Konzerne für Klimaschutz und Menschenrechte?

Achtung von Lieferkettengesetz und Pariser Klimaschutzabkommen kritisch begleiten

Interessieren sich deutsche Konzerne, die auf schnelle Erträge ausgelegt sind, nicht für das Allgemeinwohl der Menschheit und die Zukunft des Planeten? Konzernvorstände würden da vehement widersprechen und auf ihre individuellen Bemühungen für den Klimaschutz verweisen – und auf die gesellschaftliche Erwartungshaltung, einen solchen Beitrag auch zu leisten. Denn ob UN-Nachhaltigkeitsziele (SDGs), Global Compact oder Pariser Klimaschutzabkommen: Überall wird Unternehmen eine entscheidende Rolle bei der Lösung der globalen Probleme zugeschrieben.

Doch alle Vereinbarungen setzen auf freiwilliges Engagement der Konzerne, es gibt keinen gesetzlichen Rahmen, geschweige denn einen Sanktionsmechanismus, um Unternehmen auf menschenrechtliche Sorgfalt oder Kompatibilität mit dem 1,5-Grad-Ziel zur Begrenzung der Erderwärmung zu verpflichten. Verschiedene zivilgesellschaftliche Initiativen fordern daher eine gesetzliche Regulierung, von der nationalen bis zu UN-Ebene. Sie alle verweisen auf eine gravierende Leerstelle der Globalisierung, in der zwar Unternehmen Staaten wegen Investitionsverlusten verklagen können, Opfer von Menschenrechtsverletzungen hingegen kaum Klagemöglichkeit bei unterlassenen Sorgfaltspflichten durch Mutterkonzerne haben.

Mit dem im Juni 2021 verabschiedeten Sorgfaltspflichtengesetz („Lieferkettengesetz“) wird es nun erstmals in Deutschland einen einheitlichen, rechtsverbindlichen Rahmen geben, wie größere Unternehmen ihrer menschenrechtlichen Sorgfaltspflicht nachkommen müssen. Die Bundesregierung hat mit dem Gesetz endlich die Konsequenz aus dem nachweislich gescheiterten Prinzip der freiwilligen Unternehmensverantwortung beim Schutz von Menschenrechten und Umweltstandards gezogen.

Richtigerweise verweisen die Unternehmen auf das Primat der Politik und darauf, dass nicht sie, sondern Staaten für die Einhaltung von Menschenrechten und Klimaschutzzielen verantwortlich sind. Dennoch gibt es eine eindeutige unternehmerische Verantwortung, Menschenrechtsverletzungen in den eigenen Lieferketten nicht zu tolerieren. Hierbei haben gerade die global agierenden deutschen Großkonzerne einen großen Einfluss – und mit dem Lieferkettengesetz in Deutschland wird es erstmals einen klaren, rechtsverbindlichen Rahmen dafür geben, wie die menschenrechtliche Risikoanalyse bei größeren Unternehmen samt proaktiver Maßnahmen auch durchgeführt werden muss. Mit unserem Projekt möchten wir die Anpassung und Umsetzung der unternehmerischen Pflichten, die sich aus dem Lieferkettengesetz ergeben, kritisch und vor allem in Zusammenarbeit mit unseren Partnerorganisationen aus dem Globalen Süden analysieren und, wenn nötig, öffentlich Nachbesserungen und Gesetzeskonformität einfordern.

Doch welchen Einfluss oder welche Hebelwirkung haben deutsche Konzerne in konkreten Fällen, z.B. bei der Verhinderung illegaler Abholzung in Amazonien, dem Import von Steinkohle oder bei der Finanzierung oder Rückversicherung von umstrittenen Infrastrukturprojekten? Hier führen Unternehmen oft an, dass mit einer Beendigung der Geschäftsbeziehung als Ultima Ratio keinem geholfen sei, sondern kontinuierlicher Dialog bessere Ergebnisse für Menschen und Umwelt vor Ort bringe. Nun werden sie in vielen Fällen zumindest eigenes Engagement transparent machen und welche Verbesserungen von Zulieferern oder Geschäftspartnern eingefordert werden.

Gerade beim Klimaschutz verweisen die Großkonzerne auf ihren begrenzten Einfluss. Was bringt es, in Deutschland ein effizientes Kohlekraftwerk vom Netz zu nehmen, wenn doch weltweit weit weniger effiziente Kohlekraftwerke in Betrieb genommen werden? Doch auch hier haben gerade deutsche Banken und Versicherungskonzerne einen großen Einfluss auf die weitere Finanzierung klimaschädlicher Projekte. Zudem müssen sich Unternehmen auch um die Reduzierung ihrer indirekten CO2-Emissionen, welche u.a. die Liefer- bzw. Wertschöpfungsketten (sog. Scope 3) mit einbezieht, bemühen. Hier stellt sich dringlicher denn je die Frage, wie globales Wirtschaften innerhalb der planetarischen Grenzen tatsächlich nachhaltig umgesetzt werden kann. Erste konkrete Schritte sollten der unmittelbare Rückzug von Geldanlagen aus Kohle, Erdöl oder Gas sein und verbindliche Sorgfaltsregeln bei Lieferketten sollten festgelegt werden.

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