„Machen Sie sich nicht länger mitschuldig am Töten im Jemen“: Rede von Barbara Happe

Sehr geehrte Damen und Herren,

mein Name ist Barbara Happe, ich arbeite bei der Menschenrechtsorganisation urgewald und bin im Vorstand der Kritischen Aktionär*innen.

Seit Jahren kommen wir hierher, um Sie davon zu überzeugen, ihr Rüstungsexportgeschäft mit Kriegs- und Spannungsgebieten einzustampfen.

Seit Jahren berichten wir von Menschenrechtsverletzungen, Toten und Verletzten durch Waffen Ihres Hauses.

Seit Jahren perlt jedwede Kritik komplett an Ihnen ab und Sie antworten stoisch, dass Sie sich ihren Investoren gegenüber verpflichtet fühlen, die „zu recht eine Strategie erwarten, die auf Wachstum ausgerichtet ist“.

Seit Jahren antworten Sie, dass sie an der Internationalisierungsstrategie festhalten werden, um über Standorte wie in Südafrika und Italien dann alle Krisenherde dieser Welt bedienen zu können.

Seit Jahren lobbyieren Sie aggressiv gegen jede Art von Exportrestriktionen und drohen mit Klagen, wenn für bestimmte Exportgeschäfte – wie aktuell für die Lieferung von 120 Militärlastern nach Saudi-Arabien – die Genehmigung aus humanitären Gründen auf Eis gelegt wird.

Herr Papperger, Ihre Geschäftsstrategie macht uns von Jahr zu Jahr wütender und zugleich immer fassungsloser.

Das gilt im Besonderen dafür, dass sie in den letzten Monaten massiv und ohne jede Skrupel auf die Bundesregierung Druck ausgeübt haben, Exportrestriktionen gen Saudi-Arabien aufzuheben und auszuhöhlen.

Angesichts der zahlreichen zivilen Opfer durch die Luftangriffe Saudi-Arabiens und seiner Verbündeten im Jemen ist eine solche Haltung mehr als zynisch und offenbart ein völliges Fehlen von menschenrechtlichen Eckpfeilern!

Geben Sie uns Aktionär*innen doch bitte Auskunft darüber, warum Sie finden, ihre Rüstungsgüter weiter ohne Bedenken an Saudi-Arabien liefern zu dürfen?

Was muss denn noch passieren, wie viele unschuldige Zivilisten müssen denn noch sterben bis Sie endlich aufhören, sich am Töten im Jemen zu beteiligen und freiwillig Geschäftsbeziehungen mit den kriegführenden Parteien beenden?

Alle Proteste heute hier draußen vor dem Hotel haben das gleiche Ziel: das Aufrüsten von Krisenherden überall in der Welt durch Rheinmetall zu stoppen! Wir als kritische Aktionär*innen fordern: machen Sie sich nicht länger mitschuldig am Töten im Jemen.

Ganz nebenbei, liebe Aktionär*innen: Die Geschäftsstrategie Ihres Konzerns, sich unabhängig von politischen Krisenszenarien und existierenden Sicherheitsrisiken bei der Auftragsakquise auf Länder mit hohen Rüstungsetats zu konzentrieren, stellt auch ein ökonomisch höchst riskantes Verhalten dar. Wer mit Despoten und kriegführende Staaten Geschäfte und Gewinne machen will, muss einfach damit rechnen, keine Genehmigungen zu erhalten. Und das ist auch gut so!!!

Ganz konkret würde ich daher gerne zu ihren Geschäften Folgendes erfahren:

Meine FRAGEN:

  1. Wie ist der aktuelle Stand bei dem Vorhaben, 120 Militärlaster nach S-A zu liefern? Liegt das Vorhaben weiterhin auf Eis? Inwiefern plant Rheinmetall hier eine Klage oder kann auf anderen Wegen auf Schadensersatz hoffen?
  2. Welchen Lieferverpflichtungen für Rüstungsgüter mit Endverwendung in Saudi Arabien und VAE konnte die Rheinmetall AG 2018 und 2019 im Einzelnen in welchem Umfang nicht nachkommen, weil die Bundesregierung a) keine neuen Ausfuhrgenehmigungen erteilt hat oder b) die Rheinmetall AG gebeten hat, von bestehenden Ausfuhrgenehmigungen keinen Gebrauch zu machen? Waren davon auch Projekte in Zusammenarbeit mit französischen oder englischen Firmen betroffen? Wenn ja, welche im Einzelnen?
  3. In wie vielen bzw. für welche Länder hat das Joint Venture RDM seit 2008 am Aufbau von Herstellungs- bzw. Abfüllanlagen für Munition mitgewirkt?
  4. Welche konkreten Einzelprojekte verfolgt der Rheinmetall-Konzern im Kontext seiner Beteiligung an der Gemeinschaftsfirma Rheinmetall Barzan Advanced Technologies mittlerweile und was ist deren aktueller Stand?
  5. Werden von der Rheinmetall AG mit Partnern in Algerien Gespräche geführt, die neben der Endmontage von Fahrzeugen des Typs Fuchs auch die Endmontage von Fahrzeugen des Typs Boxer in Algerien zum Ziel haben und wenn ja, welche Ziele verfolgt die Rheinmetall AG mit den diesbezüglichen Gesprächen?
  6. Welche internationalen Vereinbarungen bestehen, die den Export des Boxers als internationales Gemeinschaftsprojekt in Drittländer regeln und was besagen diese im Einzelnen? Zu welchen Veränderungen wird es kommen, wenn Großbritannien den Boxer fest bestellt und ggf. Fahrzeuge dieses Typs in Drittländer exportieren will?

Herr Papperger, Sie haben mal gesagt, dass Deutschland aufgrund seiner Historie bei Rüstungslieferungen extrem zurückhaltend sein müsse. Handeln Sie endlich entsprechend! Ziehen Sie einen Schlussstrich unter Rüstungsgeschäften mit Regimen, die in Angriffskriege verstrickt sind und Menschenrechte mit Füßen treten.

Beerdigen Sie Ihre Internationalisierungs- und Exportstrategie in Richtung Krisenherde dieser Welt – ein Mehr an Waffen in den Pulverfässern dieser Welt kann keinen sinnvollen Beitrag zu Frieden und Sicherheit leisten. Dividenden und Arbeitsplätze dürfen nicht länger auf Kosten von Krieg und Flucht gesichert werden.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

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