Sehr geehrte Damen und Herren,
heute Vormittag haben wir vor der Messehalle zusammen mit Attac und FridaysForFuture für eine sozial-ökologische Verkehrswende protestiert. Es müsste inzwischen uns allen klar sein, den Aktionärinnen und Aktionären und dem Vorstand und Aufsichtsrat von Daimler, dass es so nicht weitergeht. Wir brauchen eine klimagerechte Mobilität ohne schmutzige großvolumige SUVs.
Meine Damen und Herren, bei Rüstungsunternehmen denken viele zuerst an Krauss-Maffei Wegmann oder Heckler & Koch. Doch auch die deutsche Automobilindustrie verdient mit Rüstungsgeschäften Geld. Bei Daimler reicht das Portfolio von Geländewagen über Kleintransporter bis hin zu Unimogs und schweren Lastwagen.
Herr Zetsche, darauf scheinen Sie richtig stolz zu sein. In Ihrer Militär-Werbung heißt es: „Unsere größte Bestätigung ist das Vertrauen vieler Armeen. Seit mehr als 100 Jahren. In mehr als 80 Ländern.“
Die Daimler AG ist sogar Mitglied im Bundesverband der deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie (BDSV), der Interessensgemeinschaft der deutschen Rüstungsindustrie. Auch auf Waffenmessen tritt der Konzern auf, wie etwa Mitte Februar auf der Militärschau Idex in Abu Dhabi.
Wie passt dieses Militär-Image zum Selbstverständnis eines modernen Autoherstellers?
Ein Land, das auf keinen Fall mit Rüstung beliefert werden sollte, ist Saudi-Arabien, eine Diktatur, die wenig von Menschenrechten hält. Im Jemen-Krieg nutzt die von Saudi-Arabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten angeführte Kriegskoalition aus Deutschland gelieferte Kriegsschiffe, Waffenstationen und Panzertechnologie. Auch der Unimog-Chassis von Daimler gehört zu den im Jemen-Krieg identifizierten Rüstungsgütern. Das Chassis wird vom französischen Rüstungsunternehmen Nexter genutzt. Nexter installiert auf dem Unimog die Haubitze Caesar.
Eine Bilanz des Krieges im Jemen macht deutlich, warum die Rüstungsexporte zu verurteilen sind. Seit nunmehr vier Jahren kämpft eine von Saudi-Arabien angeführte Kriegskoalition im Jemen gegen die schiitischen Huthi-Rebellen. Den Vereinten Nationen zufolge sind bereits annähernd 18.000 Zivilisten bei den Kämpfen umgekommen. Unabhängige Forscher des Armed Conflict Location and Event Data Projects (ACLED) sprechen sogar von mehr als 56.000 Menschen, die im Zuge der Kampfhandlungen allein zwischen Januar 2016 und Oktober 2018 getötet wurden. Über drei Millionen Jemeniten sind auf der Flucht. 14 Millionen Menschen sind akut von Hunger bedroht; mehr als 24 Millionen Menschen, darunter 11 Millionen Kinder, sind auf humanitäre Hilfe angewiesen. Die Vereinten Nationen sprechen im Jemen von einer der schlimmsten humanitären Katastrophen der Welt.
Herr Zetsche, ich möchte gerne von Ihnen wissen:
- Erfolgte die Belieferung eines deutschen Aufbauherstellers mit handelsüblichen Unimog-Chassis im Einklang mit allen anwendbaren Gesetzen?
War die Lieferung des Aufbauherstellers an Nexter ebenfalls gesetzeskonform?
Auf Fragen des Recherchebündnisses #GermanArms versicherte eine Daimler-Sprecherin, dass die „Belieferung eines deutschen Aufbauherstellers mit handelsüblichen Unimog-Chassis „im Einklang „mit allen anwendbaren Gesetzen“ erfolgt sei. Daimler gehe auch davon aus, so sagte die Sprecherin weiter, „dass die Lieferung des deutschen Aufbauherstellers an seinen französischen Geschäftspartner ebenfalls gesetzeskonform erfolgte“.
2. Wo erfolgte die Endmontage der Caesar-Haubitzen?
(Die große Mehrzahl der Caesar-Haubitzen wurde angeblich in Saudi-Arabien endmontiert.)
Die Lieferungen der Unimogs könnten also auch direkt und nicht über Frankreich erfolgen.
3. Wie viele Militärfahrzeuge sowie Fahrgestelle und Motoren, die Verwendung bei Sicherheitskräften finden sollen, wurden im Jahr 2018 nach Saudi-Arabien geliefert?
4. Wie viele Militär-Unimogs, Militär-Transporter und Militärlastkraftwagen wurden im Jahr 2017 und im Jahr 2018 in welche Länder exportiert?
5. Wie hoch war die Stückzahl der exportierten Militärfahrzeuge pro Empfängerland sowie der jeweilige finanzielle Umfang pro Empfängerland?
6. Wie viele Militär-Unimogs, Militär-Transporter und Militärlastkraftwagen wurden im Jahr 2018 in den ausländischen Produktionsstandorten der Daimler AG produziert und von dort in welche Länder exportiert?
7. Wie viele Militärfahrzeuge wurden 2018 an die Bundeswehr geliefert?
Zusammen mit Ohne Rüstung Leben fordern wir Kritischen Aktionäre seit vielen Jahren Daimlers kompletten Ausstieg aus der Rüstungsproduktion. Da der Ausstieg noch nicht erfolgt ist, empfehlen wir entsprechend unserem Gegenantrag, den Vorstand und Aufsichtsrat von Daimler nicht zu entlasten.
Herr Zetsche, eine andere Ihrer wahren Leidenschaften ist ja die Formel 1. Gerne zeigen Sie sich zusammen mit ihren Fahrern Lewis Hamilton und Vallteri Bottas auf den Siegertreppchen der Rennstrecken und lassen die Sektkorken knallen.
Derweil hat der Mercedes-Formel 1-Sponsor Petronas eine Umweltkatastrophe im Südsudan verursacht, an der auch Menschen Schaden nehmen.
Dazu folgende Fragen:
- Hält Daimler trotz der öffentlich geäußerten Kritik an Petronas weiter an der Zusammenarbeit mit dem malaysischen Mineralölkonzern fest, und wenn ja, warum?
- Ist der Vorstand der Überzeugung, dass die Zusammenarbeit mit Petronas die Selbstverpflichtungen gegenüber integrem Verhalten vom 01.11.2012 erfüllen?
- Welche Verfahren unternimmt Daimler, um die Einhaltung der Richtlinien durch direkte Geschäftspartner wie Petronas zu gewährleisten?
Am 16. April 2018 hat ein von Daimler initiiertes Treffen mit Petronas und der Organisation „Hoffnungszeichen“ in Zürich stattgefunden. In einer Pressemeldung der Deutschen Welle zu diesem Treffen betont die Daimler AG, ihren Einfluss zu nutzen, um einen kontinuierlichen Dialog zwischen Petronas und Hoffnungszeichen aufrecht zu erhalten und eine Lösung voranzutreiben.
- Gibt es weiterhin einen Dialog mit Petronas in dieser Frage? Wann trennt sich der Vorstand von Petronas?
- Wie beurteilt Daimler die Chancen, Petronas doch noch dazu zu bewegen, für diejenigen Menschen im Südsudan eine signifikante Verbesserung ihrer humanitären Situation zu erreichen, die unter den Aktivitäten der dortigen Ölindustrie zu leiden haben?
- Laut dem südsudanesischen Gesetz „The Petroleum Act, 2012“ sind Ölkonzerne dazu verpflichtet, folgende Gutachten durchzuführen und zu veröffentlichen:
– Strategic Environmental Assessment
– Environmental and Social Impact Assessment
– Comprehensive Environmental Baseline Study
– Environmental Management Plan. - Daimler erwartet von seinen direkten Geschäftspartnern, sich an dieses Gesetz zu halten. Liegen Daimler die von Petronas durchgeführten Gutachten vor?
Herr Zetsche, Ihnen noch alles Gute für Ihren Ruhestand. Genießen Sie die 4.000 Euro, die Sie täglich erhalten.