Siemens Energy: Vertragstreue stützt Putin und Besetzung der Westsahara

  • Windparks ohne Zustimmung in der Westsahara: Bundesregierung schränkt Unterstützung ein
  • Atomgeschäfte mit Rosatom müssen unverzüglich enden
  • Vorstand erschwert unnötig die Energiewende und hält sich Kritik in virtueller Hauptversammlung vom Laib

Anlässlich der heutigen Hauptversammlung der Siemens Energy AG fordern Menschenrechtsorganisationen den Konzern auf, die Selbstbestimmungsrechte des Volkes der Westsahara zu achten und Geschäfte mit dem staatlichen russischen Atomkonzern Rosatom sofort zu beenden.

Siemens Energy bekommt die vielfältigen Probleme bei der Windkraft-Sparte Siemens Gamesa nicht in den Griff, vor allem massive Qualitäts- und Produktivitätsprobleme bei einigen Turbinen. Aus den resultierenden Verlusten folgte sogar Staatshilfe in Form von Garantien in Milliardenhöhe. Doch aus mangelnder menschenrechtlicher Sorgfalt musste die Bundesregierung diese Hilfe einschränken.

Ignoranz gegenüber dem Selbstbestimmungsrecht des Volkes der Westsahara mit Folgen

Siemens Gamesa bzw. Siemens Energy hat in den von Marokko völkerrechtswidrig besetzten Gebieten der Westsahara mehrere Windparks errichtet – jedoch ohne die nötige Zustimmung des sahrauischen Volkes. Diese tragen dort zum illegalen Abbau von Bodenschätzen bei, indem sie unter anderem Strom für eine Phosphatmine in der Westsahara erzeugen. Diese Mine wird von marokkanischen Staatsunternehmen völkerrechtswidrig ausgebeutet.

Als Siemens Energy aufgrund anhaltender Qualitäts- und Produktivitätsprobleme bei Siemens Gamesa Staatshilfe in Milliardenhöhe beantragen musste, sah sich das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) im November 2023 genötigt, klarzustellen, dass die staatlichen Garantien explizit nicht für Projekte in der von Marokko besetzten Westsahara gelten.[1]

Emma Lehbib von der Saharauischen Diaspora in Deutschland stellt klar: „Wir, Saharauis, kritisieren die Projekte von Siemens Energy aufs Schärfste. Bis heute setzt Siemens Energy ihre Arbeit im Wissen fort, dass diese auf besetztem und nicht dekolonialisiertem Gebiet stattfindet. Um das Recht der Saharauis auf Selbstbestimmung aufrecht zu achten, hat das Unternehmen sich umgehend aus der Westsahara rauszuziehen. Jegliche Projekte sind auf Eis zu legen, bis wir über unsere Zukunft entschieden haben.“

Alida Koos von Western Sahara Resource Watch kritisiert: „Um ein weiteres Jahr kann Siemens Energy seine Verwicklung in die völkerrechtswidrige Ressourcenausbeutung in der besetzten Westsahara nicht rechtfertigen. Es bleibt abzuwarten, inwiefern das Unternehmen sicherstellen wird, dass die Bürgschaften des Bundes nicht für Projekte in der besetzten Westsahara verwendet werden. Siemens Energy muss endlich aufhören, dem Greenwashing des marokkanischen Regimes Rückenwind zu bieten und seine Firmenprofite über das Selbstbestimmungsrecht der Sahrauis zu stellen.“

Keine Zusammenarbeit mit Kriegsverbrechern: Siemens Energy muss Atomgeschäfte mit Rosatom unverzüglich abbrechen

Trotz zahlreicher Berichte über die Beteiligung des staatlichen russischen Atomkonzerns Rosatom in die Entwicklung von Kriegsgütern und Waffensystemen und somit dessen Verwicklung in den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine möchte Siemens Energy weiterhin bestehende Verträge für Rosatom-Projekte erfüllen.

Vladimir Slivyak, Co-Vorsitzender der russischen Umweltorganisation Ecodefense und Träger des Alternativen Nobelpreises von 2021, kritisiert: „Siemens Energy will weiterhin die Leittechnik für das in Bau befindliche Rosatom-Kernkraftwerk Paks-2 in Ungarn liefern und beruft sich auf bestehende Verträge. Dieses AKW wird die Abhängigkeit Ungarns von Rosatom und damit von Russland massiv verstärken – in Zeiten des russischen Angriffskrieges geopolitisch absolut verheerend. Darüber hinaus ist Rosatom direkt in diesen Krieg verwickelt. Rosatom-Personal kontrolliert das besetzte Kernkraftwerk Saporischschja in der Ukraine, Rosatom beliefert sanktionierte russische Unternehmen, die Waffen herstellen, die in der Ukraine eingesetzt werden, Rosatom sponsert eine Einheit der russischen Armee, die in der Ukraine kämpft und Rosatom ist zuständig für die russischen Atomwaffen. Um Himmels willen, Siemens Energy – stoppen Sie dieses schmutzige Geschäft! Vor dem Hintergrund zehntausender Ermordeter in der Ukraine ist der Hinweis auf Vertragstreue geradezu zynisch. Siemens Energy darf keine Geschäfte mehr machen mit Rosatom – auch nicht im Verbund mit Framatome!“

Siemens Energy erschwert unnötig die Energiewende

Tilman Massa, Co-Geschäftsführer vom Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre, kritisiert: „Der Vorstand von Siemens Energy wird weder seiner menschenrechtlichen Sorgfaltspflicht noch seiner gesellschaftlichen Verantwortung gerecht. Durch hausgemachte Probleme werden unnötigerweise Risiken vergesellschaftet und der ohnehin schwierige Ausbau der Windkraft erschwert. Aber statt sich der Kritik der Aktionär*innen persönlich in einer Präsenz- oder hybriden Hauptversammlung zu stellen, flüchten die Verantwortlichen ins virtuelle Format. Daher werden wir Vorstand auf Aufsichtsrat nicht entlasten.“

Gegenanträge des Dachverbands der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre


Kontakte

Emma Lehbib, Saharauischen Diaspora in Deutschland, saharauischediaspora[at]gmail.com

Alida Koos, Western Sahara Resource Watch, germany[at]wsrw.org

Sebastian Rötters, Energiekampaigner bei urgewald, sebastian[at]urgewald.org

Tilman Massa, Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre, Tel. 0221 / 599 56 47, dachverband[at]kritischeaktionaere.de


[1] siehe https://www.bmwk.de/Redaktion/DE/Parlamentarische-Anfragen/2023/11/11-048.pdf?__blob=publicationFile&v=4

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