Gegenantrag

A320neo der Lufthansa. Foto: Anna Zvereva, CC BY-SA 2.0

Zu Tagesordnungspunkt 3: Entlastung der Mitglieder des Vorstands für das Geschäftsjahr 2018

Der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre beantragt, den Mitgliedern des Vorstands die Entlastung zu verweigern.

Begründung:

Der Vorstand der Lufthansa AG kommt nicht hinreichend seiner Verantwortung nach, wirksamere Maßnahmen für den Klimaschutz umzusetzen. Die bisherigen Maßnahmen reichen nicht aus, um einen angemessenen Beitrag zum Erreichen der Ziele des Pariser Klimaschutzabkommens und der UN-Nachhaltigkeitsagenda 2030 zu leisten, zu denen sich die Lufthansa AG bekannt hat.

In 2018 verzeichnete die Lufthansa AG einen CO2-Emissionsanstieg um 7 Prozent von 30,4 Mio. Tonnen auf 32,6 Mio. Tonnen. In Anbetracht dessen scheint das Ziel CO2-neutralen Wachstums in 2020, welches von der Internationalen Zivilluftfahrtorganisation (ICAO) vorgeschrieben ist, unrealistisch. Um dieses Ziel doch noch zu erreichen, will die Lufthansa Maßnahmen in vier Bereichen ergreifen: technischer Fortschritt, verbesserte Infrastruktur, operative Maßnahmen und ökonomische Instrumente. Diese Maßnahmen scheinen jedoch nicht ausreichend zu sein.

Flottenausweitung schmälert Klimabilanz

Im Bereich technischer Fortschritt erklärt die Lufthansa Group, im Jahr 2018 insgesamt 11 Flugzeuge abgestoßen zu haben. Demgegenüber sind insgesamt 46 zusätzliche Flugzeuge in die Flotte aufgenommen worden. Doch davon zeichnet sich nur ein kleiner Teil durch signifikant geringere Emissionswerte aus (sechs Airbus A350-900, rund 25 Prozent weniger Emissionen). Bis Ende des Jahres 2025 will Lufthansa zusätzlich zur aktuellen Flotte, bestehend aus 763 Flugzeugen, 193 neue Flugzeuge mit ähnlich niedrigeren Emissionswerten ordern. Um bis 2025 ceteris paribus durch 193 neue Flugzeuge mit 25 Prozent geringeren Emissionswerten den Effekt auf die CO2-Bilanz von Lufthansa neutral zu halten, müssten mehr als 145 alte Flugzeuge aus der bestehenden Flotte ausgemustert werden. Dies scheint nicht geplant zu sein.

Keine Biokraftstoffe in Sicht

Im Geschäftsbericht 2018 heißt es, die Lufthansa beteilige sich seit mehreren Jahren an der Erforschung und dem Einsatz von alternativen Kraftstoffen im Flugverkehr. Demnach verzeichne das auch vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie geförderte Forschungsprojekt airegEM CO2-Einsparungserfolge beim Biokraftstoff ATJ-SPK von bis zu 50 Prozent. Spätestens ab 2030 sollen laut ICAO Bio-Treibstoffe bei der Erreichung der Klimaschutzziele eine zentrale Rolle spielen. Wieso der Forschungserfolg von airegEM in Kombination mit den Zielvorgaben von ICAO von Flugunternehmen nicht zum Anlass genommen wird, auf Betankung durch Biokraftstoff umzustellen, ist nicht nachvollziehbar.

Seit 2016 hat sich Lufthansa an keinen Projekten zum Praxiseinsatz erneuerbarer Kraftstoffe mehr beteiligt. Ein Grund für die Untätigkeit der Lufthansa AG in diesem Bereich könnte im hohen Preis für Biokraftstoff verglichen mit billigem Kerosin liegen. Es scheint, als würden Klimaschutzziele durch Lufthansa nur dann forciert, wenn diese im Einklang mit Gewinnsteigerung stehen. In den Bereichen ‚verbesserte Infrastruktur‘ und ‚operative Maßnahmen‘ werden CO2-Einsparungen forciert – da diese den Gewinn steigern. Aufgrund des schon jetzt nach Effizienzkriterien ausgerichteten Charakters dieser Bereiche wird der künftige Fortschritt keine global signifikanten CO2-Reduktionen erbringen können.

Carbon Offsetting statt Selbstdisziplin

Schafft es die Lufthansa nicht, ihre CO2-Emissionen ab 2021 konstant zu halten – und es sieht nicht danach aus – muss sie laut dem Übereinkommen zum Klimaschutz CORSIA (Carbon Offsetting and Reduction Scheme for International Aviation) des ICAO ab 2021 wachstumsbedingte CO₂-Emissionen im internationalen Luftverkehr durch den Zukauf von CO2-Emissionseinheiten kompensieren.

Dies soll laut Lufthansa durch den Klimakompensationsanbieter ‚myclimate‘ geschehen. myclimate landete bei einer Bewertung von Klimakompensationsanbietern der Stiftung Warentest 2018 nur im unteren Mittelfeld (Platz 4 von 6). Vor allem mangelnde Transparenz führte zu einem mittelmäßigen Abschneiden (Note 2,5). Dies ist besorgniserregend, da CO2-Kompensationsprojekte häufig das Problem der ‚Additionalität‘ aufweisen. Nur durch transparente Standards kann sichergestellt sein, dass das Projekt wirklich die Menge CO2 mehr einspart die ohne Projekt nicht eingespart worden wäre.

Ein weiteres Problem ist der Effekt der Aktivitäten institutioneller CO2-Kompensierer auf den CO2-Preis. Durch einen großen Anstieg der Anzahl handelbarer CO2-Zertifikate besteht die Gefahr, dass zu viele Zertifikate auf den Markt kommen und der CO2-Preis hierdurch stark sinkt. Ein effektiver Klimaschutz wird so eher verhindert als gefördert.

Neben den in CO2-Kompensationsprojekten inhärenten methodologischen Problemen ist an dieser Stelle zu betonen, dass sich die Lufthansa durch Investition in solche Projekte CO2-Wachstumsneutralität ‚erkauft‘. Für ein nachhaltiges Klimaschutzengagement muss die Lufthansa deutlich stärker in die Markteinführung nachhaltiger Kraftstoffe investieren, anstatt sich freizukaufen.

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