Untragbare Arbeitsbedingungen, Unterdrückung von Gewerkschaftsarbeit und ineffektiver Klimaschutz: Unsere Gegenanträge

Zu Tagesordnungspunkt 3: Entlastung der Mitglieder des Vorstands

Der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre beantragt, den Mitgliedern des Vorstands die Entlastung zu verweigern.

Begründung:

Der Vorstand hat es erneut versäumt, effektive Maßnahmen für den Schutz von Klima und Menschenrechten umzusetzen.

Menschenrechte: Untragbare Arbeitsbedingungen und Unterdrückung von Gewerkschaftsarbeit

Es mehren sich Hinweise, dass der Vorstand menschenrechtliche Risiken selbst im eigenen Geschäftsbereich nicht hinreichend entsprechend dem Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) adressiert. Dies scheint vor allem in Bezug auf das Verbot der Missachtung der Koalitionsfreiheit, nach der Beschäftigte sich frei zu Gewerkschaften zusammenzuschließen oder diesen beitreten können, dies nicht als Grund für ungerechtfertigte Diskriminierungen oder Vergeltungsmaßnahmen genutzt werden darf sowie das Streikrecht und das Recht auf Kollektivverhandlungen. Hierzu haben wir erschreckende Informationen von Gewerkschaften aus dem Vereinigten Königreich als auch den USA erhalten:

Beschäftigte der Gewerkschaft Unite the Union bei DHL Aviation im Vereinigten Königreich befinden sich derzeit in einem Lohnstreit. Dieser ist von der Geschäftsleitung von DHL Aviation (UK) unnötigerweise eskaliert worden, indem sie Gewerkschaftsvertreter*innen schikaniert und das eigene Lohnangebot durchgesetzt hat, anstatt eine Einigung auszuhandeln. Ein Unite-Mitglied wurde entlassen und ein weiteres aufgrund falscher Anschuldigungen suspendiert. Gegen ein anderes Unite-Mitglied in einem benachbarten DHL-Lagerhaus wurde ebenfalls ein Disziplinarverfahren eingeleitet, weil es die Beschäftigten beim Streik unterstützt hatte. DHL hat sogar einen Beschäftigten daran gehindert, am London-Marathon teilzunehmen (siehe auch unseren Gegenantrag zu TOP 7).

In den letzten zwei Jahren haben die Beschäftigten des größten DHL-Drehkreuzes in den USA, dem Flughafen CVG in Kentucky, eine Gewerkschaft gegründet. Vorgesetzte bezeichnen die Beschäftigten als „Häftlinge“ und behandeln sie, als ob sie ein Gefängnis leiten würden.[1] Die Beschäftigten leben in einer Kultur der Einschüchterung, Angst und Missachtung. So dürfen sie etwa nicht einmal die Toilette ohne Erlaubnis benutzen. Manche tragen beim Sortieren von Paketen sogar Windeln. 2023 wurde ein afroamerikanischer Arbeiter von seinem Gabelstapler gezogen und von seinem weißen Vorgesetzten (der noch immer ungestraft für DHL arbeitet) tätlich angegriffen.

Der Arbeitsschutz ist unzureichend, was täglich zu gefährlichen Situationen führt. Beschäftigte wurden von Flugzeugen zerquetscht, von Metallkisten aufgespießt, erlitten Knochenbrüche und andere schwere Verletzungen, die so häufig vorkommen, dass ein Zeltkrankenhaus eingerichtet wurde, um auf Verletzungen zu reagieren. Beschäftigte mussten sogar mehrmals im Monat mit Rettungsflügen ausgeflogen werden!

Angesichts dieser Bedingungen begannen die Beschäftigten, eine Gewerkschaft zu gründen. Zunächst beantragten die Ramp & Tug-Beschäftigten eine Wahl, mussten jedoch monatelange Anfechtungen seitens DHL über sich ergehen lassen. Während dieser Zeit führte die Leitung vor Ort eine aggressive gewerkschaftsfeindliche Kampagne durch und versuchten, die Beschäftigten zu einzuschüchtern, damit sie nicht für die Gewerkschaft stimmen.

Trotz dieser Kampagne setzten sich die Beschäftigten durch, konnten aber erst einen Tarifvertrag abschließen, nachdem ein Streik den DHL-Betrieb in den USA wenige Wochen vor Weihnachten lahmlegte. Dieser Tarifvertrag galt nur für die Beschäftigten von Ramp & Tug – weitere 1.500 Beschäftigte kämpfen trotz der anhaltenden Drohungen und Einschüchterungen noch immer um die Anerkennung ihrer Gewerkschaft.

Klimaschutz: Reduzierung der Emissionen nicht ausreichend

Die auf weiteres Wachstum ausgelegte Geschäftspraktik trägt zur Verfehlung des 1,5 Grad-Ziels des Pariser Klimaschutzabkommens bei. Der Vorstand muss dringend transparent und nachvollziehbar darlegen, wie genau die konzerneigenen Klimaziele erreicht werden sollen. Die gesamte Klimaschutzstrategie der Deutschen Post scheint eine einzige Wette darauf zu sein, dass es mit nachhaltigen Kraftstoffen im Luft- und Seefrachttransport schon irgendwie klappen wird.

Zwar haben sich die logistikbezogenen Treibhausgasemissionen von 2022 zu 2023 um 9,1 Prozent reduziert, liegen mit 36,7 Mio. t CO2e aber weiterhin auf einem enorm hohen Niveau. Das Problem dabei beschreibt DHL sehr treffend selbst im aktuellen Geschäftsbericht: Der Rückgang der Emissionen ist vor allem auf weniger Transporte bzw. Sendungen zurückzuführen, nicht aber maßgeblich auf die Klimaschutzmaßnahmen der DHL. Diese haben lediglich für eine Reduktion von 1,3 Mio. t CO2e gesorgt, kaum mehr als im Vorjahr.[2] Mit diesem Tempo könnte das Klimaziel 2030 selbst dann nicht erreicht werden, wenn die Entwicklung der Sendungsvolumina auf dem Niveau von 2023 stagnieren würde. So bleibt der Vorstand weiterhin den Nachweis schuldig, wie die eigenen Wachstumsziele, die mehr Transporte bedeuten, mit den eigenen Klimazielen für 2030 in Einklang gebracht werden sollen.

Zu Tagesordnungspunkt 6c: Wahlen zum Aufsichtsrat, Dr. Heinrich Hiesinger

Der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre beantragt, den Vorschlag des Aufsichtsrats abzulehnen, Herrn Dr. Heinrich Hiesinger erneut in den Aufsichtsrat zu wählen.

Begründung:

Herr Dr. Heinrich Hiesinger kann weder glaubwürdig noch unabhängig die Arbeit des Vorstands im Hinblick auf die Achtung grundlegender Menschenrechte kontrollieren.

Wir sind alarmiert, seit wir von der International Brotherhood of Teamster, der größten Gewerkschaft für Transportbeschäftigte in den USA und Kanada mit Tausenden von Mitgliedern bei DHL, über untragbare Arbeitsbedingungen bei DHL und den aktuellen Arbeitskämpfen der DHL-Beschäftigten in Kentucky erfahren mussten. Angesichts der aktuellen Situation der Beschäftigten am Flughafen CVG in Kentucky muss DHL so handeln, dass diese unterstützt werden und die Kampagne gegen sie beendet wird.

Angesichts dieser katastrophalen Bilanz von DHL bei den Menschenrechten vor Ort sehen wir Heinrich Hiesinger nicht als geeignet an, den Vorstand weiter entsprechend zu kontrollieren, gerade auch mit Blick auf seine Mitgliedschaft im wichtigen Strategie- und Nachhaltigkeitsausschuss.

Während seiner Zeit als stellvertretender Vorstandsvorsitzender und dann Vorstandsvorsitzender von Thyssenkrupp leitete Herr Hiesinger eine arbeitnehmerfeindliche und aggressive gewerkschaftsfeindliche Kampagne, die grundlegende Arbeitnehmerrechte in den USA mit Füßen trat. Die Geschichte der Beschäftigten bei Thyssenkrupp in Alabama erinnert an das, was die DHL-Beschäftigten in Kentucky derzeit erleben.

Dr. Heinrich Hiesinger und die Thyssenkrupp-Beschäftigten in Alabama

Als Thyssenkrupp-Beschäftigte 2010/2011 begannen, sich in der Gewerkschaft USW zu organisieren, reagierte das Unternehmen mit einer aggressiven Kampagne, um diese zu zerschlagen. Die Leitung des Stahlwerks teilte neuen Beschäftigten mit, dass das Unternehmen gewerkschaftsfrei sei und dies auch bleiben werde, und hielten Versammlungen mit gewerkschaftsfeindlichen Reden. Mit der Kampagne überschritt das Unternehmen rechtliche Grenzen – beim National Labor Relations Board wurde Beschwerde eingelegt. Es wurde dabei festgestellt, dass die Leitung den Beschäftigten gedroht und sie über den Verlust von Leistungen belogen hatte; sie Gewerkschaftsaktivitäten der Beschäftigten nicht nur ausspioniert hatte, sondern auch den Beschäftigten verboten hatte, am Arbeitsplatz über die Gewerkschaft zu sprechen, und Gewerkschaftsanhänger bestraft hatte, wenn sie dies taten.

Aktueller Kampf der DHL-Beschäftigten

In den letzten zwei Jahren haben die Beschäftigten des größten DHL-Drehkreuzes in den USA, dem Flughafen CVG in Kentucky, eine Gewerkschaft gegründet. Vorgesetzte bezeichnen die Beschäftigten als „Häftlinge“ und behandeln sie, als ob sie ein Gefängnis leiten würden.[3] Die Beschäftigten leben in einer Kultur der Einschüchterung, Angst und Missachtung. So dürfen sie etwa nicht einmal die Toilette ohne Erlaubnis benutzen. Manche tragen beim Sortieren von Paketen sogar Windeln. Im Jahr 2023 wurde ein afroamerikanischer Arbeiter von seinem Gabelstapler gezogen und von seinem weißen Vorgesetzten (der noch immer ungestraft für DHL arbeitet) tätlich angegriffen.

Der Arbeitsschutz ist unzureichend, was täglich zu gefährlichen Situationen führt. Beschäftigte wurden von Flugzeugen zerquetscht, von Metallkisten aufgespießt, erlitten Knochenbrüche und andere schwere Verletzungen, die so häufig vorkommen, dass ein Zeltkrankenhaus eingerichtet wurde, um auf Verletzungen zu reagieren. Beschäftigte mussten sogar mehrmals im Monat mit Rettungsflügen ausgeflogen werden!

Angesichts dieser Bedingungen begannen die Beschäftigten, eine Gewerkschaft zu gründen. Zunächst beantragten die Ramp & Tug-Beschäftigten eine Wahl, mussten jedoch monatelange Anfechtungen seitens DHL über sich ergehen lassen. Während dieser Zeit führte die Leitung vor Ort eine aggressive gewerkschaftsfeindliche Kampagne durch und versuchten, die Beschäftigten zu einzuschüchtern, damit sie nicht für die Gewerkschaft stimmen.

Trotz dieser Kampagne setzten sich die Beschäftigten durch, konnten aber erst einen Tarifvertrag abschließen, nachdem ein Streik den DHL-Betrieb in den USA wenige Wochen vor Weihnachten lahmlegte. Dieser Tarifvertrag galt nur für die Beschäftigten von Ramp & Tug – weitere 1.500 Beschäftigte kämpfen trotz der anhaltenden Drohungen und Einschüchterungen noch immer um die Anerkennung ihrer Gewerkschaft.

Verstöße gegen Gesetze, Unternehmenspolitik und internationale Menschenrechte

DHL in Kentucky verstößt gegen den DHL-eigenen Verhaltenskodex, in dem es heißt: „Unseren Mitarbeitern steht es frei, einer Gewerkschaft oder Arbeitnehmervertretung ihrer Wahl beizutreten oder nicht beizutreten, ohne dass sie bedroht oder eingeschüchtert werden.“ Außerdem hat DHL auf nationaler Ebene in den USA und international mehrere Vereinbarungen unterzeichnet, in denen es sich verpflichtet, die Vereinigungsfreiheit der Arbeiter zu achten und die grundlegenden Menschenrechte zu respektieren, wie sie im US-amerikanischen und deutschen Arbeitsrecht, im Lieferkettengesetz und in der Internationalen Arbeitsorganisation garantiert sind.


[1] https://www.youtube.com/watch?v=PQBn91SJWkk

[2] DHL Group Geschäftsbericht 2023, S. 66

[3] https://www.youtube.com/watch?v=PQBn91SJWkk

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