Steigende CO2-Emissionen, unglaubwürdige Vergütung: Unsere Gegenanträge

Zu Tagesordnungspunkt 3: Entlastung der Mitglieder des Vorstands für das Geschäftsjahr 2023

Der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre beantragt, den Mitgliedern des Vorstands die Entlastung zu verweigern.

Begründung:

Der Vorstand der Deutschen Lufthansa AG kommt weiterhin nicht hinreichend seiner Verantwortung nach, wirksamere Maßnahmen für den Klimaschutz umzusetzen. Er setzt weiterhin auf fragwürdige Kompensationssysteme bzw. Offsetting, anstatt die Priorität auf den Umbau der Flotte und Entwicklung nachhaltigerer Transportmöglichkeiten zu setzen.

Mehr statt weniger: Weiter steigende CO2-Emissionen bei der Lufthansa

Die absoluten CO₂-Emissionen aus der Verbrennung von Flugkraftstoff durch Lufthansa-Flugzeuge im Jahr 2023 sind gegenüber 2022 um 16 Prozent auf nun 26,8 Mio. Tonnen angestiegen. Weiterhin ist die Lufthansa hauptsächlich auf fossile Kraftstoffe angewiesen. Zudem blieb im Geschäftsjahr 2023 der „Effizienzgewinn hinter den Erwartungen zurück“, wie aus dem Geschäftsbericht 2023 deutlich wird. Daher können die Klimaziele nicht glaubwürdig mit den Wachstumszielen vereint werden.

Die Reduzierung sämtlicher Emissionen muss aktiv vorangetrieben werden. Voraussetzung für eine fundierte Bewertung der Klimaschutzbemühungen ist, dass alle Daten umfassend und verlässlich erfasst und veröffentlicht werden. Doch hat die Lufthansa die Daten für die Scope 2 und 3-Emissionen für das Berichtsjahr 2023 noch nicht veröffentlicht.

Neue Lufthansa-Tochter City Airlines: Mehr innerdeutsche Flüge als Konkurrenz zur Bahn

Im Sommer 2024 soll die neue Lufthansa-Tochter City Airlines ihren Flugbetrieb aufnehmen. Dabei sollen voraussichtlich sechs der neun Verbindungen innerdeutsch sein. Der Plan ist dabei nicht etwa, die bisherigen Lufthansa-Verbindungen zu ersetzen, sondern das Kurzstreckenflugangebot sogar noch weiter auszubauen – mit großen Expansionszielen für die kommenden Jahre. Jedoch braucht es vielmehr einen Fokus auf diejenigen (Langstrecken-)Flüge, die nicht mit klimafreundlicheren Transportmitteln ersetzt werden können. In Anbetracht der geringen Mengen von synthetischen Kraftstoffen, die in den nächsten Jahren produziert werden können, sollten diese lediglich für Langstreckenflüge genutzt werden – Kurzstreckenflüge oder andere vermeidbare Flüge sollten aus Verantwortung für Mensch und Umwelt gestrichen werden.

Die Ticketpreise der neuen Lufthansa-Tochter sollen im Vergleich zur Lufthansa Kernmarke geringer sein, was auch deshalb möglich sein soll, da die Lufthansa plant, die Personalkosten ihrer neuen Tochter und somit auch die Standards für die eigenen Mitarbeiter*innen zu senken. Zudem schaffen niedrige Ticketpreise grundsätzlich Anreiz zum Fliegen. Kurzstreckenflüge weisen hierbei im Vergleich zu Langstreckenflügen sogar noch höhere spezifische CO2-Emissionen auf.

Durch den Ausbau des Kurzstreckenangebots kommt die Deutsche Lufthansa AG in direkte Konkurrenz mit der Bahn. Dies steht in Widerspruch mit dem Bestreben der Lufthansa, intermodale Transportangebote auszubauen. Die Ambitionen der Lufthansa, Kooperationen mit nationalen Bahngesellschaften wie der Deutsche Bahn auszubauen, um Alternativen zur An- und Abreise mit Flugzeugen von und zu den Drehkreuzen zu organisieren, wirkt dadurch weniger glaubwürdig. In diesem Fall widerspricht sich die Lufthansa sogar selbst, wie im Geschäftsbericht 2023 deutlich wird: „Die Lufthansa Group möchte (…) möglichst viele der Passagiere, die über ihre Drehkreuze reisen, für eine intermodale An- oder Abreise gewinnen, um die Anzahl besonders kurzer Flüge zu reduzieren“.

Mit dem Ausbau des Kurzstreckennetzes setzt die Lufthansa auch dieses Jahr weiter auf generelles Wachstum, anstatt realistische Umbaupläne mit weniger Flugverkehr zu erarbeiten. Wenn die Lufthansa ihre eigenen Klimaziele ernst nimmt, kann sie jedoch nicht weiter auf den grundsätzlichen Ausbau des Flugverkehrs setzen – vor allem dann nicht, wenn, wie geplant, die Kurzstreckenflüge der Lufthansa noch bis mindestens 2045 größtenteils auf herkömmlicher Technik bedient werden sollen.

Es bleibt bis dato fraglich, wie die Lufthansa ihren ambitionierten konzerneigenen Klimazielen bei gleichzeitigem Ausbau der Kurzstreckenflüge gerecht werden kann. So rückt das Ziel der Klimaneutralität bis 2050 weiter in die Ferne. Nicht zuletzt wird die Umweltbelastung ohne Notwendigkeit vergrößert statt verringert. Das Risiko, andere Airlines könnten vermehrt in den Markt für innerdeutsche Flüge eintreten, ist verschwindend gering: Die Marktgebühren sind dazu sehr hoch.[1]

Zu Tagesordnungspunkt 5: Billigung des Vergütungsberichts

Der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre beantragt, den Vergütungsbericht für das Geschäftsjahr 2023 nicht zu billigen.

Begründung:

Der Vorstand von Lufthansa wird für Leistungen unter anderem in Bezug auf die Steuerungsgröße „Mitarbeiter“ (Engagement Index) belohnt, erhoben mittels der jährlichen freiwilligen Mitarbeiterbefragung „involve me!“, was zu 10 Prozent in den Jahresbonus 2023 eingeht. Angesichts erheblicher Tarifkonflikte mit den Lufthansa-Beschäftigten in 2023 ist das nicht glaubwürdig. Neben den „sozialen“ Zielen „Kunde“ und „Mitarbeiter“, die zusammen zu 20% als Teil des Geschäfts- und Nachhaltigkeitsziels in den Jahresbonus eingehen, wird im Rahmen der variablen Vergütung in 2023 nicht ersichtlich, inwiefern Nachhaltigkeitsziele im Sinne von Klima- und Umweltschutz als eigenständige Bemessungsgrundlage berücksichtigt werden. Diese sollten als relevanter Vergütungsfaktor jedoch berücksichtigt werden, will die Lufthansa ihre konzerneigenen Emissionsreduktionsziele erreichen.

Der Deutsche Corporate Governance Kodex besagt, dass bei Vergütungsentscheidungen sowohl die Vergütung der Belegschaft als auch außerordentliche Entwicklungen berücksichtigt werden sollten, auch bei der Entscheidung, ob eine variable Vergütung gerechtfertigt ist. In diesem Fall hätte der Aufsichtsrat feststellen können, dass die andauernden Tarifauseinandersetzungen sowohl eine außergewöhnliche Entwicklung als auch einen aussagekräftigeren Ausdruck der Stimmung in der Belegschaft darstellen als ein einfaches Umfrageergebnis, und die Bonusgewährung entsprechend anpassen können.

Zudem zeigen die jüngsten Tarifkonflikte mit den Lufthansa-Beschäftigten, die teils nur mit Warnstreiks bzw. Schlichtung gelöst wurden, dass auch das Lohngefälle innerhalb des Konzerns aus dem Lot geraten ist. Es waren in erster Linie die Beschäftigten der Lufthansa, welche u.a. mit Gehaltsverzichten die größten Lasten durch die Corona-bedingte Krise geschultert haben.

Anstatt mit wenig Anstrengung zu erreichenden Zielen die Maximalvergütung für die Vorstandsmitglieder zu erhöhen, sollten die Gelder für Boni verstärkt in die Entwicklung und Ausbau nachhaltiger Kraftstoffe sowie einem spezifischeren Konzept zur Förderung der angestrebten Kreislaufwirtschaft bei allen Passagier-Airlines fließen.

In Anbetracht des Schuldenstandes von derzeit 2.940 Mio. Euro sollten könnten die Millionen für Boni auch besser für den Schuldendienst aufgebracht werden, um in Zukunft mehr finanzielle Möglichkeiten für Klimainvestitionen zu haben und somit der Flugbranche und seinen Beschäftigten eine konkrete Zukunftsperspektive zu geben.

Aus diesen Gründen fordern wir die Aktionär*innen auf, den Vergütungsbericht nicht zu billigen.


[1] https://www.tagesschau.de/wirtschaft/luftfahrt-rekord-kommerzieller-fluege-flightradar-100.html

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