31 Fragen zur Hauptversammlung der BMW AG: Klimaschutz, Lieferkettengesetz, Produktion, Modellpolitik, Verkehrwwende, menschenrechtliche Sorgfaltspflichten, Indigene Guarani und brasilianisches BMW-Werk, Kurzarbeitergeld und Dividende, Autobahnanschluss durch das Münchner Hasenbergl
A. Klimaschutz, menschenrechtliche Sorgfaltspflichten und Lieferkettengesetz
- Die EU-Kommission hat einen Entwurf für ein EU-Lieferkettengesetz vorgestellt, das europaweit verpflichtende Menschenrechts- und Umweltstandards für Unternehmen schaffen soll. Wie ist Ihre Position zu diesem Gesetzentwurf? Welche Regeln finden Sie sinnvoll? Welche Kritikpunkte haben Sie?
- Ab 2023 müssen Sie gemäß deutschem Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) vorbeugend gegen menschenrechtliche Verstöße im Rahmen Ihrer Auslandsgeschäfte bzw. bei Ihren Zulieferern vorgehen. Was haben Sie konkret dazu an Ihren bisherigen Aktivitäten zur Erfüllung Ihrer menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten geändert?
- Laut ihrer integrierten Nachhaltigkeitsstrategie verringert die BMW AG im Vergleich zu 2019 den CO2-Abdruck pro Fahrzeug in der Produktion um 80% und in der Lieferkette um mindestens 20% bis 2030. Bis 2050 versprechen Sie eine klimaneutrale gesamte Wertschöpfungskette. Beinhaltet Ihr Konzept der Klimaneutralität Emissionsausgleichsgutschriften und in welchem Umfang?
- Schließen die Ziel-Angaben der CO2-Emissionseinsparungen der BMW AG bis 2030 CO2-Ausgleichszertifikate ein und in welchem Umfang?
- Zu welchen Anteilen hat BMW im Geschäftsjahr 2021 Palladium, Kupfer, Raffinadenickel, Titan und Eisenerzerzeugnisse aus der Russischen Föderation bezogen?
- Plant BMW diese Einfuhren aus Russland einzustellen und wenn ja, bis wann?
- Aus welchen Ländern will BMW die Rohstoffe Palladium, Kupfer, Raffinadenickel, Titan und Eisenerzerzeugnisse ersetzen? Bitte schlüsseln Sie dies nach den genannten Rohstoffen getrennt auf.
- Von welchen Lieferanten haben Sie 2021 Platinmetalle, Kobalt, Lithium, Nickel und Kupfer in welchem Umfang bezogen? Wie sieht dies aktuell aus?
- 2018 hat BMW bekannt gegeben, mit dem staatseigenen Kupferproduzenten Codelco aus Chile zu kooperieren. Dabei wollten Sie sich dafür einsetzen, die Transparenz in der Kupferlieferkette zu erhöhen und Nachhaltigkeit vom Rohstoffabbau bis zur Verbauung im Fahrzeug sicherzustellen. Seitdem ist von dieser Kooperation nicht mehr viel zu hören.
– Gibt es sie noch und welche Ergebnisse wurden seitdem erreicht?
– Welche Menge Kupfer nahm BMW in den Jahren 2019, 2020 und 2021 von Codelco ab?
– Wie hoch war der Anteil des Codelco-Kupfers am gesamten Kupferbedarf der BMW AG? - Das Lieferkettengesetz sieht unter anderem vor, dass BMW auf Hinweise von Nichtregierungsorganisationen auf Menschenrechtsverletzungen in der Lieferkette reagieren muss. Das Unternehmen muss dann wirksame Abhilfemaßnahmen ergreifen und darüber berichten. Ist BMW schon jetzt bereit, mit Nichtregierungsorganisationen über konkrete Menschenrechtsverletzungen bei Lieferanten in den Austausch zu treten?
- Gab es im abgelaufenen Geschäftsjahr Menschenrechts- und Umweltklagen gegen die BMW AG? Wenn ja, dann nennen Sie die drei gravierendsten Fälle.
- Seit 2015 ist das 200 Millionen Euro teure BMW-Werk in Araquari im brasilianischen Bundesstaat Santa Catarina in Betrieb und fertigt dort Automobile für den südamerikanischen Markt. In direkter Nähe zum Werk leben indigene Guarani in ihren eigentlich gesetzlich geschützten Territorien Piraí, Pindoty und Tarumã. Die Guarani werfen BMW die Verletzung ihrer Grund-, Menschen- und Umweltrechte vor und fordern den Autokonzern auf, den Entschädigungs- und Abmilderungsplan für die Auswirkungen des Werks Araquari wie seit Jahren versprochen endlich umzusetzen. Es geht dabei um die gesetzlich vorgeschriebene Umsetzung der im Umweltverträglichkeitsverfahren festgelegten sogenannten „indigenen Komponente“, kurz CI-PBA. Die CI-PBA wurde nach langen Debatten von den Guarani im Jahr 2019 genehmigt, wurde aber von der Firma nie umgesetzt, so die Kritik der Indigenen. Das BMW-Werk wurde im Jahr 2013 in der Region errichtet und 2015 in Betrieb genommen, ohne dass die indigenen Gemeinschaften zuvor frei und in Kenntnis der Sachlage konsultiert wurden. Genau dies ist aber der Kern der FPIC, der freien, vorherigen und informierten Konsultation, wie sie internationale Normen wie die UNDRIP oder die gerade erst vergangenes Jahr von auch Deutschland ratifizierten ILO 169 definieren, und es ist diese FPIC, die BMW so vollmundig in der firmeneigenen „BMW Group Supplier Sustainability Policy Version 2.0“ zitiert. Unsere Frage hierzu: Hat BMW auf den Beschwerdebrief der Guarani geantwortet?
B. Indigene Guarani in Brasilien und das BMW-Werk - Ist BMW bereit, endlich eine angemessene Konsultation der vom Werk betroffenen Indigenen in freier, vorheriger und informierter Form wie von der ILO 169 und der UNDRIP sowie durch die brasilianische Gesetzgebung vorgeschrieben durchzuführen und den berechtigten Forderungen der Guarani endlich Rechnung zu tragen?
- Wie verträgt sich die Missachtung der indigenen Rechte durch BMW mit der firmeneigenen Policy zum Schutze indigener Rechte?
- Welche konkreten Schritte hat BMW eingeleitet, um der im vergangenen Jahr von Deutschland ratifizierten ILO 169 zum Schutze der Rechte indigener Völker Rechnung zu tragen und deren Gewährleistung zu garantieren?
C. Produktion, Modellpolitik und Verkehrswende - Noch immer verkauft BMW zum weitaus überwiegenden Teil Autos mit Verbrennungsmotoren und es gibt beim aktuellen Portfolio erheblichen Verbesserungsbedarf. Große, schwere Autos egal ob als reiner Verbrenner, als Plug-in-Hybrid oder als E-Auto sind das Gegenteil von Nachhaltigkeit; sie sind Ressourcenfresser. Je höher die Leistung, desto höher der Energieverbrauch. Bei Autos mit Verbrennungsmotor ist das offensichtlich, aber natürlich ist auch nicht jedes E-Auto ein Ökomobil. Sollte BMW nicht einen höheren Anteil des Unternehmensgewinns in den Konzernumbau und in die Entwicklung umweltfreundlicher und ressourceneffizienter Fahrzeuge investieren, anstatt eine derart hohe Dividende auszuschütten?
- Seit diesem Jahr muss BMW aus den in Europa verkauften Neufahrzeugen ausgelesene Realdaten über den tatsächlichen Verbrauch ihrer Fahrzeuge an die EU übermitteln. Bei Plug-in-Hybriden ist die Differenz zwischen den übermittelten durchschnittlichen Verbräuchen auf der Straße zu den Werksangaben besonders hoch. Planen Sie, ihre Kund*innen unter Zuhilfenahme dieser Realwerte besser über die Kraftstoff- und Stromverbräuche der Fahrzeuge im Realbetrieb zu informieren? Wenn nein, warum nicht?
- Wie plant BMW insbesondere die Käuferinnen und Käufer von Plug-in-Hybriden zukünftig besser über die bei unterschiedlichen Nutzungsprofielen unterschiedlich hohen realen Kraftstoffverbräuche zu informieren?
- BMW hat sich in der Vergangenheit vor allem auf die Einhaltung theoretischer Normwerte konzentriert. Wann beendet das Unternehmen diese Praxis und verlegt sich auf die Reduzierung von Realverbräuchen?
- Wie hoch sind die durchschnittlichen, realen CO2-Emissionen der im Jahr 2021 in Europa verkauften Neufahrzeuge mit Verbrennungsmotor und wie hoch die der Plug-in-Hybride?
- BMW war mit dem Modell I3 ein Vorreiter bei der Entwicklung rein batterieelektrischen Pkw und hätte mit einer konsequenten Weiterverfolgung dieses Weges zum Weltmarktführer dieser Technologie werden können. Warum wurde dieser Weg von der BMW AG nicht weiterverfolgt?
- Wie will die BMW AG Kund*innen, die jetzt beim erfolgreichen Mitbewerber Tesla fündig wurden, zurückgewinnen?
- Wann wird BMW das letzte Fahrzeug mit Verbrennungsmotor bauen?
- Bereits 2018 mahnten BMW-Mitarbeiter*innen den frühzeitigen Einstieg in die eigene Batteriezellenfertigung an. Der BMW-Betriebsratsvorsitzende Manfred Schoch erkannte schon damals, dass die Batteriezelle künftig das „Herzstück des Autos“ sein würde. Warum hat BMW so lange gewartet und sich von Herstellern in China und Südkorea abhängig gemacht?
- Die BMW Group und Mercedes-Benz Mobility haben am 3. Mai 2022 bekannt gegeben, dass sie ihre gemeinsame Carsharing-Tochter „Share Now“ – vorbehaltlich einer Genehmigung durch die Kartellbehörden – an den Stellantis-Konzern verkaufen möchten. Warum setzt BMW ein Projekt, das für die zukunftsweisende Verkehrswende steht, nicht fort?
- Wie hoch wird der Erlös aus dem Verkauf von „Share Now“ sein und worin soll er investiert werden?
D. Kurzarbeitergeld und Dividende - Während die BMW AG im Geschäftsjahr 2021 ein längst aus Steuermitteln finanziertes Kurzarbeitergeld für breite Teile seiner Belegschaft erhalten hat, schüttet sie mehr als 3,8 Milliarden Euro als Dividende aus. Mit 5,80 Euro je Stückaktie ist das eine Steigerung von 3,90 Euro gegenüber dem Vorjahr. Im Ergebnis werden so Steuergelder, die Beschäftigung sichern und Pleiten verhindern sollten, als Gewinnausschüttungen an Aktionär*innen weitergeleitet. Sieht so Umverteilung à la BMW aus?
- Hätte die Dividende nicht weit niedriger ausfallen müssen um mehr Mittel in die Forschung und Entwicklung von Batteriezellen und ressourceneffiziente Fahrzeugen investieren zu können?
E. Autobahnanschluss durch das Hasenbergl in München - BMW setzt sich für den Bau eines Autobahnanschlusses direkt durch das Viertel Hasenbergl in München ein. Beim Bau würden Grünstreifen, Parks, Sport- und Spielplätze zerstört und mehr Abgase, Lärm und eine riesige Tunnelbaustelle entstehen. Wie bewerten Sie vor dem Hintergrund der Klimakatastrophe den Bau neuer Autobahnen und Autobahnanschlüsse?
- Finden sie es legitim, für die Interessen Ihres Konzerns die Menschen im Hasenbergl durch Lärm und mehr Abgase zu belasten und Natur vor Ort zu zerstören?
- Stimmt es, dass im Falle des Nichtbaus des Autobahnanschlusses 6000 Arbeitsplätze nicht umgesetzt werden? Und wenn ja, finden sie dieses Verhalten legitim?