„Unsichere Wette auf angeblich nachhaltige Kraftstoffe“: Rede von Tilman Massa

Sehr geehrte Damen und Herren,
sehr geehrter Vorstand und Aufsichtsrat,

mein Name ist Tilman Massa, ich spreche für den Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre. Mit den uns übertragenen Stimmrechten fordern wir von der Deutschen Post deutliche effektivere Maßnahmen gegen die Klimakrise sowie für den Schutz von Umwelt und Menschenrechten ein.

Um es gleich vorweg zu nehmen: Wir werden Sie, den Vorstand, auch dieses Jahr nicht entlasten. Die Klimabilanz ist zu schlecht. Wir haben dies in unseren Gegenanträgen ausführlich begründet, die ich hiermit auch formal stelle.

Klimabilanz und Klimaziele:

Letztes Jahr sind Ihre klimaschädlichen Treibhausgasemissionen nur leicht gesunken, sie betragen immer noch über 36 Millionen Tonnen CO2. In Ihrem Geschäftsbericht schreiben Sie selbst, dass Sie für dieses Jahr mit steigenden Emissionen rechnen, eben weil Sie ihre eigenen Wachstumsansprüche und Abhängigkeit von fossilen Energien nicht trennen können. Wie schlecht müsste sich den die Weltkonjunktur entwickeln, damit Sie Ihre Klimaziele bis 2030 auch erreichen können? Es scheint ja nicht so, dass die Transportbranche und auch Ihre LKWs, Transporter und Flugzeuge ausreichend mit klimaneutralen Kraftstoffen betrieben werden. Gerade in Bezug auf Ihre Flugzeuge habe ich den Eindruck, dass Ihre Klimaschutzstrategie eine einzige unsichere Wette darauf zu sein scheint, dass es mit angeblich nachhaltigen Kraftstoffen für die Luftfahrt schon irgendwie klappen wird.

Sie haben sich Ihre Klimaziele von der Science Based Targets Initiative prüfen lassen. Aus Ihren Erläuterungen bin ich nicht schlau geworden: Haben Sie von der SBTI auch für Ihre Pläne zur Scope 3-Reduktion bescheinigt bekommen, dass diese einem 1,5-Grad-konformen Dekarbonisierungspfad entsprechen? Oder betrifft das nur Scope 1 und 2? Die mit Abstand meisten Emissionen, die Sie mit zu verantworten haben, fallen ja im Scope 3 an.

Bei Ihrer Klimastrategie setzen Sie maßgeblich auch auf fragwürdige Kompensationssysteme bzw. Offsetting. Der Handel mit CO2-Zertifikaten ist zuletzt noch mehr in Verruf geraten. Etliche Medien haben aufgedeckt, dass offenbar fast alle Zertifikate aus Waldschutzprojekten des führenden Zertifizierers auf dem Kompensationsmarkt, Verra, wertlos sind.

Haben Sie daraus Schlüsse für Ihre Kompensationspläne gezogen und wenn ja welche? Wenn nicht, warum nicht?

Haben Sie Ihre Treibhausgasemissionen über solche Anbieter kompensiert und wenn ja, in welchem Umfang, von welchem Anbieter und welche Projekte wurden damit gefördert?

Lieferkettenverantwortung:

Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz ist nun in Deutschland in Kraft. Sie müssen nun proaktiv und systematisch Menschenrechtsrisiken bei direkten Zulieferern prüfen und ggf. darauf hinwirken, dass Missstände behoben werden. Selbsteinschätzungen und externe Nachhaltigkeitsaudits können allein nicht als Nachweis dazu dienen, dass Sie ihrer Sorgfaltspflicht nachgekommen sind. Wir erwarten nun, dass Sie nicht bei diesem Schritt stehen bleiben und selbstständig aktiv werden, um präventiv menschenrechtliche Risiken in ihren Lieferketten zu minimieren. Welche umweltbezogenen und menschenrechtlichen Risiken haben Sie in Ihren Lieferketten identifiziert? Letztes Jahr haben Sie laut Geschäftsbericht fanden dazu 33 Prüfungen statt. Was war dazu der konkrete Anlass und welche Maßnahmen werden nun ergriffen?

Das EU-Lieferkettengesetz (CSDDD) nimmt weiter konkrete Formen an. Vor zwei Wochen hat der Rechtsausschuss des Europäischen Parlaments seine Positionierung zum EU-Lieferkettengesetz beschlossen. Wie bewerten Sie diese Positionierung und werden Sie Einfluss auf den politischen Prozess nehmen?

Virtuelle Hauptversammlung:

Wir stimmen gegen Tagesordnungspunkt 9b: Satzungsänderung virtuelle Hauptversammlung und haben dazu auch einen Gegenantrag eingereicht.

Das Format und die Art und Weise, wie eine Hauptversammlung durchgeführt wird, betreffen elementare Aktionärsrechte. Daher sollte die Hauptversammlung und nicht der Vorstand darüber entscheiden, zu welchen Bedingungen bzw. in welchem Format zukünftige Hauptversammlungen durchgeführt werden sollen. Zudem sollte die Hauptversammlung auch darüber entscheiden dürfen, ob als weitere Option ein hybrides Format umgesetzt werden soll, welches die Vorteile einer Präsenz-Hauptversammlung mit jenen einer rein virtuellen Veranstaltung vereint.

Planen Sie, die Möglichkeit einer hybriden Hauptversammlung zu prüfen? Bitte begründen Sie Ihre Antwort. Wissen Sie schon Pläne, ob die nächste Hauptversammlung rein virtuell oder wieder in Präsenz stattfinden soll?

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

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