Sehr geehrte Damen und Herren,
sehr geehrter Vorstand und Aufsichtsrat,
ich heiße Moritz Leiner, ich arbeite bei der Umwelt- und Menschenrechtsorganisation urgewald und vertrete hier heute den Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre – notfalls sogar im Internet.
In Übereinstimmung mit meinem Vorredner Herr Nissen von der Deutschen Umwelthilfe muss ich leider feststellen: der fossile Trend setzt sich bei Siemens Energy fort.
Im Geschäftsbericht wird von weiteren Auftragseingängen für Gaskraftwerke zum Beispiel in den USA und Brasilien berichtet. Zudem belegen Presseberichte und Informationen öffentlicher Banken, dass Siemens Energy sich an Gaskraftwerken in Usbekistan[1] und in Vietnam[2] beteiligen will.
Traditionell sucht Siemens Energy für solche Geschäfte eine Absicherung durch sog. Hermesdeckungen – also Exportkreditgarantien – der Bundesregierung. Doch seit November vergangenen Jahres erlauben die klimapolitischen Sektorleitlinien solche Bürgschaften für neue Gaskraftwerke nur noch unter sehr hohen Auflagen, darunter niedrige Treibhausgasemissionen über den gesamten Lebenszyklus oder die Möglichkeit einer 50-prozentigen Umstellung der Kraftwerke auf Wasserstoff. Es ist also sehr fraglich, ob Siemens Energy diese Voraussetzungen erfüllt.
Das Kapitel Kohle ist zudem noch immer nicht komplett abgeschlossen. Siemens Energy beteiligt sich zwar seit November 2020 nicht mehr an Ausschreibungen für neue Kohlekraftwerke. Damals bereits unterbreitete Angebote werden jedoch immer noch bedient, zum Beispiel beim Bau der Kohlekraftwerke Java 9/10 in Indonesien. Auch „Service- und Lösungsgeschäfte“ für existierende Kohlekraftwerke laufen weiter, außerdem Projekte mit Kraft-Wärme-Kopplung.
Das ist unverantwortlich.
Meine Fragen an den Vorstand lauten:
- Wie viele und welche Erdgaskraftwerke und LNG-Projekte haben 2023 staatliche Bürgerschaften bekommen?
- Auf welche Gesamtsumme summieren sich die Bürgschaften?
- Welchen Anteil davon machen Exportkreditgarantien aus?
- Welcher Anteil davon entfällt auf Euler Hermes, welcher auf andere Exportkreditagenturen?
- Welche weiteren staatlichen Förderinstrumente auf Bundes- oder Landesebene wurden für Erdgaskraftwerke und LNG-Projekte der Siemens Energy in Anspruch genommen?
- Welche Gasprojekte haben in welchem Umfang davon profitiert?
- Rechnet Siemens Energy mit dem Verlust von Bürgschaften bzw. Krediten aufgrund der neuen Klima-Sektorleitlinien für Exportkreditgarantien und der KfW-Sektorleitlinien zu Öl und Gas?
- Plant Siemens Energy den Export von Gasturbinen bzw. Gaskraftwerken für sogenannte Coal to Gas Shifts auch unabhängig vom Kriterium der H2-Readiness?
- Teilt Siemens Energy die Einschätzung, dass dafür keine Bürgschaften in Deutschland mehr beantragt werden können, da nur diejenigen Gasturbinen/-kraftwerke gefördert werden, die nachweislich 50% H2 ready sind und nur diejenigen Unternehmen, die laut Science Based Target Initiative 1.5°C kompatible Scope 1+2+3 Emissionsziele haben?
- Welche Risiken sieht Siemens Energy in Bezug auf Stranded Assets durch die steigende Erderwärmung und/oder durch sinkende Gasverbrauchsprognosen?
- Welche Risiken sieht Siemens Energy durch die Ankündigung der USA von Ende Januar, keine neuen LNG-Genehmigungen zu erteilen?
- Rechnet Siemens Energy mit einem möglichen Ausfall geplanter Projekte?
- Was ist der gesamte finanzielle Umfang der weiter laufenden Kohle-bezogenen Projekte?
- Und daran anschließend: Wann wird Siemens Energy endlich das Kapitel Kohle ein für alle mal schließen?
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
[1] Vgl. https://www.aiib.org/en/projects/details/2023/approved/Uzbekistan-Surkhandarya-1560MW-CCGT-Power-Plant.html
[2] Vgl. https://vir.com.vn/global-partnership-to-support-mui-ke-ga-lng-project-in-vietnam-90062.html
