11. Wenn alle Unternehmen eine Klimabilanz wie die Deutsche Post hätten, würde sich das Klima bis 2050 um 2,1 Grad Celsius erwärmen. Das zeigt ein Bericht des Beratungsunternehmens „Right. Based on Science” https://www.right-basedonscience.de/ von Ende 2019. Was kann die Deutsche Post tun, um ihren Beitrag zur Erreichung des Zwei-Grad-Ziels zu beschleunigen (siehe auch Frage 13)?

[Keine Antwort der Deutschen Post]

Hier dokumentieren wir auch die Antwort auf die Frage eines anderen Aktionärs, warum bei der Deutschen Post nicht wie bei dem schwedisch-dänischen Unternehmen Postnord die Science Based Targets als Ziel gesetzt werden.

„[Wir unterstützen] die Science Based Targets initiative (SBTi) bereits seit langem und wir haben uns im März 2017 auch dazu verpflichtet, selbst ein SBTi-konformes Ziel zu verabschieden. Dabei haben wir aber leider ein Problem. Das ist die Tatsache, dass SBTi die Sektor-Methoden für die Bereiche Luft- und Seefracht nicht wie gefordert bisher umgesetzt hat. Rund 77% unserer CO2-Emissionen werden gerade in diesen beiden Transportmodi verursacht. 65% im Bereich der Luft- und 12% im Bereich der Seetransporte. […] Wir arbeiten eng mit SBTi und anderen betroffenen Unternehmen zusammen und engagieren uns in den technischen Arbeitsgruppen. Damit wollen wir die Entwicklung der Methoden für Luft- und Seefracht voranbringen und so zeitnah ein SBTi-anerkanntes Ziel für unser Unternehmen definieren zu können.“

12. Mit der Methode „X-Degree Compatibility“, die vom Start-up-Unternehmen „Right. Based on Scienc“ entwickelt wurde, erhalten Unternehmen eine Berechnungsmethode, mit der sie herausfinden können, welchen Risiken sie ausgesetzt sind. Es geht um Regulationsrisiken wie eine Erhöhung des CO2-Preises, Marktrisiken – etwa durch neue Technologien, die alte, klimaschädliche ersetzen –, Reputationsrisiken oder auch Klagerisiken. Zur Berechnung welcher Risiken wendet die Deutsche Post diese Methode an?

„Was die Methode „X-Degree Compatibility“ anbelangt, da zeigt ein Vergleich, dass wir mit 2,1 Grad gegenüber dem Logistiksektor mit 3,41 Grad relativ gut dastehen. Der Bericht setzt für unseren Sektor insgesamt ein Ziel von 2,44 Grad Celsius ein und attestiert uns, dass wir mit unserer Mission 2050 auf eine Erwärmung von 1,6 Grad Celsius hinwirken. Wir sehen darin eine Bestärkung, dass wir mehr tun, als von Logistikunternehmen erwartet wird, aber darauf ruhen wir uns nicht aus. Wir haben hier ein ganz klares Ziel und werden das eben mit einem ganzen Portfolio an Maßnahmen […] weiterverfolgen.“

13. Welche Maßnahmen könnte die Deutsche Post ergreifen, um das 1,5-Grad-Ziel zu erreichen?

„Unser Hauptfokus liegt auf der Reduktion des Ausstoßes von Treibhausgasen durch unsere Geschäftstätigkeit. Bis 2050 wollen wir alle logistikbezogenen Emissionen auf Netto Null reduzieren. [Wir verfolgen den Ansatz] Burn Less, Burn Clean. Hier geht es darum die Emissionen zunächst zu reduzieren, zu senken, oder eben durch alternative Antriebe und nachhaltige Energiequellen zu ersetzen. Im Straßentransport verfolgen wir den Ausbau der Elektroflotte. Die Dekarbonisierung unserer letzten Meile ist ein ganz wichtiges Thema. In unseren Gebäuden setzen wir weiter auf eine Reduktion der Energieverbräuche, natürlich durch den Einsatz von moderner Technik, sowie die Nutzung von Ökostrom. Im Lufttransport verfolgen wir gezielt die Senkung des Verbrauchs durch die Effizienzsteigerung auf einzelnen Strecken sowie die kontinuierliche Modernisierung unsere Flugzeugflotte. Außerdem arbeiten wir an weiteren Konzepten, die uns ermöglichen, Wasserstoff-Fahrzeuge oder nachhaltige alternative Kraftstoffe einzusetzen. Hier muss man ganz klar sagen, diese können wir erst in einem wirksamen Rahmen einsetzen, sobald diese kommerziell verfügbar sind und ökonomisch sinnvoll eingesetzt werden können.“
„Wir nutzen in unseren Gebäuden bereits zu 83% Ökostrom und […] 33% unserer Zustellaktivitäten laufen momentan auch schon mit einer E-Flotte.“
„Weltweit nutzt der Konzern bereits zu 83% Strom aus erneuerbaren Energien, also den sogenannten Ökostrom. Für die Regionen bricht sich das runter auf 87% in Europa, 94% in den Americas und 65% in Asien.“
„Die Dekarbonisierung unserer Zustellaktivitäten in der letzten Meile ist für uns nach wie vor wichtig. […] Unsere Zustellung und Abholung, also die sogenannte first mile/last mile, wurde zu 33% mit emissionsfreien Konzepten durchgeführt (also mit E-Zustellfahrzeugen, mit Fahrrädern oder zu Fuß). Im Rahmen unserer Mission 2050 wollen wir diesen Anteil auf bis zu 70% für das Jahr 2025 steigern. Also wir sind hier sehr gut unterwegs und wie gesagt ganz klar, wir werden weiter an der Dekarbonisierung der letzten Meile arbeiten und hoffen natürlich auch, dass mit der Zeit auch hier neue weitere Technologien wie z.B. Wasserstoff zum Einsatz kommen können.“
„Man muss realistisch sagen, die meisten wissenschaftlichen Prognosen gehen davon aus, dass der Transportsektor im Jahr 2050 weltweit noch nicht vollständig klimaneutral gestaltet werden kann, gerade im Hinblick auf die Luft- und Seefracht. Deswegen müssen wir uns vorbehalten, im Jahr 2050 gegebenenfalls noch durch Kompensationsmaßnahmen den verbleibenden CO2-Fußabdruck ausgleichen zu können.“


Fragen zum Projekt StreetScooter

14. Mit dem Betrieb der StreetScootern schien die Deutsche Post eine Erfolgsgeschichte im Bereich der emissionsfreien Paketzustellung zu schreiben. Nun wurde das Produktionsaus für das einstige Vorzeigeprojekt verkündet, nachdem im Geschäftsjahr 2019 100 Mio. Euro Verlust aufgelaufen waren. Warum wurde die Suche nach einem Käufer abgebrochen?

[Keine Antwort der Deutschen Post]

15. Gibt es inzwischen doch Kaufinteressenten?

[Keine Antwort der Deutschen Post]

16. Worin liegen nach Ihrer Ansicht die Ursachen des Scheiterns dieses Projekts?

„Zunächst haben wir in der Vergangenheit immer gesagt, dass wir kein Automobilkonzern werden wollen […] und aus diesem Grunde haben wir von Anfang an gesagt, dass wir entweder strategische Investoren oder Finanzinvestoren haben, die wir eben in diesem Prozess nicht gefunden haben. Wir haben kein tragfähiges Angebot bekommen und aus dem Grunde haben wir gesagt, wenn uns das nicht gelingt, dann werden wir nicht selber Automobilkonzern, weil wir die Ressourcen woanders reinstecken. Das ist jetzt eingetreten.“

17. Professor Günther Schuh, einer der beiden Gründerväter des StreetScooter-Projekts, sieht das Scheitern in Management-Fehlern begründet. Er sagte, er habe nach dem Einstieg der Deutschen Post eine „Inkarnation der Langsamkeit“ erlebt: „Der externe Vertrieb wurde drei Jahre gestoppt, die Internationalisierung auch, das geplante Re-Engineering-Programm ebenso.“
Sehen Sie dieselben Ursachen für das Scheitern?

„Zu den Aussagen von Herrn Schuh verstehen Sie wahrscheinlich, dass ich mich nicht äußere. Ich glaube, wir haben in der Tat geschafft, ein hervorragendes Auto zu bauen. Uns ist es nicht gelungen, in der Tat, einen Partner zu finden, weder einen Finanz- noch einen strategischen Partner. Aus dem Grunde mussten wir einen anderen Weg gehen.“

18. Als weiteres Problem kommt jetzt hinzu, dass viele der Elektrotransporter wegen der Gefahr einer Brandentwicklung zur Überprüfung in die Werkstatt müssen. Um wie viele Fahrzeuge handelt es sich und wie hoch beziffern Sie die Kosten?

„Betroffen von den Schwachstellen sind 12.140 Fahrzeuge, von denen der Großteil, etwa 10.000, von der deutschen Post betrieben wird. Diese werden umgehend geprüft. Eine signifikante zusätzliche Kostenbelastung daraus erwarten wir nicht.“


Fragen zu Manager-Gehältern, Boni, Löhnen und der Belastung in Corona-Zeiten

19. In der Corona-Krise haben die Paketzusteller der Deutschen Post noch mehr zu schleppen als sonst. Während große Teile der Wirtschaft rote Zahlen schreibt oder gar um´s Überleben kämpft, steigerte der „gelbe Riese“ dank der Paketflut Umsatz und Gewinn. „Die Menschen haben online bestellt wie sonst nur vor Weihnachten“, sagte Finanzchefin Melanie Kreis. Wie viele Überstunden wurden von den Paketzustellern geleistet?

„Wir haben in der Zeit von April bis Juni etwa 400.000 zusätzliche Überstunden gehabt. Das sind etwa 300.000 Überstunden mehr als im Vorjahr. In etwa vier zusätzliche Überstunden pro Mitarbeiter im Vergleich zum Vorjahr.“

20. Die Post-Mitarbeiter*innen sollen mit einem Bonus von lediglich 300 Euro pro Kopf abgespeist werden. Warum profitieren sie vom Zuwachs des operativen Gewinns (Ebit) um mehr als 900 Mio. Euro (plus 18,6 Prozent) nur so wenig?

[Keine Antwort der Deutschen Post]

21. Bereits vor der Corona-Zeit lag allein der einjährige Anteil der Jahreserfolgsvergütung (Bonus) des Vorstandsvorsitzenden Frank Appel bei mehr als 800.000 Euro, seine Gesamtvergütung bei 7,65 Mio. Euro. Wie rechtfertigen Sie den sich vergrößernden Abstand zwischen Manager-Gehältern auf der einen Seite und Löhnen für normale Beschäftigte auf der anderen Seite?

„Der Aufsichtsrat befasst sich natürlich mit der Frage der Angemessenheit, und hier sprechen Sie die vertikale Angemessenheit an. […] Gleichzeitig müssen wir die horizontale Angemessenheit im Auge behalten. Sprich die Bezahlung im Quervergleich. Wichtig ist, wenn man auf das Top-Management eines Unternehmens guckt […], dass wir es mit Variablen zu tun haben, die erheblich nach beiden Seiten ausschwingen können.  Das hat man beispielsweise im Tarifbereich so nicht. Entsprechend kommt es in einzelnen Jahren zu heftigeren oder weniger heftigen Ausschlägen. Insgesamt aber halten wir im Aufsichtsrat die Vergütung für angemessen.“

22. Können Sie sich, Herr Appel, vorstellen, auf die Hälfte ihrer Gesamtvergütung zu verzichten, damit die Boni für die einfachen Post-Mitarbeiter*innen aufgebessert werden können?

„Es ist ja noch unklar, wie die Vergütung für mich dieses Jahr aussehen wird, weil das Jahr noch gar nicht abgeschlossen ist. Dann für das letzte Jahr habe ich vorhin dargelegt, dass die Ziele sowohl was die Kundenzufriedenheit, die Mitarbeiterzufriedenheit und auch die Finanzergebnisse anbetrifft, Rekordergebnisse waren. Aus dem Grunde finde ich es auch legitim, dass ich einen hohen Bonus bekommen habe. Im Jahr 2018 habe ich auf den Bonus verzichtet, weil wir damals in der Tat eine schwierige Situation hatten. Im Grunde, die Frage, die Sie stellen, kann man eigentlich erst beantworten, wenn dieses Jahr abgeschlossen ist.“

23. Mit wie vielen Subunternehmen arbeitet die Deutsche Post bei der Paketzustellung zusammen und hat sich die Zahl der Subunternehmen während der Corona-Pandemie erhöht?

„Mehr als 98% unserer Pakete werden von unseren […] eigenen Kolleginnen und Kollegen zugestellt. Die Zahl der Zustellbezirke, die durch Servicepartner bedient werden, ist seit 2010 rückläufig und liegt aktuell im niedrigen einstelligen Prozentbereich. Wir arbeiten im Bereich der Paketzustellung derzeit mit ca. 60 Servicepartnern zusammen. Die Anzahl der Servicepartner hat sich während der Corona-Pandemie nicht erhöht, da wir in erster Linie durch die Einstellung neuer Zustellkräfte auf den Anstieg reagiert haben.“ 

24. Wie viel Prozent der Pakete wurden 2010, 2015 und 2019 von Subunternehmen zugestellt?

[Keine Antwort der Deutschen Post]

Antworten auf die Fragen 1 – 7 zu Unternehmensverantwortung, menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten und Geschäftstätigkeit der Deutschen Post/DHL in der Westsahara

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