Menschenverachtende Luxus-Strategie: Unsere Gegenanträge

Zu Tagesordnungspunkt 2: Verwendung des Bilanzgewinns

Der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre beantragt, die von Vorstand und Aufsichtsrat vorgeschlagene Verwendung des Bilanzgewinns abzulehnen.

Begründung:

Die vorgeschlagene Dividende von 5,20 Euro je Aktie ist zu hoch. Stattdessen wäre eine deutliche Reduktion angesichts des Investitionsbedarfs in die Elektromobilität vernünftig.

Zu Tagesordnungspunkt 3: Entlastung der Mitglieder des Vorstands

Der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre beantragt, die Mitglieder des Vorstands für das Geschäftsjahr 2022 nicht zu entlasten.

Begründung:

Der Vorstand der Mercedes-Benz Group AG kommt seiner Verantwortung nicht nach, wirksamere Maßnahmen für Klimaschutz und Menschenrechte zu ergreifen und wird den großen gesellschaftlichen Herausforderungen nicht gerecht.

Menschenverachtende Luxus-Strategie

Nach eigenen Aussagen liegt der Fokus der Mercedes-Manager in Zukunft auf den drei Produktkategorien „Top-End Luxury“, „Core Luxury“ und „Entry Luxury“. Mit seiner Luxus-Strategie setzt das Unternehmen ganz auf die Kundengruppe der Reichen; Normalverdiener und ärmere Bevölkerungsschichten sind für die Manager aus Stuttgart nicht mehr von Bedeutung. „Mit der Fokussierung auf das Luxussegment muss man sich nicht auf die großen gesellschaftlichen Herausforderungen fokussieren. Da wird auf das Luxus-Pferd gesetzt und gar nicht mehr der Fokus auf kleine, sparsame Autos gelegt. Es werden gigantische Mengen an Strom gebraucht, es werden irrsinnige Ressourcen für Batterien verwendet“, kritisiert Weert Canzler vom Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung.

China: Völlig unzureichende Konsequenzen aus Zwangsarbeitsrisiken

Einen besonders lohnenden Absatzmarkt sieht man in China. Menschenrechtsverletzungen in dem autoritären Staat scheinen für das Mercedes-Benz Management von untergeordneter Bedeutung zu sein. Im Dezember 2022 veröffentlichte die Sheffield University einen umfangreichen Bericht, der die weite Verbreitung von uigurischer Zwangsarbeit in China nachweist – auch bei etlichen Zulieferern von Mercedes-Benz.

In der gesamten Region Ostturkistan werden Millionen von Uigur*innen unter grausamsten Bedingungen in Internierungslagern festgehalten und Hunderttausende von ihnen sind der Zwangsarbeit ausgesetzt. Das UN-Hochkommissariat für Menschenrechte (OHCHR) zeigte sich äußerst besorgt über Folgen der sogenannten „Armutsbekämpfungspolitik“ für die uigurische Bevölkerung. Laut OHCHR könnten die Verbrechen der chinesischen Regierung an den Uigur*innen und anderen Turkvölkern den Tatbestand von Verbrechen gegen die Menschlichkeit erfüllen. Immer häufiger werden neben diesen Lagern Fabriken errichtet, in denen Inhaftierte zu billigen Löhnen Zwangsarbeit verrichten müssen. Die chinesische Regierung hat den Abbau und die Verarbeitung von Rohstoffen sowie die Herstellung von Autoteilen bewusst nach Ostturkestan/Xinjiang verlagert.

Wir können nicht nachvollziehen, wie Mercedes-Benz den Anforderungen des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) hinreichend nachkommen kann. Zu diesen Anforderungen gehört u.a. auch, präventive Maßnahmen gegen Menschenrechtsverstöße in der Lieferkette zu ergreifen. Die Ethical Trading Initiative (ETI) schließt eine unabhängige Überprüfung der Arbeitsbedingungen aufgrund der weitreichenden Repression aus. Auch deutsche Auditunternehmen wie der TÜV Süd haben sich aus der Region 2020 zurückgezogen, da Arbeiter*innen nicht frei über die Menschenrechtslage sprechen können.

Unambitionierte Klimaziele

Die Mercedes-Benz AG ist zwar Gründungsmitglied der Klimaschutz-Initiative „Transform to Net Zero“, tut aber zu wenig für den Klimaschutz. Für den CO2-Fußabdruck muss die gesamte Lieferkette betrachtet werden: die Gewinnung der Rohstoffe, die eigentlich Fahrzeugproduktion, die Nutzungsphase der Fahrzeuge und deren Recycling. Warum will der Autokonzern erst bis 2039 bei seiner gesamten Neufahrzeugflotte über alle Wertschöpfungsstufen und den gesamten Lebenszyklus hinweg bilanziell CO2-neutral werden?

Falsche Modellpolitik

Eine ausgewogene Modellpolitk würde auch Elektor-Modelle in der A- und B-Klasse mit einschließen. Stattdessen brüstet sich Mercedes-Benz-Chef Ola Källenius damit, dass das Elektro-Portfolio um zwei elektrische Geländewagen erweitert wurde. Auch die Verkäufe von elektrischen Vans habe man deutlich steigern können. An die Aktionär*innen schreibt Källenius: „Wir haben unser Unternehmen im vergangenen Jahr noch wetterfester gemacht und wichtige strategische Weichen gestellt.“ Möge dieser Satz angesichts des stattfindenden Klimawandels kein böses Omen sein.

Plug-in Hybrid war Fehler

Ohne massive Förderung sind die Fahrzeuge mit Plug-in Hybrid unverkäuflich. Sie sind zu teuer und haben zu wenig Reichweite. Mercedes-Benz (aber auch VW und BMW) haben sich mit ihren teilelektrischen Modellen verkalkuliert. Der Verkauf stockt – vor allem in China.

Abgas-Skandal noch lange nicht ausgestanden

Nach einem Urteil des EuGH im März können Diesel-Besitzer leichter Schadensersatz verlangen, wenn eine unzulässige Abgastechnik verbaut ist. Im konkreten Fall ging es um einen Mercedes-Benz – doch auch anderen Herstellern drohen nun Klagen. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) senkt die Hürden für Schadenersatzklagen von Dieselkäufern bei unzulässiger Abgastechnik. Die Autobauer könnten auch dann haften, wenn sie ohne Betrugsabsicht einfach nur fahrlässig gehandelt hätten, urteilten die Luxemburger Richter in dem Mercedes-Fall.

Zu Tagesordnungspunkt 4: Entlastung der Mitglieder des Aufsichtsrats

Der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre beantragt, die Mitglieder des Aufsichtsrats für das Geschäftsjahr 2022 nicht zu entlasten.

Begründung:

Der Aufsichtsrat ist seiner Aufgabe als Kontrollorgan des Vorstands nicht hinreichend nachgekommen. Er hat es versäumt, auf die Behebung eklatanter Mängel bei der Achtung menschenrechtlicher Sorgfaltspflichten in unmittelbaren Geschäftsbeziehungen hinzuwirken und sich für den Erhalt von Arbeitsplätzen im Unternehmen einzusetzen.

Zweifelhafte Verbindung von Luxus und Nachhaltigkeit

In seinem Brief an die Aktionärinnen und Aktionäre beschreibt der Aufsichtsratsvorsitzende von Mercedes-Benz, Bernd Pischetsrieder, die Strategie des Autokonzerns wie folgt:
„In 2022 haben wir entschieden, dass wir uns noch stärker auf das Luxussegment konzentrieren, das Produktportfolio weiter aufwerten, den Weg in die vollelektrische Zukunft beschleunigen und eine strukturell höhere Profitabilität anstreben. Die Verbindung von Luxus und Nachhaltigkeit wird dabei durch unsere strategische Entscheidung, bis 2030 vollelektrisch zu werden – wo es die Marktbedingungen zulassen – unterstrichen.“

Aufgrund eines erhöhten Ressourcen-Verbrauchs für großvolumige Luxus-Fahrzeuge müssen wir davon ausgehen, dass die Nachhaltigkeit in der Strategie von Mercedes-Benz auf der Strecke bleibt.

Priorität Arbeitsplätze statt Shareholder Value

Schon einmal hat ein Vorstandsvorsitzender des „Sterne-Konzerns“ den Shareholder Value zum wichtigsten Geschäftsziel erklärt: Sein Name war Jürgen Schrempp und das Unternehmen hieß in den 1990er Jahren Daimler-Benz; nach der Fusion 1998 mit dem US-Autokonzern Chrysler („Hochzeit im Himmel“) firmierte man für ein paar Jahr als „DaimlerChrysler“. Die einseitige Shareholder-Value-Fokussierung und der Zusammenschluss erwiesen sich als Fehler; Schrempp hatte den Autokonzern in eine Krise gesteuert.

Auch der Nach-Nachfolger von Schrempp, Ola Källenius, tut alles, damit sich der Wert des Unternehmens insbesondere für Aktionär*innen erhöht. Dazu gehört Kostensenkung durch den Abbau von Arbeitsplätzen. Seit 2019 wurden allein bei „Mercedes Cars“, also der Pkw-Sparte der früheren Daimler AG, 6.800 Stellen gestrichen. Was ist aus den Jobs geworden?

Zwar soll der Hochlauf der Elektromobilität mit dem Abbau von Jobs einhergehen. Aber derzeit produziert Mercedes-Benz trotz Ausbau des eigenen Elektroauto-Angebots immer noch deutlich mehr Pkw mit Verbrennungsmotor. Deshalb herrsche aktuell auch in den Antriebsstrangwerken noch Vollbeschäftigung, da der Verbrenner noch immer einen großen Anteil an der Produktion habe, so Mercedes-Personalchefin Sabine Kohleisen.

Mercedes-Benz-Aufsichtsratsvorsitzenden Pischetsrieder, ehemals BMW-Vorstandsvorsitzender, müsste jetzt das Steuer beherzt herumreißen, um die schlingernde Mercedes-Karosse wieder auf die richtige Spur zu bringen.

Mercedes-Benz-Spende mit „Gschmäckle“

Auf der Webseite „Mercedes-Fans – Das Online-Magazin mit Stern“ berichtet über eine möglicherweise anrüchige Spende des Autokonzerns zugunsten einer Hilfsaktion des Südwest-Rundfunks (SWR). „Das Wort Geschmäckle hat wie Mercedes-Benz seine Wurzeln im Schwäbischen. Die Verniedlichung des Wortes ´Geschmack´ bedeutet laut Duden ´Beigeschmack, leichte Anrüchigkeit´. Eine mögliche Anrüchigkeit im Zusammenhang mit dem TV-Auftritt von Mercedes-Benz-Chef Ola Källenius im SWR thematisiert die Printausgabe der Stuttgarter Zeitung vom 07.02.2023. Dort heißt es wortwörtlich: ´Wirbel um Spende kurz nach SWR Auftritt – Ende Dezember widmet der SWR Mercedes-Benz einen TV-Abend, nur einen Tag später spendet der Autokonzern eine halbe Million Euro an eine SWR-Hilfsaktion. Beides habe nichts miteinander zu tun, heißt es. Doch der böse Anschein beschäftigt seither die Gemüter.´“ (Auszug aus: Mathias Ebeling, Mercedes spendet einen Tag nach Källenius-Interview 500.000 € an SWR-Hilfsaktion, www.mercedes-Fans.de)
Möglicherweise kam der Aufsichtsrat der Mercedes-Benz AG auch hier seiner Pflicht, den Vorstand zu kontrollieren, nicht nach.

Gegenantrag zu TOP 11, Beschlussfassung über die Ergänzung von § 11 der Satzung um eine Ermächtigung des Vorstands, die Abhaltung einer virtuellen Hauptversammlung vorzusehen

Der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre beantragt, den Beschlussvorschlag von Aufsichtsrat und Vorstand abzulehnen, den Vorstand zu bevollmächtigen, über die Durchführung einer virtuellen Hauptversammlung entscheiden zu können.

Begründung:

Das Format und die Art und Weise, wie eine Hauptversammlung durchgeführt wird, betreffen elementare Aktionärsrechte. Daher sollte die Hauptversammlung und nicht der Vorstand darüber entscheiden, zu welchen Bedingungen bzw. in welchem Format zukünftige Hauptversammlungen durchgeführt werden sollen. Zudem sollte die Hauptversammlung auch darüber entscheiden dürfen, ob als weitere Option ein hybrides Format umgesetzt werden soll, welches die Vorteile einer Präsenz-Hauptversammlung mit jenen einer rein virtuellen Veranstaltung vereint.

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