- Siemens-Staudammgeschäftspartner vertreiben und bedrohen Menschen
- Siemens ist Abnehmer von Rohstoffen aus menschenrechtlich zweifelhafter Produktion
- Siemens ist Klimakiller
Anlässlich der Hauptversammlung der Siemens AG am 26. Januar 2016 in München fordert ein Bündnis von Nichtregierungsorganisationen (NGOs) ein sofortiges Umsteuern des Konzerns in Menschenrechts- und Umweltfragen.
Siemens-Staudammgeschäftspartner bedrohen Menschen und Umwelt
Im Zentrum der Kritik steht seit 2013 die Siemens-Beteiligung am Wasserkraftturbinenhersteller Voith Hydro. Siemens verstößt nach Auffassung der NGOs durch seine Beteiligung gegen die UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte, gegen die Konventionen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO), die Empfehlungen der Weltstaudammkommission und vor allem gegen die eigenen Corporate Governance-Richtlinien. „Voith Hydro liefert unseren Recherchen zufolge an solch katastrophale Projekte wie Belo Monte, Jirau, Santo Antonio und Teles Pires (alle Brasilien), Cambambe II (Angola), einer Pressemeldung zufolge künftig auch an Gilgel Gibe III (Äthiopien) oder etwa an den Xiluodo-Staudamm in China“, so Caroline Kim von der Initiative GegenStrömung. „Allein beim Xiluodo-Damm geht es um die Zwangsumsiedlung von bis zu 180.000 Menschen.“
Voith Hydro – in Komplizenschaft mit Auftragskillern?
Brisant bleibt auch das Projekt „Agua Zarca“ in Honduras, aus dem sich der Weltbank-Ableger CAMIF und der chinesische Staudammbauer SINOHYDRO nach der Ermordung eines indigenen Gemeindeführers und den erbitterten Protesten der lokalen Bevölkerung 2013 zurückgezogen haben. „Dort kursiert seit Oktober 2015 eine Todesliste lokaler Auftragskiller mit den Namen von über 20 Staudammgegner/innen“, berichtet Andrea Lammers, Honduras-Referentin des Ökumenischen Büros für Frieden und Gerechtigkeit in München. Die Praktiken der Betreibergesellschaft Desarrollos Energéticos S.A. (DESA), also des honduranischen Partners von Voith Hydro, sind mittlerweile auch bei europäischen Botschaften in Honduras und im deutschen Außenministerium aktenkundig geworden. Am 2. Dezember 2015 wurde ein Menschenrechtsbeobachter aus Spanien vom Sicherheitschef der DESA fotografiert und wenig später von zwei Männern mit dem Tod bedroht: „Sie guckten auf ihr Handy, sprachen mich als Spanier an und sagten, wenn ich jetzt nicht das Land verließe, dann müsse ich für immer bleiben. Dabei zeigten sie mir eine Waffe“, so der Bericht des Menschenrechtsbeobachters Luis Diaz de Teran.
Rohstoffe aus menschenrechtlich zweifelhafter Produktion und eigenen Zuliefererolle in der Kritik
Siemens bezieht Rohstoffe z.B. von der Firma Lynas, einem Aufbereiter Seltener Erden von dessen Werk in Malaysia, das die Gesundheit der Anwohner/innen gefährdet, oder verarbeitet Wolfram aus zwielichtigen kolumbianischen Minen. Nur zwei Beispiele einer langen Kette, bei denen der Mangel an Sorgfaltspflicht bei Siemens sich konkret manifestiert. „Es ist der Unwillen von Siemens, sich endlich der Verantwortung für die Sorgfaltspflicht entlang der gesamten Wertschöpfungskette zu stellen“, kritisiert Christian Russau von den Kritischen Aktionären. „Verantwortung entlang der gesamten Lieferkette darf nicht an einem falsch verstandenen Kosten-Nutzen-Verhältnis scheitern“, so Russau. Nicht weniger skandalös ist die Siemens-Lieferung von Förderbandsystem an Glencores Kupfermine Tintaya Antapaccay in Peru. Im Rahmen einer staatlichen Untersuchung entnommenen Blut- und Urinproben der Anwohner/innen der Minen enthielten erhöhte Schwermetallkonzentrationen von Blei und Quecksilber. „Siemens interessiert dergleichen wohl erst, wenn die Aufträge aus den angrenzenden Krankenhäuser zum Erwerb von Computertomographen bei Siemens Healthcare eingehen“, so Russau.
Ausbeutung von Teersanden ist extrem klimaschädlich
Zudem beteiligt sich Siemens als Ausrüster und mit neuen technologischen Lösungen an der Ausbeutung der kanadischen Ölsande. So soll das Bitumen aus den Teersanden per kupferdrahtinduziertem Magnetfeld herausgeschmolzen werden. Siemens nennt diese Lösung besonders „nachhaltig“. „Doch die Ausbeutung der Teersande und deren spätere energetische Nutzung sind besonders klimaschädlich“, meint Martin Glöckle von Pro REGENWALD aus München. „In Zeiten des Klimawandels sind Geschäfte, die auf der extrem klimaschädlichen Ausbeutung fossiler Rohstoffe beruhen, unzeitgemäß und nicht zu verantworten“, so Glöckle.